An die Herrn Revisionscollegen / Rector Berger und Hofrath Hirt. / Wohlgebohrnen.

Auf das von meinen beiden hochzuverehrenden Herrn In lateinischer SchriftRevisionscollegen mir zugestelltes, jedoch noch nicht von Beiden unterschriebenes Schreiben, d.d. 13 Merz -98. habe ich folgendes zu antworten.

ad. 1. Als In lateinischer SchriftSenator der Akademie halte ich es für meine Pflicht, ihren Sizungen beizuwohnen, über die in denselben verhandelten Gegenstände, meine Erkentniße abzulegen, und mein Urtheil, meine Meinung, mein Gutachten, mitzutheilen, so oft es mir besonders abgefodert wird. Uebrigens ist mir bis jezt noch weder ein besonderes Lehramt, noch eine spezielle Aufsicht über irgend etwas aufgetragen worden. - Zu meinen Rechten glaube ich zählen zu können, daß ich von jeder der Akademie angehenden Sache dieselbe Einsicht wie meine Mitkollegen erhalte: daß in ihren Beschlüßen dieselbe Rüksicht auf meine Stimme, wie auf die der andern Glieder genommen werde; und daß ich mich über die vorkommenden Gegenstände, frei und ohne persönliche Rüksicht äussern könne. Da ich im Algemeinen eifersüchtiger auf meine Pflichten als auf meine Rechte bin, so weiß ich nicht ob ich noch andere Rechte habe, und sehe nicht ängstlich auf ihre Erfüllung.

ad 2. & 3. & 5(?). Als Mitkollege in dem Revisionsgeschäft, werde ich meine Meinungen über den Zustand der Dinge, und meine Vorschläge, in unseren Zusammenkünften vortragen, so wie die Veranlaßung, oder die Ordnung des | 2 Geschäfts sie herbeiführen wird. Doch muß ich hier vorläufig anzeigen, daß jede Rücksicht auf Verschiedenheit der Würde und des Ranges, in Verbindungen, welche ein allgemeines Sachinteresse und nicht persönlich Vortheile zum Zwek haben, für widersinnig und lächerlich halte: indem das Wahre und das Nüzliche, eben so hell aus dem einen Mund als aus dem andern ertönt. Diese Erklärung habe ich gleich jezt thun wollen, weil sie das übrige In lateinischer SchriftDetail unsres vorhabenden Geschäfts wenig angeht.

ad 3. 4. & 5. Erst im Verlauf der bevorstehenden genauern Revision hoffe ich die gehörige Einsicht über den Zustand der hierberührten Gegenstände, zu erhalten, um sicher Vorschläge zu etwanigen Verbesserungen thun zu können.

Ich wünsche durch obige Erklärungen meine Herrn Kollegen vorläufig hinlänglich befriedigt zu haben; und verharre

Ihr ergebener / Revisionscollege

Genelli

den 16 Merz 1798

Revision der Lehrklassen der Akademie den 19. 20. und 21. Merz - 1798.

Die drei Untern Klassen des Unterrichts im Zeichnen haben ihr Lokal gemeinschaftlich mit denen der Handwerksschulen, in zwei Säälen: Einen bequemen geräumigen, für die beiden Obern Klassen, nach den Linden heraus; den andern nach dem Hof, für die Unterste oder Erste. Dieser ist schlecht beleuchtet; faßt, nach jeziger Einrichtung, gegen vierzig Schüler, die aber nicht durchgängig bequeme Pläze erhalten können; und oft ist diese Klasse so zahlreich, daß man nicht alle Schüler aufzunehmen im Stand ist. Dieser Umstand muß nothwendig Versäumung benanter Klasse nach sich ziehn: denn sobald es nicht immer sicher ist, ob man auch zum Unterricht zugelassen wird; so wird man durch solche Ungemäßheit unfehlbar saumseeliger werden, diese Klasse zu besuchen. Und dies trift grade die Erste, in die man eintreten muß, und ohne welche durchgegangen zu sein, man zu den folgenden nicht zugelassen wird.
