Es handelt sich um den Grabstein des Marcus Caelius, der 1820 im Königlichen Museum vaterländischer Altertümer in Bonn aufgestellt worden war, zu dessen Direktor der Hofrat Dorow von Hardenberg resp. dem preußischen König berufen worden war. Dazu schreibt Dorow in seiner Einleitung (siehe D): "Uebrigens glaube ich die anschauliche Darstellung der Abtheilung der römischen Monumente am Rhein nicht passender beschliessen, und zugleich die Betrachtung altgermanischer Monumente in Westfalen nicht schicklicher vorbereiten zu können, als durch Beschreibung und Abbildung eines Denkmals (Tab. XXI.), worauf der Römer Niederlage und Vertreibung aus Deutschland, durch deutschen Muth und Einigkeit, von Römern selbst geschrieben steht. Der Centurio Marcus Cälius mag uns zu den schauerlichen Höhlen und Opferaltären der Deutschen geleiten, an denen er selbst - ein Sühnopfer für eigenen Hochmuth und Unterdrückungsgeist - fiel. Er mag es uns von Neuem ins Gedächtniss bringen, dass seit jeher die fremden Legionen der grössten und mächtigsten Herrscher schmachvoll aus Deutschland fliehen, und ihre Adler, Trophäen und erpresste Schätze zurücklassen mussten. Und so werden wir durch die hehren Denkmäler der kraftvollen Vorfahren in der festen Ueberzeugung gestärkt, dass an deutscher Treue zu den angestammten Fürsten, und an kraftvoller Ausdauer, des Auslandes bösliches Beginnen stets gescheitert ist und scheitern wird! / geschrieben im Mai 1822." (S. XVI). - Den Grabstein selbst beschreibt Dorow ebd., S. 64-66.: "Tab. XXI. zeigt das für Deutschland wichtige und unschätzbare Monument, dessen ich in der Einleitung erwähnte; - den Grabstein des in der Herrmannsschlacht gebliebenen M. Cälius. Es ist, wie beinahe alle Bildwerke der Römer in Deutschland, aus Muschelkalk oder jüngerem Flötzkalk gearbeitet, und hat 4 Fuss 3 Zoll Höhe, 8 Fuss 4 ½ Zoll Breite und 11 ½ Zoll Dicke. Dieser Grabstein stand früher auf dem Hause Wissem und wurde von dem Eigenthümer, Freiherrn von Loe, dem Churfürsten Friedrich Wilhelm dem Grossen geschenkt, welcher ihn in das Schloss nach Kleve bringen liess. Hier blieb er bis 1667, ward dann vom Fürsten Moritz von Nassau zur Verzierung seines an Berg und Thal bei Kleve errrichteten Grabmahls gebraucht, woselbst er, jeder Witterung ausgesetzt, gelitten hat. Der würdige Präsident von Buggenhagen liess 1792 mit den übrigen Alterthümern auch diesen Stein im Schlosse von Kleve auf passende Art aufstellen. Der treffliche kunstliebende Mann, welcher uns in einem eigenen schon selten gewordenen Werke die Notizen über den Fundort der Klevischen Alterthümer, aufbewahrt hat, - starb; der von ihm gegründete sogenannte Antikensaal stürzte zusammen und bei dieser Gelegenheit ist auch unser Grabstein in zwei Stücke gebrochen. Im Jahr 1820 liess ich denselben mit allen in Kleve noch vorhandenen Alterthümern, - die Staatseigenthum sind, - in das Königliche Museum vaterländischer Alterthümer transportiren, wo er jetzt eine Hauptzierde desselben sein wird. / Der Grabstein zerfällt in zwei Abtheilungen; die obere zeigt uns das Bild des M. Cälius mit seinen zwei Freigelassenen, welche sich zu beiden Seiten, büstenartig, auf Postamenten befinden; die untere Abtheilung enthält die Inschrift. Das Ganze ist oben durch ein im edlen Baustil verziertes Frontispice begränzt, welches auf zwei Säulen ruht. // Die Inschrift des Denkmals lautet: / M. CAELIO T. F. LEM. BON. / O. LEGXIIX. ANN. LIII. S. / CIDIT. BELLO VARIANO OSSA. / NFERRE. LICEBIT. P. CAELIUS. TF / LEM. FRATER. FECIT. / Die holländischen und deutschen Antiquare, welche der Präsident v. Buggenhagen in Kleve, bei Erklärung dieses Steines zu Rathe zog, ergänzten das Fehlende zu Anfange der zweiten Zeile mit LTO (Legato), und lasen die Inschrift: / Marco Caelio, Titi filio, Lemovici bono, Legato Legionis duodevigesimae, annorum quinquaginta trium et semis. Cecidit bello Variano; ossa inferre licebit. Publius Caelius, Titi Filius, Lemovicis frater fecit. / Auf den Postamenten zur Rechten und Linken des Caelius würde zu lesen sein: / Marcus Caelius / Marci Libertus / Privatus. / - / Marcus Caelius / Marci Libertus / Thiaminus. / Die Lesung: Lemovici bono Legato - würde wohl auf jeden Fall zu verwerfen und das bono auf die Provinz Bononien zu beziehen sein, aus welcher die Familie des Caelius gestammt haben mag. / Alte und neue Philologen haben das O zu Anfange der zweiten Zeile für kein O wollen gelten lassen, sondern es für das Centurionen Zeichen [...] genommen, - dieses ist aber ein Irrthum, welcher aus flüchtiger Betrachtung oder Erklärsucht entstanden sein muss, indem ein O durchaus nicht zu verkennen ist. In dem Museum Veronense befindet sich CXXI. fig. 4. die Abbildung eines Centurio, welcher zwar stehend, jedoch in den Zierrathen // und in dem reichen Schmuck sehr viel Uebereinstimmendes mit demjenigen unsers Kriegers hat. / Der der hochverehrte Hofrath Hirt mir nicht allein über die Inschrift dieses merkwürdigen Denkmals seine Ansichten mittheilt, sondern auch über das Bildwerk selbst, so erwähne ich desselben nicht weiter, und lasse den desfalsigen Brief an mich hier folgen:" [Es folgt der hier vorliegende Hirt-Text].
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Das Denkmal
ist in mancher Beziehung merkwürdig. Die Architektur trägt den guten Stil des Augusteischen Zeitalters an sich, eben so die Sculptur, und die schöne Form der Buchstaben in der Inschrift. Ueber leztere sind die Philologen nicht ganz einig:

1. In lateinischer SchriftLEM. bezieht sich ohne Zweifel auf die In lateinischer Schrifttribus lemonia (Festus), zu welcher In lateinischer SchriftCaelius gehörte.

2. In lateinischer SchriftBON. O; bleibt zweifelhaft. wer liest In lateinischer SchriftBononia orto: wer In lateinischer Schriftbono viro: wer In lateinischer SchriftBono, und glaubt: daß es ein Beyname des In lateinischer SchriftCaelius seyn möchte; und daß vor dem In lateinischer SchriftO die Buchstaben In lateinischer SchriftP. P. Primipilo (Centurioni primi pili) gestanden haben könnten. Lezteres gewinnt einige Wahrscheinlich[keit] aus der Nachricht In lateinischer SchriftFrontin's (In lateinischer SchriftStrateg.[emata] 4, 7. §. 8.), wo ein In lateinischer SchriftCaelius primipilaris vorkommt, In lateinischer Schriftqui in Germania post Varianam cladem etc., welcher leicht unser In lateinischer SchriftCaelius hier seyn möchte. auch scheint es, daß die Stelle, welche In lateinischer SchriftCaelius bey der 18ten In lateinischer SchriftLegion hatte, nicht bloß durch den Rebstock (In lateinischer Schriftvitis) angedeutet, sondern auch durch das Wort ausgedrückt seyn müßte.

3. In lateinischer SchriftANN. LIII. S. muss das In lateinischer SchriftS. wohl In lateinischer Schriftsemis - gelesen werden.

4. (In lateinischer SchriftCE) CIDIT BELLO VARIANO: hieraus ersieht man: daß, wenngleich der von In lateinischer SchriftFrontin über der Zeileoben genannte In lateinischer SchriftCaelius (vorausgesezt, daß er mit dem unsrigen hier derselbe sey) die Niederlage des In lateinischer SchriftVarus selbst überlebte, er doch in der Folge dieses Krieges auch umkam. Wahrscheinlich rettete er anfänglich einen Theil | 2 der Truppen, und vertheidigte sich auf dem Rückzuge eine Zeit lang mit List und Muth gegen die Übermacht, aber ohne dem endlichen Schicksaal der andern zu entgehen. [Anmerkung: Bei der Wuth der Germanier gegen ihre Gefangenen gab Caldus Cälius, ein Mann von altem Geschlecht und seiner Ahnen durch seine Denkungsart werth, ein rühmliches Beispiel. Er faßte die Ketten, mit denen er gefesselt war, zusammen, und schlug sie mit solcher Heftigkeit gegen seinen Kopf, daß sogleich Blut und Hirn aus der Wunde hervordrang, und er den Geist augenblicklich aufgab. / Vellejus Paterkulus II. Buch CXXI. Kapitel. / Un jeune Romain d'un nom illustre, Caelius Caldus, voyant à quel sort il étoit reservé, étendit sa chaîne, et s'en donna un coup si violent dans la tête, qu'il se brisa le crane; la cervelle avec le saug coula par terre, et il expira sur-le-champ. / Hist. des Empereurs Romains par Crevier t. I. p. 451.]

