Berlin den 6 ten May 1805.
Endlich, mein Freund! erfolgt das 1te
Heft des Opus, Eine briefliche Ankündigung war nicht
nachzuweisen. Da aus den Jahren 1803 und 1804 nur ein Brief Hirts an
Böttiger überliefert ist, scheinen Teile des Briefwechsels verloren
gegangen zu sein. Hirt könnte Böttiger die Nachricht allerdings auch
durch einen nach Dresden reisenden Bekannten übermittelt haben.
[Schließen]das ich Ihnen neulich ankündigte. Was sagen Sie zu meiner Verwegenheit? – Was werden Recensenten daraus
machen? Das Büchlein ist zwar klein, doch glaube ich, enthält es Stoff und
Seiten genug, um alles Mögliche, was einem beliebt, daraus zu schnitzen.
Aufrichtig zu sagen, da ich eben kein sehr zärtlicher Vater von diesem Kinde
über der Zeilebin, so sehe ich mit sehr großem Gleichmuth
den Urtheilen entgegen, welche man darüber verhängen wird. Es ist ein Versuch:
gefällt er nicht; so werde ich die Suche troz der Recensenten fortsezen. Auch
bin ich gewiß, daß das 2te
Heft in jeder Rücksicht beßer werden soll, als das 1te
. Johann Daniel Sander schreibt diesbezüglich an
Böttiger, 8. Januar 1805: „Unser Freund Hirt arbeitet an einem
'Bilderbuche für Mythologie, Archäologie u. Kunst', wovon jährlich ein
Heft mit 12 Kupfern u. etwa 24 Vignetten (bloße Umrisse) herauskommen
soll. Er hat es einem Künstler, dem er wohl will, Hrn. Hummel, zum
Besten unternommen; u. dieser ist nun gesonnen, das Werk im
Selbstverlage herauszugeben, weil er sich Vortheile davon verspricht,
die ihm kein Buchhändler geben will und geben kann. Die Umrisse sind nur
radirt, und scheinen mir zum Theil verunglückt zu seyn, so daß es ein
Wagstück wäre, wenn ein Buchhändler das Werk für seine Rechnung übernähme. Ueberdieß ist Freund Hirt eben kein
Meister in der Kunst zu schreiben; u. der Text ist doch bei einem Werke
dieser Art in der That keine Nebensache. Vielleicht bekomme ich die
Commission, u. dann will ich dafür sorgen, daß Freund Hirt sich
wenigstens nicht ganz im Negligé vor dem Publicum zeigt“ (zitiert nach:
Briefwechsel Sander-Böttiger, Bd. 4, S. 118-119). - Am 1. Februar 1805
schreibt er erneut an Böttiger: „Freund Hirt will in der nächsten Woche
Mscrpt. zu seinem Bilderbuche geben. Ich soll es ein wenig waschen u.
säubern, was ich auch sehr gern thun werde. Wenn Sie das erste Heft
dieses Bilderbuchs sehen, u. dann sich noch erinnern, welche Forderungen
Hr. Hummel für seine Platten gemacht hat, so werden Sie Sich, glaube
ich, ein wenig wundern! Dieser theure Künstler verlangte für 12 Platten
in Klein=Quart mit bloßen Umrissen, u. für 26 Vignetten, die höchstens zusammen noch 6 Platten ausmachen, tausend Thaler; für 800, sagte mir Hirt gestern,
würde er sie indeß wohl lassen. Bei jenem Preise also 55, u. bei diesem
44 Thlr. für das Stück! Ich glaube, daß ein recht guter Kupferstecher
anderswo die Platte für 10, höchstens für 12 Thlr. machen würde. Sagen
Sie mir doch, was Hr. Keyser [Friedrich Kaiser] für die Platten zu Ihrer
Sabrina genommen hat, die aber saubrer u. besser ausgeführt sind“ (ebd.,
S. 126-127). - Resümierend urteilt Sander am 9. September 1805: „Unsern
Hirt habe ich seit vier u. mehr Wochen nicht gesehen. Ob er schon an dem
zweiten Hefte seines Bilderbuches arbeiten mag? Ich zweifle. Seine u.
des Künstlers Hoffnungen von dem Absatze des Bilderbuches waren sehr
sanguinisch; aber - bis jetzt sind nicht viel über 300 abgegangen, u.
von denen wird zur nächsten Ostermesse ohne Zweifel noch eine gute
Anzahl remittirt werden! Nur lieb ist es mir, daß ich mich nicht darauf
eingelassen habe, Hrn. Hummel seine Platten für 800 Thlr. (Anfangs
wollte er gar 1000 Thlr. haben!) abzukaufen. - Ein Exemplar des
Bilderbuches auf Velinpapier kann ich Ihnen nicht schaffen. Es
sind überhaupt nur 30 gedruckt worden, u. diese haben Hirt u. Hummel
sämmtlich verschenkt“ (ebd., S. 141).
