Gnädiger Herr!

Da es, obwohl nicht ohne große Anstrengung, gelungen ist, während dieses Sommers das Sollysche Lokale zu räumen, und die große Masse der Gemälde theils nach der königlichen Akademie, theils nach der Universitat und in das Anspachische Palais zu vertheilen; so bin ich nun im Stande Ew. Excellenz pflichtmäßigen Bericht darüber gehorsamst zu erstatten.

Für's erste kann ich den Beystand des Dr. Waagen hiebey nicht genug loben. Ich hatte dabey Gelegenheit, nicht nur seine Willfährigkeit und Unverdroßenheit, sondern auch sein Talent und seine Kenntniße in Kunstsachen näher kennen zu lernen. Und indem ich denselben auf's Neue empfehle, muß ich Ew. Excellenz auf's angelegenste danken, mir einen solchen Gehülfen beygegeben zu haben. Ich betrachte ihn als einen untrennbaren Theil, die Geschäfte der Sammlung weiter zu leiten, und das große Werk zur Aufstellung bringen zu helfen.

Nicht weniger hatte ich mich dabey der eifrigen Mitwirkung meines Mitdelegirten, des Herrn Geheimen Oberbaurathes Schinkel, und der andern Commissarien, der Professoren Hummel und Wach zu erfreuen.

Der Gang des Geschäftes war dabey folgender: Nachdem ich schon im vorigen Jahre die verworrenen Massen der Sammlung in Classen gesondert, und diejenigen, welche zum | 2 Verkauf oder Umtausch bestimmten davon getrennt hatte; so ward damit angefangen, die erstere Masse nach dem uns von Ew. Excellenz angewiesenen Lokale in dem Anspachischen Palais zu transferiren. Doch geschah dies nicht ohne eine vorhergehende zweyte Prüfung dieser abzugebenden Gemälde. Ich wollte, daß mein Verfahren durch die Augen, und das Urtheil der andern Commissarien geprüft und bestätigt werde. Also erst nach dieser zweyten Revüe wurden diese Gemälde an den von Ew. Excellenz zu diesem Geschäfte bestimmten Commissarius, Herrn Lerche, übergeben, bloß mit Zurückhalten zweyer Stücke, das eine, was ich schon früher für das Museum zurückgenommen hatte, und ein zweytes, über deßen Werth die Commissarien zweifelhaft wurden. Dieses ward jedoch später nur des Magazins würdig erachtet. Diese zum Verkauf bestimmten Gemälde sind an der Zahl: tausend und fünf und fünzig.

Zweytens kam die Reihe der Prüfung an die Masse der Gemälde, welche ich als zum Umtausch sich eignend separirt hatte. Hier wurden dann auch sechs und achtzig Stück gleichfalls an Herrn Commissarius Lerche in das Anspachische Palais übergeben; die andern aber, hundert und acht und vierzig an der Zahl, wurden als würdig des Magazin's nach dem Lokale in der Universität gebracht.

Drittens sollte nun die Masse der Gemälde, welche ich theils für das Museum, theils für das Magazin aufbehalten, und in vierzehn Classen eingetheilt hatte, der strengsten Prüfung | 3 vorgeführt werden. Es war also mein Thun, die Gemälde Classenweise nach dem langen Saale der königlichen Akademie bringen zu laßen, dort dieselben gehörig, das ist: nach der Folge der Meister, zur leichtern Über- und Ansicht zusammen zu reihen, und diejenigen näher zu bezeichnen, die ich erstlich des Museum's würdig erachtete, und dann die andern, welche nach dem Magazin wandern sollten. Hiezu entwarf ich jedesmal ein schriftliches Tableau der in jeder Classe vorkommenden Gemälde und Meister, und zwar in Rücksicht lezterer nicht bloß von denen, von welchen Gemälde vorhanden sind, sondern auch von denen, welche fehlen, um dadurch auf die Lücken, und noch das zu Wünschende aufmerksam zu machen.

