Rom den 12 ten April 1796.
Johann Heinrich Meyer hielt sich zu dieser Zeit
ebenfalls in Rom auf.
[Schließen]Ich weiß durch Herrn Mayer
, daß ich Ihnen vorzüglich schuldig bin, daß mein Namen in die Liste der
vortrefflichen Männer, welche Mitarbeiter an den Horen sind, aufgenommen worden ist. Sie erlauben daher auch, daß ich
den beygelegten Aufsaz über den Emissär des Fucinischen Sees an Sie übersende. Ein Antwortschreiben Goethes liegt nicht vor. An
Johann Heinrich Meyer äußerte sich Goethe in einem Brief vom 20. Mai
1796: "Das Hirtische Manuscript hab' ich erhalten, es betrifft einen
interessanten Gegenstand, ist aber weitläufig und, unter uns gesagt,
ungeschickt geschrieben, so daß es beynah noth thäte, man redigirte das
Ganze. In einem beygelegten Briefe hat er auch solche miserable Fragen
an mich gethan, worüber ich ihm nächstens eine Auskunft, die keine
Auskunft ist, zu geben gedenke" (Goethe WA, IV, Bd. 11, Nr. 3310, S. 66,
Z. 9-16). – Bereits am 3. März 1796 hatte Goethe an Meyer nach Rom
geschrieben: "Die fixen Ideen, welche der gute Hirt schon so ein Dutzend
Jahre nährt, mögen denn freylich etwas steif und trocken geworden seyn,
Mannigfaltigkeit des eignen Geistes und Biegsamkeit gegen fremde
Gegenstände sind niemals seine Eigenschaften gewesen" (ebd., Nr. 3283,
S. 40, Z. 8-12).
[Schließen]Ihr Urtheil mag entscheiden, ob derselbe in genanntes Journal eingerückt zu werden
verdient. Ich bitte nach Ihrem Gutdünken abzuändern, auszustreichen, zuzusezen.
Ob ich wohl that, daß ich bey den Stellen der Alten nur die Übersezung über der Zeilegab, mögen Sie entscheiden, und mir für die
Zukunft einen Wink hierüber geben. – Die beygefügten Risse über den Emissär des Fucinischen Sees.
Illustr. zu S. 1-20. In: Die Horen, 8. Bd., 12. Stück, 1796, nach S. 20
("Erklärung der Risse" und neun Darstellungen auf zwei Seiten).
[Schließen]Zeichnungen ließ ich so viel möglich in 6 kleine reduciren, um die Unkosten soviel
möglich für den Verleger zu verringern. Nur wünsche ich, daß dieselben einem
sorgfältigen Kupferstecher in die Hände fallen. – Sollte übrigens die
Beschreibung dieser kleinen Reise für das Journal paßend seyn, so könnte ich
sogleich die
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Fortsetzung davon nachsenden. Am Intereße
der Materie würde es nicht fehlen. – Da ich aber überhaupt nur oberflächlich
über die Absicht und Foderungen der Monatschrift unterrichtet bin, so wünschte ich sehr, etwas
Bestimmteres darüber zu erfahren: Z. Beyspiel
1. In wie weit würde der Herausgeber sich verstehen,
Aufsäze mit Zeichnungen von figürlichen Monumenten oder Architectur aufzunehmen?
Wieviel würde man wohl eine Zeichnung bezahlen? –
2. welche art von Aufsäzen wären die paßendsten? wie stark dürfte
wohl ein Aufsaz oder Abhandlung seyn?
