Berlin den 19 ten Nov. 1800.
Seit lange wieder, mein theuerster Freund! Hirt beantwortet Böttigers Brief [Von Böttiger,
vor 08.08.1800].
[Schließen]bin ich in Ihren Schulden. Allein ich bin nun einmal einer von den Menschen, bey denen es immer
schwer läßt, die Feder zum Briefschreiben zu ergreiffen, wenn nicht Noth am Mann
ist.
Zuerst meinen Dank für die Vgl. An Böttiger, 28.06.1800 und [Von Böttiger,
vor 08.08.1800].
[Schließen]Pasten von Mionet
, welche ich Ihnen hiemit wieder zusende. Ich brachte den Ankauf derselben
bey unsern Akademieen in
Anregung, und es scheint, daß die Kunstakademie sie werde kommen laßen.
Meine 4. Dialogen über den hiesigen Theater schlafen, und das deswegen, weil die hiezu erforderlichen Zeichnungen, die ich dazu entwarf, noch nicht in's Reine gezeichnet sind. Mein Freund Genz, der sie auszuführen übernahm, war forthin zu vielseitig beschäftigt.
Freund Zoega
Vgl. Von Zoega, 01.08.1800
[Schließen]hat mir seitdem über die nähern Bedingungen zur Herausgabe
der
Reliefs berichtet. Freund Sander sollte nun
darauf bestimmt antworten, allein bis iezt liegt der Brief bey ihm, und sein Zaudern läßt begreiffen, daß er
nicht viel Aufmunterung zu einem solchen Unternehmen in sich fühlt.
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Sie werden bereits das Nähere von Büry
wißen, und bald das Das Porträt von 1800, wie auch eine Replik,
ebenfalls von 1800, gelten als verschollen (vgl. Bury,
Ausstellungskatalog, 2013, S. 216, VG 10).
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Porträt der Erbprinzeß von Taxis
in Weimar von seiner Hand
sehen, Hirt meint wohl das erste Porträt, das Bury in
Berlin fertigte; denn Bury hatte u.a. bereits ein Ölporträt von Goethe
geschaffen (es gilt heute als verschollen). Dieses wurde auf Anregung
und unter Federführung Hirts in Berlin in einer Privatausstellung (aber
nicht auf der im Anschluss stattfindenden Akademieausstellung) gezeigt.
Hirt trug seine Beurteilung dieses Porträts am 30. August in einer
Sitzung der Akademie der Künste und am selben Tag in der
Humanitätsgesellschaft vor. Die Vorlesung erschien im September gedruckt
unter dem Titel "Das Bildniß von Goethe, gemalt von F. Buery", in:
Berlinisches Archiv der Zeit und ihres Geschmacks, Jg. 1800, Bd. 2,
Sept., Berlin: Maurer, 1800, S. 232-241. - Über den Vortrag Hirts vor
seinen Akademiekollegen berichtet Daniel Chodowiecki an Anton Graff am
1. September 1800: "Vorigen Sonnabend nachdem [die] Academischen
Geschäffte geendigt waren verlangte Hofr. Hirt uns etwas vorzutragen.