Die Stellung der Schüler beim Zeichnen ist so, daß sie in Reihen hintereinander sizen, welche in winkelrechter Richtung gegen die Fensterwand laufen. Sie sizen auf vierekkigen hölzernen Stühlen, die weder höher noch niedriger gemacht werden können; und haben vor sich vertikale Gestelle, auf welchen ihre Vorbilder befestigt sind. Jedes dieser Gestelle ist verbunden mit dem Fuß, worauf der Zeichner sein Reißbrett anlegt: so daß er dieses wohl flacher und steiller richten, aber weder vor noch zurük schieben kan. Das Reißbrett selbst besteht in einem schlechten Brett von Kienholz, unten mit einem ziemlich hohen Rand oder Stoß versehen: wie ich vermuthe, damit sein Papier, welches er nur lose auf dasselbe hinlegt, nicht herabgleiten möge: dieser Rand muß aber oft in Anlegung der Hand hinderlich werden.
Ich meine, die Schüler müssen so sizen, daß zwar ihre Reihen in der angenommenen winkelrechten Richtung gegen die Fenster bleiben; aber jedes einzelne Subjekt muß den Rükken ein wenig gegen die Fenster gekehrt haben: und zwar mehr oder weniger, je nachdem er mehr oder weniger hinter sein Licht sizt. Keiner darf völlig im Schatten sizen. Ist es nicht möglich dieser Klasse einen andern Plaz anzuweisen: so sollte man doch beiden Fenstern größere Scheiben geben, und darauf sehen, daß sie stets rein gehalten würden. | 2
Zum Siz scheint mir ein dreiekkiger Sessel auf alle Weise dienlicher, auf welchem das Subjekt so sizt, daß er die eine Spize vor sich hat, und folglich halb reitend ist. Die beiden Seiten, an welchen seine Schenkel anliegen, müssen nach diesen ein wenig ausgehölt sein. Diese Sessel müssen aber höher und niedriger gemacht werden können: damit weder die ganz kleinen Knaben mit den Füßen schwebend, noch die größern mit den Knien in die Höhe gebogen zu sizen kommen; als welches beides ihrer Gesundheit schädlich werden kan.
Das Brett muß meines Bedünkens ein ordentliches, glattes Reißbrett sein, auf welches das Papier vermöge eines Rahmens aufgespannt wird: denn die Falten und Biegungen eines losen Papiers hindern den Zeichner sowohl in Entwerfung als Beurtheilung seines vorhabenden Umrißes. Das Gestell zum Reißbrett muß von dem Gestell für das Vorbild abgesondert, und so beschaffen sein, daß man das Brett nach Belieben höher oder niedriger, steiler oder flacher richten könne: denn es ist nöthig, daß ein jeder, nach seiner körperlichen Disposizion, die ihm bequemste Stellung nehmen könne, um beständig das Auge in derselben Richtung gegen Original und Kopie zu erhalten.
Für die beiden folgenden Klassen ist das Lokal besser beschaffen. Sie enthalten zusammen gegen vierzig Schüler: der Plaz erlaubt aber mehr, welches kein geringer Vortheil ist. Die Stellung der Schüler ist wie in der untersten Klasse; aber das Gestell für das Reißbrett ist hier von dem der Vorbilder abgesondert: vermuthlich weil die größern Zeichnungen das Vor- und Rükschieben des Brettes hier unumgänglich machte; und leztes ist in jeder Reihe fortlaufend; welches die freie Wendung des Zeichners gegen sein Licht unmöglich macht.
Die Vorbilder bestehn: für die Unterste Klasse - aus den Anfangsgründen aus der Verlassenschaft des ehemaligen In lateinischer SchriftDirector In lateinischer SchriftLesueur; aus des p In lateinischer SchriftPreisler Anfangsgründen; aus den ersten Blättern von dem In lateinischer SchriftVolpato'schen Werke; und aus zwölf Blättern nach In lateinischer SchriftRehberg. Diese Klasse fängt mit dem gewöhnlichen Geschlender geometrischer Figuren an, geht dann auf einzelne Theile des Gesichts über, bis sie mit Zusammensezung des ganzen Kopfes schließt. Sie trägt aber nicht blos Umriße vor, sondern gibt sich mitunter auch mit dem Schattiren ab. | 3
Die zweite Klasse lehrt wiederum den Kopf, und andre Glieder einzeln; und schließt mit der ganzen Figur. Sie vereinigt ebenfalls Umriß und Schattirung. Ihre Muster bestehn, in einer Fortsezung von In lateinischer SchriftLesueur'schen Originalen; in den lezten Theilen von In lateinischer SchriftPreisler's und In lateinischer SchriftVolpato's Werken; und in den obengenannten zwölf Blättern nach In lateinischer SchriftRehberg.
