Berlin den 12ten Dec. 1797.

Ich danke Ihnen für die Bekanntschaft des Herrn Weyland's. - Vor ein paar Tagen übergab ich ihm eine Rolle, worin die Zu Hirts Entwürfen für ein Denkmal für Friedrich den Großen vgl. An Böttiger, 26.09.1797.
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Zeichnungen zum Monumente
, u. ein Abdruck vom Archiv der Zeit - nebst meinem ursprünglichen Entwurf für ein Monument Friedrichs II. enthalten sind. - Herr v. Hirt hatte Graf und Gräfin von Egloffstein in Italien kennengelernt. – Der Kammerherr von Egloffstein und Weiland hielten sich nach der Inthronisierung von Friedrich Wilhelm III. einige Zeit in Berlin auf.
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Egloffstein
wird sie mitbringen. Ich schicke alles an Sie, um es der besten Herzoginen und allen dortigen neugierigen Freunden vorzulegen; denn ohne Beschreibungen ist die Sache nicht zu verstehen, weil die Zeichnungen zu den Reliefs sind fertig sind [!], und ich die dazu entworfenen Beschreibungen nicht abgeschrieben, und in Ordnung habe: übrigens ist die beygelegte Schrift nichts anders, als die erste Idee, welche ich dem Minister - auf Verlangen daß ich auch meine Ideen geben soll - vorlegte. Auch die detaillirte Beschreibung des Gebäudes selbst - mit all den Maasen, und Ursachen - warum eher so, als anders - ist auch nur in zerstückelten Papieren - wie ich sie nemlich dem zeichnenden Architekten vorlegen mußte, aufgeschrieben. Vielleicht hätte aber dieß besonders Göthe'n intereßirt. Kurz ich schicke Ihnen etwas sehr Unvollkommenes, deßwegen empfehle ich es Ihrer Obhut. | 2

Nachdem Sie nur mit dem Besehen fertig seyn werden, so bitte ich es - wohl versorgt - unter der Addresse der Fürstin - nach Dessau zu schicken, denn dieselbe wünschet es - mit den dortigen Spähern - auch zu sehen. - Vom Archiv konnte ich absolut nur zwey Exemplare haben: H. Rambach vergaß meinen ihm gegebenen Auftrag - mehrere besondere Abdrücke vom Aufsaze machen zu laßen - das eine Exemplar also für Weimar.

Mich freuet es, daß Göthe mit Vgl. An Böttiger, 26.09.1797.
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dem Bildchen
zufrieden ist: es ist mehr für den Kenner, und überhaupt für einen, der mehr in das Ganze der Kunstgeschichte eingreift, als für den bloßen Liebhaber.

Ich erwarte Ihre Nachricht über die Laokoonte mit einer Art von Sehnsucht: aber schreiben Sie mir gerade - ohne Versüßungspülverchen. Ich weiß nicht ob Sie mich über diesen Punkt genug kennen: ich streite dem Teufel ein Ohr ab, biß ich über das beßere erleuchtet bin; aber ich habe keine Eigenliebe, als die Wahrheit. Dieß sagt freulich jeder: aber ich müßte mich sehr verkennen, wenn es bey mir nicht wahr wäre.

Sie sagen mir: "Göthe habe sich iezt noch geäußert, daß ich Bezogen auf Hirts Laokoon-Aufsatz in den "Horen"; vgl. dazu An Böttiger, 31.10.1797. - Hirt äußert sich dazu ebenfalls im Nachtrag zu seinem Laokoon-Aufsatz sowie später in seinem Beitrag "Ueber die Charakteristik, als Hauptgrundsatz der bildenden Künste bei den Alten".
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in Absicht der Karakteristik
Recht habe: nur erhübe ich das zur ersten Potenz, was einem höhern Gesez der Schönheit untergeordnet sey." Ich wünschte nur, daß | 3 einmal dieß höhere Gesez der Schönheit zu deutlichen Begriffen entwickelt würde - durch Raisonnement, und durch Beyspiele. - und dieser Entwickelung muß es doch fähig seyn, wenn es als Hauptgrundsaz, wenn es als Prüfungsgesez des Schönen in die Geschmackslehre soll aufgenommen werden. - ich frage daher: ob dasjenige, was Winkelmann, Lessing , Göthe u. andere darüber gesagt haben, einiger maßen genug thuend – hinreichend erklärend – sey? –

