Berlin den 13 ten October / 1830.
Mein alter theurer Freund!Ich habe Hirt verbrachte wie schon im Jahr zuvor im
Anschluss an einen Badeaufenthalt in Teplitz einige Zeit in Dresden, um
die dortigen Kunstsammlungen zu besuchen.
[Schließen]gleich nach meiner Rückkunft
Das Manuskript der kurz darauf im "Artistischen
Notizenblatt" 1830, Nr. 22, gedruckten "Gegenbemerkung über die in
diesen Blättern erhobenen Zweifel gegen seine [Hirts] Kunstbemerkungen".
Darin schreibt der Herausgeber Karl August Böttiger in einem "Vorwort":
"Es war vorauszusehen, daß Hofrath Hirt gegen die von ihm selbst
gewünschten Erinnerungen, welche auf seine in der Ostermesse 1830 bei
Dunker und Humblot erschienen Kunstbemerkungen über die Dresdener
Galerie und Antikenmuseum von dem Herrn v. Quandt, vom Hofrath Hase und von dem Herausgeber dieser Notizenblätter
gemacht worden waren, die Antwort nicht schuldig bleiben würde. Auch
wird nur durch Rede und Gegenrede ein durchaus befriedigendes Resultat
erzielt. Was nun zuerst die Bemerkungen unsers allgemein geachteten
Kunstkenners des Herrn v. Quandt anbetrifft, so hatte sich dieser in der
Hallischen Allgemeinen Literaturzeitung (August No. 152-54.) über alles,
was Hirt's Bemerkungen über unsere Gemäldegalerie betrifft, auf eine
Weise vernehmen lassen, die Hrn. H. nur erfreulich und willkommen seyn
konnte, da sie die volle Anerkennung des Beurtheilers enthält und
insbesondere Hirt's bekanntes Prüfungsgesetzt, das von ihm in die
Charakteristik und in individuelle Bedeutsamkeit gesetzt wird, durch den
idealen Gattungsbegriff sehr treffend modifizirt. Was nun Hirt darüber
noch ferner zu erinnern hatte, wird Hr. v. Quandt nicht ermangeln, in
der Allgemeinen Literaturzeitung selbst, worin ja die erste Recension
ihre Stelle gefunden hatte, getreu mitzutheilen, wohin wir also die
Leser dieser Blätter verweisen. In Beziehung auf unser Antikenmuseum
hatte sich indeß durch die Anwesenheit des Verfassers jener Bemerkungen
in Dresden bei seiner Durchreise vom Teplitzer Bade, die angenehme
Veranlassung ergeben, daß sowohl mein verehrter Herr College, Hofrath
Hase, als ich selbst, vor den Bildwerken in freundlicher Erörterung
unsere Vorstellungen und Zweifel mündlich austauschen, prüfen und
berichtigen konnten. Hirt schickte bald nach seiner Rückkehr nach Berlin
uns beiden nun seine Gegenbemerkungen mit der Anzeige zu, daß sie in
diesen Blättern abgedruckt werden möchten. Diesem Wunsche wird also
durch den Abdruck in Folgendem Genüge geleistet. Natürlich ist uns nun
auf freundliche Einrede eben so freundliche Gegenrede gestattet. Hofrath
Hase behält sich vor, auf die ihn besonders betreffenden Bemerkungen, in
den in Leipzig (bei Brockhaus) erscheinenden Blättern für literarische
Unterhaltung zu antworten, da er darin auch seine früheren Erinnerungen
niedergelegt hat. Auch ich dürfte wohl noch Einiges zu bemerken finden,
wo ich mit meinem alten und erprobten Freunde auch jetzt noch nicht ganz
einverstanden seyn kann. Allein dazu scheint mir dieß Blatt, welches
ausführliche archäologische Untersuchungen, als bloßes Notizenblatt, wo
monatlich nur zwei halbe Bogen erscheinen können, nicht füglich
aufnehmen kann, weniger geeignet. Es findet sich dazu wohl anderwärts
ein schicklicher Platz. Nur die Hirt'sche Gegenrede konnte hier nicht
ausgeschlossen werden, theils ihres interessanten Inhalts wegen, theils
auch darum, weil ja von meiner Seite in