Hatte ich nun eine Classe auf solche Weise vorbereitet; so lud ich die Commissarien ein, führte ihnen die ganze Reihe der Classe vor, forderte über jedes Einzelne ihre Beurtheilung und ihre finale Entscheidung auf: ob ein solches Stück in das Museum aufzunehmen, oder nach dem Magazin zu versetzen sey? - Eben so ward das Zweifelhafte: welchen Schulen und welchen Meistern gewiße Gemälde angehören möchten, besprochen.

Nach so vollzogener Prüfung jeder Classe ward das neue Verzeichniß der Meister in einer richtigen Folge aufgenommen, indem ich diktirte und Dr. Waagen die Feder führte. Dies geschehen; wurden die Gemälde einer solchen Classe, welche für das Museum auserlesen worden waren, in den Nebenräumen der Akademie sorgsam zusammengestellt, und | 4 die für das Magazin bestimmten nach dem Lokale in der Universität gebracht. So gieng die Arbeit durch alle vierzehn Classen durch.

Folgendes ist hievon das Tableau:

I. Classe: Byzantinische Gemälde. Für das Museum: Stück 13. - Für das Magazin St. 7

II. Classe Toskanische Meister der ersten Epoche. Für das Museum Stück 86. - Für das Magazin St. 10.

III. Classe Toskanische Meister der zweyten Epoche. Für das Museum: St: 92. - Für das Magazin: St: 26.

IV. Classe. Toskanische Meister der dritten Epoche. Für das Museum St. 75. - Für das Magazin: St: 18.

V. Classe. Venezianische Meister der zweyten Epoche: Für das Museum Stücke 101. - Für das Magazin: St. 40. | 5

VI. Classe Venezianische Meister der dritten Epoche. Für das Museum Stücke 122. - Für das Magazin - Stücke: 47.

VII. Classe Lombardische Meister der 2ten und 3ten Epoche. Für das Museum St. 76. - Für das Magazin, Stücke: 24.

VIII. Classe Römische Meister der 2ten und 3ten Epoche Für das Museum, Stücke: 46. - Für das Magazin, St: 28.

IX Classe Meister aus der Romagna der 2ten und 3ten Epoche Für das Museum, Stücke: 58. - Für das Magazin, St: 10. -

X. Classe Schule der Eklektiker und der Naturalisten der 4ten und 5ten Epoche. Für das Museum, Stücke: 65. - Für das Magazin, St. 27.

XI Classe Niederländische Meister der 2ten und 3ten Epoche. Für das Museum, Stücke: 219. - Für das Magazin, St: 140. | 6

XII Classe Niederländische Meister der 4ten und 5ten Epoche. Für das Museum, Stücke: 119. - Für das Magazin, St: 75.

XIII Classe Meister der niederrheinischen Schule der 2ten und 3ten Epoche. Für das Museum, Stücje: 22. - Für das Magazin, St: 20

XIV Classe Meister der oberdeutschen Schule der 2ten und 3ten Epoche. Für das Museum, Stücke: 81. - Für das Magazin, St: 81. ______________________ ______________________________ Für das Museum: Summa: 1175. - - - - - - Für das Magazin: Summa: 553. [Von anderer Hand: Hiervon sind einzeln angekauft 11 Stück Hiezu kommen noch - 148. von Solly kommen her - - - - - - 1164 --- ] von denen früher zum Umtausch bestimmten Gemälde: also beläuft sich die im Magazin der Universität niedergelegten Gemälde auf die Summe ............ von 701. Stück.

Nach obiger Angabe ist die Anzahl der verkäuflichen in dem Anspachischen Palais niedergelegten Gemälde im Ganzen: 1141.

