Berlin den 11 ten April 99.
Gott im Himmel! welche entsezliche Pause schon wieder – ich habe Brief erschlossen: [Von Böttiger,
25.12.1798].
[Schließen]Ihr leztes Blatt vor mir, lieber Freund! und sehe das es vom 25. December
1798. datirt ist – daß ich seit so lange in Ihrer Schuld seyn soll,
hätte ich doch nicht gedacht. Beynahe sollte ich glauben, der harte Winter hätte
mehr erstarrenden Einfluß auf mich gehabt, als ich selbst mir bewußt war.
Auch sind die verschiedenen Punkte, über welche Sie mir damals schrieben so alt, daß ich nicht weiß, ob es noch Intereße für Sie haben würde, dieselben zu beantworten. – und dann wie viel neues! es drängt eines das andere so schnell, und gewaltsam fort, daß die Erscheinungen immer entschwinden, und in ein Chaos verlieren.
Ich weiß nicht, Fernow hatte bereits Ende 1798 auf die schwierige
Lage der Künstler in Rom hingewiesen: "Seit dem Eintritt der Franzosen
in Italien sind fast keine fremden Reisende über die Alpen, und seit
länger als zwey Jahren ist kein neuer Künstler mehr nach Rom gekommen.
Noch vor einigen Jahren lebten hier über 50 teutsche Künstler, jetzt
mögen kaum noch 15 hier seyn, und auch unter diesen haben die wenigen,
die von ihrer Kunst leben, sehr wenig zu thun" (Fernow: Ueber den
gegenwärtigen Zustand der Kunst in Rom. In: NTM, 1798, 3. Bd., S.
279-289, hier S. 281). Ausländer waren aufgefordert worden, die Stadt
und die Römische Republik zu verlassen oder sie mussten sich
legitimieren, um Aufenthaltsgenehmigungen zu erhalten.
[Schließen]ob Sie etwas aus Rom
wißen: meine Neuigkeiten von da her über der Zeilesind
nicht nicht frisch: aber ein paar Worte
will ich Ihnen doch davon sagen. Ende Januars haben wieder drey deutsche
Künstler, nemlich Büry, Hummel, und Müller
Rom verlaßen. Ich habe aber seither
keine Nachrichten vom erstern, von dem ich schon lange etwas näheres erwartete,
erhalten. Reinhardt soll sich,
anstatt mit Mahlen, iezt besonders mit den Offizieren der polnischen Legion
abgeben, so daß man glaubt, er würde sich am Ende selbst (aus noth)
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darunter engagiren laßen. – Zoega ist
in Verdacht, und nicht ohne Furcht, exportirt zu werden: an der Publication
seines Obelisken Werks verzweifelt er,
weil alle Künstler, die an den Kupfern hiezu arbeiteten, aus Noth Militärs
geworden sind. Vgl. auch An Böttiger, 07.12.1798.
[Schließen]Das Verkaufen der Privatsammlungen soll allgemein, um ein Spottgeld – und größtentheils an französische
Commissärs seyn, die Kunstwerke für geringe für Contributionen zuentrichtende
Summen annehmen.
Von Hackert u. Tischbein weiß ich nichts, als was die Zeitungen sagten. Neapel ist nun geleert, und Florenz wird es nun werden, wenn es noch nicht geschehen. Um Italien ist es nun geschehen – Aber was steht uns noch bevor? Kunstsachen werden nicht leicht zu fischen seyn; aber an Pferden u. Kühen etc. wird das arme Schwaben bald ganz leer seyn. Was Proknostiziren von der Schweiz? wird sie Parthey nehmen, wenn die Östreicher eindringen? ich gestehe es: ich glaube kaum. Der Geist allda scheinet mir eben so ausgesogen, und erschlafft, als in Deutschland. – Lesen Sie das historische journal von Gentz? – Für mich ist es äußerst intereßant; hier aber sind von 20. nicht einer, der auf genzische Art über die Zeitläufe denkt: der Haufen – der hiesigen politischen Seilschaften – schreyet gewaltig wieder ihn. wie denkt man in jenen Gegenden davon? –
Von Tischbein Homers sah ich eine ziemliche Anzahl Blätter: es ist so viel heterogenes Zeug darunter, daß aus dem ganzen so viel als nichts werden muß. | 3 Der Erklärer nimmt daher ein trauriges Loos auf sich.