Das war, Es sey aus Weimar ein Portrait Mahler Nahmens Büry aus Hanau
gebürtig der Lange in Italien, vorzüglich den Michel Angelo studirt
hatte, angekommen. In Weymar habe er ein vortrefliches Bild von Göthe
ganz im Geschmack des Mr. Angely gemalt, habe es mit hieher gebracht um
damit eine Privat ausstellung a 12 g die Person anzustellen, und
verlangte unsere Meinung über dieses Unternehmen. / Unsere Meinung war,
daß wir uns in diese Sache garnicht mischen Könnten auch im Protocol
keine Erwähnung davon machen werden; Nun laß er einen hochtrabenden
Aufsatz darüber für die Zeitungen vor, der aber noch nicht darinn
erschienen ist. Endlich lud er uns im Nahmen des Künstlers ein sein Bild
unentgeldlich zu Besehen, das thaten wir sogleich und gingen mit ihm
zuhause, wo es war. Es ist ein Kniestück, etwas größer als die Natur
ganz von forne anzusehen, ein grosser Mann in einem Lehnstuhl sitzend,
stark von Knochen und doch fleischig. Schwartze abgeschnittene Haare,
dunkelBlaues Kleid und einen schönen Scharlachnen Mantel umgeworfen aber
nicht schön gefaltet, Kräftig und Hart gemahlt." (Briefe Daniel
Chodowieckis an Anton Graff, hrsg. von Charlotte Steinbrucker. Berlin
u.a. 1921, Nr. 122, S. 192-194, hier: S. 192f.). Über die
Privatausstellung schreibt Bury am 30. September 1800 an Goethe: "Hirt
blieb auf dem Gedanken, Ihr Bild mit 6 meiner Zeichnungen auf einer
privaten Ausstellung [!]. Diese wurde in zwei Wochenblättern
angekündigt, auf 14 Tage zu sehen, 3 Stunden alle Tage, den Eingang zu
einem halben Thaler. Hirts Bedienter war der Aufseher, zweimal war ich
zugegen. Bei Prinz Wilhelm und der alten Prinzess Heinrich, einige 80
Personen waren im ganzen da. Die Neugierde hätte gewiss mehr
herbeigeführt, wenn nicht die Künstler, darüber aufgebracht, in allen
ihren Gesellschaften gesagt hätten, dass die Gemälde in ihre Ausstellung
kommen und dieselben für 4 Groschen sehen könnten. An dem Tag, als die
akademische Ausstellung anfing, endigte die meinige. Wie die Liebhaber
Ihr Porträt allda nicht fanden, geschahen häufige Anfragen sowohl bei
Mir, dasselbe zu sehen, es wurde gezeigt, aber unentgeltlich, worüber
man sich sehr wunderte" (Walter Scheidig: Goethes Preisaufgaben für
bildende Künstler 1799-1805, in: Schriften der Goethe-Gesellschaft 57,
Weimar 1958, S. 134-136, hier: S 34).
[Schließen]das einzige Porträt, das er bißher machte. Auch ich habe 20. Louisd'or auf die Seite gelegt, um Das Porträt von Hirt von 1800, ein Kniestück?,
gilt als verschollen (vgl. Bury, Ausstellungskatalog, 2013, S. 216, VG
12).
[Schließen]
mich von ihm mahlen zu
laßen.
Noch ist er mit Kopien beschäftigt, u. dann wird er mit mir anfangen.
Übrigens, lieber Freund! bin ich so vielseitig beschäftigt, daß ich gleichsam
voraussehe, daß ich schwerlich Ihnen Hirt lieferte keine Beiträge.
[Schließen]meine versprochenen Beyträge zu den Vasengemälden
Bis zur Ostermesse 1801.
[Schließen]bis Ostern werde liefern können. Doch ich werde, und muß zu seiner Zeit wieder auf
diese Materie zurückkommen, und früher, oder später sollen Sie meine
versprochenen Beyträge erhalten.
Gestern erhielt ich ein sehr verbindliches Nicht überliefert, [Von Seckendorf, vor
19.11.1800].
[Schließen]Schreiben von H. v. Seckendorf, wo er
mich zum Mitarbeiter an dem vierteljährigen Taschenbuch auffordert. In einer Anzeige von Seckendorfs „Neujahrs
Taschenbuch [...] auf das Jahr 1801“ im Intelligenzblatt der ALZ, Nr.
168 vom 11. Oktober 1800 werden als Mitarbeiter genannt: „Jean Paul
Richter, Böttiger, F. Maier, Matthisson, Friederike Brun, und die
Verfasserinnen der Agnes von Lilien und der Schwestern von
Lesbos“.
