Bei dem Bild handelt es sich sehr wahrscheinlich
um ein Familiengemälde von Empoli, das allerdings weder von Prinz Wilhelm noch für
das Museum angekauft wurde, da es 1827 unter den für eine Auktion
vorgesehenen Bildern Ingenheims aufgeführt ist. Das Gemälde gilt als
verschollen (vgl. Lost Art-Database). - In dem Beitrag "Gemäldesammlung des Grafen von
Ingenheim" im "Artistischen Notizenblatt" Nr. 7, April 1827, S.
26-28, gez. B.[öttiger],
heisst es dazu: "Von Empoli aus der Schule Leonardos ein großes
Familiengemälde auf Holz aus dem Hause der Mediceer, von zwei Knaben und
einem Mädchen, die der Schule entronnen zu seyn scheinen. Ein Knabe
spielt mit dem Hunde. Oben die Eltern, der Herzog und die Herzogin, und
ein Alter [recte: eine Alte] voll Ausdruck. Auch dieß Bild soll unter
den Hammer kommen" (hier S. 28). [Für diesen Hinweis danke ich Herrn
Robert Skwirblies sehr herzlich.] Zu der Ingenheimschen Kunstsammlung
heisst es in dem Beitrag: "Dresden [...] ist mehrere Monate im Besitz
eines seltenen Schatzes italienischer Gemälde gewesen, die der K. Pr.
wirkliche Geheime Rath, Graf von Ingenheim im letzten Sommer in seine
Wohnung in's Vitzthum'sche Palais von Berlin aus verpflanzte. Sie ist in
diesen Tagen in Kisten verpackt worden, und folgt ihrem Besitzer nach
Paris nach. Einige werden am 8. Mai dem Hammer des Auctionators
unterliegen; auch sie sind ein begehrenswürdiger Besitz für wahre
Kunstfreunde. Das vor mir liegende Verzeichniß führt uns 78 auserwählte
Stücke italienischer Meister vor, wozu noch 12 Gemälde aus der
altdeutschen und niederländischen Schule gekommen sind, eine bedeutende
Anzahl Landschaften und Portraits von noch lebenden Meistern
ungerechnet." (S. 26). Ingenheim selbst äußert sich zu seiner Sammlung:
"Da ich meine Sammlung auf drei verschiedenen Reisen in Italien machte,
welche ich in den Jahren 1816-17, dann wieder 1822 und 24 unternahm, so
besteht sie fast ausschließlich aus Gemälden der italienischen Schulen.
Mein Bestreben ging dahin, aus allen Epochen der christlichen Kunst
wenigstens einige würdige Repräsentanten zu besitzen. Denn nur so läßt
sich Kunstgeschichte studieren, und die allmälige Vervolkommnung der
Kunst erkennen. Daher erwarb ich Werke aus den ersten Zeiten der
Kunstentwicklung in Italien vom 13. Jahrhundert an, vorzüglich aber
richtete ich mein Augenmerk auf die 2te Epoche, welche zur höchsten
Stufe der Malerei den Weg bahnte, auf Bilder von Sandro Boticelli,
Philippino Lippi, Dom. Ghirlandaja, Perugino u.s.w. Einiges besitze ich
denn auch aus der Zeit Raphaels, da Vinci's und Tizians, so wie von der
Bolognesischen Schule. Doch habe ich auf letztere nur wenig Rücksicht
genommen, weil ich kein Freund des manirirten Styls bin, worin man so
sehr den Nachahmer entdeckt. Darum sank auch die Kunst so plötzlich, und
es waren vom 17. Jahrhundert an in Italien nur noch Spuren und schwache
Ueberreste einer vollendeten Vergangenheit anzutreffen. Bei Auffindung
jener Meister aus der alten Florentinischen Schule, in welcher meine
Sammlung die vollständigste ist, ist mir Hofrath Hirt, der mich bei meiner ersten
Reise nach Italien begleitete, und den Grund zu der Liebe legte, welche
ich zum Studium der Kunstgeschichte faßte, äußerst behülflich gewesen;
so wie derselbe mir auch zum Ankauf einiger vorzüglicher Bilder aus der
alt-italienischen Schule gerathen hat. Besonders verdanke ich seiner
Kennerschaft und seinem Scharfblick zwei Gemälde des Giotto, eines von
Dom. Ghirlandaja u.s.w., die jetzt schwerlich wieder in den Handel
kommen dürften, weil durch die wieder hergestellte Ordnung der Dinge in
Italien eine strenge Aufsicht hergestellt ist, welche den Klöstern und
Kirchen - wo allein noch Kunstschätze der Art zu erhalten wären - das
mindeste davon zu veräußern mit großer Verantwortlichkeit untersagt. -
Von der alten deutschen und niederländischen Schule hatte ich weder
Gelegenheit noch Lust Gemälde an mich zu bringen. Dem in den
Hesperidengärten des Südens verwöhnten Geschmack will die herbe Frucht
im Norden nicht recht zusagen. Doch sind eine Charitas von Lucas Kranach
und eine Heilige von Wohlgemuth, zwei Muttergottesbilder und die
Versuchung des heiligen Antonius, alle auf Holz, wenigstens als Belege
giltig." (S. 26-27). Abschließend äußert Böttiger in seiner Anzeige den
Wunsch: "Möchte ein Fürst, auf welchen noch etwas vom Geiste des
Mediceer überging, zu dem Entschlusse sich erheben können, die ganze
Sammlung seinem Kunstschatz einzuverleiben. Zwar würde sich ihr Besitzer
nur ungern von ihnen trennen, da sie seine Lieblinge geworden sind.
