In lateinischer SchriftDie Dilettanten
Eine Gesellschaft zur Belebung der Kunst in den
Preussischen Staaten.
In lateinischer SchriftEingang
§. 1.
Der Staat hat durch Stiftung einer Kunst-Akademie in der
Hauptstadt, und durch Errichtung einer Anzahl Zeichnungs-Schulen in den
Provinzen den Grundsazz anerkannt, daß die Kunstpflege, so wie die der
Wissenschaft, ein belebender Theil sey, ohne welchen kein Staat und kein Volk
eine würdige Existenz haben könne.
§. 2.
Früher jedoch, (und zum Theil auch noch jetzt) war die Ansicht
herrschend: die Kunst im höheren Sinne könne nur in reichen Staaten südlicher
Gegenden gepflegt werden, in minder reichen Staaten aber müsse hauptsächlich
dahin gesehen werden, daß Handel, Gewerbe und Fabriken blühen, und die
zeichnenden Künste seyen nur insofern zu befördern, als sie einen wirksamen
Einfluß darauf hätten. Nach dieser Ansicht sollten die freyen Künste wohl die
| 2 Dienerinnen der Gewerbe seyn. So dachten vordem die Leiter der
Finanzen, der Gewerbe und des Handels, unbekümmert, ob ein höheres Bedürffniß in
dem Menschen wohne, und ob das Geringere selbst in der Kunst gehörig geleistet
werden könne, wenn die höhere Pflege verabsäumt wird.
§. 3.
Dieses schlechte ökonomische Princip dehnte sich auch auf die
Bau-Kunst aus, und beschränkte Ansicht glaubte alles zu leisten, wenn man neben
einigen Studien der Mathematik und Mechanik das Land- und Strassen- und
Wasser-Bauwesen in Schutz nähme. Doch fehlte es nicht an Bessern, welche die
Baukunst aus ihrem höheren Stande betrachtet und studirt wissen wollten, weil
jene Hülfswissenschaften und jene untergeordneten Zweige an ihren Ort gestellt,
erst hiedurch gehörig erlernt werden würden. Doch ist hier nicht die Absicht
über zwekkmässigere Einrichtung der Kunst- und Bau-Schulen zu sprechen, sondern
wie ausserhalb dieser Schul-Einrichtungen das Treiben der Kunst in den höhern
Beziehungen belebt und erhalten werden könnte.
§. 4.
Hiezu sollen Vorschläge gemacht werden, welche, wenn sie Beyfall und
Unterstüzzung finden, von selbst auf den bessern Unterricht Einfluß haben
| 3 werden. Denn da hier nur von der Belebung der höhern Kunst:
der Historien-Malerey, Bildnerey und Bau-Kunst, die Rede seyn kann; so
dürfen auch nur diejenigen Künstler berükksichtiget werden, welche, von
einem gründlichen Elementar-Studium ausgehend, jene Techniken und Praktiken
sich zu eigen gemacht haben, ohne welche auch die besten Köpfe und die
schönsten Anlagen scheitern müssen. Da aber die Gesellschaft, welche zur
Belebung der Kunst hier im Vorschlage ist, ihren Zwekk nur dann gehörig
verfolgen kann, wenn sie genau mit den Studien der Künstler vertraut ist;
können wir nicht umhin, erstlich einiges über den zwekkmässigen Unterricht
in einer Kunst-Akademie beyzubringen, und zweytens anzudeuten, was ferner
vom Staate als Staat zu fordern ist, wenn die Aufnahme der Kunst mit Ernst
betrieben werden soll.
§. 5.
Die Fächer, in welchen der künftige
Mahler gründlich unterrichtet werden muß, sind folgende:
1.) die
Architektur-Zeichnung, die Schattenlehre und Perspective, (Fächer, die jetzt an
der hiesigen Akademie auf’s gründlichste gelehrt werden)
2.) in der In lateinischer SchriftAnatomie und zwar nicht blos nach Zeichnungen und
Gyps-Modellen, sondern nach Kadavern selbst, und in der Lehre der Verhältnisse;
3.) in der Zeichnung nach den Antiken;
| 4
4.) in der Zeichnung, und in dem Mahlen nach dem Leben; (Hiezu sind die
Abendstunden im Winter nicht hinreichend; die Morgenstunden im Sommer müssen
vorzüglich hiezu benutzt werden, weil das Mahlen nur bey Tageslicht getrieben
werrden kann)
5.) im Copiren klassischer Gemählde, und im Porträtiren nach
dem Leben;
6.) die Lehre zur Uebung im Erfinden und Komponiren.
§. 6.
Die Fächer und der Gang der Studien für den Bildner ist derselbe,
wie bey dem Mahler, nur sucht er durch Bilden (Bossiren und Modelliren) zu
bezwekken, was der Mahler durch Zeichnen und den Gebrauch der Farben.
§. 7.
Die Fächer der zu bildenden Architekten sind:
1.) studirt er
mit dem Mahler und Bildner die Architektur-Zeichnung, die Schattenlehre und
Perspective,
2.) um einige Kenntniß in der Figuren-Zeichnung zu haben:
die Lehre der Verhältnisse, und die Anatomie nach Zeichnungen;
3.) Die
In lateinischer SchriftConstruction – die Verhältniße und
Verzierungs-Lehre nach den Grundsäzzen der Alten;
4.) Die Lehre der
Gebäude; (davon sind die Land- und Wasser-Baue nicht ausgeschlossen) in
beyden letzteren Fächern mit anhaltenden Uebungen im Zeichnen
| 5
dessen, wovon eben die Lehre handelt.
§. 8.
Der Künstler muß aber auch in einigem Betracht wissenschaftlich
gebildet seyn:
1.) sind für den Architekten nothwendige
Hülfswissenschaften, die Rechenkunst und Geometrie; und diese Kenntnisse
dürfen bis auf einen gewissen Grad auch dem Mahler und Bildner nicht
erlassen werden.
2.) Müssen sie Aufsäzze machen, welche von einer
gebildeten Erziehung in der Muttersprache zeigen.
3.) ist nöthig die
Lehre der Mythologie in Verbindung mit den bildlichen Denkmälern, und der
allgemeinen Geschichte, besonders der Alten;
4.) die alte und neuere
Kunst-Geschichte.
§. 9.
