Berlin den 17 ten Aug. 98.
Je länger man seine Buße verschiebt, desto schwerer wird der Entschluß, sein Peccavi zu bekennen. Allein NT, Lukas 15, 7.
[Schließen]wenn ein reumüthiger Sünder dem Herrn
angenehmer ist, als 99. Gerechte, so gebe der Himmel, daß dieses glückliche Loos mich auch treffe: und Sie
gleich dem Herrn mit mir Sünder verfahren. Vor’s erste also Abtragung einer
meiner vielen Schulden durch Übersendung Siehe Hirts Brief an Böttiger, 10.02.1798.
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des mir anvertrauten Buches
, und der mir anvertrauten Schriften, welches Sie alles durch Herrn v.
Egloffstein erhalten werden. Noch
habe ich meinen Zu Hirts Vortragsreihe "Ueber die verschiedenen
Arten zu mahlen der Alten" in der Akademie der Wissenschaften vgl. An
Böttiger, 10.02.1798.
[Schließen]Aufsaz über die Encaustik nicht fertig geschrieben, theils weil ich nicht gerne eher damit erscheinen möchte, bis Sie nicht selbst Ihren
Zweck in dieser Materie vollführt hätten; und zweytens weil mich andere, und zum
theil ganz fremde Geschäfte
seither occupirten. Unter diese gehört vorzüglich der Vgl. u.a. Hirts Schreiben an Berger und Genelli,
14. März 1798 (GStA PK, I. HA, Rep. 76 alt III, Nr. 40, fol. 25-26);
Anmerkungen Hirts zu den Bemerkungen Genellis über die Redakzion des
Rapports der Revisions-Commission, 17. Juni 1798 (GStA PK, I. HA, Rep.
76 alt III, Nr. 40, fol. 9-12).
[Schließen]Entwurf, welchen ich zur neuen Organisation der Academie der Künste machte. Die Sache war der vielen Details
wegen eine Hundearbeit. Sie ist nun seit geraumer Zeit in den Händen des
Ministers, aber der Himmel weiß,
ob je etwas zur Ausführung kommen wird: obwohl ich mir vorzüglich dabey zum
Augenmerk machte, nichts vorzuschlagen, was nicht sogleich in Wirkung gesezt
werden könnte.
| 2
Eine andere nicht minder mühevolle, und undankbare Beschäftigung hatte ich mit
den Denkmälern, und Graburnen der alten nordischen Völker. Ein Ungefähr warf
mich in dieß sterile Feld hinein: und seit mehrern Monaten war mein Geist mit
nichts anderm, als Gothen, Herulern, Wandalen, Slawen, Wenden, Preußen und
Letten occupirt. Ich schrieb eine lange Dissertation hierüber, welche ich in 14. Tagen in der Academie der Wißenschaften
Hirt trug am 30. August 1798 in der Akademie der
Wissenschaften "Ueber die Denkmähler und TodtenUrnen der Nordischen
Völker" vor und las über dasselbe Thema am 14. Juli 1798 in der
"Gesellschaft der Freunde der Humanität"
[Schließen]vorlesen werde. –
Von Ihren Sachen lese ich immer manches, und zwar immer mit Vergnügen, weil Ihr
Geist immer Biegungen, Wendungen und Ressourcen findet, das mindeste
herauspuzen, und den Lesern auf eine schmakhafte Art vorzulegen. Ich bewundere, und beneide Sie oft,
lieber Freund, um dieses talent der Leichtigkeit, Grazie, und guten Humors bey
Ihren überhäuften, und zum Theil sterilen Beschäftigungen. Sie haben wohl bey
dem Journal London u. Paris
Im 1. Jg. 1798 sind keine Beiträge von Böttiger
enthalten; die meisten stammen von J. C. Hüttner.
[Schließen]den meisten Antheil?
Was machet Göthe? Es sollte mir leid
thun, wenn er wegen
unseren
unbedeutenden Hinsichtlich der von Hirt in seinen beiden
Laokoon-Aufsätzen geäußerten ästhetischen Prinzipien.
[Schließen]Differenzien übeln Humors geworden wäre, und Sie denselben meinetwegen hätten empfinden müßen. Von Goethe, 01.02.1798.
[Schließen]Er schrieb mir vor mehrern Monaten: daß es ja sehr gut angehe, daß man solche Materien
aus verschiedenen Gesichtspunkten ansehe, und ein jeder sie nach seiner Art
behandle. Er wäre daher gesinnt, auch seinen
Laokoon drucken zu laßen, damit ein jeder nach seinem Geschmack
hierüber denken möge. - Zufolge
| 3 deßen war ich in Erwartung noch
etwas davon in den Horen zu lesen, und war
daher verwundert, nur meinen Nachtrag
darin zu finden. – Sagen Sie mir, ist der abgedruckte Der in den "Horen" veröffentlichte "Nachtrag zu
Laokoon" stellt nur einen Teil des an Böttiger gelangten
handschriftlichen Textes von Hirt dar; vgl. dazu: An Böttiger,
31.10.1797.