Ich habe iezt angefangen: mich Ein solcher Aufsatz von Hirt erschien nicht; vgl. auch Hirts Briefe an Böttiger vom 26.09.1797, 31.10.1797 und 10.02.1798.
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mit dem Aufsaze für Ihr Vasengemäldewerk
zu beschäftigen. Ich hoffe, daß ich mit Ende des Monats Ihnen etwas werden zusenden können. Johann Heinrich Meyer hatte sich 1784 bis 1790 in Italien aufgehalten und dort auch Goethe und Herder geführt. Herder, der mit Hirts Kursus in Rom nicht zufrieden war (vgl. auch die Sachanmerkungen zu Hirts Brief an Goethe vom 04.04.1789), urteilte über Meyer hingegen begeistert: "Ich laufe mit dem Meyer jetzt noch einmal die Hauptdenkmale des Alterthums über. Er ist ein vortrefflicher Mensch, einer aus tausend und abermal tausend, an Sinn und tiefem Verstand. Sprich aber auch hiervon nichts zu Goethe" (Herder an seine Frau, Rom, 27. Februar 1789). 1791 ging Meyer nach Weimar und wohnte bis 1802 in Goethes Haus. Von November 1795 bis 1797 hielt er sich erneut in Italien auf, wo er sich eigentlich mit Goethe treffen wollte. Doch wegen der politischen Umstände endete dessen Reise in der Schweiz. Am 20. September 1797 trafen sie sich in Zürich und kehrten zusammen am 20. November 1797 nach Weimar zurück. - An Christian Gottlob Heyne schreibt Böttiger am 20. September 1794: "Der Maler Meyer […] verdient wirklich auch als Antiken- und Kunstkenner Achtung. Bey seinem mehrjährigen Aufenthalt in Italien blieb er nicht bloß bey der Schaale seiner Kunst. Er war Herdern und Göthen zur Seite, als diese die dortigen Kunstschätze sahen. Diesen Sommer brachte er in Dresden zu, wo er für unsern Herzog einige Gemälde von der dortigen Gallerie kopirte. Mit ihm habe ich einigemal die schöne Antikensammlung besehn. Er hat feine Entdeckungen dort gemacht" (Briefwechsel Böttiger-Heyne, S. 19).
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Mayer
wird nun mit manch neuem begabt, zurückgekommen seyn. Hat er nichts von Florentinischen Zeichnungen, Copien etc. mitgebracht? - Grüßen Sie ihn auch vielmals Meinerseits. –

Hirt las 1797/98 an der Akademie der Künste "Theorie der bildenden Künste verbunden mit der Geschichte derselben bei den alten Völkerschaften, bis auf den Verfall des römischen Reiches".
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Da ich dieß Jahr über Theorie und Geschichte der bildenden Künste bey den Alten öffentlich lese
, so kam ich die lezte Zeit her wieder auf meine Papiere von Mahlern, u. Mahlerey der Alten. Ich habe nun die Materien näher zusammengestellt, und glaube ganz auf's reine gekommen zu seyn über die vielen Kriege und Erläuterungen - der verschiedenen Arten zu mahlen bey den Alten, worunter auch die drey Antiken Arten Böttiger hatte sich ebenfalls mit dieser Materie beschäftigt und sich dazu von Johann Gottlob Heyne das Standardwerk von Requeno (siehe unten) ausgeliehen (Briefwechsel Böttiger-Heyne, S. 20, 21). Zu Böttigers Aufsatz vgl. Hirts Brief an Böttiger, 06.01.1798.
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Encaustik
mitbegriffen sind. - Auch hier kann man sagen; "wir suchen in Wolken, wenn die Sache vor uns liegt." Ich habe Lust die Sache in einem besondern Hier wohl Hirts erster Vortrag zu dieser Thematik gemeint, den er am 30. August 1798 in der Akademie der Wissenschaften vortrug; gedruckt u.d.T.: Sur les différentes méthodes de peindre chez les anciens. Par Monsieur Hirt. In: Mémoires de l'Académie Royale des Sciences et Belles-Lettres. Depuis l'avènement de Frédéric Guillaume III au Tròne. 1799. - Classe de Belles-Lettres. Berlin 1803, S. 185-230.
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Aufsaze
zu publiziren - Da ich aber das bekannteste Werk hierüberVgl. auch Hirts frühere Besprechung des Buches in der "Allgemeinen Literatur-Zeitung vom Jahre 1788", Bd. 3, Jena, Sp. 713-720 (= Nr. 222 vom 18.9.1788): Schoene Wissenschaften. Parma, aus der Königlichen Druckerey: Saggi sul' ristabilimento dell' antica arte de Greci, e Romani Pittori - da Don Vicenzo Requeno (einem spanischen Exjesuiten). 1787. 2 Bände, gr. 8. 2te Auflage.
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den Requeno
- nicht hier finden kann, und mich nicht geradezu auf meine Excerpta verlaßen möchte, ohne ihn noch einmal durchzusehen: so wäre die Anfrage, ob Sie mir denselben nicht aus dortiger Gegend her verschaffen könnten, | 4 besonders die lezte Edition in zwey diken 8 vo Bänden?

