An / Herrn Professor Becker / Aufseher der churfürstl. / Antikengallerie, und des / MünzCabinets / in / Dresden

Wohlgeborner Herr
Hochzuverehrender Herr Professor!

Ich muß Sie um Verziehung bitten, daß ich auf Ihre Zwei Briefe erschlossen: [Von Becker, vor März 1803].
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wiederholte für mich so ehrenvolle Zuschrift
so spät antworte.

Sie haben mir in dem ersten Schreiben, worin Sie mir die vorläufige angenehme Nachricht gaben, die Dresdnermonumente durch den Stich, und mit Ihren Erläuterungen bekannt zu machen, zugleich einige Fragen vorgelegt, die Sie von mir beantwortet wünschten. - Dieser Brief traf mich eben in mancherley Geschäften, wovon ich Ihnen nur anführen will, daß ich Hirt las im Wintersemester 1802/03 an der Bauakademie „Geschichte der Baukunst“ und an der Akademie der Künste „Geschichte der Denkmäler“.
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diesen Winter zwey Collegia über Materien las
, worüber ich bis zur zeit noch nie öffentlich gelesen hatte. Sie wißen, was dieses ist: theils die Hefte gehöriger zu ordnen, so manches umständlicher zu erörtern, und sich für jede Stunde gehörig zu præpariren. Ich wartete daher immer auf mehrere Muße, um so [!] sehen, in wie fern ich im Stande seyn würde, Ihrem Wunsche zu willfahren. Dergestalt verschwand die Zeit, bis ich Ihr zweytes Schreiben zugleich mit der Im März-Heft 1803 des „Journals des Luxus und der Moden“, S. 139-141: "Künste. 1. Neues Werk über die Dresdner Antikengallerie". Darin heisst es: "Das Ganze ist auf 10 bis 12 Hefte in Folio berechnet, wovon jedes Heft 12 Kupfertafeln nebst den erläuternden Texte enthalten soll. Der Druck wird auf geglättetes Schweizer-Velinpapier aus Göschens berühmter Offizin veranstaltet werden. Man pränumerirt auf jedes Heft mit 6 Thalern bis zu Ende des Junius 1803. und erhält davon zu Michaelis das erste Heft, das gleich zu Anfang die schön erhaltenen Mumiendecken der Gallerie in ihrem eigenthümlichen Farbenton liefern wird. Der Text soll dem Plane des Herausgebers zufolge nicht bloß Französisch, sondern auch in unserer Muttersprache, sobald sich nur hinlängliche Pränumeranten finden, ausgegeben werden" (S. 141).
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gedrukten Ankündigung
erhielt.

Ich habe verschiedentlich, wo ich Eingang fand, Ihr Unternehmen zu empfehlen gesucht, theils bey Hofe, theils bey den königlichen Akademien , aber bis iezt habe ich von Niemand eine bestimmte Antwort erhalten können. | 2 Jedermann findet Ihr Unternehmen intereßant, und schön: aber fast jedermann bezeigt eine Art Abneigung von Dem 1., 1804 erschienenen Band, ist das Verzeichnis der Pränumeranten vorgedruckt. Danach pränumerierten in Berlin u.a. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, sein Bruder, Prinz Wilhelm von Preußen, die verwitwete Königin von Preußen, Hofmarschall von Massow, Rittmeister Graf von Haack, Maurermeister Lindner, die königliche Bibliothek, die königliche Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften, Baron von Eckartstein der Älteste, Hofbauinspektor Moser, Schloßbaumeister Bock, die königlich-preuß. Porzellan-Manufaktur, Kunsthändler Gaspare Weiss und Comp., Herr von Dorville, Herr von Geist, genannt von Beeren, Geh.-Rat Pastorff, Herr Maurer.
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Prænumeration
, ehe man nicht wenigstens ein erstes Heft gesehen hat. Indeßen bin ich noch nicht ganz ohne Hoffnung, eines und das andere hierin für Sie thun zu können. Auf jeden Fall habe ich bereits Rücksprache mit Konrad Levezow, an den Sie auch deshalben schrieben, genommen, um ihm die eingehenden Prænumerationsgelder einzuhändigen.