diesem Notizenblatte (Nr. 14.) die Discussion darüber zuerst
eröffnet worden war. Dabei mag nicht unbemerkt bleiben, daß
unser würdiger Freund, Hofrath Fr. Kind, in der Zeitung für die elegante
Welt im October 1830 (Nr. 205-7) gegen Hirt's Behauptung
(Kunstbemerkungen S. 21), daß auf dem seiner Angabe nach von Friedrich
Herlin von Rothenburg an der Tauber gemalten, großen Altarblatte in der
Domkirche zu Meißen, demselben, welches durch Ueberpinselung neuerlich
so gemißhandelt worden ist, der unbärtige König, der Herzog Sigismund,
Bischoff von Würzburg sey, der 1475 starb, sehr erhebliche
geschichtliche Zweifel erhoben worden sind. / B." (S. 85-86). - Hirts
"Gegenbemerkung" ist datiert "Berlin, den 13. October 1830". Darin
schreibt Hirt u.a.: "Es kann mir nicht gleichgültig seyn, meine Schrift
über die beiden großen Kunstsammlungen in Dresden von den dortigen
Kunstfreunden so nachsichtvoll aufgenommen zu sehen. Indessen fehlte es
nicht an Einwürfen gegen manche meiner Aeußerungen. Und in Wahrheit
würde es zu viel gefordert seyn, vollkommenes Zugeständniß zu erhalten
in Dingen, die in so vielen Beziehungen so schwer zu deuten und
räthselhaft sind. Ich benutze also die ersten Momente seit der Rückkehr
von meiner dießjährigen Badereise, um auf die Einwendungen, die mir
theils schriftlich, theils mündlich zugekommen sind, zu antworten. / Der
erste, der seine Ansichten über meine Kunstbemerkungen kund gab, war
mein vieljähriger Freund, der Hofrath Böttiger, mit der brieflichen
Zusicherung, daß er meine Antwort in gegenwärtiges Blatt würde einrücken
lassen. Die Controversen sind zwar seitdem vor den Monumenten selbst
mündlich fortgesetzt worden. Indessen mag es für theilnehmende Leser
nicht unwichtig seyn, zu wissen, was verhandelt worden ist." (S. 86). -
Hirt reagiert mit seiner "Gegenbemerkung" auf Böttigers Rezension "Hirt's Kunstbemerkungen über die Dresdener
Gemälde-Galerie und Antikenmuseum". Darin hatte Böttiger
seine Kritik mit folgenden Bemerkungen eröffnet: "Ben Johnson sagt
einmal in seinem sad Shepherd: a stirring neigbhour wakes a drowsy
sleepter. / Wir wollen hier in Dresden nicht eben von uns gesagt wissen,
daß wir schlaftrunkene Schläfer wären. Aber gewiß ist es, daß der
wackere Veteran in der Kunst- und Alterthumskunde, Hofrath Hirt in
Berlin, für uns ein geschäftig aufregender Nachbar seyn wollte, als er
die aus seinen schon im J. 1819 auf einer Badereise nach Böhmen
niedergeschriebenen, im Herbste 1829 bei der Rückkehr aus Teplitz aufs
Neue revidirten Bemerkungen über die zwei vorzüglichsten Kunstmuseen
Dresdens herausgab und sie an mehre hiesige Freunde mit der Versicherung
schickte, daß ihm jede dadurch veranlaßte Erörterung, ja jeder
belehrende Widerspruch höchst willkommen seyn werde. Wir wissen und sind
überzeugt, daß diese freundliche, ohne alle Persönlichkeit aus reiner
Kunstliebe entsprungene Herausforderung eben so freundlich, aber auch
mit dem wärmsten Eifer für gediegene und probehaltige Kunstansicht von
mehrern Seiten her angenommen worden ist und werden gewiß nicht
ermangeln, auf die wahrscheinlich in verschiedenen kritischen Blättern
einzurückenden Erwiederungen sogleich aufmerksam zu machen, behalten es
uns auch selbst vor, auch unsere Stimme über verschiedene von Hirt
besprochenen antiken Marmors in unserm A. Museum ausführlicher
abzugeben." – Heinrich Hase veröffentlicht seine Bemerkungen u.d.T.