Wesentlich ist ferner: daß die Kunstschüler nicht willkührlich
ihre Fächer wählen, sondern daß sie nach Classen vorrükken. In jeder Classe
sind am Ende des Jahres Probe-Arbeiten, welche zu diesem Zwekk aufgegeben
werden, zu machen. Der Vorzüglichere nach dem Urtheil der Lehrer erhält ein
In lateinischer SchriftPraemium, und die folgenden Fähigen werden nach
einer höheren Classe versezzt.
Diese Prämien dürfen zur Aufmunterung
nur klein seyn.
§. 10.
Noch wesentlicher ist, (was leider bis jetzt an der Königlichen
Akademie ganz versäumt worden ist) der In lateinischer SchriftConcurs für
die grossen, oder Reise-Prämien. Davon können aber nur diejenigen Zöglinge
Theil nehmen, welche alle Fächer
| 6 und Studien, die in den Umfang
ihrer besondern Kunst gehören, zur Zufriedenheit der Lehrer, durchgegangen
sind. DieAkademie giebt hiezu die Gegenstände auf, die nach einer unter der
Aufsicht der Akademie gemachten Skizze auszuführen sind. Für die Maler ist
es ein historisches Gemählde mit Figuren nicht unter zwey Fuß hoch; für die
Bildner ein ähnlicher Gegenstand für eine Gruppe; und für die Baukunst die
Zeichnung und Erfindung eines Baues mit Grund- Durchschnitts- und Aufrissen,
zugleich mit einer perspectivischen Ansicht, und den Detail-Zeichnungen, wie
sie der Bau-Handwerker bedarf, zugleich mit einer Berechnung des
Kosten-Anschlages.
§. 11.
Die Länge der Zeit zur Bearbeitung eines solchen In lateinischer SchriftConcurs-Stükkes ist bestimmt. Die Beurtheiler sind
die Mitglieder der Akademie. Strenge in jeder Beziehung und
Unpartheylichkeit sind Hauptbedingungen. Der In lateinischer SchriftConcurs für den Mahler ist alle zwey Jahre, und für die Bildner
und Architekten alle drey Jahre. Das Prämium ist für den Mahler eine Reise
von vier Jahren, für den Bildner und Architekten von drey Jahren. Die
jährliche Pension für Jeden das Jahr 500. Thaler in Golde, und dann 500.
Thaler in Golde für Hin- und Herreise. Hiernach ist der jährliche Fonds
leicht zu berechnen.
§. 12.
Die Reisenden bleiben mit der Akademie in Verbindung, und
übersenden alle Jahre Arbeiten als Zeugnisse ihres
| 7 Fleisses und
ihrer Fortschritte. Für den Mahler wird bedingt, im 1.ten Jahre eine nakte nach dem Leben gemahlte Figur; im 2.ten die Copie nach einem Classischen Gemählde, im
3.ten ein Gemählde von eigner Erfindung von
wenigstens zwey Figuren, und im 4.ten ein
ähnliches von wenigstens drey Figuren. Die Grösse bey allen darf nicht
unterhalbleben seyn.
Für den Bildner: im 1.ten Jahre eine Büste in Marmor, Porträt oder eigene Erfindung, im
2.ten ein In lateinischer SchriftRelief in
Marmor, wenigstens von zwey Figuren, im 3.ten eine
Statue in Marmor nicht unter Halbleben (der Marmor wird dem Künstler nach
einer für immer zu bestimmenden Taxe vergütet)
Für den Architekten: im
1.ten Jahre drey ausgeführte Zeichnungen von
schönen architektonischen Theilen; im 2.ten die
Ausmessung irgend eines architektonischen Denkmales, im 3.ten die Risse eines Baues von eigner Erfindung mit
den Details der Construction, und der Zierden mit Kosten-Anschlag.
Nachdem die Reisezeit verflossen und das Geld zur Rükkreise erhalten,
treten die Pensionirten aus aller Pflichtung gegen die Akademie. Uebrigens
kann nur notorische Krankheit von den jährlichen Probearbeiten dispensiren,
sonst aber würde sogleich Suspension der Pension eintreten, wie dies auch
der Fall seyn würde, wenn etwa kundig würde, daß einer nicht selbst seine
Probe-Arbeit verfertigt habe, oder einer notorisch schlechten Aufführung
sich schuldig machte.
| 8
Die Arbeiten bleiben Eigenthum der Akademie, und auch diese trägt die
Unkosten des Pakkens und der Fracht.
Auf andere als Historien-Mahler,
Bildner und Architekten kann die akademische Pension nie ausgedehnt
werden.
§. 13.
Durch eine gute Unterrichts-Anstallt in der Hauptstadt, und durch
die Aufmunterung vermittelst Reise-Prämien an die vornehmsten Zöglinge
vollzieht der Staat alles, was man von ihm in Rükksicht der Erziehung des
Künstlers billig fordern kann. Aber es ist nicht genug Künstler zu erziehen;
der Staat muß auch nach Kräften besorgt seyn, daß nun der gebildete Künstler
auch Gelegenheit habe, seine erworbene Kenntnisse und seine Talente zu
entwikkeln. Dies kann aber nur durch Bestellungen und die Uebertragung
grösserer Arbeiten geschehen. Auch hier muß der Staat an der Spizze stehen,
und das Beyspiel von Aufmunterung geben, so wie er es in Hinsicht der
musikalischen und theatralischen Künste thut. Zwar nicht etwa durch
jährliche Gehalte und Titel; letztere achtet der wahre Künstler wenig, und
die erstern sind ihm keine Aufmunterung, sondern machen ihn nur träge.
Es könnte den Staat nicht beschweren, wenn er jährlich eine fixe Summe
von 6,000. Thalern in Golde hiezu bestimmte. Der Preis für ein Gemählde, und
für eine Bildhauer-Arbeit in Marmor, wäre gleich, nämlich 1000. Thaler, und
so könnten hiemit jährlich vier
| 9 Mahler und zwey Bildhauer
Beschäftigung erhalten.
§. 14.
An diesen jährlich vom Staate ausgesetzten Arbeiten hätten nur das
Recht Theil zu nehmen:
a.) die vaterländischen Künstler, welche Zöglinge
der Akademie waren, und wegen ihrer Verdienste und durch ein Präsentations-Stükk
als Mitglieder der Akademie aufgenommen wären.
b.) solche deutsche
Künstler, welche nach einer Niederlassung von drey Jahren in den preussischen
Staaten durch ihre Werke sich der Mitgliedschaft der Akademie würdig gezeigt
hätten, oder als Professoren an die Akademie berufen worden wären.
§. 15.
Die Gegenstände würde der Staat selbst bestimmen, oder der eignen
Wahl der Künstler überlassen.
