Berlin den 4 ten Julius 1809.
Ich kann wohl sagen, daß ich seit langer Zeit keinen so reinen Genuß hatte, als
mir Von Goethe, 09.06.1809.
[Schließen]Ihr Schreiben vom 9
ten
verfloßenen Monats gewährte. Nach der Natur der Dinge kann es in dem Fache, worin ich
schreibe, nur immer eine mäßige Zahl fähiger Beurtheiler geben. Desto
erfreulicher ist es, die vorläufige Zufriedenheit deßen zu erhalten, den sich
der Schriftsteller während seiner Arbeit von jeher als Repræsentanten nicht nur
der zeitigen, sondern auch der kommenden Kunstrichter dachte. Ich wünsche nur,
daß die gute Meinung, die Ihnen eine vorläufige Ansicht von der Sache gab, sich auch bey der nähern
Ansicht des Einzelnen bewähren möge. An redlicher Bemühung habe ich es nicht
fehlen laßen. Es war schwer den Faden der Geschichte zu knüpfen, und hiernach
das Gebäude einer so schwierigen Kunst folgereich zu richten.
Nicht minder freuet es mich, daß Sie, mein Verehrtester, mit der alterthümlichen
Forschungsweise der "Der Tempel der
Diana zu Ephesus" und "Der
Tempel Salomon's".
[Schließen]zwey kleinern Schriften zufrieden sind; und daß hiebey in Rücksicht ähnlicher Gegenstände sich
Ihr Geist mit dem meinigen begegnet. Auch habe ich schon vor längerer Zeit eine
Restauration des Vgl. Von Goethe, 09.06.1809. Hirt beschreibt das
Grabmal des Mausolus in seiner „Geschichte der Baukunst bei den Alten“,
Bd. II (1822), § 35, S. 70-71, mit Abbildung auf Tafel X, Fig. 14. a.
b., und Bd. III (1827), Abschnitt VIII, § 11, S. 345-346, mit Abbildung
auf Tafel XXX [XV.] Fig. XIV, und vermerkt dazu: „In Fig.14. sieht man
den Plan und den Aufriss davon nach meiner Restauration, worüber ich das
Nähere in der Geschichte der Baukunst (II, p. 70.) mittheilte, welches
aber nur wieder ein Auszug aus einer ausführlichen, bis jetzt noch nicht
publicirten, akademischen Abhandlung ist“.
[Schließen]
Carischen Mausoleum's
versucht, und darnach
| 2 eine sehr schöne Zeichnung im Großen
machen laßen. Der entsprechende Vortrag Hirts in der Akademie
der Wissenschaften konnte nicht nachgewiesen werden.
[Schließen]Ich werde sie bey nächster Gelegenheit in der Akademie der Wißenschaften
vorlegen. Auch ist die In: Die Geschichte der Baukunst bei den Alten,
Bd. II, § 38, S. 74-77, und Bd. III, Abschnitt VIII, § 11, S. 347-349,
mit Abbildung auf Tafel XXX [XV.] Fig. XX.
[Schließen]Abhandlung über den
Rogus des
Hephaestion
vorbereitet, die Zeichnung ist von mir entworfen, aber noch nicht
künstlerisch ausgeführt. Desgleichen habe ich eine Zeichnung vom Die Beschreibung des Leichenwagens in: Die
Geschichte der Baukunst bei den Alten, Bd. II, § 39, S. 77-78.
[Schließen]Leichenwagen Alexanders
entworfen; doch gestehe ich, noch nicht zu meiner Zufriedenheit. Ich wage
es nicht, Ihnen über diese Gegenstände im Einzelnen etwas zu sagen. Das Auge fordert das Bildliche. Vorzüglich bin ich
neugierig, wie Ihnen die Restauration des Rogus gefallen werde. Auch habe ich eine Reihe anderer
Restaurationen wichtiger Baue entworfen, die, wenn
sie nicht einzeln, doch in meiner Hirt: Geschichte der Baukunst bei den Alten, Bd.
3: Die Lehre der Gebäude bei den Griechen und Römern (Berlin
1827).
[Schließen]
Geschichte der Gebäude
erscheinen sollen. Übrigens bitte ich sehr, daß Sie dabey bleiben, und
mir gelegenheitlich Ihre Ideen über dies und jenes, was Ihnen wichtig ist,
mittheilen mögen.