Die Obere Klasse unterscheidet sich von der vorhergehenden blos durch größere und vollendetere Originale, von In lateinischer SchriftRehberg und In lateinischer SchriftPuhlmann; und gibt sich gar nicht mehr mit bloßen Umrißen ab.
Die Obern Klassen sezen die Durchgehung der Untern voraus: die Unterste postulirt gar nichts. Von der Obersten rükt der Schüler in die Gypsklasse vor.
Diese schlichte Darstellung zeigt schon hinlänglich, daß der Unterricht in diesen Klassen inkohärent, daß dessen Fortschritte nach einer schwankenden Idee geordnet sind, und daß die Vorbilder; durchs Ungefähr zusammengerafft, nach keinem bestimten System aufeinander folgen, sondern sich gegenseitig wiedersprechen. Ausserdem sind diese Vorbilder fast durchgängig unerlaubt schlecht. Es ist daher unumgänglich nöthig, daß diese Sammlung und Ordnung der Vorbilder einer gänzlichen Reform unterworfen werden. Diese Reform ist dringend nöthig; aber sie muß nur nach einer bestimten Idee des bezielten Zweks unternommen werden. Sollte auch die in dem gemeinschaftlichen Rapport aufgestelte Bestimmung und Folge des gesamten Unterrichts für jezt nicht gleich im ganzen Umfang realisiert werden können; so muß doch bei den unverzüglich vorzunehmenden parziellen Verbesserungen diese Bestimmung zum Grunde gelegt werden: sollte aber gar die in obbenanten Rapport aufgestellte Idee gänzlich verworfen werden; so muß doch irgend eine andere bestimte Idee eines zwekmäßigen Fortschreitens des Unterrichts, welches wenigstens die Unnüzlichkeiten vermeide, zur Norm bei dieser Reform der Vorbilder festgesezt werden. Wenn einmal die völlige Freiheit der Bildung unmöglich geworden; so muß der vorgeschriebene, einförmige Unterricht nach den strengsten Begriffen in der weitumfaßendsten Ordnung, und auf den vollständigsten Zwekken gebaut sein. Ist auch dies nicht zu erreichen; so muß man wenigstens den schnellstmöglichen Gang des Unterrichts bezwekken, und alles vermeiden, wodurch der Schüler nur hingehalten wird mit Dingen, die er nachher wieder abschütteln muß. Auf diesen lezten Fall, der sicher nicht zu wünschen ist, sei hier der Versuch eine solche Idee als Leitfaden aufzustellen. | 4Sich selbst überlassen, verfällt der Mensch sogleich auf Bildungen nach eigen gefaßten Ideen. Er sucht die Bilder darzustellen, die ihm seine Phantasie darbietet, ohne auf ihre Uebereinstimmung mit der Natur Rüksicht zu nehmen. Hat er aber schon Vorbilder vor sich, an welchen durch Vergleichungen er sein Urtheil berichtigt; so führt ihn das erste Bedürfniß sogleich auf Nachahmung, bei welcher er vorerst nur richtige Auffaßung und Darstellung der vorgefundenen Formen beabsichtigen kan. Der Zeichner wird also damit anfangen, daß er sich in dieser richtigen Auffaßung und Darstellung der Umriße, als dessen, was ihm an den Formen zu erst bemerkbar ist, übt; ohne sich um ihre Bedeutung, oder Tendenz zu bekümmern. So wie er hierin fortschreitet, bemerkt er den Unterschied der wirklichen permanenten Gestaltung von dem veränderlichen Schein derselben. Er entdekt die beiden verschiedenen Arten des Zeichnens: der Geometrischen, und der Perspektivischen, und sucht ihre Prinzipien zu entdeken. Nach diesen Prinzipien übt er sich in Darstellung dieses äussern Scheins nach seinem jedesmaligen Standpunkt. Dann erst komt ihm das Bedürfniß, die Innere Konstrukzion der Körper zu kennen; um ihre Bedeutsamkeit einzusehn(?). Zulezt will er die Regheit und Beweglichkeit der lebendigen Natur sich zu eigen machen. Hat er alles dies erreicht; so sezt er sich hin zu dichten, und die Bildungen seiner Phantasie darzustellen; was ihm weiter kein Mensch lehren kan: dann ist er Meister.
