Berlin den 26 Sept. 12.

Geliebter Freund!

Amor und Psyche liegen unter Schloß und Riegel in dem akademischen In lateinischer SchriftArchiv, bis der Druck der akademischen Schriften sie aus dem Gefängniß befreyt. So gebietet es Im neuen Akademiereglement vom 24. Januar 1812 heisst es dazu: „§ 44. Jede von einem Mitgliede in der Akademie vorgelesene Abhandlung gehört der Akademie, und wird bei dem Sekretariat derjenigen Klasse sogleich nach der Vorlesung niedergelegt, in deren wissenschaftliche Sphäre der Gegenstand der Abhandlung gehört. Der Verfasser kann sie der Bekanntmachung von Seiten der Akademie nicht entziehen. / Jede in die Auswahl [für den Druck] nicht aufgenommene Abhandlung gehört ihrem Verfasser mit vollem Eigenthumsrecht. / Nach Verfluss von fünf Jahren von der Erscheinung eines Bandes gehört jede darin abgedruckte Abhandlung wieder ihrem Verfasser, so dass er sie, wie und wo er will, ferner kann drucken lassen“ (zitiert nach: Abhandlungen der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Aus den Jahren 1812-1813. Berlin 1816, S. 11-12).
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die neue Einrichtung unseres gelehrten Vereins
. So gerne ich also Ihnen den Aufsaz mit den dazugehörigen Die 17 Figuren wurden von Ramberg gezeichnet.
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Zeichnungen
auch übersendete, und Ihre Bemerkungen darüber vernähme, so kann ich doch Ihrem Wunsche nicht willfahren. Indeßen will ich versuchen, eine kurze Inhaltsanzeige, so gut als ich es aus dem gedächtniße vermag, davon beyüber der Zeilezufügen, damit Sie sehen, wovon hier die Rede ist.

1) Der Eingang enthält die Veranlaßung des Aufsazes, nämlich In seinem Aufsatz kommt Hirt gleich anfangs auf die Reise im August 1809 zu sprechen, „als ich zu Dresden in Gesellschaft meiner Reisegefährten, Buttmann und Heindorf, und zugleich mit dem dortigen Freunde, Böttiger, das Museum der Antiken besuchte", und wo „zwei Statuen der Venus, der Sonderbarkeit ihrer Vorstellungen wegen“ seine Aufmerksamkeit erregten (a.a.O., S. 1).
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die lezte Dresdner Reise
, wo wir dort zusammen im Museo die beiden Venusbilder, das eine mit dem Priap, das andere mit Amor u. Psyche in augenschein nahmen. 2) Dann folgt die Angabe der Hauptmomente der Die Erzählung von „Amor und Psyche“ ist in die Romanhandlung der „Metamorphosen“ (auch: „Der goldene Esel“) eingebettet und füllt zwei der elf Bücher.
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Apuleischen Fabel
, 3) eine Recension der in jeder Kunstart hieher gehörigen Denkmäler; 4) aus der Zusammenreihung derselben gestalten sich die Hauptmomente eines In lateinischer SchriftMythus, ähnlich dem Als „Milesische Märchen“ wurden antike erotische Novellen bezeichnet, so auch die Erzählung von Apuleius; vgl. auch Christoph Martin Wieland: "Das Hexameron von Rosenhain“.
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Milesischen Mährchen
von Apuleius, aber von ernsthafterer Art; 5) verschiedene der angeführten Monumente erweisen entschieden, daß sie älter sind, als das Mährchen, eben so wie der Charakter des In lateinischer SchriftMythus selbst; 6) nähere vergleichung und Angabe deßen, was In lateinischer SchriftApuleius aus der Grundlage der frühern entnahm, was er hinzu dichtete, und wegließ; 7) Deutung des In lateinischer SchriftMythus: er gehörte zu den Mysterien der In lateinischer SchriftVenus u. des In lateinischer Schrift Amor : In seiner Abhandlung fasst Hirt am Schluss über die beiden Dresdner Venus-Statuen zusammen: „Von diesen Statuen stellet offenbar die eine die gemeine Venus vor: sie lehnt sich auf ihren Sohn, den Priap, der auch unter dem Gewande seine Macht, als Gott der Zeugung, nicht ganz bergen kann. - (No. 17.). Die andere Venus, welche mit Amor und Psyche gruppirt ist, müssen wir nach dem, was wir bisher auseinander setzten, billig für die Himmlische halten. Wenn daher andere Statuen der Venus uns über ihren bestimmten Charakter zweifelhaft lassen; so können wir hier auf zwei hinweisen, wovon die Deutung aufhört ungewiss zu seyn. Beide Figuren kommen aus der ehemaligen Sammlung Chigi in Rom; wahrscheinlich wurden die Urbilder davon ursprünglich für ein Heiligthum gearbeitet, wo die Mysterien des Amor und der Psyche gefeiert wurden“ (a.a.O., S. 17).
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Diese Gottheiten sind zweyfach, gemein und himmlisch
; In lateinischer SchriftPsyche in der Gewalt der Gemeinen ist die irrende, geplagte, verfolgte; im Schuze der Himmlischen die Glückliche als die Geliebte und in die höhern In lateinischer SchriftMysterien eingeweihte Braut des schönsten und hülfreichsten der Götter im Leben und nach dem Tode. – | 2

