Berlin den 30 Aug. 1816.
Brief erschlossen: [Von Böttiger, vor
30.08.1816].
[Schließen]Ihren Brief, mein alter werther Freund, habe ich mit der Da nicht sicher bestimmt werden kann, ob es sich
um ein Schreiben Millins oder eine seiner Schriften handelt, wurde hier
kein Brief von Millin an Hirt erschlossen.
[Schließen]Beylage des guten thätigen Millin zur
Zeit erhalten. Ich antworte etwas später, weil ich den Brief mit einigen kleinen
Beylagen begleiten wollte. Und
also erstlich erhalten Sie hiemit Außer der im folgenden genannten Vorlesung
"Über die Fabel des Amor und der Psyche
nach Denkmälern" noch die Aufsätze "Der Tempel des kapitolinischen
Jupiter" und "Über die Ruinen
von Tschilminar".
[Schließen]drey Abhandlungen aus dem eben fertig gewordenen Bande der Akademie vom
Jahr 1812 und 1813., worunter sich die verlangte Psychefabel befindet, zweytens einen Aufsatz über die Galleria Giustiniani, und
dann Weitere Beiträge von Hirt erscheinen im 2. Heft,
s. unten.
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meine Beyträge zu den Wolfschen
Analekten
, wovon das erste Heft auch eben erschienen ist, und das Ganze Ihnen
vielleicht später zukommen mag.
- Noch etwas späterhin, doch noch vor meiner Hirt reiste als Begleiter des Grafen von
Ingenheim am 10. Oktober 1816 von Berlin nach Italien ab.
[Schließen]Abreise sollen Sie auch das 2te
Heft meines Bilderbuches empfangen,
deßen lezter Bogen unter der Preße ist. Mehreres vermochte ich vor meiner
Abreise nicht zu fördern, und anderes muß liegen bis zu meiner Rückkunft. Nur
ein paar neue Abhandlungen (die eine über das
Porträt der Alten, und die andere Hirt schreibt dazu einführend: "Diese Lehre [von
den Verhältnissen des menschlichen Körperbaues] gehört zu den
Elementarkenntnissen des bildenden Künstlers, denn sie liegt einer jeden
seiner Arbeiten zu Grunde. Im Alterthume setzte man darauf den höchsten
Werth; die grössten Meister beschäftigten sich mit ihrer Begründung, und
Polyklet machte sich durch die Aufstellung seines Kanons unsterblich. An
diesem Kanon hing gleichsam das Geheimniss der Kunst bei den Alten,
wodurch selbst die Werke späterer Zeit noch einen gewissen Werth zeigen.
Mit dem Polykletischen Kanon ging der wahre Schlüssel zur Kunst
verloren. Hätte er sich bei dem Wiederaufleben derselben im 13ten
Jahrhundert noch vorgefunden, so würde er für die neuere Bildkunst eben
das gewesen seyn, was Euklides für die Mathematik, oder Vitruv für die
Architektur. Der Mangel eines Kanons liess die neuere Kunst durch
Jahrhunderte in der Kindheit; und wenn sie gleich späterhin in andern
Beziehungen bedeutende Fortschritte machte, und eine schöne Blüthe
erreichte, so blieb sie in Rücksicht auf Wohlgestalt doch immer weit
hinter der Kunst der Alten zurück.“ Hirt stellt anschliessend die
Fragen: „1) Welche Begriffe hat man sich von dem Kanon Polyklet's zu
machen? / 2) Wie verhält sich die Arbeit Albrecht Dürer's zu der Regel
der Griechen? und / 3) Welche Wege möchten wohl einzuschlagen seyn, eine
Wiederherstellung des griechischen Kanons zu bewirken?“ (a.a.O., S.
19-20).
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über den Canon
In lateinischer Schrift
Polyclet's
) werden iezt für den kommenden academischen Band gedruckt, und ich habe
angeordnet, daß Ihnen dieselben auch während meiner Abwesenheit sollen zugesandt
werden.
Die Abhandlung über die Mosaik der Alten, welcher Sie nachfragen, steht mit andern Aufsäzen über die Mahlerey der Alten | 2 in den frühern Bänden der Akademischen In lateinischer Schrift Memoires abgedruckt. Ich habe davon keine einzelnen Exemplare mehr, sonst würde ich sie beylegen.