über Ihre Fragen, Vgl. dazu Hirts Brief an Böttiger, 18.11.1797.
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die Gräfin von Lichtenau betreffend
, weiß nichts zu sagen, es herrscht ein tiefes Dunkel über das ganze: der Pöbel heckt zwar täglich die sonderbarsten u. selbst spaßhafte Mährchen auf ihre Kosten aus. Soviel ist wahr, daß sie noch immer in dem neuen Garten zu Potsdam, Während sie den kranken König im Marmorpalais pflegte, wohnte sie im Kavalierhaus (auch: Damenhaus) des "Holländischen Etablissements", einem der Holländischen Häuser im Neuen Garten.
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wo sie vorher wohnte
, bewacht ist; daß man hier in ihren Papieren nachforscht - sey es daß sie einer verdächtigen Correspondenz verdächtig ist, sey es, daß man die nähern Verhältniße zwischen dem verklärten Freunde und ihr zu kennen wünschet: sey es, um eine genaue Kenntniß von ihrem Vermögenszustand, und den Erwerb desselben zu haben, und darnach die Vorkehrungen für die Vorsorge der Tochte Gräfin v. Stollberg zu nehmen. –

unser junger König benimmt sich übrigens sehr bieder und brav: alles giebt den Schein zu schönen Hofnungen. er ist thätig ohne Übereilung: einfach in seinem ganzen Wesen, u. wie es scheint, sehr leidenschaftslos. - ich habe den Genzschen Brief an Göthe Vgl. An Goethe, 02.12.1797.
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überschickt
: haben Sie ihn vielleicht gelesen? -

Im Schillerschen Almanach hat mir der neue Pausias, Bajadere, u. der Peter - sehr gefallen. - Ich höre: Falk Falk kam nach einem abgebrochenen Theologiestudium in Halle 1797 als Privatgelehrter nach Weimar, wo er mit Goethe, Herder und Wieland verkehrte.
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athme wieder Ihre dortige Atmosphäre
: Ich sah Wohl sein "Taschenbuch für Freunde des Scherzes und der Satyre" (Leipzig 1797-1804) gemeint, dessen erster Jahrgang 1797 erschienen war und verschiedene Beiträge von Falk enthielt. - Christoph Martin Wieland schreibt am 22. Oktober 1797 aus Oßmannstedt an Böttiger: "Diesen Nachmittag erwarte ich Hrn. Falk und seine junge Dame [...]. An dem neuen Taschenbuch unsers jungen / juvenilen Juvenals habe ich mich nur mittelmäßig erbaut. Unter den guten Einfällen stoße ich zu oft auf alte Bekannte - der platten sind nicht wenige, der unvorsichtigen und den Urheber verhaßt u suspect machenden noch mehr. Indessen ließt sich doch vieles mit Vergnügen. Etwas mehr von der guten Gabe der Unterscheidung des Schiklichen u Unschicklichen, dessen was eben recht u was zu viel ist, etc. etc. wäre unserm guten Falk allerdings zu wünschen" (Wielands Briefwechsel, Bd. 14,1, bearbeitet von Angela Goldack, Berlin 2000, Nr. 68, S. 74, Z. 5-26).
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sein leztes Produkt
vor einigen Tagen an - wie kann man so albernes, und schmuziges Zeug schreiben? -

Suchen Sie mich dort im Andenken zu erhalten, und sagen Sie mir bald wieder ein Wörtchen Hirt.