Brief erschlossen: [Von der Buchhandlung Voss,
vor Dezember 1799].
[Schließen]haben mich vor einiger Zeit mit dem Zutrauen beehrt, mir ein Nicht ermittelt. Im Verlagsprogramm von Voß &
Comp. ist kein entsprechendes Werk verzeichnet (vgl. Rolf Haaser:
Chronologische Verlagsbibliographie Leipziger Voss-Verlag (1791-1818).
In: Anna Ananieva / Dorothea Böck / Hedwig Pompe: Auf der Schwelle zur
Moderne: Szenarien von Unterhaltung zwischen 1780 und 1840. Vier
Fallstudien. Bd. 2, Bielefeld 2015, S. 639-781; sowie: Anna Ananieva:
Der Leipziger Voss Verlag: Eine Kunst- und Buchhandlung um 1800. In:
ebd., S. 437-635).
[Schließen]Manuskript, die sogenannte gothische Baukunst betreffend, zu übersenden, und mein Urtheil über den Werth desselben einzuholen.
Ich habe dasselbe mit Aufmerksamkeit durchgegangen. Da mir aber Nicht ermittelt. - Zu denken ist möglicherweise
an James Maltons "An Essay on british cottages architecture" (London
1798), wovon 1805 eine deutsche Übersetzung im Verlag von Baumgärtner
erschien.
[Schließen]das Original noch nicht zu Gesicht gekommen, vermag ich nicht, ein bestimmtes Urtheil
über den Werth und die Richtigkeit der Übersetzung zu geben. Indeßen kommen doch
solche Stellen nicht selten vor, wo es scheint, daß der Übersetzer theils mit
der englischen Sprache, theils mit der Materie, von der gehandelt wird, nicht
hinreichend vertraut sey. Auf jeden Fall würde es noch nöthig seyn, daß die Handschrift mit Sorgsamkeit
von einem Sach- und Sprachverständigen durchgegangen, und verbeßert würde.
Was den innern Werth der behandelten Materie betrift, ist aller dings der englische Verfaßer der Mann nicht, dem man gründliche Kenntniße weder in der Kunstgeschichte des Mittelalters, noch der Kunst überhaupt zutrauen kann. Indeßen da eben über diese Materie bißher noch weniges, und besonders | 2 nichts Gründliches geschrieben worden ist, und dieselbe doch in mancher Rücksicht intereßant ist, so glaube ich, daß eine solche Schrift, wenn sie in Deutschland bekannt würde, Gelegenheit zu gründlicheren Forschungen geben könnte; besonders wenn die hiezu zu liefernden 6. bis 7. Zeichnungen von einiger Bedeutung, und zugleich von zweckmäßigem Stiche wären.
Auch habe ich seitdem die mir in dem Schreiben angekündigten, bis iezt
publizirten 6. Hefte der Architektonischen
Zeichnungen erhalten. Ihr Unternehmen unserm deutschen Vaterlande solche Prachtwerke in
einem so wichtigen Fache, wie die Architektur ist, zu liefern ist allerdings
sehr löblich: und es bleibt daher für mich höchst unangenehm zu hören, daß So in der ALZ, 1799, Bd. 1, Nr. 77, Sp. 609-613
(Näheres dazu bei Klaus Jan Philipp, siehe die folgende Anmerkung, S.
142-144).
[Schließen]wegwerfende Recensionen hierüber erschienen sind. Auch bin ich Ihrer Meinung, daß Recensionen
Unternehmungen von dieser Art nicht decouragiren sollten. Ich kann freylich
hiebey nicht bergen, daß zu wünschen gewesen wäre, daß Ihr großes Unternehmen
Die Zeichnungen waren von dem in Dresden lebenden
James Earl of Findlater and Seafield zusammengestellt worden.
"Findlaker, der selbst auch als Architekt dilettierte und auch ein
illustriertes Buch 'zur Schönen Baukunst' herausgebracht hat, ließ sich
Zeichnungen englischer Gebäude, hauptsächlich Landhäuser und
Kleinarchitekturen, nach Dresden schicken, wo sie von Johann Gottlieb
Schwender für den Stich aufbereitet wurden. Vorlagen entnahm er auch aus
englischen Stichwerken, vor allem aus dem 'Vitruvius Britannicus' und
den Werken der Adams, die er allein oder zusammen mit Schwendner
umgestaltete oder auch aus verschiedenen Vorlagen neue Gebäude
zusammenstellte" (zitiert nach: Klaus Jan Philipp: Um 1800.
Architekturtheorie und Architekturkritik in Deutschland zwischen 1790
und 1810. Edition Axel Menges, Stuttgart/London 1997, S. 139).
[Schließen]auf würdigere Gegenstände gefallen wäre. Indeßen bleibt an dem Unternehmen selbst doch soviel lobenswerthes, daß
ich glaube, ein billiger Recensent (ohne weiter seinem Kenner-Urtheil etwas zu
vergeben) würde allerdings eine Seite
| 3 aufgefunden haben,
das Werk gehörig zu würdigen. Ich selbst stehe mit kritischen Journalen in
keiner Verbindung, und kann aus diesem Grunde schon Ihrem gütigen Zutrauen nicht
entsprechen. Auch kenne ich das
Ideenmagazin
, von dem Sie in Ihrem Schreiben Meldung thun, nicht.
Das Manuskript sowohl, als die 6. Hefte der architektonischen Zeichnungen habe ich Herrn Buchhändler Sander zugestellt, welcher mir versprochen hat, Ihnen beydes auf dem besten Wege zu übersenden.
Ich wünschte, daß es Gelegenheit geben möchte, wo ich Ihrem Zutrauen mehr entsprechen , und ich überhaupt Sie überzeugen könnte, wie bereitwillig ich bin, Ihnen gefällig zu seyn.
Ich habe die Ehre zu seyn Ew. Wohlgeborenergebenster Diener HirtBerlin den 6 ten Dec. 1799.