Im zweyten Hefte der
Wolfschen Analekten
habe ich die Anzeigen über die neuesten
archaeologischen Werke der Engländer fortgesezt und allda auch Die sogenannten „Elgin Marbles“ sind Marmorskulpturen vom
Parthenon-Tempel auf der Akropolis, die Lord Elgin, seinerzeit
Botschafter im Osmanischen Reich, während des türkisch-griechischen
Krieges entnommen hatte und nach England verbrachte, wo sie 1816,
zusammen mit Elgins gesamter Kunstsammlung, von der Britischen Krone für
35.000 Pfund gekauft und im Britischen Museum in London ausgestellt
wurden. Das Herausbrechen der Stücke aus den Originalbauten und die
Verschiffung nach England wurden von den Zeitgenossen sehr heftig und
gegensätzlich diskutiert. Hirt unterstützte das Vorgehen Elgins.
[Schließen]über die Elginschen
Marmor
gesprochen, also auch vom Memorandum on the subject of the Earl of Elgin's
pursuits in Greece by William Richard Hamilton; Benjamin West; Aubin
Louis Millin; Ennio Quirino Visconti; Henry Moses. London 1815.
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Memorandum
und von Hirt bespricht in seinem Aufsatz die Werke
„Memorandum on the subject of the Earl of Elgin's pursuits in Greece“
(2te verbesserte Auflage, London 1815) und „Mémoire sur les ouvrages de
sculpture qui appartenoient au Parthenon et à quelques autres édifices
de l'acropole à Athènes. Par M. Visconti (London 1816).
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Visconti
. Werde ich William Richard Hamilton: Denkschrift über Lord
Elgin's Erwerbungen in Griechenland: Nach der zweiten englischen Ausgabe
bearbeitet. Mit einer Vorrede von C. A. Böttiger und Bemerkungen der
Weimarischen Kunst-Freunde. Leipzig und Altenburg: F. A. Brockhaus, 1817
[deutsche Übersetzung].
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Ihre Übersezung und Noten
noch vor meiner Abreise erhalten? – dies würde mich sehr freuen. Ferner
werden Sie in den Analekten
über der Zeile2
ten
Heft eine Noch 1822 erwähnt Hirt in seinem Aufsatz „Ueber
die griechische Bildkunst. Fünfter und sechster Abschnitt. Geschrieben
den 10. December 1805. Vorgelesen den 5. Febr. 1807“ in der „Amalthea“,
Bd. 2, S. 7-8, seine neue Erklärung des Steins: „Vor allen
[geschnittenen Steinen] zeichnen sich aus [...] der Stein der heiligen
Kapelle zu Paris.“ [Anmerkung dazu:] „Die Vorstellung auf dieser
seltenen Tafel von Achat ist nach den verschiedenen Zeiten verschieden
erklärt worden, zuletzt von meinem Freunde, dem Hofr. Böttiger und von
mir. Ein sehr gut gemachter scharfer Abguß des Steines kam mir zu,
woraus ich leicht die vorgestellten Hauptbildnisse erkennen konnte, und
ersah, daß darauf die Adoption des Nero vorgestellt ist (s. Litt.
Analekten von F. A. Wolf, Heft II.)“.
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neue Erklärung von dem Achat de la Ste
Chapelle
finden, wovon Sie vor einigen Jahren auch
eine Erklärung gaben. Sie kannten den Stein wahrscheinlich bloß aus Zeichnungen;
wir indeßen waren hier so glücklich, einen sehr genauen
Abguß davon zu erhalten, deßen Ansehen mir die neue Erklärung allein möglich
machte. Ich sehe darin: die In lateinischer SchriftAdoption
des
In lateinischer SchriftNero
: und zwar so, daß wohl nicht ferner ein Zweifel über die Sache obwalten
kann.
Eben iezt habe ich Von Schelling war 1815 erschienen: Ueber die Gottheiten von Samothrace:
vorgelesen in der öffentlichen Sitzung der Baier'schen Akademie der
Wissenschaften am Namenstage des Königes den 12. Oct. 1815. -
Thiersch veröffentlichte die 1. Abhandlung seines Werks "Ueber die Epochen der bildenden Kunst unter
den Griechen".
[Schließen]die neuesten Produkte der beiden geistreichen Münchner Archaeologen gelesen.
