Berlin den 6 ten May 1805.
Mein verehrtester Herr Geheime Rath!Die Gelegenheit, Ihnen zu schreiben, bietet sich nur selten dar. Mit desto
größerm Vergnügen ergreiffe ich die Gegenwärtige, wo ich mir die Freyheit nehme,
Ihnen Ruppert, Nr. 1972.
[Schließen]ein Exemplar von dem 1
ten
Hefte meines Bilderbuches zu übersenden. Nehmen Sie es auf, als einen Beweis der nie unterbrochenen Fortdauer
meiner Anhänglichkeit und Liebe zu Ihnen. Niemand kennet den Zustand unseres
heutigen Kunststudiums beßer als Sie. Sie sind der einzige, der nie ermüdet,
demselben Eingang und Aufnahme in unserm getrennten, und bedrängten Vaterlande
zu verschaffen. Mit ungleichen Kräften habe ich denselben Zweck, und dieß ist
die Ursache, daß ich dieses Bilderbuch unternahm. - Ich gebe dieses erste Heft
als eine Probe, um zu hören, in wie fern es dem vorgesetzten Zwecke entsprechen
möchte. Sind die beßern Köpfe, denen ein Urtheil in dieser Materie zukommt,
einiger Maßen mit der Ausführung zufrieden, und findet das Buch eine
hinlängliche Abnahme, um den Künstler nicht muthlos zu machen, Geplant waren neben den später einzig noch
ausgeführten Beschreibungen der „Untergötter und Genien [Dämonen]“
[Berlin und Leipzig 1816] die „Mythen der Heroen, Theils nach Stämmen,
Theils nach Epochen und Völkern abgetheilt. Auf die mythologischen
Gegenstände“ sollten „die Klassen der Wettkämpfe und Spiele; die
religiösen Verrichtungen, Opfer, Todtenfeiern, und dergleichen“ folgen.
„Auf diese endlich folgen Bildnisse berühmter Personen und historische
Monumente überhaupt: 1) der Griechischen Völkerschaften; 2) der Römer;
3) der fremden Völker, welche Gegenstände der bildenden Kunst für die
Griechen und Römer waren: als die Ägypter, Äthiopier, Perser, Parther,
Phrygier, Scythen, Thracier, Gallier, Germanen, Dacier, Sarmaten“
(Bilderbuch, Heft 1, Einleitung, S. XII).
[Schließen]
so werde ich die Arbeit fortsezen
: wo nicht, so bleibt es bey diesem Versuche. - Doch auch dann, wenn man
die Arbeit nicht ganz unzweckmäßig fände, wünschte ich aufrichtig Belehrungen
und Winke, wie manches in den folgenden Heften beßer behandelt werden
| 2 könnte; nemlich in so fern meine Kräfte, und die Umstände der Sache es
zulaßen dürften. Eine Rezension erschien in der JALZ, 2. Jg.,
1805, Bd. 3, Nr. 204, den 27. August 1805, Sp. 393-397. Sie ist mit
W.K.F. (= Weimarer Kunstfreunde) unterschrieben und stammt von J. H.
Meyer. Darin wird das Compendium „als zweckmässig zum Unterricht
angelegentlichst“ empfohlen. „Je vortheilhafter wir aber vom Werth und
Nutzen des Ganzen denken, desto sorgfältiger haben wir auch das Einzelne
geprüft, und finden uns, zur Beförderung der guten Sache, an unserem
Theil verpflichtet, dem würdigen Vf. über verschiedene Stellen seines
Textes Bemerkungen mitzutheilen, gegen welche er, falls sie ihm
ungegründet scheinen sollten, in den versprochenen Beylagen zu künftigen
Heften des Bilderbuchs seine jetzt gehegten Meinungen in Schutz nehmen
mag.“ Nach der detaillierten Kritik an der Bewertung einzelner
Kunstwerke durch Hirt, steht am Schluss das Resümee: „Wir äussern aber
gern noch einmal, dass uns Hn. Hs. Bilderbuch im Ganzen ein sehr
nützliches Unternehmen dünkt, und dass wir mit vielem Vergnügen der
baldigen Erscheinung neuer Hefte desselben entgegensehen. Die wohl
überlegte, des Vf. weitläuftige Bekanntschaft mit alten Denkmälern
beurkundende Auswahl der auf den Kupfertafeln und Vignetten abgebildeten
Monumente, gehört mit zu den guten Eigenschaften des Werks; und der
Künstler, Hr. Erdmann Hummel, hat seine schon bekannte Kunstfertigkeit
an den festgezeichneten Umrissen aufs neue bewährt. Druck und Papier des
Bilderbuchs sind ebenfalls einer rühmlichen Anzeige werth“ (Sp. 394;
397).