Daß ich die perspektivische Herstellung des Dianatempels von Ephesus nicht mitschicken konnte, bedauere ich. Der Kupferstecher, dem die kolorirte Zeichnung zur Verfertigung des Kupfers übergeben wurde, ward bald darauf krank, und ohne sich gehörig zu erholen fiel er von einer Unpäßlichkeit in die andere, bis er etwa vor 3. Wochen starb. Es war ein sehr hoffnungsvoller junger Mann. Noch hat der Verleger, der Zeitumstände wegen, keinen neuen Kupferstecher gewählt, der das Angefangene beendigte. | 3
Wolf und Bury grüßen bestens. Nachdem Wolf, aus Halle kommend, in Berlin
eingetroffen war, hatte er zuerst in einem Eckhaus nahe des
Akademiegebäudes und Marstalles gewohnt, jedoch unter dem Lärm sehr
gelitten. 1809 zog er in den Tiergarten um, wie er schreibt „Winter wie
Sommer, seitdem ich die Bibliothek aus Halle - per fures - wie Reliquien
empfangen hatte (grösste wol je im Thiergarten!)“ (Leben und Studien
Friedr. Aug. Wolf's, des Philologen. Von Dr. Wilhelm Körte. Erster
Theil, Essen 1833, S. 153).
[Schließen]Ersterer hat sich mit seinen Büchern im Thiergarten
niedergelaßen. Die iezige Arbeit, welche
Bury vorhat, verspricht viel. Es
sind die Friederike Luise
Wilhelmine Prinzessin von Oranien-Nassau und Friederike Christine Auguste Prinzessin von
Hessen-Kassel.
[Schließen]beyden königlichen Schwestern mit der Tochter der jüngeren in
Lebensgröße mit einem ländlichen Grunde, in dem die Ferne die Stadt Berlin vorstellt. Er hat sich, auch in
Hinsicht der Beleuchtung, die Aufgabe sehr schwer
gemacht; es scheint aber nicht, daß er zurückbleiben werde.
Das Gedicht hat nicht nur mir und Bury wird 1809 ein Gouache auf Karton zu Johanna
Sebus gestalten, 47,5 x 33,8 cm (heute: Goethe Museum Düsseldorf,
Inv.-Nr. NW 63/1955 (WV Gr 103)).
[Schließen]
Bury
, sondern auch jedem andern, dem ich es zeigte, viele Freude gemacht. Die
Churprinzeß kopirte es sogleich mit
eigener Hand, und trug mir auf, den Verfaßer recht vielmal zu grüßen. Das im
vorigen Jahre zu Karlsbad gezeichnete
Porträt hängt über ihrem
Sopha. Zelter, wie er mich versichert,
hat zu dem Gedichte bereits In einem Brief an Goethe, geschrieben vom 12. bis
14. Juni 1809, will Zelter Goethes Gedicht „Johanna Sebus“ mit Noten
senden; es sei „etwas spreißig gegen eine Balladenform“. Er empfiehlt,
es Cotta zur Veröffentlichung zu schicken, denn in Berlin wage es
niemand zu drucken. Am 14. Juli setzt er hinzu, dass eine mehrwöchige
Reise nach Königsberg die Absendung der Komposition bis zur Rückkehr
verschiebe, da noch Verbesserungen zu machen seien (GSA Weimar 28/1015
St. 69; vgl. Goethe RA 5/1194). - In einem Brief vom 11.-23. Oktober
1809 schreibt Zelter an Goethe, die Komposition zur „Johanna Sebus“
warte „auf eine gute Stunde um vom Stapel zu laufen“ (GSA Weimar,
28/1015 St. 70; RA 5/1276). - Mit Brief vom 17.-21. Februar 1810 schickt
Zelter die Komposition:“Hier mein göttlicher Freund ist meine, unsere
Johanne!“, mit Anweisung an K. Eberwein für den Vortrag der Komposition
und der Bitte, sie nicht aus der Hand zu geben, da sie „bereits nach
Leipzig zum Drucke gesendet“ sei (GSA Weimar 28/1015 St. 73; 32/13 und
74; RA 5/1389). Am 11. März 1810 hört Goethe die Komposition zum ersten
Mal.
[Schließen]
die Musik verfertigt
. Hummel versprach mir eine Zeichnung darnach zu
entwerfen. Vorige Woche ward in einer außerordentlichen Versammlung der Kunstakademie uns ein Mit Reskript vom 17. Mai 1809 wurde Zelter, seit
1806 Ehrenmitglied der Berliner Akademie der Künste, zum Professor für
Musik an der königlichen Kunstakademie ernannt.
[Schließen]königliches Rescript bekannt gemacht, vermöge welchem die Tonkunst den bildenden Künsten
beygesellt, und Herr Zelter als
wirkliches Mitglied, und Professor der Musik ernannt ward. Indeßen Die Kunst- wie auch die Wissenschaftsakademie
erarbeiteten in einem langwierigen Prozess ein neues
Akademiereglement.
[Schließen]steht den akademischen Einrichtungen eine starke Umwandlung
bevor, welcher sie sehr bedürfen, wenn etwas Wirksames aus ihnen werden
soll.
Den Gedanken, diesen Sommer noch eine Hirt kam 1809 nicht nach Weimar.
[Schließen]Reise zu machen, habe ich noch nicht aufgegeben, und in diesem Falle werde ich
Sie gewiß aufsuchen, wo ich Sie zu treffen hoffen kann. mit unabänderlichen
Gesinnnungen von Achtung und Ergebenheit Der Ihrige