Berlin den 15 ten Aug. 1799.

Also für dieß Jahr, lieber Freund! wäre die Hofnung Vgl. An Böttiger, 11.04.1799.
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Sie zu sehen
vorüber: nun wollen wir wenigstens für's künftige hoffen; und uns desto öfters mit einem freundschaftlichen Wort in Briefen zu begegnen suchen.

H. Weiland will die Güte haben, einen Pak meiner gedruckten und geschriebenen Sudeleyen mitzunehmen. Leztere kann man freylich niemanden, als einem Freunde, wie Sie sind anvertrauen; denn theils sind sie nicht für’s Publikum geschrieben, theils sind sie noch in ihrer ersten Rohheit hingeworfen. Allein aus allem, wenn anders Sie die Gedult haben, den Wust durchzugehen, über der Zeilewerden Sie den Sinn nehmen, und an dem unpolirten sich nicht stoßen. Ich übersende Ihnen 1. die Abhandlung über die Malarten der Alten, um Ihr Urtheil zu hören, Siehe hierzu v.a. Böttigers "Griechische Vasengemälde mit archäologischen und artistischen Erläuterungen".
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da Sie mit dem nemlichen Gegenstand selbst vielseitig beschäftigt waren
, 2. Siehe in den Amtlichen Schriften das Gutachten Hirts "Die Etablirung einer Bauschule, und die von einem hiezu niedergesezten Commissorium abgefaßten Beschlüße zur Organisation derselben betreffend", gerichtet an das Kuratorium der Akademie der Künste, Berlin, 15. Februar 1799 (GStA PK, I. HA, Rep. 76 alt IV Nr,. 2, Bl. 86r-90v).
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meine Entwürfe für das Kunststudium allhier
, aus dem Sie am beßten ersehen werden, in wie fern Meyer u. ich Vgl. J. H. Meyers Aufsatz "Ueber Lehranstalten, zu Gunsten der bildenden Künste" in den "Propyläen".
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zusammentreffen
, 3. Vgl. in den Amtlichen Schriften die Denkschrift Hirts "Ueber die Errichtung eines kgl. Museums der Antiken, und einer kgl. Gemäldegallerie" (GStA PK, I. HA, Rep. 76 alt III Nr. 62, Bl. 4r-24v).
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Die Hauptidee des Planes von der Vereinigung des königlichen Kunstschazes
. (All dieß werden Sie mir gelegentlich – zugleich mit dem Siehe An Böttiger, 31.10.1797, Beilage.
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Manuskript
, was ich Ihnen im vorigen Jahre über die Die Ausstellung der Kunstakademie fand ab 26. September 1797 statt; vgl. den zugehörigen Katalog "Beschreibung derjenigen Kunstwerke, welche von der Königlichen Akademie der bildenden Künste und mechanischen Wissenschaften in den Zimmern der Akademie dem Königl. Marstalle auf der Neustadt den 26. September und folgende Tage [...] öffentlich ausgestellt sind. Berlin 1797": Börsch-Supan, 1971, Bd. 1).
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Gemäldeausstellung 1797.
zusandte, wieder zurückschicken) -

Mit Übersendung Über das Vogelhaus des M. Terentius Varro zu Casinum; Über die toskanische Bauart und nach Vitruv.
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der beyden gedrukten Aufsäze
An Goethe, 22.08.1799.
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habe ich Göthe als Biedermann geschrieben
, und gesagt, daß ich ihm und Fernow in einer besondern Schrift antworten werde. Auch meldete ich ihm einiges über die Manuscripte, die ich Ihnen zusende und bat ihn, wenn er Neugierde hätte, einen Blick darauf zu werfen, sie von Ihnen abholen zu laßen. – Ich werde wie Sie, diesen Mann immer ehren, und auch seine guten moralischen Seiten nie verkennen: doch nicht auf Unkosten deßen, | 2 was ich aus beßerer Überzeugung als wahr annehmen muß. –

