Ich habe Ihnen schon längere Zeit Einiges als Antwort auf Brief erschlossen: [Von Wolf, zwischen 04.06. und
01.11.1821].
[Schließen]Ihre gefällige Zuschrift sagen wollen; aber Zerstreuungen mancherley Art wollten mich bis iezt
nicht dazu kommen laßen. Ich hatte eine Abhandlung zu schreiben, die ich heute in der Akademie vortragen muß. über der ZeileIch mußte mich etwas auf die Hirt hielt im Wintersemester 1821/22 an der
Universität eine öffentliche Vorlesung über die "Lehre von der
bildlichen Mythologie der Alten".
[Schließen]Collegien praeparieren, und dann giebt mir der Hier ist der 2. Band gemeint. Den ersten Band
hatte Hirt am 4. Juni 1821 an Wolf geschickt.
[Schließen]Druck meiner Geschichte
, der sich noch immer hinzieht, viel zu schaffen.
Heute nun ließ ich mir Ihren
Suetonius holen (da ich nur den Graevius habe), um die Stelle wegen In lateinischer Schrift
Curtius
nachzusehen, und ich freue mich zu sehen, Bei Wolf heisst es: "Man hat lange gestritten, in
welche Zeit er gehört [...]. Es fand sich ein Curtius in Taciti ann. 2,
20. Endlich fiel man darauf, dass der Name, vorn vor den Rhetoren,
welche dem Suetonius vorgesetzt sind, Q. Rufus Curtius, auf den unsrigen
ginge. Wenn es dieser ist, so hat Curtius vor dem Suetonius gelebt, und
muss bis in Claudius Zeiten gelebt haben. Dass er es sey, ist
wahrscheinlich; cf. Plinii ep. 7, 27., wo er als ein Rhetor erwähnt
wird, der unter August lebte. Ich halte ihn für den Urheber dieses
Werks, das recht gut in diese Zeit passt." (Fr. Aug. Wolf's Vorlesungen
über die Alterthumswissenschaft, herausgegeben von J. D. Gürtler,
Diaconus zu Goldberg, in Schlesien. Dritter Band. Leipzig 1832, S. 286).
[Schließen]daß Sie mit andern auch der Meinung sind: der genannte In lateinischer SchriftRhetor sey wohl mit dem Geschichtschreiber ein
und dieselbe Person. - Ich gestehe, daß, so groß auch die Opposition der Classe, und der
ganzen Akademie gegen mich war, Hirt las in der Gesamtsitzung der Akademie der
Wissenschaften am 11. März 1819 "Über das Leben des Geschichtschreibers
Q. Curtius Rufus" und gab in der Klassensitzung am 11. Mai 1819 einen
"Nachtrag zu seiner Abhandlung". Beides erschien gedruckt u.d.T.: Über das Leben des Geschichtsschreibers Q.
Curtius Rufus (Berlin: Nauck, 1820, 58 S.). Darin heisst es
u.a.: "Ich beginne damit: zu gestehen, dass ich unbedingt denen
beitrete, welche meinen, Curtius habe im Zeitalter des Augustus
geschrieben. Ja es scheint mir räthselhaft, wie eine lange Reihe der
gelehrtesten Männer die klaresten Andeutungen so wenig benutzt hat, eine
solche Meinung ausser allen Zweifel zu setzen" (S. 4). "[...] findet
sich in dem Verzeichnisse der berühmten Rhetoren bei Sueton der Namen
des Q. Curtius Rufus, welcher gerade in die Zeit fällt, welche wir
bisher dem Geschichtschreiber angeeignet haben. Denn bekanntlich hat
Sueton das Leben der berühmten Rhetoren nach der Zeitfolge abgehandelt;
aber nur der erste Theil dieser Leben ist auf uns gekommen, und unter
den mangelnden ist auch das von Curtius. In dem chronologischen
Verzeichnisse aber nimmt sein Namen gerade die Stelle ein nach den
Rhetoren L. Caestius Pius, und M. Porcius Latro, wovon der erste in das
31ste, und der zweite in das 40ste Jahr des Augustus gesetzt wird. [...]