3. wie viel ist das Honorarium? wie geschieht die
Übersendung desselben? wer trägt die Postunkosten? –
Ich habe so manches vorgearbeitet, und entworfen, daß ich gerne einen Ausweg ins
Publikum damit finden möchte. Diese meine Arbeiten enthalten: Erklärungen theils
bekannter, theils unbekannter Monumente; Zusammenstellungen,
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Resultate über Kunstwerke, Kunstepochen, Kunststudium, Kunsttheorie: Vorzüglich
Bemerkungen auf meinen verschiedenen kleinen Kunstreisen: Kunsturtheile über
neue und ältere Werke: Hirt hatte bereits 1787, vermutlich für Goethe
während dessen Rom-Aufenthalt, ein handschriftliches "Verzeichniß der
bekanntesten jeztlebenden Künstler in Rom" angefertigt (GSA Weimar,
Bestand Johann Heinrich Meyer, 64/111,1. - Vgl. die kommentierte Edition
von Harald Tausch und Rolf H. Johannsen in: Hirt-Bd. I, S. 299-366).
Darin sind u.a. auch Alexander Trippel und Christian Friedrich Hecker
(in der Rubrik "Deutsche Bildhauer - Steinschneider Medailleurs") sowie
Jacob Moore (More) (in der Rubrik "Englische Künstler") aufgeführt. -
Ein weiteres Verzeichnis, das wohl ebenfalls an Goethe in Rom mitgeteilt
wurde, trägt den Titel "Anmerkungen über das Leben und noch existirende
Werke der ältern florentinischen Künstler von Mitte des 13
ten
Jahrhunderts bis Anfang des 16
ten
" (GSA Weimar, Bestand Johann Heinrich Meyer, 64/111,2).
[Schließen]Biographien von Künstlern, alter als Trippel, Hecker, Über den schottischen Landschaftsmaler Jacob More erinnert Friedrich
Leopold zu Stolberg: "Jacob More, ein Schottländer, ist einer der guten
Landschaftsmaler unsrer Zeit. Er zeigte uns verschiedne Gemälde. Ein
stürmendes Meer mit einem Felsengestade, welches bei Nacht, in trübem
Mondschein des letzten Viertels, vom Blitz getroffen wird, indeß am Ufer
Leichen schwimmen und halbtodte Schiffbrüchige von Landleuten
aufgenommen werden. Du siehst, daß Jacob More mit dichterischer
Erfindungskraft den Pinsel führt. Dieses Stück ist vortrefflich und
erfüllt mit Schauer. / Zum Gegenstück hat er Telemach's und Mentor's
Ankunft in die Insel Kalypso gewählt. Der Morgensonne Schimmer bebet
wallend auf des Meeres sanft gebrochnen Wellen. Lieblich ist die Insel,
freundlich lächeln Erde, Meer und Himmel. / Doch webt und wehet es nicht
in den Bäumen dieses Malers mit dem Naturleben, welches Hackert den
seinigen zu geben weiß; der Schotte scheinet mir weder in der
Luftperspective noch in der Linienperspective den Zauber zu haben,
welchen man immer in Hackert's Gemälden bewundert. Des More blendender
Pinsel scheinet mir nicht mit Farben der Natur zu malen" (zitiert nach:
Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu
Stolberg. 6. Bd., Hamburg 1822, S. 215).
[Schließen]Moore etc. auch älterer als von Agrippa ließ den Vorgängerbau des Pantheon
errichten. Er plante und finanzierte auch andere Bauprojekte, so die
Agrippa-Thermen.
[Schließen]
Marcus Agrippa
etc. Ein Wort vor der Hand würde mir hierüber genug seyn; denn da Sie uns
die Hofnung über der Zeilegeben
Goethe kam vorerst nicht wieder nach Italien.
Dafür besuchte ihn Hirt 1797 in Weimar.
[Schließen]bald wieder zu uns zu kommen, so kann dann das mehrere mündlich geschehen. –
Für beide Damen veranstaltete Hirt einen Kursus
über die kunsthistorischen und architektonischen Zeugnisse Roms.