Die Gesammtzahl der drey hier angegebenen Sammlungen beläuft sich also: auf 3017. [von anderer Hand: (vormals Sollysche Sammlung = 3006 Stück)]

Hievon kommen alle aus der ehedem Sollyschen Sammlung, ausgenommen elf Stück, welche seitdem Se Mayestät der König anzukaufen geruht haben. [Von anderer Hand: Siehe beiliegendes Verzeichniß.- Siehe unten] Dies ist der Bestand | 7

Die in dem Anspachischen Palais niedergelegten Gemälde, welche die Commissarien ganz an Herrn Lerche übergeben haben, würde ich rathen, an die Meistbietenden in einer Auction zu verkaufen. Herr Dr. Waagen könnte hiezu das Verzeichniß, wie es gedruckt werden soll, besorgen, und wohl auch am besten den Verkauf leiten. - Zur Vertheilung solcher Kunstgegenstände an die Kunstschulen in den Provinzen aber, wie andere meinen könnten, kann ich nicht rathen. Das Ministerium hätte bey diesen Schenkungen mehr an restauration und an Rahmen zu verwenden, als die Bilder werth sind. Überdem was sollen Kunstschulen mit Bildersammlungen machen? - Der Zweck ihrer Errichtung soll die Zeichnungslehre technischer Gegenstände für Handwerker und Gewerbetreibende umfaßen, nicht aber die Kunst, wofür die Anstalt in der Hauptstadt genügend für die ganze Monarchie ist, wenn nicht ein Heer schlechter Künstler erzogen werden soll.

Die Sammlung für das Magazin im Lokale der Universität hat sich die Commission noch vorbehalten; die Schlüßel aber dazu, und die besondere Aufsicht darüber an Dr. Waagen übertragen.

Nur für die in der königlichen Akademie niedergelegten, und für das Museum bestimmten Gemälde habe ich die Schlüßel an mich gehalten. Die Zahl von 1175 Stück machet allerdings für sich schon eine große Sammlung. Allein sie ist für den Endzweck des Museum's noch nicht hinreichend, und hiebey ist zugleich auf eine Auswahl aus den Gemälden der königlichen Schlößern, aus der Gallerie von Sansouci, und aus der Justinianischen Sammlung gerechnet. Hievon habe ich nach dem Willen und dem Befehl des Königes schon früher eine Auswahl getroffen, wovon die | 8 Anzahl der Stücke auf 650 ungefähr sich belief. Allein damals war die Sollysche Sammlung noch nicht unser. Iezt darf diese Auswahl geringer seyn, und nach einem vorläufigen Überschlag wird dieselbe nicht viel über 400 [Vermerk am linken Rand von anderer Hand (Waagen): Die Giustinianische Sammlung enthält 181 Gemälde, es würde also durch Entnehmung von beiläufig 400 Bildern in den königl. Sammlungen nur ein allgemeines Minus von circa - 220 -250 entstehen.] Gemälde betragen, und darunter meistens die kleinern holländischen Stücke betreffen nebst einigen größern der Schule von Rubens und van Dyck. Dagegen darf die Auswahl aus den altniederländischen und den altitalienischen Schulen nur gering seyn. Mehreres aber muß aus der Schule der Eklektiker und der Naturalisten, auch aus der französischen Schule herübergenommen werden. - So daß also der ganze Bestand des künftigen Museum ungefähr auf 1600 Stücke sich belaufen würde; eine Anzahl, die leicht die reichste in Europa übertreffen wird. Allein es ist nicht so viel der Reichthum als das große Systematische Ganze, worin der wesentliche Vorzug der Sammlung besteht, und wodurch sie den Namen einer wahren Normalgallerie verdient. - Andere Gallerien setzen ihre Vorzüge in einzelnen Stücken und in einzelnen Schulen, die unsrige aber umfaßt die Reihen der vorzüglichsten Meister aller Epochen, Nationen und Schulen. Hieraus erfolgt, daß das Studium der Mahlerey sowohl für die Künstler selbst, als für die Freunde der Kunst, und für jeden, der auf höhere Bildung Anspruch machet, nirgend folgenreicher und bequemer wird betrieben werden können, als hier in Berlin. Ein solches Institut, was selbst in Rom fehlt, und was ich, so lange ich allda lebte, eingerichtet zu sehen | 9 so sehr wünschte, wird iezt in Berlin durch die Gnade des Königes realisiert. Und ich muß das Geschick preisen, das mich ausersehen hat, dabey mitwirken zu können. Der Himmel schenke uns hiezu nur bald einen guten Bau! - ich sage einen guten, nicht einen kostbaren Bau. Die einfache Anlage, und dasjenige, was darin aufgestellt wird, muß deßen Werth bestimmen. Die Musen befriedigen sich mit dem Anständigen und Netten. Das Große und Prachtvolle überlaßen sie gern den Gotteshäusern, den königlichen Burgen, den Theatern, den Kriegs- und andern Staatsgebäuden. Ich kann daher nicht umhin zu bedauern, daß der frühere Plan des Königes mit dem vollständigen Ausbau der Königlichen Akademie nicht zur Ausführung kam. Hier wäre alles verbunden gewesen, auf das Zweckmäßigste, mit den geringsten Unkosten, und im schönsten Theile der Stadt. Kein Prachtbau kann diesen Verlust ersetzen.