Die hier behandelten Klassen sollen ihm das erste lehren. Die Gypsklasse soll, nach Erlernung der Perspektive, ihm unter andern besonders in den zweiten zur Uebung dienen. Die Anatomie lehrt ihm das dritte: und um sich das lezte zu eigen zu machen, übt er sich nach dem Leben.
Diesemnach soll die Unterste Klasse sich blos mit den Konturn befassen; und es ist löblich, daß sie mit dem einfachsten Einzelnen Theilen - Auge, Ohr, Mund, etc - und zwar zuerst in der gradesten geometrischen Richtung, anfange, und so bis auf den völligen Kopf fortschreite. Aber das Nachmachen geometrischer Figuren, wie es diese Klasse gewöhnlich treibt, ist nur müßige Spielerei, die zu nichts dient, als: zur größten Langeweile des Schülers und des Lehrers, die Zeit hinzutreiben, und jenem falsche Begriffe beizubringen. Zwar berichtet der Biograph | 5 des Mengs, daß diesen sein Vater angehalten habe, die regulären geometrischen Figuren so lange nachzuzeichnen, bis er sie aus freier Hand vollkommen darzustellen wußte. Dies war allerdings in gewißer Hinsicht sehr nüzlich: allein der alte Mengs fieng den Unterricht seines Sohnes mit der frühesten Kindheit an; und das kan die Akademie nicht mit ihren Schülern thun. Diese kan sich mit Kindern unter einem gewißen Alter gar nicht befaßen; und muß sie oft noch annehmen, wenn sie schon weit über dieß Alter fortgerükt sind. Sie muß daraus mit dem Fortgang ihres Unterrichts, wenigstens im Anfang, möglichst eilen; und thut sonach besser, lieber richtige Begriffe, als unvollkommene, zwekwidrige Handübung in diesem Theil vorangehn zu lassen. Sie sollte folglich keinen Schüler in der Untersten Klasse aufnehmen, der nicht den Unterricht in der Geometrie wenigstens schon angefangen hätte; dagegen aber mit solchen sogleich auf Umriße Lebendiger Theile übergehn.
Die Zweite Klasse sollte sich ebenfalls nur mit bloßen Umrißen beschäftigen, um von den einzelnen Gliedern - Kopf, Hand, Fuß - auf die ganze Figur, und von der gradesten Stellung auf motivirte Wendungen übergehn. Sie übt den Schüler, mannigfaltigere Umriße aufzufaßen, und mit Leichtigkeit darzustellen; und nimt noch keine Rüksicht auf Anatomie u.d.gl.
Die Dritte endlich, um Hand und Auge weiter zu üben, sezt dem Schüler nur solche Originale vor, an welchen er neben den äussern Umrißen noch die Formen und Verhältniße der Schatten und Lichter zu beobachten hat. Sie sollte keinen aufnehmen, der nicht den Unterricht in der Perspektive wenigstens schon angefangen; und keinen der Gypsklasse übergeben, der diesen Unterricht nicht schon vollendet hätte: denn ohne perspektivische Kentniß ist kein richtiger und deutlicher Begriff von Schatten und Licht möglich; und ohne diese Kentniß ist das Zeichnen nach den Rxxden [dem Runden](?) ein müßiger Zeitvertreib.