"Hofrath Hirt bei den Antiken in Dresden" in "Blätter für literarische
Unterhaltung" Nr. 51, 20. Februar 1831, S. 221-223. Darin heisst es
u.a.: "Hr. Hofrath Hirt besuchte auf einer Durchreise nach Teplitz im
Sommer des Jahres 1829 die Säle des Augusteums zu Dresden und erneuerte
dort das alte Gastrecht, das ihn mit dieser Sammlung und ihren Aufsehern
verbindet. Was er fand und wie er das Gefundene antraf, erzählte er dann
in einem Buche: "Kunstbemerkungen auf einer Reise über Wittenberg und
Meißen nach Dresden und Prag" (Berlin, 1830), Allen, die lesend zuhören
wollten, und begreiflich setzten sich die Vorsteher der dresdner
Sammlung auf die ersten Bänke. Als Hr. Hofrath Hirt im Sommer 1830
wieder in Dresden eintraf, gab es daher reichlichen Stoff zur
Besprechung. Denn in seinen Bemerkungen hatte er gerühmt und getadelt,
hatte er Vorschläge gethan und gewarnt, Einzelnes genauer bestimmt und
Anderes anders gedeutet; wem die Sammlungen näher am Herzen lagen, der
fühlte sich daher zu mancherlei Betrachtungen und Zweifeln, zu
Zustimmung und Einreden auf das lebhafteste angeregt. / Auch mir wurde
die Freude, mit Hrn. Hirt zu wiederholten Malen in den Sälen des
Augusteums Sätze durchzusprechen, die seine "Kunstbemerkungen"
hingestellt hatten; dort vor den Monumenten zu prüfen, was er über
unsere Antiken gesagt hat und an Ort und Stelle zu erwägen. Einiges, was
mir beim ersten Durchlesen des Buchs bedenklich erschienen, hatte ich
dem verehrten Verf. durch die Vermittelung dieser Blätter zur Prüfung
vorlegen wollen. Zufälligkeiten hatten die Ausführung dieses Vorsatzes
verhindert. Jetzt wurde also mündlich verhandelt. Bald gab es Anlaß zum
Angriff, bald zur Abwehr. So vergingen im Wechselkampf Stunden. Die
damals mündlich geäußerten Einwürfe gegen einige Sätze hat Hr. Hirt in
einem in Böttiger's "Artistischem Notizenblatte" (1830, Nr. 22)
abgedruckten Aufsatze berücksichtigt. Was hier folgt, soll darauf
eigentlich keine Replik sein, sondern eine Angabe der Gründe, die mir
vorschwebten und die vielleicht δευτεράν φροντίδαν 'ein zweites
Nachdenken' bei Hrn. Hirt veranlassen." (S. 221). Hase widerlegt im
Folgenden einige Irrtümer Hirts bei der Bestimmung der Antiken Nr. 153
der jetzigen Aufstelllung, Nr. 293 und Nr. 279. Zu Letzterer, der
Britomartis, siehe unten die letzte Sachanmerkung.
[Schließen]
beykommende Blätter
geschrieben, um sie in Ihre eigenen Hände zu übergeben nach dem
verabredtem Besuche, den Sie uns hier in Berlin erstatten wollten. Nachdem ich aber von
Levezow
erfuhr, daß 1830 kam es in Dresden und Leipzig zu Unruhen, da
es nach dem Thronwechsel 1827 im sächsischen Königreich zu keinerlei
Verfassungsreformen, zur Erweiterung der politischen Rechte des
Bürgertums wie zur Belebung des Handels gekommen war. Nach ersten
Unruhen in Dresden im Juni 1830 und am 2. September in Leipzig, entlud
sich die Stimmung in Dresden am 9. September. Die Militärkapelle musste
mehrfach die Marseillaise spielen, die Polizeiwache wurde von
randalierenden jungen Leuten besetzt und Akten vernichtet. Bis zum 13.
September wurde der Aufruhr eingedämmt: die Regierungsgewalt ging auf
die "Kommission zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe" über; Prinz
Friedrich August wurde zum Mitregenten ernannt. "Noch im Jahr 1830 war
mit der Wahl von Kommunalrepräsentanten in Dresden der Beginn kommunaler
Selbstverwaltung in Sachsens Städten markiert" (nach: Frank Aurich: Ein Maler als Chronist über die Unruhen 1830).
Ein Jahr später, am 4. September 1831, wurde eine Sächsische Verfassung
verabschiedet ("Verfassungsurkunde für das Königreich Sachsen"). Die
Kunstsammlungen gingen in Staatseigentum über.
[Schließen]die bösen Zeitläufe
Sie an der Reise hinderten; so hegte ich noch
einige Hoffnung, daß Herr v.
Quandt
zu uns kommen würde, um dann durch ihn Ihnen die Blätter zukommen zu
laßen. Aber ich fürchte fast, daß er sich auch durch dieselben Ursachen von der
kleinen Reise abhalten laße. Ich nahm also das Anerbieten von Herrn
Dunker
an, der auf Buchhändlerwege Ihnen das Manuskript übersenden
will.
Sehr wünschte ich, daß Sie in der Schlichtheit meiner Antworten nichts verfängliches finden mögen, und eben so wenig H. Heinrich Hase , und Herr v. Quandt , welche beide ich herzlich zu grüßen bitte.
Das ab 1825 von Karl Friedrich Schinkel im
klassizistischen Stil errichtete preußische Kunstmuseum in Berlin
("Neues Museum"), das ursprünglich für alle Berliner Sammlungen der
"hohen Kunst" bestimmt war, wurde am 3. August 1830, dem Geburtstag von
König Friedrich Wilhelm III., eröffnet.