Es müßte dafür eine Grösse bestimmt seyn,
unter der man nicht arbeiten dürfte. Im Falle aber eine Grösse und ein Umfang
bestimmt würde, was man um die angenommenen Preise nicht billig fordern könnte,
so würde der Staat ausserordentliche Zuschüsse machen. Auf keinen Fall dürfte
aber ein Künstler genöthiget werden, um einen so bestimmten Preis zu arbeiten,
sondern, wenn einer glauben sollte, anderswo bessere Preise zu erhalten, würde
dies, wie natürlich, seiner Willkühr überlassen. Alle solche Werke blieben zur
freyen Disposition des Staats.
| 10
§. 16.
In einem andern Verhältniß als Mahler und Bildner stehen die
Architekten zum Staate. Diese sind anstellig bey Hofe sowohl, als bey der
Regierung, so wie auch als Lehrer bey der Akademie; und in solchen Fällen
erhalten sie jährliche Gehalte. Indessen wäre doch für die Architekten, welche
der Mitgliedschaft der Akademie würdig befunden würden, eine Auszeichnung zu
wünschen. Diese bestände darinn:
erstlich, ohne weiteres Examen zu allen
Anstellungen in ihrem Fache fähig zu seyn, und
zweytens, das Recht zu
haben, bey allen bedeutenden Bauen, die der Staat führt, ihre Entwürfe und Risse
einsenden zu können, und dessen Plan genehmigt würde, würde eine den Umständen
gemässe ersehnliche Belohnung erhalten; gesetzt auch daß ein Anderer mit der
Ausführung beauftragt würde. Ein solcher Fall träte jetzt ein bey dem
Wiedererbau des Theaters.
§. 17.
Fixe Besoldungen bey der Akademie erhielten nur die Lehrer und
Professoren, und solche, welche bestimmte Geschäfte mit einem bedeutenden
Aufwande von Zeit bey derselben haben. Die Mitglieder als solche, haben nie
Anspruch auf Gehalte, und überhaupt würde hiezu nie ein Fonds vorhanden seyn.
Solche Fonds erzeugen nur Betteleyen von Seite der Halbkünstler, welche auf
keine Weise unterstützt werden müssen.
| 11
§. 18.
In dem bisher Gesagten, wird gewissermassen der Staat von Hof und
König getrennt. Der Staat muß in seinen Anordnungen und Einrichtungen
Gleichförmigkeit und Beständigung bezwekken. Ein Hof und König kann aber, wie
jeder andere Particulier, eigene Neigungen und Liebhabereyen in der Kunst haben.
Er mag der Historien-Malerey und Plastik, die Landschaft, Seestücke, Schlachten,
Architektur- und Jagdstükke u. s. w. vorziehen. Eben so mag ein Fürst seine
Lieblings-Mahler, seine Lieblingskünstler haben. Sehr mißverstanden würde es
seyn, einem Fürsten solche Neigungen übel zu deuten. Nur muß der einmal
festgesetzte Staats-Fonds der Akademie darunter nicht leiden, und zu jenen
Lieblingszwekken (Sache oder Person) verwandt werden. König und Hof handeln in
solchen Fällen für sich als In lateinischer SchriftParticuliers, und bezahlen
ihre besondern Liebhabereyen aus eignem Beutel.
§. 19.
Bey solchen Einrichtungen dürfen die untergeordneten Kunstzweige nie
einen Anspruch an die directe Unterstüzzung des Staats machen. Wenn
Historien-Mahlerey, Plastik und Architektur unter dem aufmunternden Schuzze des
Staats blühend erhalten werden, wird es nie an geschickten Leuten jener
untergeordneten Kunstzweige, welche Namen sie auch haben mögen, fehlen, so wie
es auch nie an geschikkten Bau-Handwerkern und ökonomischen Bauleuten gebrechen
wird. Die untergeordneten Zwei-
| 12ge in allen Künsten haben bey
geringerm Talent und geringerer Kenntniß immer leichtere Mühe zu ihrem
Fortkommen. Diese Ansichten hat man von jeher in allen Staaten gehabt, wo die
Kunst einen gewissen höhern Grad von In lateinischer SchriftCelebritaet
erstieg. Die höhere geistige Pflege hat das Eigene, daß sie mit Macht auf alles
Untergeordnete wirkt; aber das Untergeordnete wegen seiner nähern Nützlichkeit
auf Unkosten des höhern schüzzen, heißt nichts anders, als den Geist entfremden,
und einem Kranken-Spital verdorbener Kunstmänner die Thore öffnen.
§. 20.
Allein der Staat mag für sich die schönsten Strebungen haben, und die
Aufnahme der Kunst durch Unterricht, Aufmunterung und Ehrenbezeugung aufs
zwekkmässigste begünstigen; so vermag er doch nicht Alles. Die Kunst muß ins
Leben übergehen, und das Volk mit ihrem Zauber beseelen. Ein solches Gedeihen
ist aber in einem Staate wie der Preussische, schwer.
Die Hindernisse sind:
1.
lich
weil die Kunst in evangelischen Ländern von Seiten des religösen Cultus so
geringe Aufmunterung genießt; und die Geschichte älterer und neuerer Zeiten
lehrt, daß die Kunst hauptsächlich im Dienste der Religion zu jener wundervollen
Grösse empor stieg.
| 12
2.
tens
giebt es bey der grossen Vertheilung der Güther wenige, welche ein
Bedeutendes für die Kunst aufwenden können. Dazu kommt der kleinliche Luxus in
so viel andern Dingen, der, durch Gewohnheit gleichsam zum Bedürffniß geworden,
auch bey den reichern Classen so erschöpfend wirkt, daß selbst bey gutem Willen
und bey freundlicher Absicht für die Kunst wenig oder nichts zu ihrer
Beförderung übrig bleibt. Dann begnügt man sich nicht gern mit Wenigem; man
glaubt, um zu geniessen, müsse man gleich ein ganzes Haus mit Kunstwerken
überfüllen.
3.
tens
sind so viele herrliche Neigungen früherer Zeiten fast ganz verschwunden,
welche nicht blos bey Angesehenen und reichen Familien, sondern auch bey dem
bemittelten Bürgersmann und Handwerker vortheilhaft für den Sinn der Kunst
wirkten. Ich meyne jene freundlichen Ideen an Tod und Zukunft, worin sich die
Familien-Verhältnisse so schön aussprachen, indem sie das Andenken bey den
Nachkommen erhielten. Solche schöne Gebräuche waren im 15
ten
und 16
ten
Jahrhundert durch Deutschland allgemein, und noch sieht man in Kirchen auf
Begräbniß-Höfen älterer Städte wirklich herzerhebende Ueberreste von Denkmälern.
