Berlin 14 Februar 1830.
Mein sehr verehrter Herr Professor!Nach langem Stillschweigen freuet es mich, Ihnen melden zu können, daß die
königliche Akademie der
Wißenschaften
Vgl. auch den Brief
an Gerhard vom 07.11.1827 mit Sacherläuterung. - 1835 wurden
Gerhard von der Akademie weitere 400 Reichstaler zur Herausgabe der
etruskischen Kunstdenkmäler bewilligt; 1836 wiederum 400 Reichstaler und
1838/39 je 300 Reichstaler.
[Schließen]Ihnen einen Zuschuß von 700 reichstalern bewilligt hat, um Ihr Zeichnungswerk der
Etrurischen Denkmäler fortzusetzen. Die Akademie hat mir aufgetragen, dies Ihnen
offiziel bekannt zu machen, und daß Sie gegen Quittung gedachte Summe von der
Casse der königlichen Akademie (bey dem Dem Kultusministerium.
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Ministerio
v. Altenstein
) erheben können.
Ich verbinde hiemit zugleich die Anfrage: auf welche Weise Sie gedenken, Ihre gesammelten hetrurischen Alterthümer in Publikum zu bringen? Denn ich gestehe, daß ich gerne bald etwas davon zu sehen wünschte. Wäre es nicht zweckmäßig, daß Sie Ihre Zeichnungen irgend an einen Deutschen Buchhändler gegen baare Bezahlung käuflich abließen, damit dieselben lithographirt, mit einer kurzen Inhaltsanzeige begleitet, und so käuflich gemacht würden? - Könnte ich Ihnen hiebey behülflich seyn, würde ich es gerne thun. Ich bitte, mir bald ein Wort hierüber zu melden.
Von dem
Bullettino
sind die Hefte bis inclusive October
in meinen Händen, so wie auch die
Annali
: Fascicoli I. II. Ich bewundere dabey
Ihre Thätigkeit, und sehe, daß es hauptsächlich von Ihrer Gewandtheit abhängt,
die Sache fortzuführen. Indeßen ist alles so geschickt begonnen, und
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beide neben einander laufenden Publicationen so intereßant, daß Sie sich einen
guten Erfolg für Ihre Beziehungen (?) versprechen können. Über manches möchte
ich mit Ihnen conferiren, was aber für Briefe
zu lang seyn würde. Mit den beiden in den Annalen
publizirten Aufsätzen bin ich in Hinsicht der Übersezung zufrieden,
doch muß ich erinnern, daß die Gemälde in
Pompei
nicht a fresco, sondern auf die trockene Mauer gemalt sind. Dies
habe ich früher In der ersten Abhandlung der Vortragsreihe "Ueber
die Mahlerey bey den Alten", vorgelesen in der Königl. Akademie der
Wissenschaften den 1. August 1799, heisst es dazu: "Nachdem der letzte
Anwurf der Mauer von Kalk und Marmorstaub gegeben war, so wurde die
Mauer, während dem sie noch feucht war, mit einer beliebigen Farbe
angestrichen, welche dann in die Oberfläche des Anwurfes eindrang, und
dadurch ihre Haltbarkeit bekam. Die eigentlichen Gemählde mahlte man
dann erst auf diesen einfarbigen Grund, nachdem er vollkommen trocken
war. Auf diese Weise übertüncht, und hernach mit Figuren, Landschaften,
oder andern Verzierungen bemahlt, zeigen sich noch fast alle Wände,
welche in den Ruinen von Rom, oder in den ausgegrabenen Städten bey
Neapel auf uns gekommen sind." (in: Sammlung der deutschen Abhandlungen
welche in der Königlichen Akademie der Wissenschaften (und schönen
Künste) zu Berlin, vorgelesen worden in den Jahren 1798-1800 - Schöne
Wissenschaften. Berlin 1803, S. 216). - Bereits 1790 hatte Hirt in
seinem Aufsatz "Über Pompeja" (in: Italien und Deutschland, 1. Bd., 3.
