Gnädigster Herr!

Ew. Königliche Hoheit werden schon aus dem Einbande ersehen, daß die Schrift, welche der Verfaßer hiemit an Sie zu übersenden sich die Freyheit nimmt, nicht eine alltägliche ist, sondern mehr als gewöhnliche Ansprüche machet. Es gilt hier die Baukunst, wie sie webte und leibte bey den alten blinden Heiden - doch hievon die Jüden ausgenommen. Vorerst komt nur der erste Band; in zwey bis drey Monaten folgt der zweyte.

Ew. Königliche Hoheit sind zwar ein großer Gönner des Byzantinischen und Gothischen, oder Salva venia altdeutschen; - und wohl weiß ich, daß ich mehr Gnade vor Ihren Augen gefunden haben würde, hätte ich Ihnen die Geschichte der christlichen Kirchen und der Raubschlößer des Mittelalters vorgelegt, anstatt der Tempel und Im 1. Band seiner "Geschichte der Baukunst bei den Alten" beschreibt Hirt im Kapitel "Von dem Bau der Grabdenkmäler bei den Aegyptern" auch die beiden altägyptischen Kolossalstatuen im Niltal unweit des Tals der Könige, die auch Memnonkolosse genannt wurden: "Wir können uns nicht von den westlichen Denkmälern von Thebae entfernen, ohne von der berühmten Statue Memnons, und überhaupt von Memnonien gesprochen zu haben. / Strabo (7, p. 816.) setzt die eigentliche Stadt von Thebae an das östliche oder arabische Ufer, an die westliche oder libysche Seite aber das Memnonium. Allda sah er zwei sitzende Colossen; der eine war ganz erhalten und aus Einem Stein, von dem andern war nur die untere Hälfte vorhanden, die obere Hälfte aber herabgeworfen. Diese verstümmelte Statue war es, die bei Sonnenaufgang einen Klang von sich gab, welchen Strabo selbst gehört zu haben vorgiebt. / Mehrere andere Alte sprechen ebenfalls von diesem Klangbilde als gebrochen, und in solchem Zustande sah es Pausanias (1, 42.) noch. [...] Allein woher in Aegypten der griechische Namen Memnon und Memnonium: welchen Namen Strabo (I. c.), man weiss nicht, ob dem ganzen Theile der Stadt auf der libyschen Seite, oder aber bloss diesem Memnonischen Denkmale giebt? - wobei man aber eine andere Stelle des Strabo (17, p. 813.) nicht übersehen darf, wo er auf mehrere Memnonia in Thebae anzuspielen scheint. [...] Dass aber die Memnonische Klangstatue mit dem Nachbarcolossen in einem Gebäude, entweder wie die des Osymanduas in dem ersten Vorhofe oder gleich den Colossen zu Luxor, vor den Flügeln aufgestellt war, lassen die zwar geringen, aber weit ausgedehnten Bauüberreste um die beiden Colossen her nicht bezweifeln. Selbst Strabo scheint durch den Namen Memnonium nicht bloss auf eine Statue, sondern auf einen Bau, worin die Statue sich befand, anzuspielen. [...] Aber noch bestimmter drückt sich Plinius (I. c.) aus, angebend: dass die Klangstatue des Memnon in dem Tempel des Serapis zu Thebae gestanden habe. Serapis war aber derselbe Gott, der zu Abydus unter dem Namen des Osiris sein Heiligthum hatte. / Mehrere unter den Neuern haben Forschungen über Memnon und die Memnonia angestellt, wie man in der neuesten und vorzüglichsten Schrift von Jacobs, die diesen Gegenstand behandelt, nachsehen kann. - Nach meiner Ansicht war Memnonium ein Gemeinnamen für jede Art von Prachtdenkmal, wie der Namen Mausoleum. Hiezu mag ein heldenhafter König, wie der für Troja kämpfende Sohn der Aurora, den Namen gegeben haben. Memnon war der schönste und berühmteste unter den morgenländischen Heroen in dem Mythus der Griechen, und als diese später durch Reisen in Aegypten und in andern Theilen des Perserreiches ansehnliche Prachtdenkmäler fanden, so bezeichneten sie dieselben unter dem Namen des morgenländischen Heroen. Man nannte solche Baue Memnonia, wie man die Denkmäler des Augustus und des Hadrian in Rom Mausolea nannte, von dem Denkmale des Königs Mausôlus in Halicarnass. Auf diese Weise geschah es, dass der Mythus des Memnon in dem Munde der Geschichtsschreiber und Mythographen sich immer mehr erweiterte. Fand der reisende Grieche in Aegypten ein Palast- oder Tempelartiges Grabdenkmal irgend eines berühmten Königs, dessen Namen ihm nicht näher kund wurde, so war es ihm ein Memnonium, und der darin aufgestellte König ein Memnon. Vorzugsweise erhielt diese Ehre bei den Griechen das Denkmal und die Klangstatue des Königes Phamenoph" (S. 68-70).
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Memnonien
der Ägypter. Aber eigensinnig, wie die Alterthumsforscher sind, wollen sie nur von Griechen und Römern hören, wenn von Kunst die Rede ist, und dabey haben sie die | 2 Raserey, alle Welt zu ihren Ansichten belehren zu wollen. Diese Forderung ist zwar von den antikisirenden Schriftstellern eine starke Prätension; aber Ew. Königliche Hoheit sind schon so gnädig, mit den wunderlichen Ideen dieser Art Herrn einige Nachsicht zu haben. - Ich habe indeßen meinem zwar nicht dicken, aber etwas breiten Buche den Weg angewiesen, den es im Schloße zu machen hat, um den rechten Gang zu dem Cabinet Ew. Königlichen Hoheit nicht zu verfehlen. Möge es allda die Gunst finden, die dem Verfaßer von jeher Ermunterung und Leben war.

Seyen Sie auch ferner so gnädig, dem Historiker der alten Baukunst ein ermunterndes Wörtchen zu gönnen - Hirt veröffentlichte nichts dergleichen.
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Dann möchte es auch dazu kommen, einen Abriß der Geschichte von Byzantinischer u. Gothischer Baukunst zu geben.
Ich werde nie aufhören, mit den Gesinnungen wahrer Ergebenheit zu verbleiben Ew. Königlichen Hoheit Gehorsamster

Hirt

den 26 May 1821.