Diese für unsern Historiker passende Zeit lässt annehmen, dass er, und
der bei Sueton verzeichnete Rhetor eine und dieselbe Person sey" (S.
13-14). In seinem "Nachtrag" fügt Hirt hinzu: "Mit vorstehender
Abhandlung waren verschiedene meiner gelehrten Freunde, die ich in
solchen Fächern des Wissenschaftlichen besonders hochschätze, nicht
zufrieden. Mündlich und schriftlich kamen mir Bemerkungen und
Einwendungen zu; und einer glaubte sich verpflichtet, in einem besondern
Aufsatz die Grundansichten, worauf sich meine Meinung stützet, zu
entkräften [= Buttmann], und
die Meinung derjenigen, welche glauben, dass Curtius im Zeitalter
Vespasian gelebt habe, zu vertheidigen. Dies that er mit aller jener
Lebendigkeit des Geistes, welchen allen seinen gelehrten Produkten eigen
ist. Das freundschaftliche Verhältniss, in welchem ich zu allen diesen
Männern stehe, und meine wahre Achtung für ihre Kenntnisse machen es mir
zu Pflicht, solche Einwürfe und Gründe unumwunden darzulegen" (S. 33).
"Jetzt noch ein Wort über meine fernern Ansichten. Das Vorgetragene, als
richtig angenommen, sehe ich keinen Widerspruch, unsern
Geschichtschreiber in dem Rhetor gleiches Namens wieder zu finden. Die
Zeit passt vollkommen, und in der Schreibart des Curtius zeiget sich die
Kunst des Rhetor's. / Dies leitet weiter: Curtius Rufus, den der jüngere
Plinius erwähnt, und dessen Tacitus so umständlich gedenkt, fällt in
dasselbe Alter; und kein Grund verbietet, dass er nicht eine und
dieselbe Person mit dem Historiker und Rhetor seyn sollte" (S. 56). - Im
Protokoll der Klassensitzung der Historisch-Philologischen Klasse vom
22. Februar 1820 heißt es: "Über eine die beiden streitenden
Abhandlungen von Hirt u Buttmann über den Curtius wird eine neue
Stimmung auf eine demnächst zu haltende Sitzung festgesetzt, bis H. Hirt
seine Abhandlung nochmals werde cirkuliren lassen / [gez.] Buttmann"
(Archiv der BBAW, PAW (1812-1945) II-V-142, Bl. 127).
[Schließen]ich nie einen Augenblick in meiner Ansicht wankte, und anstatt daß mich die Gegengründe überführen sollten, wunderte ich
mich vielmehr, daß so klare Ansichten nur spät auf Einige später einwirkten. Aber so geht's bey eingewurzelten Vorurtheilen,
und bey Grammatikern, bey denen ein vermeintlicher Buchstaben mehr gilt, als die
lebendige und innere Andeutung historischer Ereigniße. Noch ist mir kein
öffentliches Urtheil über Hirt: Über das Leben des Geschichtschreibers Q.
Curtius Rufus, sowie des Nachtrags (siehe oben).
[Schließen]die beiden Schriftchen
nicht zugekommen. Es scheint, Von Zumpt erschien später: Q. Curtii Rufi De
gestis Alexandri Magni regis Macedonum libri qui supersunt octo. Berlin:
Dümmler, 1826.
[Schließen]als wenn Zumpt etwas darüber
sagen wollte. Aber es will mich bedüncken, daß die Philologen fast den Muth verloren
hätten, sich in die Sache zu mischen. Ich sehe dies fast als einen Triumph an.
Denn mich haben ja die Philologen nicht zu schonen, da ich kein Philolog bin.