H. Henry ist zur Stunde noch nicht eingetroffen; wird aber täglich erwartet. Den Umriß Vgl. auch An Böttiger, 27.07.1799.
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des Mosaik’s
sollen Sie haben. – Über den Ursprung dieser Kunst weiß ich nichts, und werde daher mit doppeltem Vergnügen 1801 veröffentlicht Böttiger die Schrift "Mosaik von Alexander Delaborde im Jahre 1799 unweit Sevilla in Spanien gefunden", in: ALZ 1801, Bd. 3, S. V-VIII.
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Ihre Ideen
darüber vernehmen. Sie wißen, Johannes Gurlitt: Ueber die Mosaik: Zur Ankündigung der in der Schule des Klosters Bergen von Ostern bis Michaelis 1798 zu haltenden Lectionen vom Professor und Director Gurlitt. Magdeburg, bei Georg Christian Keil, [1798]. - Johannes Gurlitt: Ueber die Mosaik. Bergen bei Magdeburg 1798. - Hirt erwähnt die Schrift in seiner Abhandlung "Ueber die verschiedenen Mosaikarten bei den Alten" (S. 137).
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daß kürzlich H. N(?)- in Klosterbergen hierüber geschrieben hat
. Ich las aber nur die ALZ, Jg. 1799, Bd. 3, 191.
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Anzeige
in der Allgemeinen Literatur Zeitung die vielleicht von Ihnen ist, davon. – Sie werden auch am Schluß der Abhandlung über die Malarten sehen, daß ich zwar auch gesinnt war Am Schluss von Hirts Abhandlung "Ueber die Mahlerey bey den Alten" heisst es: "Auch verdienen die verschiedenen Mosaikarten der Alten als eine besondere Gattung von Mahlerey angeführt zu werden. / Allein es ist soviel hierüber zu sagen, dass ich mir die Behandlung dieser Materie zu einer andern Zeit vorbehalte." (a.a.O., S. 230). - Später erscheint zu dieser Thematik: Ueber die verschiedenen Mosaikarten bei den Alten.
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etwas über Mosaik zu sagen
. Allein dieß würde sicher im ganzen wesentlich auf das technische der Kunst, und auf das verschiedene Material, deßen man sich in verschiedenen Zeiten bediente, so wie auf den wesentlichen Gebrauch desselben bey den Alten, beschränkt haben. – Haben Sie seitdem über das Wachsmosaik von H. Meyer nähere Kunde eingezogen? mir scheint, daß ich eine deutliche Idee davon habe. – Da ich übrigens die verschiedenen Mosaiken der ältern, mittlern, u. neuern Kunst ziemlich gegenwärtig habe, so will ich Ihnen sehr gerne aushelfen, wenn Sie wo einen Anstand fänden. Ich thue übrigens sehr gerne Verzicht auf die Behandlung dieses Gegenstandes besonders wenn ich denselben in so guten Händen, wie die Ihrigen sind, weiß. –

Die gute liebe Brun sagt in ihrer natürlichen u. gutmüthigen Schwärmerey manchmal Sachen, die eben ihren Neben Hirt auch Fernow und Zoëga.
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römischen Führern
nicht immer viel Ehre machen. Alles drängt sich confus in ihrer Fantasie umher: indeßen bleibt es als eine Wohl Friederike Bruns "Tagebuch über Rom" gemeint, dessen erster Band Zürich 1800 erschien. Darin wird auch Hirt als archäologischer Führer erwähnt.
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Lektüre des Momentes
immer intereßant genug. - | 3

Grüßen Sie Johann Gottfried und Karoline Herder.
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Herder's
vielmal und herzlich.

In den Protokollen der Akademie der Wissenschaften ist vermerkt: Assemblée Publique, 8. August 1799: "M Zoellner. Beytrag zur Kritik der neuesten Philosophie." (Archiv der BBAW, PAW (1700-1811), I-IV-33, Bl. 315v).
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H. Zöllner las
in der lezten öffentlichen Sizung der Academie der Wißenschaften Beytrag zur neuesten Philosophie, der unter Kantianern und Nichtkantianern viel Aufmerksamkeit erweckte, weil er sonst ein entschiedener Kantianer war. Doch bestand das Wesentliche bloß darin, daß er den Unfugen rügte, die [!] man mit dieser Philosophie, die doch übrigens wieder zum Nachdenken geweckt hätte, trieb. Ist übrigens der Meinung, daß weder Kant noch Fichte – weder was Neues, noch Entscheidendes in die Philosophie gebracht, wohl aber durch eine neue Sprache viel verwirrt hätten. etc. Übrigens schreyen die Kantianer: Bezieht sich auf Herders "Metakritik".
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Herder hätte Kant nicht verstanden
: und daß, wo Herder Recht hätte, Kant derselben Meinung sey. übrigens bemerkt man doch manches Wanken: und die Kantische Unfehlbarkeit fängt an mit der päbstlichen in der nemlichen Linie zu stehen. –