[Schließen]Da Sie auch als Mitarbeiter dabey aufgeführt sind, und ihn ohne Zweifel näher kennen, so bäte ich wohl, daß Sie in meinem
Namen ihm auf's artigste danken,
| 3 ihm aber zugleich insinuirten, wie
wenig Zeit ich übrig hätte, mich zu
einem bestimmten Beytrag engagiren zu können. Da ich aber übrigens nicht
zweifle, daß sein Taschenbuch vom Publikum
gut aufgenommen werden würde, und daher demselben eine längere Dauer versprechen
könne: so würde ich diese Einladung
nicht ganz von mir ablehnen, sondern wenn es mir zeit u. Gelegenheit erlaubten,
etwas zu arbeiten, was hiezu paßen könnte, so würde ich es ihm zur Einsicht
übersenden.
Von Uhden sind die Nachrichten sehr
sparsam, und leider! ist mir das Personale des auswärtigen Departement so fremd, daß ich nicht weiß, wie ich es machen soll, um
von dort her Nachrichten zu erforschen. Übrigens trübt sich der Himmel wieder
auf's neue, und vielleicht schlimmer, als jemals. Ich bleibe bey meinem alten
Saz: Franzosen können nur Unheil verbreiten: und 1799 wurde Florenz von einer französischen
Truppe besetzt. Der Großherzog Ferdinand III. musste fliehen, es wurde
ein Freiheitsbaum gepflanzt und eine provisorische Regierung rief eine
"Etrurische Republik" aus. "Die grosse Masse des Volks war vom
unreligiösen Charakter des neuen Regimes allerdings entsetzt, und eine
Konterrevolution, die von Papst Pius VII., den Anhängern des
Großherzogtums und dem Klerus geschürt wurde, brach in Arezzo aus.
Banden bewaffneter Bauern zogen mit dem Ausruf 'Viva Maria!' durch das
Land und vertrieben die Franzosen, nicht ohne Gräueltaten zu begehen.
[...] Aber nach Napoleons Sieg bei Marengo kehrten die Franzosen mit
einem großen Heer zurück, zerstreuten die Banden und besetzten im
Oktober 1800 Florenz erneut. Auch sie begingen Gräueltaten und
plünderten Kirchen, aber sie wurden herzlicher als zuvor vom Volk
empfangen. Joachim Murat (später König von Neapel) veranlasste die
Bildung einer provisorischen Regierung" (Wikipedia-Artikel Großherzogtum Toskana).
[Schließen]die lezte Geschichte mit Toskana
zeiget auch den Kurzsichtigsten, daß sich die Gloriole des Sanscullottismus nur in
dem
Tageshelden
Buonaparte
concentrirt hat. – Doch wenn Deutschland von einem Ende zum andern überhaufen geschmießen
wird - was ist daran Schuld, als die Stockdummheit seiner Bewohner, die sich von
jenen Franz.: Baladin - Hanswurst.
[Schließen]Baladinen auf der Nase tanzen, und am Narrenseil führen laßen! –
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– Doch diese Saite berühre ich nicht gern; denn die beyspiellose Lâcheté unserer nördlichen Hälfte von Germanien, welche so viele herzenslose Skribler fortdaurend zu vermehren suchen machet mich rasend.
Sturm, Ihr ehemaliger, und iezt mein Schüler wird iezt die Restauration des Mausoleum's nach meinem Entwurfe, und Angaben im Großen ausführen. Ich hoffe, er soll brav werden, wenn er anders nicht zu früh in Geschäfte komt.
Möglicherweise ist Louis Catel gemeint, der auch
in späteren Briefen in diesem Zusammenhang genannt wird.
[Schließen]Den Überbringer dieses habe ich nicht nöthig, Ihnen zu empfehlen, Sie kennen ihn schon
von ehedem als einen wakern, u. verdienstvollen Künstler. Machen Sie
ihn doch mit
Herder's, Bertuch, Wieland, Wollzogen –
bekannt.