Mancher mag aber noch eine kleine Scheu vor meinem Philipp Karl Buttmann; vgl. dessen Abhandlung
"Über das Leben des Geschichtschreiber
Q. Curtius Rufus. In Beziehung auf A. Hirts Abhandlung über
denselben Gegenstand" (Berlin: Nauck, 1820). Darin heisst es
einleitend: "Mein Freund Hirt hat eine Abhandlung über den Curtius
drucken lassen. Ich bin derjenige unter den von ihm erwähnten
misbilligenden Freunden welcher seine Ausstellungen ausführlich und
schriftlich abgefasst zu seiner Kenntniss brachte, und gegen welchen
daher die Vertheidigung in der seiner Abhandlung angehängten Nachschrift
gerichtet ist. Hätte diese Vertheidigung mich befriedigt, so war es
vernunftgemäss dass es bei Hirts Schrift sein Bewenden hatte: da dies
aber nicht der Fall ist, so ist es eben so vernunftgemäss dass denselben
Richtern auch die Kritik vollständig vorgelegt werde welche Beklagter,
seinem Zweck gemäss, in der Vertheidigung nur auszugsweise anführt. /
Legte ich einen in Beziehung auf den eigentlichen Gegenstand, den
Curtius, so wenig erschöpfenden und warum sollte ich das nicht sagen, so
wenig gründlichen Aufsatz, ohne solche Veranlassung dem Publikum vor
Augen; so wäre ich sehr tadelhaft, und alle schwache Seiten meiner
Behandlung verdienten mit Rüge hervorgehoben zu werden. Itzt wird die
Schrift selbst durch ihre Entstehung entschuldigt. Hirt trug in einem
gelehrten Verein seine Abhandlung vor, und acht Tage darauf, weil gerade
nichts bessers da war, ich meinen tadelnden Aufsatz: die Bekantmachung
aber ist gerechtfertigt durch die Bekanntmachung der Abhandlung und ihre
Vertheidigung. Eben darum gebe ich denn auch den Aufsatz ganz wie er in
Inhalt und Form damals entstand. Aber eben deswegen muss das Publikum,
um ein richtiges Urtheil über das Verhältnis der vor ihm auftretenden
Personen zu haben, nun auch wissen, wie diese mit einander leben und
umgehn. Ich trage kein Bedenken zu sagen: auf eine Art die allgemein zu
empfehlen ist. Was Hirt von mir denkt, das mag er selbst sagen: hat's
auch wol schon. Mir ist er ein unschätzbarer Freund; nicht nur seines
Charakters wegen; und in Absicht des Wissens, nicht bloss wegen seiner
Einsichten in den mir fremden Fächern, sondern auch des Reichthums
wegen, den ich bei ihm selbst in solchen Gebieten der Gelehrsamkeit
finde, die ein wesentlicher Theil auch meines Studiums sein sollten.
Aber bei allem dem hat jeder von uns beiden in manchen Stücken auch
solche Ansichten und solche Formen sie vorzutragen, worüber der andre
manchmal aus der Haut fahren möchte. Das sagen wir uns denn auch. Und
wie? So dass ein Ungebildeter in das grösste Erstaunen gerathen würde.
Meistens jedoch ist es mit dem abgethan, was man in der Welt aufziehen
oder schrauben heisst. Und hievon mag etwas in diesen Aufsatz, wiewohl
er nicht eben in vertrautem Kreise, aber doch, wie schon berührt, nicht
in amtspflichtigen Verhältnissen, vorgetragen ward, gekommen sein. Und
das muss also ebenfalls bleiben; denn wer wollte sich löblicher Dinge
schämen. / Dass ich aber auch keine Zusätze und Erklärungen, wiewohl
dergleichen durch die Vertheidigung mehre veranlasst wären, mache, [...]