[Schließen]Auszug meines Aufsatzes gerade derjenige, den Sie hievon machten? Die Sache ist bloß Neugierde,
denn alles Wesentliche meines Raisonnement ist darhin [!] enthalten:
nur möchte er für das nicht inizirte Publikum nicht ganz verständlich seyn.
Wißen Sie nicht, ob Göthe wirklich
noch an einem Laokoon arbeitet? oder ob er überhaupt den gemachten Aufsaz
publiziren dürfte? – Was machet Mayer? wird er bald mit etwas hervorrücken?
Ihr zweytes Heft der Vasengemälde sah ich
noch nicht: habe aber diesen Moment darnach gesendet. Die Allgemeine Literatur
Zeitung
verlangt hierüber meine Hirt verfasste keine Rezension. Eine nicht
unterzeichnete Sammelrezension eines Buches über altgriechische
Vasenmalerei und eines dazugehörigen Bildbandes erschien in der A.L.Z.,
Jg. 1799, Bd. 1, Nr. 102, Sonnabend, 30. März 1799, Sp. 809-816, und Nr.
103, Sp. 817-821. Rezensiert werden: 1. K. A. Böttiger: Griechische
Vasengemälde. Bd. 1, H. 2. Mit archäologischen und artistischen
Erläuterungen der Originalkupfer. Weimar: Industrie-Comptoir, 1798. - 2.
K. A. Böttiger: Umrisse griechischer Gemälde auf Antiken in den Jahren
1789 und 1790 in Campanien und Sicilien ausgegrabenen Vasen, jetzt im
Besitz des Ritters Hamilton. Bd. 1, H. 2. Weimar: Industrie-Comptoir,
1798. Nebent.: Kupfer zu K. A. Böttigers griechischen Vasengemälden. -
Auch Chr. G. Heyne rezensierte das Heft in den Göttingischen Anzeigen
von gelehrten Sachen, 1798, 156. Stück, S. 1548-1551.
[Schließen]Recension, welche ich auch annehmen werde. – Hingegen sende ich Ihnen durch
Egloffstein
Eine Neuausgabe von Marie Joseph Peyres erstmals 1765 erschienenen"Oeuvres
d'Architecture"; vgl. An Böttiger, 11.04.799.
[Schließen]das französische architektonische
Buch für die Allgemeine
Literatur Zeitung
zurück. Ich kann nichts hierüber sagen, weil sowohl Das Buch enthält u.a. zwei große Grundrisse der
Diokletian- und Caracalla-Thermen.
[Schließen]die Riße, als der Text unter aller Kritik sind: dabey ist es ein lang vorlegenes Buch, welches man bey dieser
Gelegenheit nur wieder in Umlauf bringen wollte.
Karl August hatte die Absicht, angesichts eines
bevorstehenden Krieges wieder in das Preußische Heer einzutreten. In
Berlin nahm er an den österreichischen und russischen Unterhandlungen
teil, wodurch Preußen zum Eintritt in die Koalition bewogen werde
sollte. An Voigt schreibt er am 17. August 1798 aus Berlin: "Eine
wichtige Zeit habe ich hier erlebt; in dieser ist mir das hiesige System
sehr bekannt geworden, und Östreich nebst Rußland habe ich hier auf eine
Art negaziieren sehn, die jedem Ununterrichteten unglaublich vorkommen
muß. Wo der Schaden bei ihnen sitzt, konnte man bei dieser Gelegenheit
klar erkennen. […] Zustande ist eigentlich nichts gekommen; indessen,
man sage, was man wolle, sind die großen Mächte alleweile einander näher
als vorher. Östreich und Rußland glaubten, Preußen hinge an Frankreich,
und hiervon wollten sie sich überzeugen; da sie hiervon das Gegenteil
erkannten, so sind sie ins ganze nicht unzufrieden, obwohlen man in alle
ihre Plane nicht einging" (Politischer Briefwechsel des Herzogs und
Großherzogs Carl August von Weimar. Hrsg. von Willy Andreas, bearbeitet
von Hans Tümmler, Bd. 2, Stuttgart 1958, Nr. 252, S. 211). Vgl. auch
Carl August an Friedrich August von Sachsen, 27. August 1798: "Bericht
über Erfahrungen seines Aufenthalts in Berlin: guter Eindruck des
Charakters Friedrich Wilhelms III.; maßvolles politisches System; nicht
ungünstige Beziehungen zu Österreich; möglichst Vermeidung von
Säkularisationen und Entschädigungn; Verhältnis zu Frankreich;
Kleinmütigkeit Haugwitz'. Wiedereintritt Carls Augusts ins preußische
Militär" (zitiert nach: ebd., Nr. 254, S. 212).