Doch was soll Ihnen dieses Gerippe vom Inhalt ohne die Ansicht der Zeichnungen und ohne die Verkettung der Beweise? – Nehmen Sie es als ein Zeugniß meiner Willfährigkeit auf. In Jahr und Tag hoffe ich Ihnen die Abhandlung gedruckt übersenden zu können.

Es ist schön, daß die Dresdner Künstler fortfahren, Die Berliner Kunstausstellung von 1812, die am 20. September eröffnet wurde.
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unsere Ausstellung
mit ihren Arbeiten zu bereichern. Man scheint indeßen “Herr Gerhard von Kügelgen, in Dresden, Mitglied der Akademie“ stellte drei Bilder aus: „83. Moses vor dem brennenden Busch. Gegenstück zu der Verkündigung, welche der Künstler vor zwei Jahren eingesandt hatte. Er hat sich hier den Anfang des alten, so wie bei der Verkündigung den des neuen Testaments gedacht, das Schauerlich-Magische des alten, im Gegensatz mit dem Freundlich-Klaren des neuen. – 84. Christus als Jüngling unter den Pharisäern, nach den Worten: 'Es kam ein Licht in die Finsterniß und sie sahen es nicht.' – 85. Andromeda am Felsen, als Symbol weiblicher Ergebung und Hingebung in den Willen eines höheren Schicksals“ (Börsch-Supan, 1971, Bd. 1, Ausstellung 1812, S.12-13).
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mit Kügelchen
weniger zufrieden zu seyn als das leztemal. Man glaubt, daß die biblischen Gegenstände von ältern Künstlern beßer erfaßt wären. Doch gefällt Andromeda, das kalte Colorit abgerechnet. Von „Hr. Professor Hartmann, in Dresden“ waren ausgestellt: „581. Mehrere Gemählde, unter Einer Nummer“ (Börsch-Supan, 1971, Bd. 1, Ausstellung 1812, S. 62).
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Hartmanns homerische Composition
komt den meisten zu unruhig vor und nicht streng genug in den charakteren, Zeichnung und Ausführung. Auch ich habe beßeres von dem Künstler gesehen. Von „George Kersting, in Dresden“ waren ausgestellt: „108. Porträt des Landschaftsmahlers Friedrich in Dresden. – 109. Porträt des Historienmahlers Matthäi, ebendaselbst. – 110. Eine Lampenbeleuchtung“ (Börsch-Supan, 1971, Bd. 1, Ausstellung 1812, S. 15).
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Kerstings Beleuchtungen und Haltung
gefallen allgemein; Strengere wünschen dem Künstler noch mehr Formstudium. Vgl. auch: An Böttiger, 05.10.1810. – Von Caspar David Friedrich waren ausgestellt: „582. Mehrere Landschaften, unter Einer Nummer“ (Börsch-Supan, 1971, Bd. 1, Ausstellung 1812, S. 62).
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Über Friedrich bleiben die Stimmen noch immer getheilt.
Man findet indeßen Vermutlich "Morgen im Riesengebirge", Öl auf Lw., Querformat 108 x 170 cm; von Friedrich Wilhelm III. 1812 für sein Königliches Palais Unter den Linden erworben; heute: Staatliche Museen PK, Alte Nationalgalerie, Inv.-Nr. NG 10/85 (vgl. Wikipedia).
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die Idee seines Morgennebels
schön; aber weniger die Ausführung. Mir gefällt besonders Das 1811 entstandene Gemälde, später als "Gartenterrasse" oder "Schlossterrasse" bezeichnet, war bereits im März 1812 auf der Dresdner Akademieausstellung gezeigt worden, bevor es im Herbst 1812 auf der Berliner Akademieausstellung ausgestellt war und dort vom preußischen Königshaus erworben wurde. Es befand sich bis 1843 im Prinzessinnenpalais Unter den Linden (vgl. Wikipedia).
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die heitere Gegend
: der Mittelgrund ist allerliebst: weniger scheint die Ferne und der Horizont gelungen und die Bäume im Vorgrunde verrathen zu wenig Studium in dieser Partie.