das geschieht des Publikums wegen. Die Erfahrung lehrt es in jedem
Streit, besonders in jedem gelehrten: jede Replik führt eine zweite nach
sich, die ihrer Natur nach wenigstens doppelt so gross ist als die
vorhergehende. Thut man sich Zwang an und sagt nur wenig, so stirbt die
Sache; sagt jeder alles, so stirbt der Leser. Also muss ganz abgebrochen
werden auch wo noch viel zu sagen wäre. Muss denn ich, muss denn Hirt
alles sagen, was über Curtius gedacht werden soll? Selbst in den
Litteraturzeitungen wird eine Grenze anerkannt; nur viermal hört in
jenem Gericht das Publikum über dieselbe Sache reden, wenn es will: im
Buch, in der Recension, in der Antikritik, in der Antwort. Der Recensent
behält Recht. Vorausgesetzt dass man unsre drei Vorträge in der Folge
lese in der sie sich auf einander beziehen, geht es hier weit billiger
zu. Ich lasse meinem Autor Recht. So viel er hat, nehmlich" (S.
3-5).
[Schließen]
Hauptopponenten
zu haben. Sey dem, wie es wolle,
| 2 so mag
doch mein Aufsatz einige beßere Ansichten über den armen
In lateinischer SchriftCurtius
verbreitet haben. Stolz kann mich ein solches Schriftchen -
besonders da ich es nicht meines Faches ist, nicht
machen; und ich wäre eben so geneigt, die Gegenmeinung anderer anzunehmen, als
die meinige zu behaupten, wenn irgend Gründe von Gehalt mir entgegengesezt
worden wären. Bloßes Ansehen von Personen kann nicht entscheiden. - Doch genug
für den, der Grammatisches und Historisches zu einander mit gleicher Sicherheit
zu würdigen versteht.
Daß Sie Zu Hirts Inschrift am Königlichen Schauspielhaus
vgl. An Wolf, 04.06.1821.
[Schließen]meine Inschrift
anhaltend in Schutz nehmen, freuet mich. - Sie war freilich nur das Kind
des Augenblickes, und ohne Ahnung, daß sie würde gewählt werden, besonders da
die Philologen eher ein Recht gehabt hätten, darüber befragt zu werden, und ich
selbst auch vorschlug, daß dies geschehen sollte. Das von Hirt bei der Inschrift gewählte
Stilmittel des Chiasmus lässt allerdings auf dessen gute Kenntnis des
Lateinischen schliessen.
[Schließen]Ich habe das Latein, außer in meinen Schuljahren, nie
geschrieben, und auch wenig Zeit und veranlaßung gehabt, in meinen späteren Jahren
reiflich reiflich über den inneren Bau und den
geschichtlichen Zusammenhang dieser Sprache nachzudenken. Nur desultorisch fiel
ich manchmal auf dies oder jenes. Ich habe also gar keine In lateinischer SchriftPraetension in solchen Dingen, obwohl es mich freuet, wenn ich
zufällig gerade das errathen habe, was dem Kenner nicht mißfällt, und vor dem
wahren Tribunal das Latein bestehen kann. - Plinius: Naturalis historiae XII § 94. - Der
Tempel auf dem Kapitol, der Jupiter, Juno und Minerva geweiht war,
brannte 69 n. Chr. ab und wurde in den ersten Regierungsjahren des
Vespasian wieder aufgebaut. Hirt kannte sicher die Inschrift an dem
Tempel, und die Ähnlichkeit der Ereignisse (Abbrennen eines Gebäudes und
Neuaufbau) hat ihn möglicherweise veranlasst, auf die Wendung "incendio
consumptum" zurückzugreifen.
[Schließen]Die Stelle bey Plinius
kannte ich. - An dem In lateinischer Schriftconsumpta anstatt In lateinischer Schriftconsumpta - bin ich
unschuldig, und scheint von dem späteren Redacteur der Inschrift herzukommen.
Denn obwohl in guten Schriftstellern (wenigstens in gedruckten), In lateinischer Schriftta und In lateinischer Schriftpta promiscue gelesen
wird; so war es doch von jeher meine weise
In lateinischer Schriftpta
zu schreiben. Entscheidend sehe ich Ihren Grund für In lateinischer Schrifta anstatt für In lateinischer Schriftum an. - Empfangen Sie den Dank
von
Ihrem
den 1 Nov. 21.