Der Bürgersmann, der Handwerker ließ von einem geschickten Künstler eine
Gedächtniß-Tafel mahlen, oder auch in Marmor oder Erz anfertigen, bey geringerm
Vermögen auch blos in
| 13 gebranntem Thon, oder Sandstein, oder in
bemaltem Holze. Eine solche Gedächtniß-Tafel, gemalt oder geschnitzt, enthielt
gewöhnlich einen religiösen Gegenstand aus der Bibel, oder der Legende der
Heiligen, und damit verbunden die Bildnisse der gesammten Familie, das Heilige
auf der Tafel knieend verehrend; denn religiös wollten sich die Familien
aussprechen, und so als Muster frommen Lebenswandels auf die Nachwelt kommen. Da
sieht man einerseits den Vater mit den Söhnen, andererseits die Mutter mit den
blühenden Töchtern bis zum Wiegen-Kinde. Eine kurze Innschrift unter der Tafel
nannte die Namen und das Geschäft der Familie. Eine solche Tafel hieng man zum
Andenken und zur Zierde an der Wand der Kirche auf, wo man eingepfarrt war, oder
in einem hiezu bestimmten heiligen Gebäude des Begräbnißhofes. Die
Gedächtnißtafel war im Schutz des Heiligen der Aufsicht der Gemeinde und der
Geistlichkeit als ein zu erhaltendes Kleinod anvertraut. Reichern Familien,
nicht zufrieden blos eine Tafel zu weihen, bauten zugleich besondere Kapellen,
und darunter gewölbte Grüfte, theils verbunden mit den Kirchen, oder in dem
Umring des Plazzes, der eine Kirche umgab, theils um den Begräbnißhof selbst. So
fand auch die Baukunst Beschäftigung, und da manche Familie es hierinn an Pracht
nicht fehlen ließ, eine schöne und mannigfache Ausbildung. Dazu traten die
bildenden Künste,
| 14 Statuen, In lateinischer SchriftReliefs,
Büsten, Porträte, und gemahlte Tafeln, die das Fromme und Geschichtliche der
Familie darstellten, zierten das Innere zur Verherrlichung dessen, was die
Architektur für sich schon Edles darinn angebracht hatte. Es schien, als wenn
kein Denkmal gehörig geheiligt wäre, als im Bunde mit der Religion, so wie die
Frömmigkeit wieder das Zarte des Sinnes schärfte und weckte für das heilige
Gedächtniß der Familien-Glieder.
Diese freundlichen Sitten, die der Kunst
so vortheilhaft waren, haben sich verlohren, oder sich nur zum Theil, und in
sehr untergeordnetem Zustande, wovon unsere offenen Begräbnißhöfe eben nicht
sehr freundliche Beyspiele sind, erhalten.
§. 21.
Aber bey diesen veränderten Ansichten, Sitten und Umständen unserer
Zeiten, sollten nicht noch andere Hülfsquellen zur Ermunterung der Kunst sich
ausmitteln lassen? - ja sollte es nicht möglich seyn, allmählig den Geist auf
manches Schöne veralteter Gebräuche zurükk zu führen? - Zwingen läßt sich der
Zeitgeist nicht, aber anregen, und wenn die Edlergesinnten zu einem Streben
zusammen treten, und darinn Beharrlichkeit zeigen, so kann ein schöner Erfolg
nicht leicht entstehen.
Eine Gesellschaft von gebildeten Freunden der
Kunst, wie wir solche Vereine nach ähnlichem Maasstabe in England und anderswo
sehen, würde mit geringen Opfern
| 15 der Einzelnen viel Ersprießliches
bewirken können. Mehrere Wohldenkende haben mit mir dieselbe Gesinnung, und so
wage ich es, hier einen Entwurf zur Organisirung einer solchen Gesellschaft
vorzulegen.
Ein solcher Verein muß aber stark und streng organisirt seyn.
Von keiner Seite darf Willkühr einwirken. Ganz sich dem Gesezz hingeben, und nur
in dem Gesezze handeln ist das erste Erforderniß eines solchen Vereins, wenn er
heilwirkend bestehen, und erfreuliche Früchte bringen soll. Auch muß man nicht
verzweifeln, und gleich wegwerfend urtheilen, wenn bey dem Anbeginn der Erfolg
nicht gleich glänzend wäre. Die Kunst ist eine zarte Pflanze, die nur allmählig
in einem herben Boden Wurzel faßt, und zu jenem Baume heran wächst, in dessen
Schatten man sich gerne niederläßt.
§. 22.
Wir haben in dem Vorstehenden angegeben, wie wir eine Kunst-Akademie
organisirt wünschten, und hauptsächlich auf dasjenige aufmerksam gemacht, was
vom Staate aus zur Unterstüzzung der Zöglinge auf Reisen, und zur Ermunterung
gebildeter Künstler, welche die Ehre der Mitgliedschaft der Akademie erlangt
haben, geschehen sollte. Dies ward hauptsächlich auch deswegen gesagt, um die
Ansicht aufzustellen, nach welchen ein Verein von Kunstfreunden hinwirken müßte,
wenn er seinen Zwekk nicht ver-
| 16fehlen sollte. Ein solcher muß sich
gleichsam dem Streben der Kunst-Akademie anschliessen, und nach denselben
Grundsäzzen der Beförderung und die Blüthe der Kunst erstreben. Der Nuzzen davon
ist vielseitig. Dadurch erhält der Staat bey seinem Wirken nicht nur eine
kräftige Stüzze, sondern derselbe wird auch desto aufmerksamer, sein Ziel nach
den festgesetzten Einrichtungen zu verfolgen, indem er in der Gesellschaft der
Kunstfreunde aufmerksame Beobachter seiner In lateinischer SchriftMaximen und
seines Handelns findet.
Der Verein, welcher nur in Beziehung auf die
Kunst-Akademie handelt, kann nicht umhin, ein anhaltender Zeuge dessen zu seyn,
was bey derselben vorgeht, um allda einzuschreiten, und zu befördern, wo der
Staat mit seinen beschränkten Mitteln nicht ausreichen kann.