Ich komme iezt zu den Wünschen.

Nach den mir vorliegenden Verzeichnißen fehlen unserer Sammlung nur wenige bedeutende Meister, von denen gute Gemälde zu erlangen allerdings viel beytragen würde, das Ganze zu heben. Hiezu muß aber die Gelegenheit sich bieten, und vergeblich würde man sich bemühen, kaufen zu wollen, was iezt nicht feil ist. Ich wünsche nur, daß uns auch künfthin erlaubt sey, einzukommen, wenn etwas zweckmäßiges sich bietet. So fehlt uns zum Beyspiel ein Werk von Friedrich Herlin, dem Deutschen Meister des 15ten, und 16ten Jahrhunderts, der unter | 10 allen Mahlern der Eyckischen Schule den beiden großen Jan van Eyck und Hubert van Eyck.
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Brüdern
am nächsten steht. Ein solcher Mahler sollte billig an der Spitze der Deutschen Schule in unserer Sammlung nicht fehlen. - Bey dieser Gelegenheit darf ich auch die Bitte in Hinsicht der Grablegung des Roger van der Weyde bey Bettendorf in Achen wiederholen.

Mein anderer sehr angelegener Wunsch betrifft noch eine Reise durch Italien, Deutschland, und die Niederlande, in dem einzigen Gesichtspunkt, die Werke der Kunst in den Geburtsstädten, wo sie entstanden sind, noch einmal zu sehen, um dann mit desto größerer Zuverläßigkeit die Meister gewißer vorzüglicher Gemälde unserer Sammlung zu bestimmen. Wie wichtig eine solche Bestimmung sey bedarf keiner Erörterung. In der Art aber, wie die Sollysche Sammlung uns überliefert worden, ohne nähere Anzeige der Meister und der Schulen, kann auch der Erfahrenste in einem so unermeßenen und schwierigen Felde menschlicher Kenntniß sich irren. Viele der ausgewählten Gemälde mußten also in Hinsicht der Meister noch mit einem Fragezeichen bezeichnet werden. Eine neue Reise ließe aber die gegründete Hoffnung, die Zweifel zu heben und jedes Werk mit dem wahren Namen des Meisters aufzuführen.

Zur Realisirung eines solchen Wunsches war bereits die beste Hoffnung vorhanden. Allein ein höherer Finger ordnete es anders, wenigstens für iezt.