[Schließen]Unser
Museum
ist eröffnet, und sieht recht stattlich aus. Vgl. Böttigers Ausführungen "Das königliche
Museum in Berlin", in: Artistisches Notizenblatt (= Beilage zur Dresdner
Abendzeitung), 1830, Nr. 16.
[Schließen]wenn Sie aber Dasselbe sehen werden ( wie ich hoffe im künftigen Frühjahr); so werden
| 2 Sie leicht
wahrnehmen, Hirt hatte in seinen "Kunstbemerkungen" bei der
Einrichtung einer Gemäldesammlung für "eine systematische Anordnung nach
Epochen und Schulen" plädiert. "Nicht nur wird hierdurch für dieselben
die Übersicht dessen, was die Sammlung enthält, erleichtert, sondern
auch, was viel wichtiger ist - durch das Bey- und Nebeneinanderseyn wird
besser das Eigenthümliche der Epochen, der Unterschied der Schulen, die
oft schwer zu unterscheidende Abweichung der Meister einer und derselben
Schule erfasst" (S. 3). Es sei der "historische Weg" zu verfolgen und
"bey jeder Gelegenheit nach dem Vor und Nach" zu fragen (S. 5). In einer
Kunstgalerie sollten nicht nur die "grossen vollendeten Meister"
ausgestellt werden; man müsse auch sehen und wissen, "wie diese ihre
vollendete Stufe erreichten" (S. 4). Seine Vorstellungen über die
Anordnung einer Bildergallerie fasst Hirt zusammen: Um nicht nur das
Ganze, sondern auch das Einzelne gründlich betrachten zu können, sei
"eine Anordnung nach Epochen, Schulen und Gattungen erfordert. Dann
vermeide man die Höhen, worin Gemälde sich nicht mehr gehörig ausnehmen,
und dabey suche man so viel möglich geschlossene Lichter, doch nicht
etwa solche, wo die Gemälde von unten aufwärts erleuchtet werden. Auch
sey das Licht nicht so hoch, dass es wie in einen Kellerraum fällt, oder
wodurch gar spielende Wiederscheine verursacht werden. / Um Hinderliches
wegzuräumen und das Rechte nach Wunsch zu treffen, scheint es vor allem
nöthig, anstatt langer Gallerien, oder unermesslich grosser Säle
kleinere Säle, oder grössere Zimmer hinter und neben einander anzulegen,
wobey man mit einem, höchtens zwey Lichtern ausreicht, einen Raum hell
genug zu erleuchten. Dergleichen mässige Räume in Länge und Breite
bedürfen dann auch nur jener Höhe, welche passend für die Ansicht der
Gemälde auch in baulicher Rücksicht ein gutes Verhältniss gewährt." (S.
122). - Die Räume für die antiken Statuen (in Dresden beherbergte das
Augusteum die Sammlung der Antiken) dürften keine zu reiche Dekoration
haben, um nicht von den antiken Bildwerken abzulenken. Welches sei nun
"als leitendes princip [zu] betrachten, wonach die Monumente in einem
Museum anzuordnen seyn möchten? - Ich antworte: die fruchtbarste für die
archaeologischen Studien, das heisst: die Anordnung nach dem Inhalt der
Gegenstände, seyen diese mythisch, oder historisch. – / Das
Zusammenreihen der Monumente von jeder Grösse, in Statüen, Büsten,
Köpfen und Reliefs, ganz, oder fragmentirt (also bloss in einzelnen
Theilen vorhanden), in jedem Material - Holz, gebrannte Erde, Stein,
Marmor, oder Erz –, in jeder Art von Technik, in jedem Stil ohne
Rücksicht der Zeit, und des Volkes – nach dem mythischen und
historischen System gewährt vorzugsweise jene Vortheile, welche man aus
den Studien der Denkmäler ziehen kann, und ziehen will. Ich sagte ohne
Rücksicht des Volkes: darunter verstehe ich alle griechischen und
italischen Völker, welche zu einem mythischen und zu einem Cultursystem
gehören. Ein anderes ist es mit den Denkmälern der Aegypter, und anderer
Orientalen. Diese sind in jeder Beziehung zu abweichend, um nicht eine
besondere Aufstellung zu fordern. / Allerdings ist auch der
kunstgeschichtliche Gesuchtspunkt von hoher Wichtigkeit. Allein ein
solcher kann bey einer Aufstellung nicht berücksichtigt werden, da auch
bey der reichsten Sammlung der Monumente nur wenige sind, die man einem
bestimmten Zeitalter mit Sicherheit aneignen kann. Es wäre zu wünschen,
dass auch eine Zusammenstellung der Monumente in kunstgeschichtlicher
Beziehung nicht unberücksichtigt bliebe. Dies könnte aber bloss in
Gipsabgüssen statt finden, indem man alles Denkwürdige in den
verschiedenen Museen von Eruopa, was hierauf sich näher bezöge,
abformen, und in einem Lokale aufstellen liesse" [Anmerkung von Hirt
dazu: "Ich habe seitdem etwas ähnliches für das neue Berliner Museum in
Vorschlag gebracht. Gipssammlungen giebt es genug; aber keine, die mit
einer Art von System angelegt wäre."] (S. 131-132).