[Schließen]Diesen Winter war ich vorzüglich mit der Fürstin v. Deßau, und iezt mit der
Frau v. Ritz aus
Berlin
beschäftiget. Erstere gefällt sich sehr in Rom, und vielleicht wird sie mit Mathisson
Louise von Anhalt-Dessau trat am 27. Mai 1796,
auch bedingt durch die unruhige politische Lage, in Begleitung von Hirt
die Heimreise an. Am 15. Mai 1796 vermerkt sie in ihrem Tagebuch: "[…]
um 9 [abends] kam M[atthisson], nach ihm Hirt, der die Nachricht
brachte, Mayland sey in den Händen der Franzosen und nun ernstlich
bestimmt sagte, er werde Rom verlaßen und der Pr[inz August von England]
reise auch" (Tagebücher LvAD, Bd. 1, S. 220).
[Schließen]den Sommer hier zubringen. Leztere zeiget gleichfalls viele Liebe für die Künste und So kaufte die Gräfin Lichtenau Kunstwerke für die
Berliner Akademie der Künste und Ausstattungsstücke für den König, wie
Tapeten, Seidenstoffe, Kamine, Kamineinsätze, Skulpturen, Stiche mit
Ansichten von Rom und Umgebung, Korkmodelle von Chichi (nach: Hagemann,
2007, S. 153f.). Sie ließ sich von Angelika Kauffmann malen und kaufte
deren Gemälde "Christus und die Samariterin am Brunnen". Weiterhin
unterstützte sie in Rom lebende deutsche Maler wie Friedrich Rehberg,
Wenzel Peter, die Brüder Hackert, Georg Andreas Hoffmann, Peter Gottlieb
Müller oder Johann Christian Reinhart mit Aufträgen und Ankäufen, die
stark von Hirt beeinflusst waren.
[Schließen]machet ansehnliche Empletten.
Mahler Hamilton hat eine neue Louise von Anhalt-Dessau vermerkt über einen
Besuch der Grabungsstätte: 19. April 1796: "[…] um 10 fuhren wir hinaus
hinter Ponte Molle hinaus und sahen die dort heraus gegrabne Capitaele
und Säulen, und noch etwa 20 Mann waren beschäftigt mit außgraben, und
ein Aufseher war dabey. Wir fanden noch manche kleine, bunt bemahlte
Stücke im auswurf und auch kleine Stücken Marmor. Es war 3 große
Alabaster Säulen, meist ganz, da, wovon die eine, nur in zwey Stück
zersprungen, 12 Fuß wohl hoch war. Wie große Capitaele römischer Ordnung
und noch verschiedene kleine und einige von jonischer Ordnung"
(Tagebücher LvAD,bBd. 1, S. 210-211).
[Schließen]Cava unweit Ponte molle
, die sehr viel verspricht. Biß iezt fand er zwey ganz erhaltene Büsten
von Apollo u. Latona nebst drey Säulen von Orientalischem
Alabaster.
Canova hat kürzlich Louise von Anhalt-Dessau schreibt in ihrem
Tagebuch über einen Besuch in Canovas Atelier: 9. April 1796, Sonnabend: "[…] fuhren
wir zu Canova, den ganze neu von ihm verfertigte Model in Giebs einer
Gruppe des Hercules, als dieser den Bothen der Dejanira tödtet, der ihm
das vergiftete Hemd bringt. Es mag dem Künstler Mühe und Arbeit genug
gmacht haben, aber so wie diese und die ganze Iddee ungehauen ist, so
hatt er sie auch dargestellt. Er hatt noch dazu nicht einmal den
Farnesischen Hercules genau nachgebildet, denn Er den Rücken und die
zwey Schulterblätter seines Hercules als zwey der mächtigsten Wind
Schläuche des Eolus hingestellt und meines Erachtens in der Stellung der
gewaltigen Beyne und Schenckel keine kräftige Harmonie, das heißt
dennoch etwas Floßkes, Erzwungenes, nichts Natürliches, [?] auch in der
Anstrengung schön bleiben muß, die ganze Gestalt des Icaris, den er
fortschleudert, dünkt mir eine genaue Copie von Berninis Caricaturen zu
sein, auch unnütz oder gar wider den Zweck dünkt mir des Hercules Halten
am Leibgurt des Bothen, denn der widerstrebende Cörper würde damit nicht
gehalten werden" (Tagebücher LvAD, Bd. 1, S. 208). - Die vier Jahre
später in Marmor gefertigte kolossale Skulpturengruppe "Herkules und
Lichias" blieb unvollendet und ging später in den Besitz des Prinzen
Giovanni Torlonia über, der seine Sammlung antiker Kunst auch der
Öffentlichkeit zugänglich machte.