Während der Schüler den Kursus der Anatomie durchgeht, übt er sich zugleich in der Gypsklasse in richtiger Darstellung der wirklichen Rundung auf der Malerischen Fläche, oder, wenn er Plastiker ist, im Thon; und geht dann über auf das Studium nach dem Lebendigen Modell. Doch verläßt er die Gypsklasse darum noch nicht: er | 6 hat hier noch manches wichtigere zu erlernen, welches ich hier, wie alle übrige Lehrzweige, übergehe: weil jezt nur von den Untern Klassen die Rede ist.
Aber wenn gleich in diesen Untern Klassen das richtige Auffaßen und Wiedergeben der Umriße und Formen der nächste Zwek des Unterrichts ist; so müßen sie doch daneben zur Absicht haben, den Sinn des Schülers gleich vom ersten Schritt an, für die Schönheit und Reinheit in diesen Formen und Umrißen zu erweken und zu bilden. Sie dürfen folglich ebensowenig, wie die folgenden Klassen des Gypses, und des Lebendigen Modells, ihm andre als solche Muster vorlegen, die ihm, wo nicht mit der strengsten Richtigkeit, wenigstens doch nur artistisch schöne Bildungen und Konstrukzionen zeigen.
Sollen wir nun nach diesen Grundsäzen - und würden wider Erwarten die in unsrem Generalrapport dargelegten Vorschläge nicht angenommen; so müßte man doch als Basis der zu treffenden Verbesserungen, endlich etwas diesen ähnliches aufstellen - den Vorrath an Originalen für die Untern drei Klassen beurtheilen; so können wir durchaus keinem derselben unsern Beifall geben, ausser höchstens dem In lateinischer SchriftVolpato'schen Werk, den Zeichnungen von In lateinischer SchriftRehberg, und den Kupfern nach demselben. Diese müßten beibehalten werden, wenigstens bis wir bessre anzuschaffen wüßten; obgleich erstes meistentheils durch Schattirungen für die beiden Untern Klassen zwekwidrig wird, wo die Beimischung der Schatten und Lichter den Anfänger am reinen Auffaßen des Umrißes hindern. Den übrigen Wust müßten wir durchaus verwerfen: denn er ist in der That unter aller Kritik; und kan nur dazu dinen, den Sinn des Anfängers durch willkührliche, bedeutungslose, und undeutliche Angaben irre zu führen und zu verderben.
Da jedoch nach dieser Ausmerzung der zurükbleibende Vorrath unmöglich für hinreichend gelten kan, so müßten wir für's erste den Vorschlag thun, den p In lateinischer SchriftRehberg aufzutragen:
1.° Nach den besten dortigen Originalen, sowohl an Gemälden als Statuen und Reliefs, selbst Zeichnungen von einzelnen Theilen, und ganzen isolirten Figuren zu verfertigen, sowohl in bloßen Umrißen, als auch mit Schatten und Licht
2.° Da er doch einige Aufsicht über die dort Studirenden haben soll; so habe er auch den Auftrag, von den Studien | 7 oder Kopien die sie verfertigen, die gerathensten und zwekmäßigstens [!], gegen einen bestimten Preis, für den Gebrauch der Akademie in Beschlag zu nehmen.
3.° Um dies zwekmäßig bewerkstelligen zu können, muß man ihm einen Plan vorschreiben, nach welchem er diese Sammlung anzustellen habe; und ihm daneben auftragen, alles was er an Kupfern dem Zwek seiner Vorschrift angemessen findet, bei günstiger Gelegenheit aufzukaufen und anhier(?) zu senden.
Zweitens muß den Kupferstechern aufgetragen werden, sämtliche obbenante Artikel sogleich zu kopieren; damit die Klassen mit mehr Exemplaren von jedem Original versehn werden können, auch die Provinzialschulen den gehörigen Vorrath an Originalen erhalten mögen. Besonders ist's nöthig, diese Operazion für's erste mit den bloßen Umrißen anzufangen; daß die Erste Klasse nicht zu lange an Vorbildern Noth leide. Die Ausgeführten Zeichnungen stechen zu lassen, mögte für jezt wohl entweder zu kostbar, oder zu schlecht ausfallen.
