(Nach Wörlitz.) Berlin, den 14. Oktober 1797.

Mit dem Händedruck wahrer Freundschaft danke ich für Brief erschlossen: [Von Matthisson, vor 14.10.1797].
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Ihren letzten Brief
. Es würde vergeblich seyn, Ihnen mit Worten schildern zu wollen, wie sehr es mich freut, Hier vermutlich die schwierige Scheidung Matthissons von seiner ersten Frau Luise, geb. von Glaffey, einer Hofdame der Fürstin Louise von Anhalt-Dessau, gemeint, die wohl im Oktober 1797 erfolgte. Die Forderungen Luise Matthissons und die Versorgung des Sohnes Ludwig, hatten bei Matthisson zu schweren psychischen Belastungen geführt. Hirt war in die Scheidungsgeschichte involviert, wie das Tagebuch der Fürstin Louise von Anhalt-Dessau belegt: 13. August 1797: "[…] zwey Briefe von M[atthisson] […] ER LEGTE DABEI GLEICH DAS SCHREIBEN AN SEINEN WEIBE NACH H[IRTS] VORSCHLAG, UND SCHRIEB FROHER UND GLÜCKLICHER AUF HOFFNUNG DER ZUKUNFT ALS SEIT LANGE" (Tagebücher LvAD, Bd. 1, S. 314). - 15. September 1797: "[…] gleich alle die Declaration von der M[atthisson] abgeschrieben, um solche an H[irt] zu senden und an M[atthisson] geschrieben nebst den Originalen und die 30 Rtl. geld, die Er noch bedurfte […]" (ebd., S. 317).
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Sie jetzt in Ihrer neuen Lage und Stimmung zu wissen.

Es ist schön, daß Die Kleinschreibung ist vermutlich ein Setzerfehler.
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sie
wieder so eifrig zur Arbeit greifen. Niemand kann ein günstiger Vorurtheil für Wohl die "Erinnerungen", die in 5 Bänden 1810-1816 erscheinen. - Am 17. September 1797 vermerkt Louise von Anhalt-Dessau in ihrem Tagebuch: "laß in die Briefe über Italien, die M[atthisson] mir geschickt hatte" (Tagebücher LvAD, Bd. 1, S. 317). Dasselbe am 18. September: "Vormittag wie gewöhnlich und fleißig in den Briefen über Italien gelesen" (ebd.).
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das unternommene Werk
haben, als ich. Der Genius urbis Romae.
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Genius der hohen Roma
möge über Ihnen walten bis ans Ende!

Ihre "Briefe", die ich noch nicht las, werden mir in der neuen Ausgabe sehr willkommen seyn. Ich hoffe, daß Sie in den Zusätzen und Vermehrungen doch auch In den "Briefen" finden sich keine Schilderungen von Italien; diese erst in den "Erinnerungen", ab Ende des 3. Bandes ("Umrisse aus Italien").
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etwas über Italien sagen werden
, und ich würde mir, ohne Schmeicheley, mehr davon versprechen, als die meisten unsrer Vielschreiber hierüber gesagt haben. Versuchen Sie es: gewiß wird es wohl gelingen, und so werden Sie dem Publikum, das mitunter doch auch gerecht seyn kann, Freude bereiten. Es ist ja nicht nöthig vollständig zu seyn, sich an strenge Ordnung zu binden, Beschreibungen von ganzen Museen und Gallerien zu geben, nein! man schreibt itzt von diesem, itzt von jenem Kunstwerke, itzt von dieser, itzt von jener Naturscene, man betrachtet einzelne Gattungen oder einzelne Epochen der Kunst, stellt da und dort einzelne Studien der Künstler in den gehörigen Gesichtspunkt und erhellet den klassischen Boden durch neue Ideen und neue Zusammenstellungen. Haben Sie Zweifel, ist Ihrem Gedächtnisse oder Ihrer Aufmerksamkeit dieser oder jenes entflohen, so überschicken oder bringen Sie mir das Manuskript, und was aus meinem Vorrathe Ihnen dienen kann, darüber dürfen Sie disponiren und als ein braver Nachbar zusprechen.