[Schließen]
sein neuestes Werk
in Gips öffentlich ausgestellt. Hercules, der den
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Lylas in die See schleudert, ist das
Sujet. Es ist zwey Von lat. palma: die flache Hand - gemeint ist:
eine Handbreit; 1 Palm = 4 Zoll.
[Schließen]Palm größer, als der Farnesische
Hercules. Es findet eine große Anzahl Bewunderer, aber wenig
Beurtheiler: nach meiner Meinung ist es die abscheulichste Karikatur in jeder
Rücksicht, und in jedem Theile. Bernini hat nie nichts schlimmres gemacht.
Wir hören hier so viel von Ihrem Gemeint ist "Faust. Ein Fragment", erschienen
1790 bei Göschen in Leipzig. "Faust. Der Tragödie erster Teil" erschien
erst 1808.
[Schließen]
Faust
, und Wilhelm Meister, daß Sie uns
die Bitte nicht verargen werden, dieselben doch nicht zu vergeßen mitzubringen.
Mad. Angelika hat den erstern nie
erhalten. –
gegenwärtige Manuscripte gehen bis Hof oder Leipsig mit einem besondern Courier.
Em
pfehlungen
innerhalb der Zeilepfehlen
Sie mich der gnädigsten Herzogin, Fräul. v.
Göchhausen, Herdern
&. ich bin noch allerseits Briefe schuldig. Ich werde schreiben, sobald ich
ein wenig freyer bin. Mad. Brun
Friederike Brun war zur gleichen Zeit wie Louise
von Anhalt-Dessau in Rom eingetroffen; beide unternahmen viele
gemeinsame Ausflüge und Besichtigungen. Am 8. Mai 1796 reiste die Brun
mit ihren beiden Kindern nach Neapel weiter, wo sie den Sommer über die
Bäder auf Ischia gebrauchte.
[Schließen]hält sich noch immer hier auf; sie denkt aber den Sommer in Ischia zuzubringen. Bury hat Wohl die beiden Kopien, die Louise von
Anhalt-Dessau bei einem Besuch in Burys Atelier am 26. März 1796 gesehen
hat: "Von hier zum Büri, der schon mehr Talent zum Copieren hatt, wie
dann zwey Copien nach Leonardo da Vinci, beweisen die zwey Schwestern
als Allegorien Tugend und
Eitelkeit und der Christus unter die Pharisäer. Dieser Mahler scheint aber doch
der pretensionsloseste und der hochmüthigste zu sein" (Tagebücher LvAD,
Bd. 1, S. 204). Es handelt sich dabei jedoch um Kopien von Gemälden des
Bernardino Luini, die damals Leonardo da Vinci zugeschrieben wurden:
Bernardino Luinis Allegorie der "Bescheidenheit und Eitelkeit" (ehemals
im Palazzo Barberini in
Rom, heute: Paris, Sammlung Rothschild) und dessen "Christus unter den
Pharisäern" (auch: "Christus unter den Schriftgelehrten") (ehemals im
Palazzo Borghese in
Rom, heute: National Gallery London). Bury hat diese Gemälde wiederholt
kopiert und verkauft.
[Schließen]
zwey Kopien von Leonardo da Vinci
an sie verkauft.