[Schließen]Hätte ich dieses noch einmal zu schreiben, und könnte ich besonders
dazu die Zeichnungen und den Stich renoviren laßen, so würde allerdings
manches beßer werden. – Ich bin neugierig auf Böttiger rezensierte "Hirt's archäologisches
Bilderbuch" kritisch in: "Der Freymüthige" 1805, Nr. 110, 113 und 147. –
An Christian Gottlob Heyne schreibt Böttiger am 12. Oktober 1806: „Der
liebe Mann hat sich seit 18 Jahren, daß er in und auser Rom den
Demonstrator macht, so in seine Ideen hineingesprochen, daß alles, was
gegen diese anstößt, nothwendig falsch und ungereimt seyn muß. Und dann
habe ich das Todes-verbrechen begangen, nicht auf das Symbolum seines
Bilderbuchs schwören zu wollen“ (Briefwechsel Böttiger-Heyne, Nr. 197,
S. 227).
[Schließen]Ihre Kritik, welche, wie ich hoffe, Sie mir nicht versagen werden: denn Sie gehören
zu wenigen, die in dieser Materie eine volle Stimme haben. Auch vergeßen Sie
nicht, mir einiges über meine Ihnen zugesandten Nicht ermittelt; entsprechende Briefe sind nicht
überliefert.
[Schließen]andern Papiere zu sagen. – Zugleich sende ich Ihnen auch die Folge der Briefe von Genelli, den Vitruv
betreffend.
Hummel händigte mir zugleich ein blaues Exemplar ein, welches ich an Sie für den Herrn Conrector Breuniger in Dresden hier beylegen soll, und das Sie also demselben zu übergeben die Gefälligkeit haben werden.
Brief erschlossen: [Von Böttiger, vor
06.05.1805].
[Schließen]Sie schrieben mir das leztemal von eine
m
über den ursprünglichen Text geschriebenr
In dieser Zeit erschien keine periodische Schrift
von Böttiger. Möglicherweise sind hier die Planungen zu "Ideen zur
Archäologie der Malerei" gemeint, deren erster Teil Dresden 1811
erschien, oder zur "Archäologischen Aehrenlese" (Sammlung 1, Dresden
1811). Böttigers einflussreiche altertumskundliche Zeitschrift "Amalthea
oder Museum der Kunstmythologie und bildenden Alterthumskunde" erschien
erst ab 1821.
[Schließen] periodischen Arbeit, die Sie zu unternehmen gedächten, und wozu Sie
| 2 mich als
Theilnehmer einluden. Ich habe Ihnen wohl schon die Ursache gesagt, warum ich zu
so was nicht tauge; obwohl ich gelegentlich gerne einen und den andern Beytrag
geben würde. – Aber nun hören Sie einmal: vor ein paar Tagen hatte ich ein Brief erschlossen: [Von Zoëga, vor
06.05.1805].
[Schließen]Schreiben von Zoega. Zoëga hatte erwogen, mit seiner Familie
nach Dänemark zurückzugehen: 1802 hatte er eine Ernennung zum Professor
der Archäologie und Oberbibliothekar in Kiel erhalten mit einem Gehalt
von ca. 1000 Rthlr. 1804 erbat er aus verschiedenen Gründen (u.a. seine
schwache Gesundheit; die Unlust seiner Frau, Rom zu verlassen) die
Zurücknahme seiner Berufung, die er auch erhielt, mit der Bestimmung,
„daß Professor Z[oëga] als ein Gelehrter der seinem Vaterland
Nutzen und Ehre bringe" sein volles Gehalt von 900 Rth. behalten solle
unter Entbindung von seinen Pflichten als Konsul ( Artikel „Zoega,
Georg“ von Adolf Michaelis in: ADB,
abgerufen am 12. Mai 2016).
[Schließen]Er bleibt nun fest in Rom
, indem seine Existenz aldort durch die dänische Regierung gesichert ist.