In lateinischer SchriftSchelling
ist mir zu gelehrt, um mir ein Urtheil anzumaßen. Aber über das
Resultat bin ich nicht
| 3 klüger, als zuvor. Mich däucht, der Verfaßer
ist zu geistreich, um in solchen Forschungen glücklich zu seyn. – Eben so wenig
kann man vielseitige Kenntniße Herrn
In lateinischer SchriftThiersch
absprechen; auch hat er einiges getroffen; aber nur nicht das
Bestimmte und Rechte. Ich habe schon vor zehn Jahren nicht weniger als sechs
Abhandlungen in derselben Beziehung geschrieben, welche ich bis iezt drucken zu
laßen verabsäumte. Wären dieselben früher erschienen, glaube ich kaum, daß wir
iezt eine
In lateinischer SchriftThierschsche Abhandlung über
solche Gegenstände lesen würden. Ich muß über den Druck selbst wachen, und kann
sie also vor meiner Zurückkunft nicht unter die Preße geben.
Sollten Sie bald an Millin schreiben, so bitte ich meiner zu gedenken. Ich wünsche sehr, daß sich vor meiner Reise noch eine Gelegenheit einstellen möge, ihm durch Gegensendungen seine Gefälligkeit zu erwiedern; oder könnten Sie mir vielleicht einen Weg angegeben [!] ? –
Die Nachricht, Von Wiebeking erschien 1816 "Von dem Einfluss der
Baukunst auf das allgemeine Wohl und die Civilisation [...]; Abh. 1:
Insbesondere von dem Wasserbau und den Monumenten der Civil-Architectur
der Egypter".
[Schließen]daß In lateinischer Schrift
Wiebeking
einiges über das technische der
Aegyptischen Baukunst zu schreiben gedenkt, freut mich. Ich hoffe bald seine Bekanntschaft in München selbst zu machen, so wie auch die
der beiden obgenannten
Philologen .
Meine Geschichte der Architektur habe ich
seit einem Monate auf die Seite gelegt. Der erste Band liegt fertig, und Bd. 2
enthält als letzten Themenschwerpunkt "Fünfter Zeitraum: Von Augustus
bis Constantin" (S. 261-456) mit Extra-Abschnitten zu Tiberius /
Caligula / Claudius / Nero / Die Flavier: Vespasian / Titus / Domitian /
Commodus / Traianus / Hadrian / Antonius Pius / Marcus Aurelius, Lucius
Verus und Commodus / Septimus Severus / Caracalla / Alexander Severus /
Die Kaiser nach Alexander Severus bis Gallienus / Gallienus bis
Constantin / Claudius Gothicus / Aurelianus / Tacitus und Probus /
Diocletianus / Constantinus.
[Schließen]für den zweyten
| 4 habe ich die lezte Epoche unter den Kaysern noch aufzuarbeiten.
Iezt denke ich an nichts, als
an meinen lezten Gang nach Italien.
Ich über der Zeileerwarte meinen Reisegefährten, Grafen v. Ingenheim, auf den 20
September, und dann wird das Abgehen nicht mehr ferne seyn. In
Italien denke ich höchstens
acht Monate zu verweilen, und dann auf der Rückreise noch die Rheingegenden und die Niederlande mitzunehmen [? Textverlust
durch Siegelabdruck]. läßt es die Zeit zu, Hirt reiste nicht nach England.
[Schließen]so überseze ich auch noch den Kanal
, einzig um die Athenischen und Phigalischen Monumente zu sehen. Hirt hatte vom König ein Jahr Urlaub genehmigt
bekommen. An den Sekretar der philologisch-historischen Klasse der
Akademie der Wissenschaften schreibt er am 7. Oktober 1816: „Ich habe
die Ehre Ihnen [...] hiemit anzuzeigen, daß ich zu einer
wißenschaftlichen Kunstreise allerhöchsten Ortes Urlaub auf ein Jahr
erhalten habe. Ich bitte dies den Mitgliedern des akademischen Vereins
bekannt zu machen, und mich auf die Zeit meiner Reise von den
academischen Arbeiten zu dispensiren“ (Archiv der BBAW, PAW (1812-1945),
II-III-18, Bl. 11r).
[Schließen]Mein Urlaub ist auf ein Jahr gestellt.
Sendungen an Riepenhausen, vgl. An Böttiger,
06.10.1816.
[Schließen]Haben Sie Aufträge, so bitte ich, mir dieselben bald zukommen zu laßen.