Auch auf den
zwekkmässigern Unterricht hat der Verein seinen Einfluß, indem nur solche
Zöglinge, die er unterstüzzen will, auf die Liste der Candidaten kommen können,
welche den Erfordernissen in Hinsicht ihrer theoretischen und praktischen
Studien genügen. Tritt also in irgend einem Fache ein bey den Lehrlingen
bemerkbarer Mangel des Unterrichts ein; so wird es bald ausgemittelt, ob er von
Unzulänglichkeit der Lehre, oder der Methode, oder der Lehrer herrühre. Durch
dies unpartheiische Beobachten des Ganges der Studien wird die Behörde
aufmerksam auf das Ganze des Unterrichts, und wachsam,
| 17 daß weder
Untaugliche zu Lehrstellen gelangen, noch daß Versäumung und ein unbeholfner
Schlendrian eintritt. Die Lebendigkeit des Unterrichts erfordert Strenge sowohl
in Hinsicht der Lehrer als der Schüler; und nichts ist unverantwortlicher, als
wenn der junge Mensch nach Jahren von Unterricht, sich in seinen Studien, wie in
seinen Anlagen getäuscht sieht. Man darf nie vergessen, daß es bey keinem Fache,
wie bey der Kunst, so viel auf gründlichen Unterricht, so wie auf gute Anlagen
und beharrlichen Fleiß ankommt.
§. 23.
Nach diesem langen Vorworte schreitet der Kunstfreund zu dem Entwurf
der Gesezze, welche er zur Errichtung und Aufrechthaltung eines Vereins
kunstliebender Männer zwekkdienlich glaubt.
Da der Beytrag ganz aus freyem
Gemüth hervorgehen soll, und kein Motiv zu der Theilnahme lokket, als das, die
Kunst ganz uneigennüzzig zu befördern; so müssen diese Gesezze auch um so
bestimmter und strenge seyn. Wer in seiner Brust den edlen Hang zu einer solchen
Theilnahme nicht fühlt, für den ist dieser Entwurf nicht geschrieben.
| 18
In lateinischer SchriftEntwurf
zur In lateinischer SchriftOrganisirung einer Gesellschaft patriotisch
Gesinnter, zur Belebung der Kunst
in den Preussischen Staaten.
___________________________
§. 1.
Unter dem Namen: In lateinischer SchriftDilettanten bildet sich ein
Verein kunstliebender Männer, deren Zwekk es ist, die Aufnahme der Kunst in dem
Vaterlande zu befördern. (Von dieser Theilnahme sind auch Frauen nicht
ausgeschlossen) imgleichen könnten auch moralische Personen, Städte und
Gemeinden der Gesellschaft als Mitglieder beytreten.
§. 2.
Diese Aufnahme suchen die In lateinischer SchriftDilettanten auf zwey
Weisen zu bewirken: erstlich durch Unterstüzzung fähiger Zöglinge auf Reisen,
die ihre Bidlung auf der vaterländischen Kunst-Akademie empfangen haben, und
zweytens durch Bestellung von Arbeiten an die schon gebildeten Künstler.
§. 3.
Anspruch auf die Unterstüzzung zum Reisen können in der Regel nur die
Zöglinge haben, die als geborene Preussen auf der vaterländischen Akademie
gebildet sind, und unter diesen nur solche, welche sich eines der drey
| 19 höhern Kunstfächer befleissigen, das ist, die sich zu
Historien-Mahlern, oder Bildnern, oder Architekten ausbilden wollen.
§. 4.
Von einem solchen Anspruche also werden ein für allemal ausgeschlossen:
a.) alle Mahler, die sich blos mit Porträt, Miniatur, Thier, Landschaft,
See, Architektur, und Dekorations-Mahlerey beschäftigen;
b.) die Mosaiker
und Sticker;
c.) die blossen Zeichner, Kupferstecher und Holzschneider;
d.) die Verzierungs-Bildhauer, Gemmen- und Stempel-Schneider;
e.)
solche, die sich blos mit ökonomischen und Wasser-Bauen beschäftigen.
Diese
untergeordnete Kunstbetriebe können bey der Gesellschaft nie in Vorschlag
gebracht werden.
§. 5.
Ausser den fähigen eingebornen Kunst-Zöglingen können ferner in Vorschlag
kommen Andere aus den über der Zeiledeutschen Bundeslanden, die
durch drey Jahre ihre letzte Ausbildung auf der vaterländischen Akademie
empfangen haben: doch nur dann, wenn keine fähigen Einländer vorhanden sind.
Diese haben in der Regel den Vorzug.
§. 6.
Jene vaterländische oder jene in den Bundes-Staaten geborne Deutsche auf
unserer Akademie gebildete Zög-
| 20linge müssen, um auf die
Candidaten-Liste für die Reise-Prämien zu kommen, Beweise ihres Talentes und
ihrer Geschikklichkeit in folgenden Theilen abgelegt haben:
Der Mahler:
a.) in der Architektur-Zeichnung, in der Schattenlehre und Perspective,
b.) in der Anatomie und in der Lehre der Verhältnisse,
c.) in der
Zeichnung nach den Antiken,
d.) im Zeichnen und Mahlen nach dem lebendigen
Modell,
e.) im Copiren irgend eines classischen Gemähldes,
f.) er muß
in einem von der Akademie aufgegebenen historischen In lateinischer SchriftConcursstükk mitgearbeitet haben.
Der Bildner:
die Fächer a.
und b. wie der Mahler;
c.) im Modelliren nach den Antiken,
d.) im
Modelliren nach der Natur, sowohl nackte als Gewand-Figuren
e.) und solche
theils in runden Figuren, theils im In lateinischer SchriftRelief,
f.) er
muß im In lateinischer SchriftConcurs um den grossen Preis mitgearbeitet
haben.
Der Architekt:
Die Fächer a. und b. wie der Mahler und Bildner.
c.) in der Lehre der Construction, der Verhältnisse und Verzierungen, nach
den Grundsäzzen der Alten,
d.) in der Lehre der Gebäude,
| 21
e.) in der Zeichnung eines Baues von eigner Erfindung, zugleich mit den
besondern Zeichnungen dazu, wie sie die Bauhandwerker bedürfen, und einem
genauen Anschlage der Bau-Kosten;
f.) er muß um den grossen Preis bey der
Akademie mitgearbeitet haben.
Ferner muß der Candidat sich einer Prüfung
unterzogen haben:
a.) in der Mithologie [!] und der Völkergeschichte,
b.) in der alten und neuern Kunst-Geschichte,
c.) durch einen in der
Muttersprache verfertigten Aufsatz zeigen, daß er eine gebildete Erziehung
erhalten hat.
d.) für den Architekten sind die Zeugnisse insbesondere
nöthig, daß er in der Geometrie und höhern Rechenkunst erfahren ist.