Ich komme nun auf Ihre Anfragen: Leider kann ich Ihnen über die Meisten nichts Bestimmtes antworten, weil sie gröstentheils Gegenstände betreffen, über welche ich mir nur kurze Noten aufgezeichnet habe, weil diese Gegenstände nicht von der Art sind, welche mich vorzüglich intereßirten.

  • 1. Becker schreibt in "Augusteum", Bd. 1: "Unter diese ägyptische Alterthümer gehören auch vier Mumien. Ungeachtet sie zwar nicht unter die Kunstwerke zu rechnen sind, so haben sie doch, theils ihres Alterthums, theils anderer Beziehungen wegen, viel Merkwürdiges für uns, und dienen sogar mit zur Beurtheilung der Kunstwerke dieses Volks. Was sie aber in die Kunstgeschichte selbst mit verwebt, sind die gemalten Decken, womit einige derselben bekleidet sind" (S. 5). "Die erste dieser Mumien, der Decke nach eine männliche, ist schöner erhalten als alle, die bisher bekannt geworden sind; sie ist auch die einzige, auf welcher sich eine griechische Inschrift befindet" (S. 13). Es folgt die Beschreibung der Malereien. [Abb. I]. - "Die Decke der weiblichen Mumie gehört noch immer zu den wenigen gut erhaltenen, wiewohl sie oben und unten ein wenig gelitten hat und die Farben nicht mehr so frisch erhalten sind als auf jener. Wenigstens ist doch alles noch sehr kenntlich auf derselben. Die Form des Gesichts scheint eben so wenig ägyptisch zu seyn, als die männliche [...]" (S. 21) [Abb. II). - "Die dritte Mumie, welche sich in der Churfürstlichen Sammlung befindet, ist ein Kind, dessen starke Umwicklung bis über die Nasenlöcher reicht und noch sehr gut erhalten ist" (S. 26). - Die vierte Mumie ist leider! bis an die Beine zertrümmert (S. 26).
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    Über die Mummien
    : so viel ich mich erinnere, giebt es nicht nur mehrere Mummien mit bemalten Decken: und zuverläßig giebt es in der Sammlung v. Borgia auch bemalte Kasten. Evtl. Mumien-Portrait eines jungen Mannes, frühes 3. Jh., Antikensammlung Berlin PK?
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    hier in der königlichen Sammlung ist eine der schönsten bemalten und vergoldeten Mummien-Larven
    . Sie hat die Schönheit von einem Kopfe des Antinous.
  • 2. Becker schreibt dazu in Bd. 1: "Eines der ältesten und kostbarsten altgriechischen Denkmäler ist ein dreiseitiges Piedestal, dessen Vorstellung die drei folgenden Kupferblätter enthalten. Von allen erhoben gearbeiteten Werken, die sich in Rom befanden, war kein einziges so alt als dieses. [...] Höchst wahrscheinlich diente es in einem berühmten Tempel des Apoll (vielleicht in Delphi selbst) zum Piedestal eines goldenen oder ehernen Dreifusses, der dem Gott zum Geschenk gewidmet war. Die Form, die Vorstellungen an den Seiten und selbst die Verzierungen sind sprechende Beweise dafür" (S. 44 f.) [Abb. V, VI und VII].
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    Was Sie einen Dreyfuß nennen, ist wohl das dreyseitige In lateinischer SchriftPiedestall von einem Kandelaber
    . Der Raub des Dreyfußes durch In lateinischer SchriftHercules ist im ältern griechischen Styl noch 3 bis 4. mal in verschiedenen In lateinischer Schriftmusæis vorhanden. Schwer ist zu sagen, welches das ältere sey? - wahrscheinlich sind alle nur spätere römische Copien. An Der andern Gegenstände auf diesem In lateinischer SchriftPiedestalle erinnere ich mich nicht mehr hinreichend.