Allein er würde sich gewiß selbst freuen, sie in den Kunstsälen von
Berlin oder München aufgestellt zu sehn" (S. 28). - Graf von Ingenheim
hielt sich mit königlichem Auftrag von Dezember 1816 bis März 1818 und
erneut (mit längeren Unterbrechungen) von 1822 bis 1833 in Italien auf,
um neue Kunstwerke für das entstehende preußische Kunstmuseum zu
erwerben. Bis 1825 stand er in königlichem Dienst seines Halbbruders
Friedrich Wilhelm III.. Gleichzeitig baute er eine eigene Kunstsammlung
auf, die wohl "von Anfang an von den Anschauungen Hirts getragen war und in seinem
Sinne einen öffentlichen Charakter haben sollte. [...] Graf Ingenheim
stellte in seinem Palais Voss in Berlin mit Unterstützung von Aloys Hirt
Kunstwerke seiner Sammlung aus. [...] Teile davon wurden 1826 an das
Königliche Museum verkauft (u.a. 16 Antiken aus Marmor, 33 Terrakotten).
Graf von Ingenheim sammelte neben Antiken bevorzugt italienische
Renaissancemalerei, darunter Botticelli, Taddeo und Bernardo Gaddi,
Giovanni Bellini, Masolino da Panicale, Fra Angelico oder Filippino
Lippi. [...]1827 folgte eine öffentliche Ausstellung im Palais Vitzthum
in Dresden" (alle Angaben aus "Arachne"). - In seiner Schrift "Die Brautschau. Zeichnung auf einem
griechischen Gefäß. In einem Sendschreiben an Se. Excellenz den
Herrn Grafen von Ingenheim" (Berlin 1825) erwähnt Hirt einige
der neuesten Erwerbungen des Grafen: "Ueber Ihren neuen Erwerb,
besonders über die neu erstandenen Gemälde, welche nur der Kenner des
Kunsthistorischen so glücklich auszuspähen weiss, habe ich Ihnen
mündlich meine Meinung mitgetheilt. Ihr kleiner Pietro Perugino, Ihre
Predellen von Pier di Cosimo sind Perlen; und das Porträt des Marc
Antonio von der Hand des Giovanni da Udine eine Seltenheit, die mit
Ihrem schönen Giorgione auf eine Linie zu setzen ist" (S. 1). - Das
häufige Beisammensein Hirts mit dem Grafen von Ingenheim in Berlin wie
auch die altertumswissenschaftlichen Beschäftigungen belegen u.a. auch
zwei Briefe Ingenheims an
Böttiger aus dieser Zeit.
Am 11. November 1825 schickt der Graf "eine sehr scharfsinnige Schrifft,
Unseres gemeinsamen Freundes, des H: Hoff-Rath Hirt, über eine
alt-Griechische Vase [...], welche ich mit vielen andern Gefäßen aus
gebrannten Thon, von dem unerschöpflichen und klassischen Boden,
Groß-Griechenlands nach Berlin, versetzt habe. [= Die Brautschau] / Ich bin überzeugt
daß Sie Verehrter Herr Hoff-Rath, die geistreiche Abhandelung des in
diesem Fache, genugsam bewährten Verfaßers, nicht ohne Intereße lehsen
werden, doch bin ich begierig zu erfahren, ob Sie, bey Ihrer
unbeschreiblichen Gelehrsamkeit und allumfaßender Kenntniß, antiker
Monumente, mit Unserm Archäologen, über die vorliegende Vorstellung,
überall einer Meinung seyn werden? Sollte dies nicht der Fall seyn, so
würden Sie mich, und die gesammte deutsche Kunst-Welt gewiß ungemein
verbinden, wollten Sie Ihre Meinung darüber öffentlich bekannt machen.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, und eigener Bescherung so unzähliger
antiker Darstellungen, in Rom und Neapel, daß dieselben höchst
verschiedner Auslegungen fähig sind, nach Verschiedenheit des mythischen
Standpunktes, von welchen der Forscher ausgehet; und deshalb würde es
mich keines weges befremden, wenn Ihre Ansichten von denen, Unseres
gelehrten Freundes, hie und dort, abweichen sollten! / Was die getreue
Nachbildung der Zeichnung meines Gefäßes anlangt, so hatte, der
junge Maler Mila, dieselbe
sehr gut nachgeahmt, allein der Kupferstecher, hat in mancher der Köpfe,