[Schließen]daß weder der Bau, noch die Anordnung nach den Ideen gemacht sind,
welche ich in meinem
Dresdner
Buche kundgab. Es erschien keine derartige Schrift von Hirt. Er
arbeitete aber eine Zeitlang intensiv daran. Am 23. Februar 1831
schreibt Rauch an Böttiger: "Hirt soll ein dickes Buch gegen unser
Museum zu schreiben begriffen sein" (Briefe Rauch-Böttiger, 1882, S.
165). Vgl. auch An den Kronprinz,
22.04.1833.
[Schließen]Eine ähnliche Schrift über das hiesige Museum
, wie über die Sammlungen zu
Dresden
wird meine Ansichten mehr in's Licht setzen.
Ihr Besuch, so wie der des Herrn v. Quandt
, würden für uns desto erfreulicher gewesen seyn, da uns auch
zugleich die Herrn
Ottf
ried
Müller
und
Thiersch
besuchten. Ersterer war länger hier, und versprach nach einem kurzen
Besuch in
Schlesien
wiederzukommen. Herr
Thiersch
will morgen wieder abreisen. Ich habe beide Koryphaeen alterthümlicher Kunstforschungen wieder mit Freude gesehen,
aber nicht so oft, als ich es wünschte. Man lebt zu zerstreut in dem
weitläufigen
Berlin
. Ich fand zwar
Thiersch
etwas gealtert, übrigens aber so lebhaft und gesprächig, wie früher.
Es ist erfreulich, das Herbe unangenehmer Zwisten, besonders mit Männern, die
man achtet, vergeßen zu können, ohne das für die Wißenschaft Gewonnene
aufzugeben. Hirt hatte Thierschs "Ueber die Epochen der
bildenden Kunst unter den Griechen: in drei academischen Abhandlungen:
die erste vom Jahr 1816, die zweite vom Jahr 1819 und die dritte vom
Jahr 1825" (München 1827) in den "Jahrbüchern für wissenschaftliche
Kritik" 1827, Sp. 228-251, rezensiert. Thiersch hatte daraufhin in der zweiten,
verbesserten und vermehrten Auflage seines Werks (München 1829) Hirt
heftig angegriffen. Darin schreibt Thiersch u.a.: "Herr Hirt besitzt
eine gewisse Hellsichtigkeit, durch die er, unvermögend die Sachen
wahrzunehmen, wo und wie sie sind, zu entscheiden liebt, was nicht seyn
darf, und was seyn muß, und des Lateinischen wenig, des Griechischen
fast gar nicht kundig, ist er um so geneigter und geschickter, die
Schriftsteller sagen zu lassen, was ihnen nicht in den Sinn kommt, ihm
aber gerade nöthig ist, die Blöße seiner Einbildungen zu decken: doch
sollte er sich in Acht nehmen, diese Kunst auf die noch Lebenden
anzuwenden, die weder so stumm noch so geduldig sind, wie jene
ehrwürdigen, quos jam Libitina sacravit, und die sich seine Behandlung
müssen gefallen lassen, bis sie einen fremden Rächer finden" (S.