[Schließen]Eine Hauptstimme hierüber erwarte ich von den weimarischen Kunst Freunden
zu hören.
Von den Vor allem in den „Mythologischen Briefen“ (2
Bde., 1794).
[Schließen]fruchtbaren Ansichten, die uns H. Voß über die Mythologie, besonders auch in Beziehung der
Bildenden Kunst gegeben hat, werde ich in mdem 2
ten
Hefte sprechen. Die Einleitung soll sich hauptsächlich damit beschäftigen.
Sie besizen nun diesen trefflichen Mann seit Jahren J. H. Voß lebte von 1802 bis 1805 als Privatier
in Jena. Sein Sohn Heinrich war von 1804 bis 1806 als Professor am
Wilhelm-Ernst-Gymnasium in Weimar tätig.
[Schließen]in Ihrer Nachbarschaft, um deßen Umgang, ich gestehe es, über der Zeileich
jeden beneiden möchte.
Zugleich bin ich so frey, Ihnen Von Hirt waren im Zeitraum 1801 bis Anfang 1805
folgende Aufsätze erschienen: "Über die Denkmäler der nordischen Völker"
(in: Sammlung der deutschen Abhandlungen welche in der Königlichen
Akademie der Wissenschaften zu Berlin vorgelesen worden in den Jahren
1798-1800 - Schöne Wissenschaften. Berlin 1803, S. 175-208), "Ueber die
Mahlerey bey den Alten. Erste Abhandlung" (in: ebd., S. 209-230); "Ueber
die Malerei der Alten. Dritte Abhandlung" (in: Sammlung der deutschen
Abhandlungen welche in der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu
Berlin vorgelesen worden in den Jahren 1801-1802 - Schöne
Wissenschaften. Berlin 1805, S. 155-170); "Ueber die verschiedenen
Mosaikarten bei den Alten" (in: ebd., S. 209-230); "Ueber den zweiten
Abschnitt des IV. Buches von Vitruv. An Herrn Kabinetsrath Rode in
Dessau" (in: Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten, die Baukunst
betreffend, Jg. 5, Bd. 1, 1803, S. 3-21); "Briefe an den Architekten -
Herrn H. C. Genelli" (in: ebd., Jg. 5, Bd. 2, 1804, S. 3-27);
"Fortsetzung der Briefe an den Architekten, Herrn H. C. Genelli" (in:
ebd., Jg. 6, Bd. 1, 1805, S. 3-22).
[Schließen]einige einzelne Aufsäze, die theils für die Akademie der
Wißenschaften, theils für das Baujournal geschrieben sind, zu übersenden.
Mit
“Die
Baukunst nach den Grundsätzen der Alten“ erschien Berlin
1809.
[Schließen]meinen
architektonischen Arbeiten
bin ich immer noch nicht so weit, um damit
vor über der Zeiledem Publikum zu erscheinen. Indeßen hoffe ich
diesen Sommer weit fort zu rücken. Ich bin iezt an der 4
ten
Überarbeitung.
Ich bin sehr neugierig auf Ihre neuesten Produkte. Noch sind keine Exemplare davon in Berlin. Commission habe ich bereits darauf ertheilt.
Mit Bedauern habe ich von Zelter gehört,
Am 2. April 1805 schreibt Zelter an Goethe: „Ich
hoffe daß Sie vollkommen genesen sind. Ihre Krankheit hat durchaus eine
eigene Sensation gemacht und alles freut sich Ihrer Genesung. Ich selbst
werde von meiner Angst nicht erlöst seyn bis ich Ihre Zeilen wieder
sehe.“ Goethe antwortet am 1. Juni 1805: „Seit der Zeit daß ich Ihnen
nicht geschrieben habe, sind mir wenig gute Tage geworden. Ich dachte
mich selbst zu verlieren, und verliere nun einen Freund [Schiller] und
in demselben die Hälfte meines Daseyns“ (Briefwechsel zwischen Goethe
und Zelter in den Jahren 1799 bis 1832. Hrsg. von Ludwig Geiger, Bd. 1,
Leipzig [1902], S. 131).
[Schließen]daß im vergangenen Winter Ihre Gesundheit auf's
neue
| 3 einige starke Anfälle erleiden mußte. Herzlich wünsche ich, daß Sie
sich uns noch lange erhalten.