Durch solche Maßregeln würde die Akademie doch bald im Stand sein, sowohl die In lateinischer SchriftLesueur'schen Sachen in den beiden Untern, als auch in der Obersten Klasse die In lateinischer SchriftPuhlmann'schen zu entbehren, welche in allen Theilen zu unbestimt sind, um als Vorbilder gebraucht werden zu können. An Vorbildern ist die erste Erforderniß, daß die Umriße nie zweifelhaft seien, und daß nur solche Theile gleiche Beleuchtung haben, welche genau in derselben Richtung gegen das Licht stehn.
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Die Gypsklasse haben wir in einem äusserst schlechten Lokal gefunden. Es leidet so sehr Mangel an Licht, daß es auch dem scharfsichtigsten schwer werden muß, genau zu entscheiden was er vor Augen hat: und eben dieser Mangel an Licht verursacht auch, daß man dessen Richtung nicht nach Belieben wählen kan. Es ist ausserdem so feucht und stokkend, daß es der Gesundheit der Studirenden nachtheilig werden muß; zu geschweigen, daß die dort aufgestellten Sachen mit der Zeit nothwendig dadurch zerstört werden.
Den Vorrath dieser Klasse haben wir an Empfehlungswerthen Vorbildern nach ziemlich arm gefunden. Denn | 8 ausser den wenigen Sachen, die dem Herrn Professor In lateinischer SchriftLütke gehören, ist nur sehr wenig da, das nicht geradezu weggeworfen werden müßte. Ja wir müssen bestimmt darauf antragen, sie von da wegzuschaffen; indem das bloße Vorfinden solcher Sachen einen oder den andern Schüler verführen kan, sich nach schlechten Mustern zu üben. Ausser diesen gibt es noch andre Plaz raubende Sachen hier, die dieser Klasse gar nichts angehn: als Rezepzionsstüke; und eine marmorne Statue des ersten Königs, die auf jedem andern öffentlichen Plaz immer besser stünde als hier.
Dagegen müssen wir den Antrag thun, eine jährliche, wenn gleich noch so mäßige Summe, ein für allemal auszuwerfen, um damit diese Gypssamlung von Rom, Florenz, Neapel und Paris aus allmälig zu kompletiren.
Ueber die Aufsicht in dieser Klasse habe ich meine Gedanken anderswo geäussert.
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Daß im Theater des lebendigen Modells die vordersten Zeichner zu nahe sizen, ist ein Umstand, den das Lokal verursacht: vielleicht wär er zu heben, indem man die Bühne gegen eine andre Wand lehnte. Mir schien aber auch die Beleuchtung zu niedrig, und zu nahe am Modell angebracht zu sein. Modelle scheinen mir zwei nöthig zu sein: einen volljährigen Mann, und einen Jüngling; und es ist dienlich sie zuzeiten mit neuen abzuwechseln.
Auf der Bühne stand ein drappirter Gliedermann - von welchen die Akademie zwei besizen soll - dessen Gewand, das Kostüm abgerechnet, mir zu kleinlich zugeschnitten, zu sehr geschneidert schienen. Auch hätte ich den Gliedermann größer gewünscht. Das Hangen [!] der Falten, das Gewicht, das sie durch's Getragenwerden der Gewänder auf lebendigen Körpern erhalten, kan auf dem Gliedermann nur durch dessen vermehrte Größe einigermaßen ersezt werden.
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An Anatomischem Präparat fanden wir: ein schadhaftes Skeletron; ein großes, sehr schlechtes, Myologisches Modell, das man, glaub' ich, die Bolognesische Anatomie nennt; die trokne In lateinischer SchriftWeidenhaupt'sche; eine ähnliche, größere, der man sich gewöhnlich in Rom bedient, und die ebenfalls ziemlich troken und steif ist; und die liegende französische Myologie: endlich einige vom seeligen In lateinischer SchriftRode gemalte Myologien, die aber um nichts besser, noch deutlicher sind, als die platten Kupfer nach Bouchardon. Ueber die Lehre der Anatomie habe ich meine Gedanken an einem andern Ort auseinander gesezt.
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In lateinischer SchriftGenelli