Unser genädiger Kronprinz wollte kommenden | 11 Winter das lang ersehnte Italien sehen, und zwar die Hauptstädte wenigstens, Rom, Neapel und Florenz, unter meiner Leitung. Dabey wollte Er meinen Wunsch begünstigen: daß ich die Reise allein machte, früher von hier abgienge und später zurückkehrte, damit ich so alles nach Wunsch und mit der erforderlichen Muße wiedersehen und examiniren könnte. Se königliche Hoheit wollte die Gesammtunkosten meiner Reise für Italien (die auf 3000 reichstaler berechnet waren) allein tragen. In Rücksicht dann der Reise durch Deutschland und die Niederlande (wovon die Unkosten während ungefähr fünf Monaten auf 2000 reichstaler berechnet waren) wollte der Prinz mein Gesuch bey Ew. Excellenz, und insofern es nöthig gewesen seyn würde, bey Sr Mayestät selbst unterstützen.

Noch muß ich beyfügen, daß Se königliche Hoheit seinen Wunsch mit dem meinigen verband, daß Dr. Waagen auf dieser Reise mein Begleiter sey; ein Wunsch, der nur zu sehr gegründet ist, indem ich bey dieser Expedition leicht auf dem Felde der Ehre bleiben könnte, und Waagen wirklich der einzige junge Mann ist, der durch meine Erfahrungen geleitet das Geschäft der Sammlung weiter führen könnte.

Aber dieser schöne Plan des gnädigsten Kronprinzen hat aufgehört. Beiname der Aphrodite.
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Idalia
hat die Liebe zur Italia besiegt; Carthago (Der Kronprinz heiratete am 29.11.1823 Prinzessin Elisabeth (Elisa) von Bayern.
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Elisa
ist der Namen der Dido) hat die Roma überwunden. Die Werke der Venus' Urania sind heilige Werke, und wir müßen | 12 die Göttin und den Amor preisen, daß sie ein so köstliches Band geknüpft haben.

Aber meine Reise, diese so nothwendige Reise? — Ich kann dieselbe iezt nur Ew. Excellenz an's Herz legen. - Soll ich noch reisen; so ist für einen Mann in dem 65ten Jahre keine Zeit zu verlieren. Sollte es noch in diesem Jahre seyn; so wäre noch in diesem Monat anzuspannen, um vor dem Eintritt der Kälte auf der Grenze von Italien zu seyn. Die Reise könnte aber auch bis auf das Frühjahr verschoben werden, um dann den Sommer über in den Niederlanden und Deutschland zu reisen, und erst gegen den Winter den Weg über die Alpen zu machen. Dieser Plan wäre vielleicht vorzuziehen, denn schwerlich wird Se königliche Hoheit die Idee einer Der Kronprinz reiste 1828 nach Italien. In Florenz und Siena führte ihn Rumohr.
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Reise
nach Italien ganz aufgeben. Geschähe dies im Winter 1824/25, so könnte ich, wenigstens in den Hauptstädten, zur Hand seyn.

Ich überlaße alles den höhern Einsichten Ew. Excellenz, was in dieser Angelegenheit zu thun seyn möchte, überzeugt, daß Ew. Excellenz gerne alles beytragen werden, um einen so wohl gegründeten Wunsch zu verwirklichen.

Berlin den 11ten October 1823.

Hirt. | 13

Ich habe vergeßen, oben beyzufügen: daß die aus den Schlößern für das Museum auszuhebenden Gemälde leicht durch eine gleiche Anzahl aus den Gemälden des Magazin's, und dann aus denen, welche von der Justinianischen Sammlung übrig blieben, ersezt werden könnten. Die leeren Stellen der alten Sammlungen würden auf diese Weise wieder sehr glücklich ausgefüllt werden, und das Hofmarschallamt nur wenige Kosten bey diesen Umänderungen erleiden. Hirt.