Ferner
muß der Candidat beybringen:
a.) seinen Taufschein, und
b.) ausser dem
Zeugniß der erforderlichen Studien zugleich dasjenige seines sittlichen
Wohlverhaltens. Ferner muß der Candidat in einem Alter seyn, wo die Liebe zum
Lernen und weiter-Fortschreiten noch lebendig ist, das heißt, nicht über 24.
höchstens 25. Jahre.
§. 7.
Nur der Zögling der obgenannten Bedingungen Genüge thut, kann auf die Liste
der Candidaten für das
| 22 Reise-Prämium kommen. Aus dieser Liste wird
dann die Gesellschaft den - oder diejenigen bestimmen, welche das Reise-Prämium
erhalten sollen. Dieses besteht in einer jährlichen Summe von 500. Thalern in
Golde, und wird dem Mahler auf 4. dem Bildner auf 3. und dem Architekten
gleichfalls auf 3. Jahre ertheilt. Darüber erhält jeder noch 500.
Thaler in Golde als Reisegeld, nämlich 250. Thaler zur
Hin- und 250. Thaler zur Rükkreise. Auf eine grössere Summe, und auf eine
Verlängerung der Zeit darf in der Gesellschaft nie ein Antrag geschehen.
§. 8.
Die Bedingungen für die auf Reisen begriffenen Zöglinge sind:
Erstlich
für den Mahler:
im 1.
ten
Jahre (welches drey Monathe nach seiner Abreise anfängt) eine nackte nach
dem Leben gemahlte Figur;
im zweyten, eine Copie nach einem classischen
Gemählde,
im 3.
ten
ein Gemählde von eigner Erfindung und wenigstens von zwey Figuren;
im
4.
ten
ein Gleiches von wenigstens drey Figuren.
Die Figuren dürfen nie
unter Halbleben, und müssen Farbig und in Oel gemalt seyn.
Zweytens für den
Bildner:
im 1.
ten
Jahre eine Büste in Marmor, Porträt oder eigene Erfindung;
| 23
im 2.
ten
Jahre, eine Copie in Marmor nach einem antiken In lateinischer SchriftRelief von wenigstens zwey Figuren;
im 3.
ten
eine In lateinischer SchriftStatue in Marmor nicht unter Halbleben von
eigner Erfindung. (Der Marmor wird dem Künstler nach einer für immer zu
bestimmenden Taxe vergütet)
Drittens für den Architekten:
im 1.
ten
Jahre drey vollendete Zeichnungen verschiedener architektonischer
VerzierungsTheile nach alten Denkmälern;
im 2.
ten
die Ausmessung irgend eines alten Gebäudes mit den nöthigen Angaben des
Materials, und der Construction sowohl in Zeichnung, als durch Beschreibung;
im 3.
ten
die Erfindung eines Gebäudes mit allen erforderlichen Rissen, und
perspectivischer Ansicht, zugleich mit den Zeichnungen, wie dieselben für die
Bau-Handwerker nöthig sind, und dem Anschlage der Unkosten nach bestimmten
Annahmen der Preise der verschiedenen Materiale, und des Handlohns.
§. 9.
Von solchen Arbeiten kann kein Zögling dispensirt werden. Nur notorische
Krankheit kann hievon eine Ausnahme machen. Sonst würde
| 24 sogleich
Beschlag auf die Auszahlung der Gelder verfügt werden. Eben so würde der Zögling
der Unterstüzzung verlustig gehen, wenn notorisch schlechte Aufführung einträte,
oder ein solcher sogar als schuldig in Criminal-Fälle verwikkelt würde; ferner,
wenn erwiesen wäre, daß ein solcher nicht selbst, sondern ein Anderer an seiner
Stelle die übersandten Arbeiten verfertigt habe.
Die übersandten Arbeiten
der Zöglinge gehören der Gesellschaft als Eigenthum; werden aber nicht
veräussert, sondern sie bleiben aufbewahrt als Denkmäler des Fleisses und
Talentes der jungen Männer, auch damit die Gesellschaft einen Maasstaab haben
möge, das allmählige Fortschreiten in der Kunst überhaupt zu beurtheilen. Die
auferlegten Probearbeiten müssen die Zöglinge nothwendig am Ablauf jeden Jahres
an den Commissionär abgeliefert haben.
Das Pakken und die Fracht geht auf
Unkosten der Gesellschaft.
Die Pension wird von dem bestimmten Wechsler
vierteljährig im Voraus gezahlt, und nach Ablauf der Reisezeit wird dem Künstler
sogleich das Geld zur Rükkreise eingehändigt.
Hiemit hören die Verhältnisse
zwischen der Gesellschaft und dem Zöglinge auf, und jene kann an diesen
| 25 nie andere Ansprüche machen und umgekehrt. - Auch ist der in
Pension stehende, ausser den bedungenen Probe-Arbeiten, in seinen übrigen
Verhältnissen ganz unabhängig, und selbst zu keiner Correspondenz, als der über
seinen Aufenthaltsort, verpflichtet, obwohl es die Gesellschaft gerne sehen
wird, wenn einer über wichtige Gegenstände der Kunst mit ihr correspondiren
will.
§. 10.
Die zweyte Art, wodurch die Gesellschaft die Kunst in dem Vaterlande zu
begünstigen sucht, ist die, an bereits gebildete Künstler Arbeiten zu bestellen.
Es kann aber hiezu nicht jeder in Vorschlag gebracht werden, sondern nur solche,
bey welchen sich folgende Bedingungen erfüllt finden.
Erstlich müssen die
Vorzuschlagenden entweder Historien-Maler, oder Bildner seyn.
(Auf die
gebildeten Architekten kann die Gesellschaft, da sie als solche keine Baue
führt, in der Regel keine Rükksicht nehmen. Uebrigens ist der Architekt
derjenige Künstler, welcher am leichtesten in Staatsverhältnisse tritt, und
durch Besoldungen gleich andern Beamten unterstützt wird)
Zweytens müssen
sie in der Regel geborne Preussen, und auf der vaterländischen Akademie gebildet
seyn.
| 26
Drittens müssen sie zu Mitgliedern der Akademie aufgenommen seyn, und zwar
in gehöriger Form, das heißt: sie müssen nicht blos als Mitglieder im
Verzeichnisse der Akademie stehen, sondern auf ein wirkliches
Präsentationsstükk, was zu diesem Zwekk einige Zeit in der Akademie öffentlich
ausgestellt war.