187-188). "Fürwahr, ein architektonisches Lehrbuch in Versen, zur Zeit
des Krösus, von Vitruvius angeführt, ohne daß er es merkt, oder anmerkt,
das aufzufinden ist eine That, mit der ich auf Ihrer literarischen
Laufbahn nur Eine zu vergleichen weiß, nämlich die Findung der gehörnten
Ariadne, mit welcher Sie den Theseus beschenkt und die Archäologie
bereichert haben. – Handelte es sich hier allein von den Punkten, welche
zwischen mir und Herrn Hirt zur Erläuterung gekommen sind, so wäre die
Sache des Aufhebens nicht werth; aber was ich hier an merkwürdigen
Beyspielen dargelegt habe, ist die ganze Art und Kunst des Mannes, wie
sie nicht hie und da, sondern überall und aller Orten sich freilich
wiederholt und abdrückt, wo er das enge Gebiet des eigentlich
Technischen verlassend, in dem er Verdienste haben soll, die
Untersuchung auf irgend einen Gegenstand der Mythologie, der
geschichtlichen Forschung, der Archäologie verpflanzt, in denen er,
trotz eines langen Aufenthalts auf ihrem Grund und Boden [...], ein
Fremdling, geblieben ist. In Allem und Jedem wird man ihn selber ganz
und gar und eben so, wie er hier bezeichnet ist, wiederfinden, schwach
in der Grundlage, ungenau in der Fassung des Thatbestandes, fehlgreifend
im Urtheil, und bemüht, diese schweren Mängel der Flüchtigkeit, der
Unkunde und einer fast unglaublichen Akrisie durch hochfahrendes und
absprechendes Wesen zu denken. Doch das ist ein reicher Stoff, und Herr
Hirt wird wahrscheinlich nicht unterlassen, sich in dem Felde zu zeigen,
wo dann Gelegenheit kommen wird, ihn des Weiteren zu bedienen. / So
ungern ich zu entschiedener Polemik mich entschließe, kann sie auf
diesem Gebiete und gegenüber gewissen Individuen doch nicht länger
beseitigt werden, wenn die Zeitgenossen aus ihrer Gleichgültigkeit gegen
Alles, was Archäologisches gesagt wird, und wie es gesagt wird, sollen
geweckt, wenn das stagnirende Gewässer veralteter Lehrsätze, über denen
der Geist eines leeren Hochmuths hinfährt, und an dessen Ufern auf
abgethanen und geschlossenen Lehrgebäuden die Bequemlichkeit und
verhärtete Sorglosigkeit ihren Sitz aufgeschlagen haben, endlich einmal
in Bewegung gesetzt, und das frische, aufregende und gestaltende Wesen
der Wissenschaft darüber ausgegossen werden soll" (S. 190-191). – Hirt
rezensierte die 2. Auflage von
Thierschs Werk wiederum in den "Jahrbüchern für wissenschaftliche
Kritik" 1829, Sp. 44-62, und versuchte sich gegen Thierschs Kritik zu
verteidigen. Er schreibt u.a.: "Das Hauptziel seines [Thierschs] Zornes
bleibt ihm aber Aloysius Hirt [Thiersch hatte zuvor auch Otfried Müller
kritisiert]. P. 400. giebt er nicht nur sein wiederholtes Missfallen
über meine Art zu schreiben zu erkennen, sondern auch über meine
Kunstepochen, – selbst über die der neuern Kunst. Die antikisirende
Gehaltlosigkeit des Canova kann er nicht verdauen, und eben so wenig,
dass ich dem Christian Rauch der richtigen Auffassung der Natur wegen,
selbst den Rang über Thorwaldsen einräume" (S. 60).
[Schließen]Auch wir waren mehrmal mit einander im Streit, und sind
| 3 es noch. Was ist aber das wißenschaftliche Leben
als Streiten? – Ich soll iezt auf's neue Hirt rezensierte die folgenden beiden Bücher
nicht. - Über Hirt als Rezensenten schreibt Hegel an Leopold Dorotheus
von Henning, den Generalsekretär der "Jahrbücher für wissenschaftliche
Kritik", am 25. Mai 1829: "Hirt ist in Ungewißheit, ob seine vor 3
Monaten abgegebenen Arbeiten [gemeint ist die Rezension zu Thierschs 2.
Auflage von "Ueber die Epochen der bildenden Künste"] abgedruckt seien.
Er habe das gewöhnliche Exemplar noch nicht erhalten. Da wir im Gedränge
wegen Manuskripten sind, so wäre es dienlich, auf eine Beschäftigung für
denselben zu denken. Er hat gegenwärtig keinen Auftrag und ist ein
fleißiger Arbeiter" (zitiert nach: Briefe von und Hegel. Hg. von
Johannes Hoffmeister, Bd. 3, Berlin 1970, Nr. 600, S. 257).
[Schließen]zwei Bücher recensiren, wozu ich aber nur halb entschloßen bin, weil ich voraussehe, daß ohne
vielfachen Einspruch nicht durchzukommen seyn wird. Und was ist die Anzeige
eines Werkes, wenn der Recensent Ungegründetes und Falsches nicht rügen soll? u.
s. w. Das eine dieser Bücher ist der erste Band der
Beschreibung
Rom's
, und der andere unseres
Müller's Handbuch. Nicht
jeder besitzt
Boettiger's Gewandtheit, nur
Erfreuliches aus Schriften dieser Art hervorzuheben, und anderes mit dem Mantel
der Liebe zu decken. Nicht selten habe ich Sie dieses Talentes wegen beneidet.
Aber wir sind nicht alle eines Temperamentes. Doch
glaube ich, daß sich von beiden Werken auch viel Gutes sagen läßt.
