Durchlauchtigster Erbprinz, Gnädigster Herr!

Mit innigster Wehmuth vernehme ich Die Fürstin Louise von Anhalt-Dessau war am 21. Dezember 1811 im Palais ihrer Schwägerin Caroline von Hill in Dessau, in das sie sich seit August 1809 zurückgezogen hatte, im Alter von 61 Jahren gestorben.
[Schließen]
das Ableben
Ihrer königlichen Hoheit, der regierenden Herzogin, Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht erhabenen Mutter.

Ich hatte das Glück, die nun Hochseelige auf Die Fürstin hielt sich vom 12. November 1795 bis 27. Mai 1796 in Rom und Neapel auf. In Rom nahm sie an einem kunst- und architekturhistorischen „Kursus“ von Hirt teil. Für ihren Lehrer empfand sie schon bald eine tiefe Zuneigung. Die Rückreise erfolgte gemeinsam mit Hirt, der die Fürstin über Wien bis Dresden begleitete. In der Folgezeit entwickelte sich ein reger Briefwechsel zwischen Hirt und der Fürstin, und Hirt besuchte sie mehrfach in Wörlitz und ihrem Landschlösschen Luisium. Die Tagebücher der Fürstin geben einen Einblick in ihre Gefühlswelt und zeigen ihre unglückliche und hoffnungslose Liebe zu Hirt.
[Schließen]
ihrer italienischen Reise
in Rom kennen zu lernen, und nie habe ich eine Person ihres Geschlechtes gekannt, welche ein lebhafteres und tieferes Gefühl für Natur und Kunst, und für die Betrachtung des hohen Alterthums und der Geschichte mitgebracht hätte. Die Lectüre Höchstderselben beschränkte sich auch in der Folgezeit hauptsächlich auf Dinge, worüber die italienische Reise zuerst die wesentlichsten Aufschlüße gab, und diese | 2 blieben auch der Gegenstand einer wenig unterbrochenen Correspondenz, womit die Hochseelige mich bis nahe an ihr Ende beehrte.

Dies ausgezeichnete Zutrauen, deßen Ihre königliche Hoheit mich seit sechszehn Jahren würdigten, rechtfertigt die tiefe Wehmuth, mit der das Ableben der edelsten der Frauen iezt mein ganzes Gemuth erfüllt. Aber sie wird noch vermehrt durch das Erbrechen Von Louise von Anhalt-Dessau, 01.03.1800. - Zur testamentarischen Verfügung der Fürstin siehe dort. Der regierende Herzog Leopold III. Friedrich Franz genehmigt das Vermächtnis der Fürstin am 18. Januar 1812.
[Schließen]
eines Schreibens
, woraus ich ersehe, daß die Hochseelige ihre Güte gegen mich auch über das Ziel ihres schönen Lebens ausdehnen wollte. Ich bin hiedurch um so mehr gerührt, da nie die Erwartung irgend eines Vortheils, sondern einzig die hohe Verehrung für die Tugenden und den erhabenen Geist der Verklärten die Triebfeder war, was mich von jeher | 3 zu einem ihrer aufrichtigsten Verehrer machte.

Ich lege hier eine wörtliche Abschrift des eigenhändigen Schreibens der Hochseeligen bey, und befolge hiemit die mir in demselben ertheilten Befehle, daß ich mich hiemit an Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht unterthänigst wenden soll.

Ich unterzeichne mich in aller Unterthänigkeit und der tiefesten Ehranbietung Ew. hochfürstlichen Durchlaucht unterthänigster gehorsamster Hirt königl. preuß. Hofrath, Mitglied der Akad. der Wißenschaften u. Prof. an der Universität.

Berlin den 30 ten December 1811.