Viertens können auch andere Künstler aus den deutschen
Bundes-Landen, und zwar auch solche, die nicht an der vaterländischen Akademie
gebildet sind, auf Bestellung Anspruch bey der Gesellschaft haben.
a.) wenn
sie ihre Taufscheine einsenden,
b.) drey Jahre in unsern Staaten gelebt
haben, und
c.) auf ein Präsentations-Stükk zur Mitgliedschaft der Akademie
würdig befunden worden sind.
Ohne diese Bedingungen kann in der
Gesellschaft nie ein Vorschlag zu Bestellung von Arbeiten eingebracht
werden.
§. 11.
Die Aufgaben für die Mahler werden zu drey Arten ertheilt: kleinere,
mittlere und grössere. Die kleinern haben das Maaß von 3. zu 2. Fuß, und
erhalten den Preiß von 500. Thalern in Golde; die mittlern die Grösse von 4.½.
zu 3.½. Fuß, mit dem Werthe von 750. Thalern in Golde; die grössern von 6.½. zu
5.½. Fuß, wofür der Preis von 1,000. Thalern in Golde.
Drey ähnlich
verschiedene Preise sind auch für die Bild-
| 27ner bestimmt, nämlich
500. Thaler für eine Büste, 750. Thaler für ein In lateinischer SchriftRelief,
und 1,000. Thaler für eine Statue.
Ein Viertel des Preises erhält der
Künstler bey der Bestellung; das zweyte Viertel, wenn das Gemählde untermalt,
oder der Marmor In lateinischer Schriftabbozzirt ist; und die andere Hälfte
bey Ablieferung des Gemähldes oder des Marmor-Bildes.
Die Gegenstände
werden entweder selbst von der Gesellschaft aufgegeben, oder der Wahl des
Künstlers überlassen; doch muß derselbe den Gegenstand im Voraus bey der
Gesellschaft anzeigen. Ferner muß sich der Künstler verbindlich machen, das
bestellte Werk in Jahresfrist abzuliefern. Wo Kosten des Pakkens und der Fracht
nöthig sind, trägt diese die Gesellschaft, denn in der Regel macht die Residenz
des Künstlers keinen Unterschied, obwohl die Gesellschaft besondere Rükksicht
auf die im Staate Anwesenden nehmen wird.
§. 12.
Die so verfertigten Arbeiten können als Eigenthum der Gesellschaft entweder
aufbewahrt, oder verschenkt oder veräussert werden; im letztern Falle wird das
Kunstwerk geschätzt, und die Mitglieder des Vereins haben den Verkauf um den
höchst gebothnen Preis. Solche Gelder treten wie-
| 28der in den
Allgemeinen Fonds für die festgesetzten Zwekke der Gesellschaft.
§. 13.
Um den Fonds für die angegebnen Zwekke zusammen zu bringen werden Actien
gemacht: jede Actie zu 25. Thalern in Golde jährlich. Sehr zwekkmässig würde es
seyn, die Actie auf 30. Thaler in Gold zu sezzen; aber so, daß Fünf Thaler
hievon für einen bleibenden Fonds gesammelt würden. Zu diesem Fonds könnte man
auch die Gelder schlagen, die aus dem Erlöß der Kunstwerke eingiengen; ferner
alle Arten von Geschenken, und Stiftungen, die der Gesellschaft von
Wohlgesinnten zukommen könnten.
Erst wenn der gesammelte Fonds 10,000.
Thaler betrüge, könnte man die Hälfte der jährlichen Zinsen davon zur
Unterstüzzung verwenden, die andere Hälfte würde aber zur Vermehrung des Fonds
dienen, bis wieder auf die Summe von 10,000. Thalern.
§. 14.
Die Theilnehmer können sich zu einer oder mehreren Aktien verbindlich
machen.
§. 15.
Ein jeder Theilnehmer für eine oder mehrere Actien verbindet sich auf drey
Jahre.
§. 16.
Jede Aktie wird sogleich bey dem Eintritt in die Gesellschaft bezahlt, und
so alle Jahre dieselbe immer wieder In lateinischer Schriftpraenu-
| 29merando entrichtet.
§. 17.
Alle Beschlüsse der Gesellschaft werden durch das In lateinischer SchriftVotiren
In lateinischer Schriftper majora genommen. Jede Aktie hat dabey eine Stimme,
und also so viele Actien so viele Stimmen.
§. 18.
Alles Berathen und jede Beschlußnahme geschiehet in einer dazu vorher
bestimmten Versammlung. Nur die dabey Anwesenden haben Stimme. Die Stimme kann
nie einem andern übertragen werden; und die nicht Anwesenden begeben sich aller
Einwendungen gegen die Beschlüsse der Gesellschaft.
§. 19.
Das Austreten aus der Gesellschaft kann nur nach drey Jahren geschehen; man
muß aber dies ein Vierteljahr zuvor der Gesellschaft schriftlich angezeigt
haben; sonst bleibt man wieder auf die nächsten drey Jahre gebunden. Derselbe
Fall ist für den, der mehrere Aktien hat, aber sich für die Folge für wenigere
verbindlich machen möchte. Das natürliche Austreten geschieht durch Absterben,
oder notorische Unfähigkeit den fernern Beytrag zu leisten.
§. 20.
Niemand von unbescholtnem bürgerlichen Rufe kann von der Theilnahme und
Mitgliedschaft ausgeschlossen werden, so wie von den Rechten, welche eine oder
mehrere Aktien geben. Selbst Frauen können daran Theil nehmen; doch werden sie
von den Versamm-
| 30lungen dispensirt. In demselben Falle würden
moralische Personen seyn.
§. 21.
Um die Gesellschaft zu constituiren und in Thätigkeit zu sezzen sind 100.
Aktien nöthig. Sobald diese durch Subscription beysammen sind, treten die
Aktionäre zusammen und machen aus ihrer Mitte die Wahlen zur Leitung der
Geschäfte.
§. 22.
Hiezu sind nöthig:
1.) der Meister,
2.) der Untermeister,
3.) der Schatzmeister,
4.) der Schreiber,
5.) zwey Gehülfen des
Schazzmeisters, und
6.) ein Gehülfe des Schreibers.
§. 23.