  • 3. Eben sowenig kann ich Ihnen etwas bestimmtes über die Becker schreibt dazu in Bd. 1: "Eines der schönsten, ausgeführtesten und seltensten altgriechischen Kunstwerke ist unstreitig die auf dem neunten Kupferblatte dargestellte Pallas. Ihrer Stellung nach ist sie im Kampfe begriffen [...]. Die Göttin ist dreifach bekleidet. [...] Das eigentliche Obergewand, was an den Schenkeln herabhängt, ist über dem Leibe in zierliche und regelmässige Falten gelegt und an den Rändern zackicht gebrochen. Das lange fast schleppende Untergewand liegt, ungeachtet der leichten Faltenzüge, so dicht an den Schenkeln und Beinen an, dass ihre ganze Form darunter hervortritt, und zieht sich gegen die Mitte in schmale über einander gestrichene Falten, die da, wo sie zusammenstossen, einen breiten Streifen bilden, auf welchen die Kämpfe gegen die Giganten gestickt sind, die auf dem folgenden Kupferblatte vergrössert erscheinen. Diese in eilf Felder abgetheilten Basreliefs [...] sind alle sehr gut gezeichnet und gleichsam Cameen zu vergleichen" (S. 71 ff.) [Abb. IX und X].
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    In lateinischer SchriftMinerva
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    mit der Bordür der Titanen
    , und Vgl. Bd. 1, S. 69 ff. [Abb. VIII].
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    die Figur, die einen In lateinischer Schrift Jupiter oder Priester desselben vorstellen soll
    , sagen. Ich finde nichts | 2 darüber in meinen Noten.
  • 4. Becker beschreibt in Bd. 1: "Zum altgriechischen Stil gehört auch die Statue, die sich auf dem eilften Kupferblatte befindet. Das Costume derselben ist fast so einzig zu nennen, als es die Vorstellung in jeder Hinsicht ist. [...] Casanova glaubte in dieser Statue die Göttin der Hofnung zu erkennen, und vermuthete, dass sie statt des Furchthorns eine Lilie getragen habe. [...] Nach allem diesen könnte man also auch unsere Statue, ungeachtet des alten Stils, für die Hofnungs-Göttin erklären, wenn nicht das Füllhorn für die Bedeutung einer altgriechischen Demeter spräche. Indessen hat mich die Stellung der Füsse, die eine rhythmische Fortbewegung anzudeuten scheint, in Verbindung mit dem in die Höhe gezogenen Gewande, auf die Muthmassung geleitet, ob nicht vielleicht diese Statue für eine altgriechische Priesterin der Demeter, für eine Chorführerin bei den Eleusinischen Festen zu halten sei" (S. 78 ff.) [Abb. XI].
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    Was Sie eine In lateinischer SchriftDea Spes nennen
    , möchte wohl eine Ceres seyn. Doch kann ich auch hierüber nicht entscheiden, da ich nichts darüber notirte.

Vielleicht finde ich Zeit, dieses Frühjahr selbst auf einige Zeit nach Dresden zu kommen: und dann würde es für mich eine wahre Freude seyn, die Die kurfürstlich-sächsische Antikengalerie und das Münzkabinett in Dresden.
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vortreffliche Sammlung
, der Sie vorstehen, an Ihrer Seite zu durchgehen: und dann würden wir mündlich in Ansicht der Monumente manches mit wenig Worten deutlich bestimmen können, was iezt durch Briefe fast unmöglich ist.

Übrigens zählen Sie auf meine beste Bereitwilligkeit, und bleiben Sie von meiner wahren Hochachtung überzeugt
Ihr ergebenster
Freund u. Diener

Hirt.