Müller
ist ein vorzüglicher Kopf, nur arbeitet er zu schnell, und verrrennt
sich manchmal die Wege durch Eigensinn. - Christian Karl Josias von Bunsen, Eduard Gerhard,
Ernst Zacharias Platner, Friedrich Wilhelm Röstell, weiterhin die
Beitragenden Friedrich H. Hoffmann, Barthold Georg Niebuhr, Emiliano
Sarti sowie die Illustratoren und Kupferstecher I. M. Knapp und Wilhelm
Stier.
[Schließen]Die Bearbeiter der Roma
sind verschiedenen Schlages. Sie haben die Base ihrer Bearbeitung sehr
breit angelegt, und scheinen von einem bekannten Manne sehr influenzirt zu seyn,
u. s. w. Ich muß aufhören, um nicht zu viel zu salbadern. Kommen Sie früher,
oder später, Sie werden uns immer willkommen seyn.
Thiersch
, wie ich von
Levezow
höre, soll auch Thiersch hatte in der 2. Auflage seines Buches
"Ueber die Epochen der bildenden Künste unter den Griechen" (München
1829) Hirts Ausführungen über ein Vasengemälde, das die "gehörnte
Ariadne" darstelle [Hirt: Die
Brautschau. Zeichnung auf einem griechischen Gefäß. Berlin
1825] höhnend abgetan (siehe die obigen Sacherläuterung). Hirt geht in
seiner Rezension auf die "Vernichtungspredigt" von Thiersch ein und
schreibt speziell hierzu: "Auch giebt er hier seinen Aerger über die
gehörnte Ariadne, mit welcher Hirt die Welt beschenkte, zu erkennen,
doch ohne die Ursach anzugeben, worin ihn die Hörner geniren"
(Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, 1829, Bd. 2, Sp. 52). Nach
Hirt hatten Böttiger, Avellino (Opuscoli diversi, vol. II, tav. 7, pag.
169-174), Otfried Müller (Handbuch der Archäologie, Breslau 1830, § 364,
4, S. 475) und Eduard Gerhard (Berlin's antike Bildwerke, 1. Teil,
Berlin 1836, S. 260 ff.) ihre abweichenden Erläuterungen publiziert. –
Erläuterungen von Thiersch zu diesem Vasenbild konnten nicht ermittelt
werden.
[Schließen]über das Gefäß der gehörnten
Ariadne
geschrieben
| 4 haben. Gegen mich ließ er nichts hievon
verlauten.
Iezt leben Sie wohl; nehmen Sie sich die bösen Zeitläufe nicht zu sehr zu Herzen. Ich glaubte, wir hätten den Cyclus der Umwalzungen durchlaufen und würden ruhig an unser Ziel gelangen. Aber es scheint alles neu zu beginnen. Doch wollen wir noch nicht verzweifeln, obwohl es schwer ist zu sehen: woher der Deus ex machina erscheinen soll.
Ihr ewig ergebner Freund A. Hirt.Nachschrift: Eben erhalte ich In den "Annali dell'Instituto di corrispondenza
archeologica", Bd. 2, Anno 1830, 2. und 3. Heft, befindet sich auf S.
194-203 der Aufsatz "La Dispute d'Hercule et d'Appolon" von Theodor
Panofka, der "Pl. XX des Monum. inédits de l'Institut" beschreibt. - Im
1. Heft desselben Jahrgangs war Hirts "Vases peints. Sopra il dipinto
d'un vaso fittile rappresentante il ratto del Palladio. Tradotto dal
tedesco" (Tavola d'aggiunta 1830. D.) erschienen (S. 95-105).