Niemand kann mehr, als ich, bedauren, daß Ihr Vasenwerk in Stecken gerathen – aber mein Rath, und thun ist zu unvermögend, um bey den furchtsamen Verlegern etwas zu bewirken, besonders in unsern verwirrten Zeiten. Das Beßere ist, däucht mich, nur von der Zukunft zu hoffen.
Was sagen Sie zum Gemeint ist des Zweiten Bandes Erstes Stück, das
1799 erschien. Es enthält die Beiträge "Ueber die Philosophie. An
Dorothea" von Friedrich Schlegel, "Die Gemählde. Gespräch" von August
Wilhelm und Caroline Schlegel mit eingestreuten Gedichten August Wilhelm
Schlegels und "Ueber die natürliche Gleichheit der Menschen" von August
Ludwig Hülsen. Besonders der zweite Beitrag könnte Hirt interessiert
haben. Friedrich Schlegel schreibt an A. W. Schlegel, Berlin, Frühmärz
1799: "Vom Athen.[äum] habe ich hier noch <nicht> viel
Interessantes gehört. Hirt hat sich sehr gewundert, daß nichts gegen ihn
darin ist." Und Derselbe an seinen Bruder, Berlin, 8. März 1799: "Ueber
das Athen.[äum] habe ich noch eben nichts Interessantes gehört. Hirt
wundert sich, daß wir ihm nicht antworten. Hier wird es nicht viel
verkauft." (Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels).
- Im Ersten Bandes Zweites Stück bezog sich eines der "Fragmente" auf
Hirts Laokoon-Aufsatz in den "Horen"; vgl. dazu An Böttiger,
18.09.1798.
[Schließen]3
ten
Stück
des Athenæums? mir scheinen die
Menschen platterdings verrückt. –
Die von dem Maler Johann Peter Langer und dem
Unternehmer Johann Böninger in ihrem "Mechanographischen Institut" in
Duisburg hergestellten Tapeten erregten große Aufmerksamkeit. Proben
davon waren auf der Berliner Akademieausstellung 1797 ausgestellt
worden. Vgl. An Goethe, 02.12.1797.
[Schließen]Die Sachen von Böninger u. Langer mögen in Paris, als etwas neues – im ersten Moment
Aufsehen machen: Allein die Sache bleibt als Fabrikwaare immer zu theuer: ich
glaube daher, daß die Unternehmer dabey eben so wenig, als die Kunst durch die
Erfindung selbst selbst [!] – gewinnen werden. –
Göthe's Zusäze zu Diderot sind sehr schön geschrieben; aber wahrscheinlich für wenige Leser intereßant u. verständlich. – wo Mayer mit den Gegenstanden etc. hinauswill, weiß nicht. Ich möchte es ein wahres Strohdreschen nennen.
Ich spähe seit langem, wer der Verfaßer
– Fragmente über Italien aus dem Tagebuch eines
jungen Deutschen – Die Reisebeschreibung erschien anonym und ohne
Angabe des Druckorts, d.i. Tübingen bei Cotta.
[Schließen]ohne Druckort – seyn könnte. Wüßten Sie nicht, mir auf die Spur zu helfen. Der
Verfasser ist nicht ohne Kopf, aber unverschämt lügend.
Gestern erhielt ich den Einschluß. Ich hoffe doch, daß Sie Peyre erhalten haben, Vgl. An Böttiger, 17.08.1798.
[Schließen]den ich Ihnen durch
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Herrn v. Egloffstein
zusandte, um das Buch gelegentlich den
Unternehmern der Allgemeinen
Literatur Zeitung
zuzustellen. Das Buch ist so elend, daß ich mich nicht getraute, eine
Recension davon zu machen: folglich möchte ich es um keinen Preis behalten. Ich
würde Sie daher bitten, meine Sache mit der Expedition abzumachen – und etwa
auch das Geld für mich zu empfangen. – ich bin nicht ohne Hoffnung, Hirt kommt vorerst nicht nach Weimar (vgl. An
Böttiger, 27.07.1799) und auch Böttiger kann einen geplanten Besuch in
Berlin nicht realisieren (vgl. An Böttiger, 15.08.1799).
[Schließen]daß ich Sie dieses Frühjahr werde sehen können. –
unwandelbar
der Ihrige Hirt.