verschiedne Charaktere hineingebracht, welche in dem Originale bey
weiten edeler sind. Doch ist das Ganze richtig, und im Allgemeinen auch
zu des H. Hirt und meiner Zufriedenheit ausgefallen! Derselbe hält noch
drey andere Gefäße meiner Sammlung, der Erklärung, werth, und ich hoffe
daß Wir auch diese späterhin erwarten dürfen, wo ich denn nicht
ermangeln werde, sie Ihnen ebenfals mitzutheilen" (GNM Nürnberg,
Historisches Archiv, Autographen: B, K 13, Ingenheim, Gustav Adolf Graf
von). - Am 23. November 1825 fährt Ingenheim fort: "Euer Hochwolgebohren
Sage ich den ganz ergebensten Dank, für Ihr gütiges Schreiben v. 17.ten: mit deßen Beilagen, die ich ganz Ihrer
Vorschrifft, gemäß, abgegeben habe. Ich kann Ihnen heute aber noch kein
Resultat Ihrer Erklärungen, abgeben, da es zwischen H. Hirt, und den
Profess. Böckh und Buttmann, noch zu keiner Unterredung
über den interessanten Gegenstand gekommen ist. Ich habe die drey Herren
zu mir eingeladen, und hoffe sie bald zusammen bey mir zu sehen [...]. /
Unser Hirt, wird sich nur wol schwehrlich von seiner ein Mal gefaßten
Meinung, abbringen laßen und sagte mir, er habe auch wohl an die
Jynse[???] gedacht, diese Erklärung meiner Vase, aber als unzulänglich,
verworfen, und mit allen Nebensachen zusammen paßend, die Mythe der
Ariadne und des Theseus, aufgefunden. / Mir soll es zum besondern
Vergnügen gereichen, wenn Ew. Hochwolgebohren, meine Vase ebenfals
herausgeben wollen. Ich weiß nur nicht wie es mit dem Kupferstich zu
machen ist? - da mir die Platte nicht gehört, und dieselbe nach
genauerer Besichtigung, auch so mittelmäßig ausgefallen ist, daß ein
Neuer Abdruck derselben, nicht eben wünschenswerth ist. Ich habe
nehmlich nur 200 Exemplare der Hirtschen Schrifft, für mich genommen,
und dafür einen gewißen Preiß dem Verleger, entrichtet. Wollten Sie,
Theuerster Herr Hoff-Rath, daher die Platte hier, zur Herausgabe Ihrer
Schrifft, benutzen, so würde man sie kaufen müßen, was eine kostbare
Sache seyn würde. [...] Hirt hat Ihre Ausdeutung zu sich genommen, und
wird gewiß etwas dagegen schreiben, u so wird sich der 2te Punische Krieg (denn der 1ste ist unfehlbar den Hyrodulen-Dirnen zu zu schreiben)
entwickeln. Bey dergl: Erörterungen kommt immer Viel Interessantes zur
Sprache, und wird auch der Lehser, von einer Scene zur Andern gewinkt,
ohne zu wißen welche Parthey er ergreifen soll, so ist es doch ein
Gewinn für die Archäologie. [...] / An Hirt habe Ich Ihre Grüße
ausgerichtet, er hatte Ihnen einen Brief schreiben, und mir zur Einlage
geben wollen, doch war der Meinige schon abgeschickt. Nun wird er Ihnen
aber gewiß schreiben. [...]" (ebd.).
[Schließen]Das Gemälde, welches
Graf von
In lateinischer SchriftIngenheim
für Ew. königlichen Hoheit anbietet, ist allerdings eines seiner Besten, und auch ich bin der Meinung, daß es
von der Hand des In lateinischer Schrift
Jacopo da Empoli
gemalt sey. Ferner ist die Summe von 100 In lateinischer SchriftLouisd'or, die der Verkäufer verlangt, nicht zu viel. Ich könnte also
Ew. königlichen Hoheit nicht anders, als zu dieser schönen In lateinischer SchriftAcquisation rathen.
Möglicherweise die Blattern gemeint. - Das
jüngste Kind von Prinz Wilhelm
war im Oktober 1825 geboren worden.
[Schließen]Die Kinderkrankheit war bis dahin sehr gutartig, und ich habe mich daher bey dem Arzt
erkundigen laßen, wann die Gefahr der Ansteckung vorüber seyn möchte. - Derselbe
hat aber die Sache noch auf vierzehn Tage hinausgesezt, weil die Gefahr bey dem
Abnehmen der Krankheit größer sey, als in ihrem Anfang.
Ihr Gehorsamster Hirt
den 16 April 1826.