[Schließen]das neueste Heft alter Denkmäler
vom
Instituto della
correspondenza archeologica
vom 9. 1830, wo auf der
Tafel XX. mein Vasengemälde vorkomt, wie es scheint, den Streit zwischen
Apollo
und
Hercules
vorstellend. Dabey findet sich auch eine
Diana
mit der Nebris, und wie es scheint,
die linke Brust entblößt. –
In der "Gegenbemerkung" zu seinen
"Kunstbemerkungen" im "Artistischen Notizenblatt" schreibt Hirt über die
Figur, die er als Britomartis bezeichnete: "[...] machte mir Hr. Hase
Instanzen in Hinsicht der kleinen Diana, welche ich als Britomartis
bezeichnete: erstlich komme die Nebris, worin die Figur das kleine Thier
trage, der Diana nicht zu, und zweitens passe es nicht für die keusche
Göttin, daß sie die rechte Brust entblös't trage. Hierauf antworten wir,
daß unsere Figur nicht das einzige Denkmal einer Diana sey, wo sie über
der geschürzten Tunica das Rehfell umgeworfen hat. Eine solche Statue
findet sich seit lange in der preußischen Sammlung, jetzt im Berliner
Museum aufgestellt. Damit man aber nicht vermuthe, daß auch hier ein
anderer Gegenstand als Diana vorgestellt seyn möchte, so bezeichne ich
eine Stelle des Pausanias 8, 37, wo wirklich ein Dianabild mit dem
Rehfell genannt wird. / Die Seltenheit dieser Vorstellung möchte wohl
hier gerade als Bestättigung dienen, daß wir in dem jugendlichen Bild
die Britomartis zu sehen haben, um sie dadurch als Mädchen und noch
nicht als reife Jungfrau zu bezeichnen. Uebrigens darf es hinreichen,
nur die schlanken apollonischen Beine der Statue zu sehen, um in
derselben die Schwester des Apollo zu erkennen." [Dazu die Anmerkung:
"Indem ich dieß absenden will, erhalte ich das neueste Heft der
Corrispondenza archeologica, von 1830, wo auf der 20sten Tafel ein
Vasengemälde vorkommt, wie es scheint, den Streit zwischen Apollo und
Herkules vorstellend. Dabei findet sich auch eine Diana mit der Nebris
und, wie es scheint, die linke Brust entblößt."] (S. 88). – Heinrich
Hase schreibt dagegen in den "Bättern für literarische Unterhaltung" Nr.
51 vom 20. Febr. 1831: "In der dresdner Sammlung findet sich eine
jugendlichschlanke Mädchengestalt im hochaufgeschürzten Gewande, welche
die eine Brust bloß läßt, während die andere von der Haut eines
Böckchens bedeckt ist, in deren Bausche sie ein Netz trägt (nr. 279, bei
Becker im 'Augusteum', Taf. 53). Hr. Hirt möchte das liebliche Bild
lieber Britomartis, das süße Mädchen, als Diana nehmen, denn unter jenem
Schmeichelnamen ward Diana in Kreta verehrt (S. 138). Sollte Hrn. Hirt
die von Solinus gegebene Deutung des Namens Britomartis nicht zu dieser
Vermuthung veranlaßt haben? Leider sind die neuen etymologischen
Forschungen jedoch dieser Solinischen Deutung gar nicht günstig (m. s.
Schwenk's 'Etymologisch-mythologische Andeutungen', S. 218). Und wissen
wir denn mehr als den Namen von dieser Britomartis? Wollen wir offen
sein, fast durchaus nichts weiter. Sie war eine kretische Göttin des
Minoischen Mythenkreises, die, wie Hoeck, Ottfr. Müller's
Auseinandersetzung in den 'Aegineticis' folgend, darthut, anfänglich von
Dictynna Artemis verschieden und auch später noch im Localcultus von ihr
getrennt blieb. Erst nach Einwanderung der dorischen Artemis auf Kreta
bei den Eydoniaten ging diese Vereinigung vor sich; und bei Aristophanes
('Frösche', 1538) sind Dictynna und Artemis schon völlig in Eins
verwachsen; doch gerade dort stellt der Scholiast ihr Britomartis
entgegen. Glauben wir aber, daß mit dem eigenthümlichen Namen eine
eigenthümliche Gestaltung verbunden war, so sehen wir uns auf
ungriechische Formen hingewiesen; da, wie Voß in den 'Mytholog. Ber.'
dargethan hat (N. A. III, S. 166), hellenische Cultur selbst durch
Abwandlungen des Namens Britomartis ihr das Phönizische abzustreifen
beeifert war. Was wird dann aus dem süßen Mädchen? Hr. Hirt mag also
einige Zweifel gegen den Namen Britomartis gestatten, wenn er auch,
durch die Apollinischen Beine aufmerksam gemacht, richtig Diana erkannt
hat, die selbst unter den Bronzen von Herculaneum (II, Taf. XI, XII) mit
einem Hirschfellchen und mit bloßer Brust ebendort (Taf. XIII) vorkommt.
/ Den so gehaltreichen 'Kunstbemerkungen' ließen sich vielleicht
ähnliche Einwürfe mehr entgegenstellen; aber wo wäre Raum für Ihre
Besprechung, und was könnte ohne Auseinandersetzung Lesern mit dreisten
Aussprüchen und kühnen Vermuthungen, was könnte besonders dem
hochgeehrten Verf. damit gedient sein, der auch darin wol nicht
zurückblieb? Denn ist wol jedes anmuthige würfelspielende Kind nach
alten Begriffen eine Charis, jede strengbekleidete Frau auch eine Muse?"
(S. 222-223).
[Schließen]Sie könnten dies als Note in dem
Aufsatze, wo von der
Britomartis
die Rede ist, einschieben.