Meinem Vgl. dazu Hirts Brief an A. H. Schütz vom 12.07.1797.
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Aufenthalte in Dessau
verdanke ich der schönen und guten Stunden gar viele. Hirt kam erst im Mai 1799 wieder nach Wörlitz.
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Nächstes Frühjahr
werde ich trachten, es möglich zu machen, dort einige Wochen zuzubringen. Die Bekanntschaft mit Rode achte ich für einen wahren Gewinn. Auch die mit Tischbein . Grüßen Sie doch diese wackern Männer, besonders auch Herrn von Erdmannsdorf , dem ich nächstens schreiben werde.

In den "Horen" ist ein Aufsatz von mir über das Kunstschöne, den Schiller wider meinen Willen abdrucken ließ, indem derselbe noch unvollendet ist, und noch überdem durch ärgerliche Druckfehler entstellt ward.

Ich liege itzt mit Goethe in Streit über Laokoon. Ich gab ihm diesen Sommer meinen Aufsatz über die berühmte Gruppe, den Sie kennen, zu lesen. Er schrieb seitdem ebenfalls Bemerkungen über das nämliche Kunstwerk. Ich habe bereits meine Erörterungen darüber zu Papier gebracht, um sie ihm nebst seinem Aufsatze zu senden. Er ist auf der Zu Goethes Schweiz-Reise vgl. Hirts Brief an Böttiger vom 26.09.1797.
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Rückreise von Zürich
begriffen, und wird gegen Ende Oktobers wieder in Weimar seyn.

Sehr angenehm ist es mir zu hören, Diese Tätigkeit sagte Fernow anfangs nicht zu. An Jens Baggesen schreibt er am 15. Dezember 1796 aus Rom: "Hirt hat sein Schicksal nach Berlin geführt, wo er als Professor der sämmtlichen theoretischen Wissenschaften der bildenden Künste bei der Akademie angestellt ist. Wenn es mir möglich wäre, am Antiquariat Geschmack zu finden, so hätte ich jetzt die beste Gelegenheit, mir die vakante Stelle als res nullius zuzueignen; aber es hat ungeachtet seiner Einträglichkeit, so wenig Reiz, und so viel Widriges für mich, daß ich mich nicht dazu entschließen kann. Ich will lieber dürftig leben und meine Zeit mit dem Studium der Kritik, der Geschichte der Kunst, meiner Neigung gemäß zubringen, als der Leithammel reicher, meistens geschmackloser Fremden seyn. Ich habe bis jetzt über zwei Jahre mit sehr Wenigem in Rom gelebt, und bin damit ausgekommen, und hoffe noch länger auf diese Weise meinem Zwecke glücklich entgegen zu gehen." (Carl Ludwig Fernow's Leben. Zweiter Theil. In: Sämmtliche Schriften von Johanna Schopenhauer. Leipzig 1830, S. 41). "Zum ersten und einzigen Mal", so schreibt Johanna Schopenhauer , habe Fernow "das Amt eines römischen Cicerone" übernommen, als die regierende Fürstin von Rudolstadt Rom besuchte (ebd., S. 56). - Allerdings berichtet Fernow an Johann Pohrt, Rom, 8. Juli 1797: "Der Erstling, den ich in Rom auf die antiquarische Weide treiben werde, ist ein Landsmann von Dir, ein gewisser v. Knorring aus Reval […]. Nach seiner Zurückkunft [aus Neapel] werde ich ihn in die Cur nehmen, und auf diese Art im eigentlichen Sinne meine Laufbahn eröffnen. Diese Veranlassung erhält mich in Athem, meinen Kursus noch einmahl auf der Stube zu durchlaufen; denn du weißt wohl, daß ein s. v. Antiquar auf keine Frage eine Antwort schuldig bleiben darf" (Fernow,Römische Briefe, S. 253-254). Und an Denselben, Rom, 5. August 1797: "Nachgerade wird das Antiquarische Studium eine wahre Delice für mich, aber ich werde auch mit glänzenden - Hoffnungen gespeist, einmahl ein zweyter Hirt zu werden u. dann eine Königshure zu finden die sich meiner erbarmt, u. mich wie ein Engel den Profeten Habacuc beym Schopf davon führt u. zum Professor einer Kunstakademie macht. Was will man mehr in dieser heillosen Zeitlichkeit" (ebd., S. 260).
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daß Fernow sich zum Antiquar bestimmt.
Meinerseits werde ich gewiß allen Wallfahrern nach der heiligen Roma, die sich Raths halber an mich wenden sollten, den wackern Mann eifrigst empfehlen. Ich bin vorläufig überzeugt, daß er seinem gewiß con amore erwählten Beruf alle Ehre machen werde. [...]

A. Hirt.