“Schon in den Anfängen seines römischen
Aufenthalts hatten ihn die ungewöhnlichen handschriftlichen Schätze des
Museums Borgia auf das Studium des Koptischen geführt. Um 1796, nach
Abschluß des Werkes über die Obelisken, hatte er den Katalog der
Sammlung wieder aufgenommen und bis 1800 langsam gefördert; galt es doch
aus einzelnen Blättern und Fetzen erst Bücher und Fragmente, im ganzen
etwa 400 Handschriften, mühsam zu gewinnen. Zugleich hatte er auch ein
schon 1784 begonnenes Verzeichniß der Gemmen und Amulete jener Sammlung
fertig gestellt. Nach seiner Rückkehr drängte nun Borgia zum Abschluß
des Handschriftenkatalogs und im Jahre 1802 konnte der Druck auf
Borgia’s Kosten beginnen. Als er aber nach vielen Mühen und Zögerungen
im Februar 1805 endlich beendigt war (Zoega’s Augen hatten bei der
Correctur wie bei der Untersuchung der Münzen ernstlich gelitten), war
mittlerweile Borgia in Lyon gestorben (23. Nov. 1804), und über das Buch
entspann sich ein Proceß mit der Propaganda, der erst nach Zoega’s Tode,
im September 1809, infolge der Verwendung des dänischen Geschäftsträgers
in Neapel, Baron Schubart, zu Gunsten seiner Erben entschieden ward: die
ganze Auflage, 465 Exemplare, ward diesen zugesprochen. Der weitere
geschäftliche Betrieb war freilich so lahm, daß noch zehn Jahre später
das Buch nicht im Handel war! „ (Artikel „Zoega, Georg“ in der ADB, wie
oben).
[Schließen]Seine Coptischen Arbeiten sind
auch ganz vollendet und er wünschet nun sehr eine andere Beschäftigung zu übernehmen.
Erstlich würde er gerne seine Roma
publizieren, wenn er einen räsonablen Verleger fände, der die gehörigen
Vorschüße für die dazu erforderlichen Kupfer zu machen sich nicht scheuen würde:
und zweytens wünscht er gerne eine periodische Arbeit zu übernehmen, aber nicht
allein, sondern in Gesellschaft eines andern wackern Mannes, worauf er sich
verlaßen könnte. - Was meinen Sie dazu? sind Sie wirklich gesonnen, etwas
anzufangen; so können Sie unmöglich einen trefflichern und sicherern Mann als
Zoega finden. Haben Sie den Plan
gemacht, und einen Verleger gefunden, theilen Sie mir die Sache so bald möglich
mit, zugleich mit den Bedingungen. mit Ich werde alles
treulich besorgen.
Mehr mit Ihnen zu plaudern erlaubt mir die Zeit nicht - Ich wiederhole also nur,
daß ich verbleibe wie immer
Ihr
treuer
Levezow, der mit Millin in Correspondenz ist, schickt auch ein
Exemplar meines Bilderbuches an denselben
nach Paris. –
Was machen Vgl. J. L. S. Bartholdy: Das Löwenthor zu Mycenä,
eine Reliquie der Vorzeit. In: NTM 1805, 1. Bd., Januar, S. 3-18; mit
einer „Nachschrift“ von Böttiger, ebd., S. 18-31. Böttiger nimmt darin
Bezug auf das Werk von Louis Petit-Radel „Monumens primitifs de
l'histoire Grecque“ (Urdenkmäler der Griechischen Geschichte), das
dieser der „Prüfung des Nationalinstituts vorlegte, und das wir
wenigstens (ohnstreitig zur erbaulichen Belehrung auf unsere gelehrten
Teutschen Architekte[n] und Alterthumskenner, eines Hirt, Genelli, Genz,
Rode, Stieglitz,Weinbrenner u.s.w.) gedruckt erhalten werden“ (ebd., S.
21). Ferner notiert Böttiger: „Diese ganze Radelschen Untersuchungen
sowohl, als die Verhandlungen und Fragen des Nationalinstituts lernt man
am besten aus Millins Magazin Encyclopedique Année IX. Tom. V. n. 20. p.
446-470 kennen, wobei auch zwei Mustertafeln in Kupfer gestochen sich
befinden“ (ebd., S. 24). Am Schluss seiner Ausführungen fordert Böttiger
Hirt direkt auf, seine Meinung zu dieser Thematik darzulegen: „Ein
sachkundiger Mann, der auch zu diesem Zwecke Architektur mit Archäologie
zu verbinden wüßte, würde sich durch weitere Aufklärungen gewiß viele
Liebhaber verbinden. Ich wage es, den geschmackvollen Forscher
architektonischer Alterthümer, Hrn. Hofrath Hirt in Berlin, namentlich
aufzufordern, seine Meinung hierüber den Lesern dieser Monatsschrift
mitzutheilen“ (ebd., S. 31). – Böttigers Ausführungen sind erneut u.d.T.
„Einige Bemerkungen über die cyclopischen Mauern“ abgedruckt in: C. A.
Böttiger's Kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts,
Bd. 2, 1838, S. 53-58. – Hirt beschäftigte sich in seiner Geschichte der
Baukunst ebenfalls mit dieser Thematik; am 27. April 1812 trägt er
„einiges aus seiner Geschichte der Baukunst über die Cyklopen-Mauern und
andre älteste griechisch-römische Baukunst“ in der Klassensitzung der
Akademie der Wissenschaften vor.
[Schließen]die Cyclopenmauern?