Berlin den 6ten Septbr. 1819
Ew. p ersuche ich mir über die Ihnen genau bekannte GemähldeSammlung des H. Solly, u zwar
1) in wie fern, u in welcher Rüksicht Der englische Kaufmann Edward Solly hatte in
einem Schreiben aus London vom 8. Juni 1819 dem Staatsminister Freiherr
von Altenstein seine Gemäldesammlung zum Kauf angeboten und ihren Wert
"auf nahe an einer million Thaler" angesetzt; zugleich aber hinzugefügt,
dass es nicht seine Absicht sei, "imfall der Staat wünscht dass ich es
überlassen soll mehr als meine wirklichen Kosten zu verlangen" (GStA PK,
I. HA, Rep. 76 Ve Sekt. 15 Abt. 8 Nr. 13 Bd. 1, fol. 1-2). Am 10. Juli
1819 schreibt v. Altenstein, der sich inzwischen von dem hohen Wert der
Sammlung selbst überzeugt hat, an den Staatskanzler Fürst von
Hardenberg: "Das Urtheil des Herrn Hofrath Hirt und des Herrn Geh. O. B.
Rath Schinkel, so wie anderer Kunstkenner und namentlich des Herrn Geh.
O. R. Rathes Schulz, welcher seit geraumer Zeit ein sehr gründliches
Kunst Studium gemacht hat, stimmt ganz damit überein" (ebd., fol. 3-9,
hier fol. 4r). - Die Sammlung, bestehend aus über 3000 Gemälden, wurde
nach Pfändung eines Teils der Gemälde und anschließenden stockenden
Verhandlungen letztlich im November 1821 vom König für 500.000 Taler in
Gold angekauft und bildete den Grundstock des späteren Berliner
Kunstmuseums. (Zu Entstehung, Charakter und Bedeutung der Sammlung Solly
für die Berliner Museumsplanung siehe besonders: Cecile
Lowenthal-Hensel: Die Erwerbung der Sammlung Solly durch den preußischen
Staat - Protokoll einer geheimen Transaktion. In. Neue Forschungen zur
Brandenburg-Preußischen Geschichte 1, Böhlau Verlag Köln Wien 1979, S.
109-159. - Robert
Skwirblies: "Ein Nationalgut, auf das jeder Einwohner stolz sein
dürfte" - Die Sammlung Edward Solly als Grundlage der Berliner
Gemäldegalerie, in: Jb. der Berliner Museen, N.F. 51 (2009), S. 69-99. -
Skwirblies, 2017, bes. S. 287-338. - Vogtherr, 1997, S. 86-92, 194-197).
- Reimar F. Lacher: Solly, Hirt und die frühe italienische Malerei. Ein
Kapitel aus der Gründungsgeschichte der Berliner Gemäldegalerie, in:
Stefan Weppelmann (Hg.), Geschichten auf Gold. Bilderzählungen in der
frühen italienischen Malerei. Berlin 2005, S. 18-25.- Schinkels
Gutachten vom 08.09.1819 siehe: GStA PK I. HA, Rep. 76 Kultusministerium
Ve Sekt. J Abt. VIII Nr. 13, fol. 21-25; im Anhang zu seinem Gutachten
eine Liste der 77 "Hauptbilder der Sollyschen Sammlung" (siehe:
Skwirblies, 2009, S. 87-88).
[Schließen]die Erwerbung derselben ganz oder zum Theil für das Königliche Museum wünschenswerth sey,
2) auf
wie hoch der gesammte Werth derselben summarisch anzunehmen seyn möchte,
so schleunig als möglich Ihre gutachtliche Äusserung zukommen zu lassen.
Da H. Solly sich bey seiner jetzigen Anwesenheit bereit erklärt hat, die Sammlung, mit Einschluß der bereits nach Hamburg abgegangenen Sachen, unter gewissen Bedingungen noch ein Jahr lang hier zu belassen, um solche inzwischen zu vervollständigen, u einen definitiven Beschluß über selbige möglich zu machen, so halte ich bey der im Allgemeinen anerkannten Wichtigkeit der Sammlung für Pflicht, diesen Augenblick nicht zu versäumen, um eine Unterhandlung hierüber anzuknüpfen, u wünsche die | 2 erforderlichen Schritte dazu unverzüglichst zu thun, jedoch dabey durch Ihr sachkundiges Gutachten nach obigen Beziehungen unterstützt zu werden.
Ew. p werden mich daher durch die möglichste Beschleunigung desselben sehr verpflichten.
Berlin p
Namens Sr Excellenz[gez.] Al[tenstein]