5. In lateinischer SchriftOSSA (I)NFERRE LICEBIT - diese Worte befremden. Es scheint: daß damals als das Denkmal gemacht ward, die Gebeine des Erschlagenen noch nicht gefunden waren, aber daß man über ihre Auffindung und die ehrenvolle Beysetzung derselben nicht ohne Hoffnung war. Daher das In lateinischer SchriftLicebit.

6. In dem lezten Satz ist wohl das TF wieder T. F. In lateinischer SchriftTiti Filius, und das In lateinischer SchriftLEM. wieder In lateinischer SchriftLemonia zu lesen. So viel über die Inschrift.

Merkwürdiger als die Inschrift ist die Bildliche Vorstellung. In lateinischer SchriftCaelius hat eine sizende Stellung zwischen zwey Fußgestellen, worauf die Büsten zwey seiner Freygelaßenen gesezt sind, wovon der eine In lateinischer SchriftPrivatus und der andere In lateinischer SchriftThiaminus hieß, wahrscheinlich Begleiter des In lateinischer SchriftCaelius, und das Schicksaal ihres Herrn theilend.

Der In lateinischer SchriftCenturio Caelius selbst hält als Zeichen seiner Würde den Rebstock, und erscheint über der Zeileanderweitig mit so vielen Zeichen seiner Tapferkeit ausgeschmückt, wie man nicht leicht ein anderes Denkmal dieser über der ZeileArt finden wird. Man erblickt hier alle Gattungen von In lateinischer SchriftDecorationen, mit denen die Feldherrn die Tapfern zu schmücken pflegten. Er trägt den Eichenkranz: In lateinischer Schriftcorona civica - zugleich mit einer großen In lateinischer SchriftGemme über der Stirn. Um den Hals hat er den von Silber gedrehten Strick - In lateinischer Schrifttorques - über den Schultern, rechts und links, ragen die Löwenköpfe der Ehren-In lateinischer Schriftfibulae empor zur Befestigung des Kriegsmantels (In lateinischer Schriftsagum); zur Rechten und Linken | 3 des Halses hängen an besondern Schnüren die Ehrenarmbänder - In lateinischer SchriftArmillae - herunter, und dann sind über der Zeileglänzen auf dem Panzer an einem besondern Kreuzriemen fünf medaillenartige Köpfe, über der ZeileIn lateinischer SchriftPhalerae genannt, gleichfalls Zierden, welche die Brust der Tapfern schmückten (die Hauptstelle bei In lateinischer SchriftSilius 15, 255.). In der Mitte ist das Schreckenhaupt der In lateinischer SchriftGorgo kenntlich, nicht aber die beiden Köpfe rechts und links, welche im Monumente zu viel gelitten zu haben scheinen. Deutlich ist ferner das andere Schreckenbild, der Löwenkopf. - Ein mit so viel Zierden ausgeschmückter römischer Krieger dürfte sich auch in der besten Gesellschaft unserer Tage zeigen.

Noch ist das Merkwürdige unseres Denkmales nicht erschöpft. Von dem Kriegsmantel komt bloß ein Stückchen auf der linken Schulter und in der Hand zum Vorschein. Unter dem Panzer erscheint wie gewöhnlich am Oberarm das Ende des Ärmels über der Zeileder In lateinischer SchriftTunica, und so auch unter den Hüften der Saum derselben. Aber hier sieht man, daß unter der In lateinischer SchriftTunica der Mann noch ein anderes knapp anschließendes Kleid von dickem Zeuge trug. Dies zeigen die Ärmel, welche bis an das Handgelenke vorreichen, und mit einer Art Überschlag, vielleicht von anderer Farbe, versehen sind über der Zeilewaren . FerWahrscheinlich waren auch die Schenkel und Beine von ähnlichem Zeuge bekleidet. Diese Bekleidung mag sich auf den rauhern Himmelstrich beziehen, in welchem der Krieg geführt ward. Es ist indeßen nicht unbemerkt zu laßen, daß man bey der römischen Reiterey gewöhnlich Beinkleider bis auf die Hälfte der Waden herab bemerkt, wozu dann noch die Schnürstiefel kommen.

H.

den 14ten oct. 22.