Was sagen Sie zu den lezten Hier das "Athenäum" Zweiten Bandes Zweites Stück gemeint.
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Schlegeliaden
? – Man sagt hier, sie wären bestellt, einen wäßrigen Commentar zu den Xenien zu schreiben: andere behaupten; Frölich habe nicht länger Verleger seyn wollen, wenn sie nicht etwas Ragoutantes in’s Publikum geben würden. Übrigens sey einmal Prostituirten alles erlaubt – doch dürfte diese Marktschreyer-Bude nicht von langem Bestand seyn. - Kennen Sie die Während seines Italienaufenthaltes fertigte Flaxman 1793 klassizistische Umrisszeichnungen zu Homers "Ilias", die 1795 von Tommaso Piroli in Kupfer gestochen wurden. Es folgten Zeichnungen zur Odyssee, gestochen von William Blake; weitere zu Dante und Aeschylus: La divina Commedia di Dante Alighiere, cioé l'Inferno, il Purgatorio ed il Paradiso, disegnata da Giovanni Flaxman, Sculture Inglese, ed incisa da Tommaso Piroli Romano. 1793. In possesso di Tommaso Hope, scudiere, Amsterdam. Klein Querfol. 110 Blätter. - The Iliad of Homer engraved by Thomas Piroli from the compositions of John Flaxman, scultor. Rome 1793. Querfolio, 34 Blätter. - The Odyssey of Homer engraved by Thomas Piroli from the compositions of John Flaxman, Sculptor. Rome 1793. Querfol, 28 Blätter. - Compositions from the tragedies of Aeschylus, designed by John Flaxman, engraved by Thomas Piroli. The original drawings in possession of the Countess Dowager Spencer. Gr. Querfol., 31 Blätter.
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Umriße von J. Flaxman
? – Ich war zeuge ihrer Entstehung: und genug gesagt: Im "Athenäum" Zweiten Bandes Zweites Stück, heisst es zu Beginn der Ausführungen über Flaxman: "Warum sollte es nicht eine pittoreske Begleitung der Poesie, nach Art der musikalischen, geben können? [...] Ein Englischer Bildhauer, John Flaxman, hat diese Idee in zahlreichen Sammlungen von Umrissen zu Dante's göttlicher Komödie, zur Ilias und Odyssee, und zu den Tragödien des Aeschylus, mit so viel Verstand, Geist, und klassischem Schönheitssinne ausgeführt, daß man ihn in seiner Gattung Erfinder nennen, und wünschen muß, er möge bald glückliche und selbständige Nachfolger darin finden" (S. 203). Schlegel schreibt weiter: "Wenn Flaxmann [...] auch die alten Sprachen nicht besaß, so ist er doch in so fern mit großer Gelehrsamkeit verfahren, daß er in Beobachtung des Kostums selbst bis in das Auserlesnere und selten Vorkommende hineingeht, so daß sich über seine Blätter sehr artige antiquarische Vorlesungen müßten halten lassen." (S. 227)
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sie haben in Wilhelm Schlegel einen würdigen Lobpreiser gefunden
. Dieser John Flaxman hat zu meiner Zeit in Rom eines der ungeheuresten Werke in Bildhauerey, die jemals gesehen worden, | 4 ausgehen laßen. Es stellt den rasenden Athamas vor, der eben den Learchus schwingt, um ihn gegen den Felsen zu zerschmettern. Die Ino folget ihm, den Melicertes in ihrem Arm, um den Athamas abhalten zu wollen. Milord Bristol, wie er das Modell davon in Gips sah, war davon so enchantirt, daß er es den Künstler in Marmor, und zwar in Figuren Statuen über Lebensgröße ausführen ließ. Die Karakteristik im kurzen ist folgende: Athamas Stellung und Körper ist nach dem barbarischen Fürsten formirt geformt, der unter dem namen Pætus bekannt: den Kopf dazu nahm er aber von Die Büste war von Winckelmann beschrieben worden (vgl. J. J. Winckelmann, Geschichte der Kunst des Alterthums II - Katalog der Denkmäler, hrsg. von Adolf H. Borbein, Thomas W. Gaethgens, Johannes Irmscher und Max Kunze (2006), 286), befand sich in der Gipsabgusssammlung von Anton Raphael Mengs in Dresden (vgl. M. Kiderlen (Hrsg.): Die Sammlung der Gipsabgüsse von Anton Raphael Mengs in Dresden. Katalog der Abgüsse, Rekonstruktionen, Nachbildungen und Modelle aus dem römischen Nachlass des Malers in der Skulpturensammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden (Dresden 2006) 209 Kat.Nr. 21) und war zudem durch die Aufzeichnungen von Wilhelm Heinse bekannt (W. Heinse, Die Aufzeichnungen. Frankfurter Nachlass. Aufzeichnungen 1768-1783, Bd. III (München 2005) 1017). Siehe auch: C. Capaldi, S. Pafumi, S. Spina (Hrsg.): Le sculture Farnese I. Rom 2009, 130 Kat.Nr. 57.
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der bekannten Büste des alten Bacchus
, die unter dem Namen Mithridates bekannt, ehedem im Palast Farnese, iezt in Neapel: - doch so, daß dieser über der ZeileKopf da in der absurdesten Caricatur von Raserey erscheint. Learchus ist nach den Berninischen Engeln - die wie Sie wißen, alle von Wind aufgeblasen sind – geformt. Die Ino, deren Figur, und fliegenden Fezen gespensterartig gebildet, hat den Kopf von einer Tochter der Niobe: und Melicertes ist unter ihrem Arme wie ein Schwamm zusammen gedrückt. – Kurz mit diesem Monstrum Karrendum etc ist nur das leztere Werk von dem berühmten Canova nemlich der rasende Hercules, der den Lichas in’s mah Meer wirft, zu vergleichen. Ein solcher Kerl ist John Flaxman, der seine Kunstphantasie nach dem Londner Füßly gebildet: eben so wenig zeichnen kann: und nun ohne das mindeste urtheil das Heterogeneste Zeug von den ältesten u. neuesten Werken zusammen stihlt; und dann nach einer schlechten Verdauung in eigener verr Composition dem Publiko wieder vorspeyt: - Wir nannten diesen Künstler, um ihn unter uns zu bezeichnen, den rasenden Athamas oder auch Pseudophidias, oder den Thersites der griechischen Kunst – letzteres vorzüglich weil er selbst eine wahre Thersites Figur hatte, und alles was er gestohlen hatte, unter seinen Händen so entsezlich verkrizzelt wieder erschien. - Dieser ist der Heros von J. Flaxman Wilhelm Schlegel, der den Götheischen | 5 Schönheits- und Anmuths-sinn so lebendig und klar in sich gesogen. Solche genies werden der deutsche verkrizzelten Kunst als modelle vorgeschlagen: solche Ungeheuer wollen die Schlegel als griechischen Geist unter uns verpflanzen – doch ich zürne, oder lache umsonst! - Leute, welche ganz verzuckert überall Schönheit und Anmuth erblicken, und diese qualitäten so herrlich in Laokoon und in den Werken der Niobe gebildet erblicken, dürfen das nemliche auch wieder in den Zerrbildern eines John Flaxman finden. Ich gratulire indeßen der Universität Jena, daß sie einen Professor hat, der wahrscheinlich bald Hirt bezieht sich hier fast wörtlich auf A. W. Schlegels Ausführungen zu Flaxman; siehe oben.
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gar artige Vorlesungen über das griechische Costum, welches in den Werken des J. Flaxman so vortrefflich, und idealisch beobachtet ist, halten wird
.