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Schreiben Gustav Friedrich Waagens an den Geh. Oberregierungsrat v. Harlem, 31. Januar 1824 [ebd., Bl. 35 r-v]

Adresse: Sr: Hochwohlgeboren / Des Herrn Geheimen Rath / von Harlem / An der Eisenbrücke / No. 1. - Mit Siegel

Mögen Ew. Hochwohlgeboren gütigst verzeihen, daß ich erst heute Ihrem Wunsch in Betreff der von Seiner Majestät befohlenen Ankäufe einzelnder Gemälde Genüge leiste, woran mich gestern eine wahre Kette von Abhaltungen verhinderte. Unter den 11 vom Hr. Hofrath Hirt aufgeführten Bildern befinden sich allerdings, so wohl die durch den Grafen Ingenheim besorgten, als auch die von Hr. Hofrath Hirt selbst dem Museum überlaßenen. Ich setze Ihnen hier das Verzeichniß der Bilder in der Ordnung her wie sie meines Wißens allmählig angekauft worden.

1. Maria die das Jesuskind küßt; angeblich Lucas van Leyden, Von Frauenholz gekauft. [Notiz von v. Harlem: "nach Frauenholz xxxx für 2000 rth im Julius 1822. Cab.[inets] O.[rdre] vom 18. Jul. 1822."] 2. ) Das Abendmahl von Giotto. )3. ) Maria auf dem Thron, am Rande die 12 Apostel von Taddeo Gaddi. ) Vom Konsul Lorch [Berend Lorck] gek.[auft] [Notiz von v. Harlem: "Mai 1823 für 1800 rth"] 4. Anbetung des mackellosen Lamms nach den Brüdern vom Eyck copirt von Michael Couxie [Kopie von "Das mystische Lamm", später: "Genter Altar" von Michiel Coxcie, kurz vor 1560]. Aus Brüßel. [Notiz von v. Harlem: "März 1823 Kaufpreiß 4000 lr. u. zum Verpacken von Bryß. 200 lr. Kosten zusammen 4051 rthlr nachträglich noch Kosten des Verg.[?] 87 tr. = 4074 rthlr Transport 145 rthlr 8 sgr = 4219 r. 8 sgr."] 5. Gott Vater nach Hubert vom Eyck copirt von demselben. Von Deuringer. [Notiz von v. Harlem: "Im Jun. 1823 = 1000 rthlr.] 6. Christuskopf von Albrecht Dürer ) Vom Hr. Hofr. Hirt [Notiz von v. Harlem: "195 rthlr."]7. Kreuzigung von Hans Baldung Grien ) [Notiz von v. Harlem: "1000 rthlr."] 8. Maria mit dem Kind auf dem Thorn; zunächst Johannes der Täufer als Kind und ein anderer Knabe. Zu den Seiten des Throns die beiden Jacoben. Von Giovanni da Santi. Von Cartoni gek. [Notiz von v. Harlem: "n. 8. Kaufpreiß bezahlt mit 1347 rthl. 11 gr. für 200 Carolinen, zzl. Transp. Cab. O. vom 8. Sept. 23.] // 9. ) Drei kleine Gemälde von Giovanni da Fiesole [Fra Angelico] 1. Zusammenkunft des heiligen Franciscus und Dominicus. 2. Franciscus in Gegenwart seiner Schüler verklärt emporgehoben. 3. Die heilige Helena hilft einer Hungersnoth ab.10. ) Von dem Consul Bartholdy. [Notiz von v. Harlem: "Kaufpreiß 40 Carolinen transportkosten mit n. 8. zusammen vom H. Grafen v. Ingenheim mit 1000 Fr. berechnet. Cab. O. 8. Sept. 23."] 11. ) Sollten Ew. Hochwohlgeboren um ähnliche Dinge Auskunft wünschen, werde ich mir jederzeit ein besonderes Vergnügen daraus machen, dieselbe so genau zu geben als es in meinen Kräften steht. Ew. Hochwohlgeboren Ganz gehorsamster G. Waagen Berlin den 31sten Januar / 1824.