St., S. 59) bemerkt: "Die Wände haben durchaus über dem Backstein noch
drey verschiedene Anwürfe, wovon der letzte immer von Marmorstaub war.
Dieser letzte Anwurf ward, ehe er ganz trocknete, mit einer allgemeinen
Tinte bald roth, gelb, oder blau angestrichen. War aber die Mauer ganz
ausgetrocknet, bemalte man sie mit allen Arten arabesker Verzierungen
und mit kleinen Gemälden theils in Figuren, Landschaften, oder
Thieren."
[Schließen]in einem Academischen Aufsatz
ausführlich dargethan. Ich wünsche, daß dies Dergleichen konnte nicht ermittelt werden.
[Schließen]durch einen Zusaz könnte berichtigt werden. - Ferner wünsche ich, daß der Aufsatz über die Palladiumvase
baldmöglichst könnte publizirt werden. Doch überlaße ich alles Ihrem
Gutdünken.
Ich bin sehr neugierig, den Erfolg Im März und nochmals im Juni 1829 war Gerhard in
die Gegend des alten Vulci gereist, um die dortigen Nachgrabungen (vor
allem des Fürsten von Canino) zu besichtigen, die wertvolle bemalte
Vasen zum Vorschein gebracht hatten. Im Mai 1830 und 1831 wiederholte er
dieselbe Reise. Ein ausführlicher Bericht "Rapporto intorno i vasi
Volcenti" erschien im dritten Band der "Annali dell'Instituto", 1831.
Vgl. auch "Rapporto intorno i vasi Volcenti diretto all'Instituto di
corrispondenza archeologica da Odoardo Gerhard", Rom 1831. - Im Oktober
1829 unternahm Gerhard eine Reise nach Basilicata und Puglien, die ihn
bis Tarent führte, "hauptsächlich um die unteritalischen Vasen an den
Fundorten zu studiren und dem Institut auch hier Verbindungen zu
eröffnen" (Otto Jahn: Eduard Gerhard: Ein Lebensabriss, 1868, S.
85).
[Schließen]Ihrer Reise in das untere
Italien
zu hören, u. was Sie über die Vasenfabriken sagen werden. Das wichtigste
vor der Hand sind die in der Gegend von
Corneto
gefundenen Gegenstände. -Magnus hatte von Mai 1826 bis 1829 eine
Studienreise über Paris nach Italien unternommen und war danach zu
seiner Familie nach Berlin zurückgekehrt. Ab 1831 schloss sich ein
mehrjähriger England-Aufenthalt an.
[Schließen]
Magnus
ist seit längerer Zeit hier. Er hat sich aber bey mir nicht sehen laßen. Sehr wünschte ich, daß seine
Sammlung angekauft würde. Die "Topographische Karte von Westphalen" von
Carl Ludwig von Le Coq. 20 Kartenblätter waren 1815 bei Simon Schropp und Co. zu Berlin
erschienen.
[Schließen]Die Karte der Gegend von
Westphal
möchte ich sehr gern sehen. -
Boeckh
Vgl. Hirts Brief an
Gerhard vom 07. 11.1827 mit Sachkommentar.
[Schließen] sprach mir von Ihrem Wunsche; und daß er Ihnen geantwortet habe. August Boeckh bedankt sich mit einem Schreiben
vom 23. Januar 1830 an den Staatsminister für die Ernennung zum Geheimen
Regierungsrat durch den König (GStA PK, I. HA, Rep. 76 Kultusministerium
Va Sekt. 2 Tit. IV Nr. 16, Bl. 25).
[Schließen]Er ist kürzlich Geheimer Rath geworden, was übrigens seine Verhältniße nicht ändert.
Ich beschäftige iezt mich hauptsächlich mit der Ausarbeitung der Geschichte der bildenden Künste bey den Alten. Indeßen laß ich eben eine Schrift über Dresden drucken: über das Augusteum sowohl, als die Bildergallerie. Gelegentlich werde ich Ihnen das Buch zusenden. - Für iezt weiß ich Ihnen nichts Näheres zu berichtigen. Leben Sie recht wohl, und laßen Sie bald wieder von sich hören.
Ihr ergebner Hirt.