[Schließen]Ihren Herzog sah ich erst diesen morgen: Sein Betragen ist freundlich. Ich stellte mir seine
Figur sowohl als seine Gesichtszüge immer in festern Umrißen vor. Seine Abreise
scheinet auf den Montag fest gesezt zu seyn.
Sie wißen, daß der König der Academie der Wißenschaften die königliche Bibliotek, und die
sogenannte Kunstkammer
untergeordnet hat. Ich ward von dem Direktorium
der Akademie zugleich mit Meierotto zum Oberaufseher über die Medaillen allda ernannt: das
ich auch mit der Vgl. Amtliche Schriften: Hirts Schreiben an das
Direktorium der Akademie der Wissenschaften, 28. Mai 1798 (BBAW, Archiv,
PAW I-XV-3, fol. 6).
[Schließen]Bedingung annahm, wenn die Medaillen, u. Gemmen von Potsdam damit verbunden würden. Der
König hat nun meinen Vorschlag
hierüber genehmiget, – und Henry ist
wirklich in Potsdam, um den ganzen
Plunder abzuholen. Zur Überführung der Potsdamer Bestände vgl.
ausführlich D2, S. 59.
[Schließen]Dieß wäre nun der erste Schritt in dieser Art von Anstalten. Ich wünsche
| 4 nur, daß iezt die
Akademie der Künste eben so
glücklich seyn möge, in Errichtung eines Museums der Statuen, und der Gemälde
Gallerie. Ich bin iezt mit der Endigung dieses Planes, wozu ich von unserm Curator
Vgl. An Goethe, 31.01.1798.
[Schließen]den Auftrag habe, beschäftiget, und bey der öffentlichen Sizung künftigen Monats
werde ich ihn vorlegen.
Herr Hawkins, der von Griechenland auf seiner Rückreise nach
England einige Tage hier
verweilte, hat mir einige sehr schöne Sachen gezeigt (ich machte schon ehedem in
Rom seine Bekanntschaft, als er
das erstemal vom Orient zurükkam).
Diese seine lezte Reise dauerte fünf Jahre: beschränkte sich einzig auf das
innere von Griechenland, einige
Inseln, u. Troya: alles bloß in
antiquarischer Rücksicht in Topographie,
u. Geognostik hat er sehr viel gethan. Er war 4. mal in Olympia: seine Riße sind genau hierüber:
aber keine Spur mehr weder vom Hippodrom, noch Stadium. Für mich waren folgende Zeichnungen besonders
merkwürdig. a. der Tempel bey Phygalia von Ictinus erbaut, wovon die meisten Säulen
stehen: sein Plan ist genau hierüber. b. Ein Thor von Mycene,
Paus. 2.16.5.
[Schließen]das Pausanias
beschreibt: c. unweit von da das sogenannte Grabmal der Clytemnestra . d.
Evtl. der Tempel des Apollon Daphnephoros in
Eretria auf der Insel Euböa?
[Schließen]Ein Tempel zwischen zwey hohen Bergspizen im Negropont ohne Säulengang. - Leztere drey sind höchst
merkwürdig wegen ihrem hohen Alter, das der Erfindung der Wölbung vorangieng,
und so deutlich den Marsch zeigen, den diese Erfindung genommen hat. - Es ist
nun bestätiget, daß die bemalten Vasen durch ganz Griechenland gefunden werden. Er fand sie
überall: ich sah aber nur Fragmente hievon, die in jeder Rücksicht den Großgriechenlandischen gleich sind. Die
größern Gefäße konnte er nicht auspacken laßen. – Das Schönste, was er mir
zeigte, war ein kleines Hirt beschreibt das Relief besonders hinsichtlich des
Materials in seinem Aufsatz "Ueber
das Material, die Technik und den Ursprung der verschiedenen Zweige der
Bildkunst bei den griechischen und den damit verwandten italischen
Völkern", in: Amalthea, Bd. 1, 1820: "[…] getriebene Werke in Erz […]
ein unvergleichliches Relief im Besitz des Herrn John Hawkins, welches
er auf seiner zweiten Reise in Griechenland im J. 1797 zu Dodona gekauft
hat. Es stellt einen phrygisch gekleideten Jüngling und eine neben ihm
sitzende, bis auf die Hüften entkleidete, weibliche Figur mit zwei
Liebesgöttern dar. Wahrscheinlich der Besuch der Venus bei Anchises. Das
Erz hat kaum die Dicke eines Pergamentblattes, und die Farbe spielt in
das Gold. Ungeachtet der Dünnheit des Erzes sind doch kleine Zierden,