Wenn Tischbein seitdem J. H. W. Tischbein war bis 1799 Direktor der Accademia di Belle Arti di Napoli und lebte seit Juli 1799 bei seinem Bruder Johann Heinrich d. J. in Kassel
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zu Ihnen gekommen ist
, so grüßen Sie ihn herzlich. Auch der Deßauer Tischbein mit Familie soll zu Ihnen kommen. Auch bey diesen gedenken Sie meiner. ich sah lezthin beym lezten, außer vielen wohlgetroffenen Porträts ein schönes Nach Parthey, Deutscher Bildersaal, S. 646, befand sich das Gemälde "Zephyr trägt Psyche" im Schloss Dessau. Vgl. auch: Adolf Stoll: Der Maler Johann Friedrich August Tischbein und seine Familie - Ein Lebensbild nach den Aufzeichnungen seiner Tochter. Stuttgart 1923, S. 182. - Nach Martin Franke: Johann Friedrich August Tischbein: Leben und Werk. Bd. 2, Stuttgart, Univ. Diss. 1992, S. 573, sei das Gemälde „Psyche, von Zephir durch die Luft getragen“ um 1801 entstanden, Öl auf Lwd., 180 x 200 cm; Provenienz: 1923 Herzog zu Anhalt, Dessau Schloss, Inv.-Nr. 493; Besitz unbekannt.
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historisches Stück – Zephyr der die Psyche zur Behausung des amors führt
: dabey noch einige Skizzen, wovon mir mir eine Szene aus Oberon besonders glücklich erfunden schien.

Den 21 ten Zum Glück ist unser Freund Weyland solange geblieben, und Brief erschlossen: [Von Böttiger, vor 21.08.1799].
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Ihr leztes
noch zur Zeit angekommen, daß nun | 6 hiemit die Zeichnung und Abdrücke auch übersandt werden können. –

Sander grüßt Sie: übrigens habe ich weiter keine Zeit, als Ihnen ein freundliches Lebewohl zu sagen –

Ihr Hirt.