Der Meister übernimmt die Pflicht der Gesammtleitung, hält den Vorsitz bey
den Versammlungen, trägt die Arbeiten und Beschlüsse vor, oder trägt dies unter
seinem Vorsitz einem andern auf. Er unterzeichnet jede Art von Beschlüssen, und
die Vollmacht zu Zahlleistungen über 50. Thaler. Er eröffnet alle an die
Gesellschaft eingehenden Papiere und unterschreibt die Antworten.
§. 24.
Der Untermeister ist dem Meister als Gehülfe zugegeben, und tritt bey
Hinderungen in alle Rechte und Verpflichtungen des Meisters ein.
| 30
§. 25.
Der Schazzmeister hat die Verpflichtung alle Gelder zu gehöriger Zeit in
Empfang zu nehmen, und die Zahlungen nach den Stipulationen der Gesellschaft zu
leisten. Kleinere nicht im Voraus zu bestimmende Zahlungen unter 50. Thalern,
leistet er auf seine Verantwortung. Er hat das Recht mit Zuziehung seiner
Gehülfen die säumigen Zahler zu mahnen, ja selbst, was Rechtens ist, zu
verfügen. Er legt jährlich Rechnung über Empfang, Oeconomisirung und Verwendung
der Gelder. Die Gehülfen mit dem Meister oder Untermeister haben das Recht der
Visitation der Casse.
§. 26.
Der Schreiber übernimmt das Protokoll bey den Versammlungen; er bearbeitet
die Berichte, und führt die Correspondenz, doch bey jeder wichtigern Sache durch
Mittheilung an den Meister oder dessen Stellvertreter. Er hält das Archiv in
Ordnung, so wie die Verzeichnisse über die der Gesellschaft gehörigen
Kunstwerke. Er besorgt zugleich alle zum Drukke bestimmten Aufsäzze. Der Gehülfe
ist dem Schreiber zur Hand, und übernimmt bey Hinderungen dessen Geschäft
ganz.
§. 27.
Die Beamten bleiben durch drey Jahre in ihrer Verrichtung. Nach dieser Zeit
geschehen neue Wahlen. Die Austretenden sind wieder wählbar.
| 32
§. 28.
Ist die Gesellschaft constituirt durch die Wahl der Beamten, beginnen die
Berathungen und Beschlüsse über die zunächst liegenden Verfolgungen des
Zwekkes.
§. 29.
Neue Aktionäre können dann nicht mehr willkührlich hinzutreten, sondern die
Vorgeschlagnen werden ballottirt, und durch Mehrheit der Beytritt bewilligt,
oder verweigert. Es muß eine Ehre seyn, Mitglied der Gesellschaft zu heissen,
daher kann kein unbedingtes Zutreten statt finden.
§. 30.
Der neu Hinzutretende zahlt bey der Aufnahme die Aktie oder Aktien, wozu er
sich verbindet, sogleich für das laufende Geschäfts-Jahr, sey es auch, daß es
bald abgelaufen sey; tritt aber sogleich auch in alle Rechte der
Gesellschaft.
§. 31.
Die Gesezze mit der Liste der Mitglieder wird gedruckt und jedem ein
Exemplar zugefertigt. Dies geschieht alle drey Jahre mit Eintragung der neuen
Mitglieder, der neuen Beamten, und der etwanigen Zusäzze und Veränderungen,
welche die Verfassung erheischte.
§. 32.
In Rükksicht des Lokals, theils zu den Versammlungen, theils zur
Aufbewahrung der Kunstwerke, würde der Verein sich an das Ministerium wenden,
das der
| 33 Kunst-Akademie und den gelehrten Instituten vorsteht, bis
die Folge vielleicht ein eignes Lokal ausmitteln liesse.
§. 33.
In lateinischer SchriftPetitionen, seyen sie von Künstlern oder Andern,
werden nie angenommen. Das Recht Vorschläge zu thun kommt allein den Mitgliedern
zu, und zwar in den Versammlungen selbst, weil sich die Gesellschaft nie in
lange Correspondenz einlassen kann.
Auch dürfen die Mitglieder blos mit
Berükksichtigung der Gesezze ihre Vorschläge machen; und damit hierüber streng
gehalten werde, muß das Mitglied, das einen gesezzwidrigen Vorschlag macht, oder
einen nicht qualificirten Candidaten vorschlägt, der Strafe von einer jährlichen
Aktie unterliegen.
§. 34.
Da bis jetzt bey der Akademie die Einrichtungen in Hinsicht des Unterrichts
der Zöglinge, und der Mitglieder nicht so sind, wie die Gesellschaft nach dem
Entwurff ihrer Gesezze es wünschen muß, und doch bald eine würdige Wahl sowohl
für Bestellungen an tüchtige Künstler, als zur Unterstüzzung fähiger Zöglinge zu
treffen seyn möchte; so würde man sich vorläufig an die Ober-Behörde der
Akademie wenden, und ein Verzeichniß fordern: erstlich von denjenigen
vaterländischen Künstlern (hier oder auswärts wohnend)
| 34 welchen nach
den In lateinischer SchriftStatuta Arbeiten übertragen werden könnten;
zweytens von denjenigen Zöglingen, welche die nöthigen elementarischen
Kenntnisse und Fertigkeiten besässen, um mit Erfolg auswärts studiren zu können.
Wären jetzt von letztern keine Fähigen vorhanden, so dürfte zu erwarten seyn,
daß schon die Aussicht, ein solches Reise-Prämium von der Gesellschaft zu
erhalten, ein grosser Sporn seyn würde, um sich allmählig zu In lateinischer Schrifthabilitiren. Nur darf die Gesellschaft nie antragen, halb erzogene und
nicht hinreichend unterrichtete Zöglinge in Schuzz zu nehmen, weil das Reisen
den Mangel an elementarischem Unterrichte nie ersetzt, und so die jungen Leute
im Fortschreiten zur höheren Ausbildung dadurch immer gelähmt bleiben. Lieber
keinen, als einen nicht hinreichend unterrichteten Zögling unterstüzzen. Dies
muß immer Haupt-Grundsazz des Vereins seyn.
§. 35.
Ein jedes Mitglied unterschreibt die Gesezze, oder in dessen Namen ein
Stellvertreter, und begiebt sich dadurch aller Einwendungen, auch selbst wenn
gerichtliches Verfahren eintreten sollte.
§. 36.
Die Gesezze werden zur Bekräftigung der Staatsbehörde vorgelegt, um ihnen
volle Gültigkeit zu geben.
Gegeben In lateinischer SchriftBerlin den [ ]ten
Die In lateinischer SchriftDilettanten