wie Armbänder, in Silber darauf eingelegt. Die Arbeit, mit der höchsten
Zartheit ausgeführt, zeigt dabei einen Charakter von Größe und
Schönheit, wie man sich dieselbe nur im schönsten Zeitalter der Kunst
denken kann" (S. 250-251). - Heinrich Wilhelm Tischbein zeichnet das
Relief nach einem Gipsabguß, in: Homer
nach Antiken gezeichnet [mit Erläuterungen von Dr. Ludwig
Schorn], Heft 7, 1821, S. 26ff. Auf dessen Darstellung nimmt Goethe Bezug in seiner Schrift
"Ueber Kunst und Alterthum", 4. Bd., 1. Heft, Stuttgart 1823, S. 31-34:
"Taf. Nro III. Venus und Paris, erhobene Arbeit einem Gypsabguß
nachgezeichnet, der wahrscheinlicher Vermuthung nach von einem zu Dodona
in Griechenland durch John Hawkins erstandenen Original von getriebener
Bronze genommen ist. Ein Jüngling, phrygisch gekleidet, sehr geschmückt,
die Füße übereinander geschlagen, den rechten Arm über das Haupt gelegt,
auf den linken Ellbogen gelehnt, sitzt und betrachtet mit frohem
Erstaunen eine neben ihm sitzende schöne Frau, welche ihn hinwieder
liebevoll anschaut. Ihr ganzer Oberleib ist unbekleidet […] Über ihrer
linken Schulter sieht man einen Liebesgott bemüht die Schöne dem
staunenden Jünglinge zuzuwenden und anzunähern; ihr zur Rechten sitzt
ein größerer Amor, abgewandt und wie mit Unwillen das beginnende
Liebesverhältniß zwischen der Frau und dem phrygischen Jünglinge
betrachtend. Beyde Liebesgötter sind mit großen Flügeln versehen, und zu
den Füßen des Phrygiers liegt sein Hund. […] Herr Hofrath Hirt hat von
diesem Denkmal in der Amalthea gesprochen (Th. I, S. 251.) und vermeint:
der Besuch der Venus bey Anchises sey in demselben dargestellt, Herr
Schorn ist dieser Ansicht entgegen und will in dem phrygisch gekleideten
Jüngling lieber den Paris erkennen, wogegen wohl keine Einwendung statt
findet. Nach ihm also wäre die Bedeutung folgende: "Aphrodite, begleitet
von zwey Liebesgöttern, hat der verhängnißvolle Apfel der Eris auf den
Ida geführt und sie erwirbt sich ihm von Paris als Preis der Schönheit."
Ist nun auch uns eine Vermuthung erlaubt, so möchten wir, dem Herrn
Schorn über den Jüngling beypflichtend, glauben: der Künstler habe den
Paris und die Helena darstellen wollen. Sie sieht ihn an mit
Liebesblicken, erscheint ihm in ihrer göttlichen Schöne; das
unheilbringende Liebesverhältniß hebt eben an. In dem Amor über den
beyden Liebenden ist nach unserer Meinung der Gelust bedeutet, die
aufkeimende Neigung nährend und begünstigend. In dem andern sich
wegwendenden, der auch, was wohl zu merken, als ein älterer Knabe
dargestellt ist, möchten wir die frühere pflichtmäßige Liebe zum
Menelaus erkennen, durch die Buhlschaft mit Paris beleidigt und
verletzt". - Siehe auch die Erwähnung bei Gustav Friedrich Waagen:
Kunstwerke und Künstler in England und Paris. 1. Bd., Berlin 1837, S.
66: "[…] Hawkins, der das wunderbar schöne, zu dem Fund bei Dodona
gehörige, bronzene Relief in getriebener Arbeit besitzt, welches Paris
und Helena vorstellt, und in Gypsabgüssen allen Kunstfreunden bekannt
ist". - Vgl. auch Hirts Brief an F. A. Wolf(?), 02.03.1818.
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Basrelief
in getriebenem Bronze: das höchste, was ich in dieser Art je sah. Es
stellt Paris u. Helena mit zwey Liebesgöttern vor. Es ist
im vorigen Winter zu Dodona
gefunden. Seine Sammlung griechischer Münzen besonders vom Pelopones ist einzig: unter den Gemmen
besizt er nichts vorzügliches. Ich bedauere seine schnelle Abreise (vorigen
mittwoch) ich hatte nur 4. Stunden mit ihm einzeln zu verplaudern, und seine
Schäze zu schauen. –
Nb. mein Bedienter ist in 20. Buchladen herumgelaufen, um das 2 te Heft der Vasengemälde zu haben: aber nirgends ist es zu finden. Wie soll man es bekommen?