ÜberIm Ausstellungskatalog von 1812 ist vermerkt: „Herr Vicedirektor und Hofbildhauer G. Schadow. / 266. Apotheose der Königin Luise von Preussen. Großes Relief in gebranntem Thon. Die architektonische Einfassung in Holz ist vom Herrn Tischlermeister Kords, nach der Zeichnung des geheimen Oberbauassessors Herrn Schinkel. Das Ganze ist bestimmt zu einem Denkmale in dem Hause des königlichen Salzfaktors Herrn Pilegaard bei Frankfurth an der Oder. / Neben der Erdenkugel, über welcher der Todesengel schwebt und bey dem Namen Hohenzieritz seine Fackel ausgelöscht hat, sitzen trauernd Borussia und Brennus. Über dieselbe schwingt sich, von Glauben, himmlischer Liebe, Hoffnung und Treue begleitet, die Gestalt der verklärten Königin empor, die oberhalb in den himmlischen Wohnungen von Engeln empfangen und begrüßt wird. / Anmerkung: Da zum Beßten der hiesigen Luisenstiftung von diesem Denkmal ein von Herrn Buchhorn anzufertigender Kupferstich auf Subscripzion und Pränumerazion herausgegeben werden soll; so können diejenigen, welche darauf subscribiren oder pränumeriren wollen, die nähere Anzeige bei der Kasse in Augenschein nehmen, wo auch eine genauere gedruckte Beschreibung und Erläuterung des Denkmals, ebenfalls zum Beßten der Luisenstiftung, verkauft wird“ (Börsch-Supan, 1971, Bd. 1, Ausstellung 1812, S. 28-29). Zu Schadows Tonrelief vgl. auch: Hans Mackowsky: Die Bildwerke Gottfried Schadows. Berlin 1952, S. 202-204.
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Schadow's große Basrelief
in terra cotta hat Levezow einen kurzen Aufsaz geschrieben. Er wird Ihnen denselben mit nächster Gelegenheit zusenden.

Mit vergnügen ersehe ich, daß Sie sich mit der Seit etwa 1811 beschäftigte sich Böttiger mit dem Verfassen eines deutschen Kommentars zu der berühmten Lambergschen Vasensammlung, die von Graf Alexandre Laborde in Paris in einem prächtigen Kupferwerk herausgegeben werden sollte (Collection des vases grecs de Mr. le comte de Lamberg expliquée et publ. par Alexandre de La Borde. 2 Bde., Paris: Didot, 1813-1824). Eine Anzeige seines Vorhabens erschien in Böttiger „Ideen zur Archäologie der Malerei. Erster Theil. Nach Maasgabe der Wintervorlesungen im Iahre 1811 entworfen.“ Dresden: Walther, 1811, S. XXIIIf. – Von August bis September 1811 unternahm Böttiger eine Reise nach Wien und besuchte Graf Lamberg mehrfach; am 20. Dezember 1811 überschickte der Graf Zeichnungen der Vasen an Böttiger. Letztendlich konnte Böttiger sein Vorhaben nicht vollenden. In seinem Nachlass ist eine Materialsammlung überliefert u.d.T.: „Handschriftliche Nachrichten uber die vormalige Lambergische, nun Kaiserl. Königliche Vasensammlung nebst Briefen vom Grafen Lamberg, Abate Mazzola und Grafen LaBorde“ (SLUB Dresden, Mscr.Dresd. h 37, Verm 4°, Nr. 17m). (Nach: Briefwechsel Böttiger-Heyne, Nr. 285 zu 98; Nr. 288 zu 13 – dort auch Näheres zu dem Unternehmen).
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Herausgabe der Lambertischen [!] Sammlung
beschäftigen. Sie verdient es, und Ihre Erklärungen werden uns etwas Intereßantes geben. Ich freue mich im voraus darauf.

Ich bleibe fortdaurend wie an meinen Schreibetisch genagelt. Gern hätte ich mich diesen Sommer durch eine Reise in dortige Gegenden erholt. Aber das Feilen an der Geschichte der Architektur läßt mich nicht los.

Wie immer aufrichtig der Ihrige Hirt.