Beyläufige Note über die von der Frau Gräfin v. Lichtenau in Italien acquirirten Kunstwerke.

Dem Auftrage Ew. Excellenz gemäß zeichne ich hier auf, was mir in Rücksicht verschiedener von Seite der Gräfin v. Lichtenau in Italien acquirirter Kunstsachen bewußt ist. Vollständiges Verzeichniß kann ich nicht geben, da mir selbst manches unbekannt blieb, und ich mich verschiedener Dinge auch nicht mehr deutlich erinnern kann.

Ehe die Frau Gräfin nach Rom kam, wo ich sie vermittelst verschiedener Addressen, die sie an mich hatte, kennen lernte, hatte dieselbe schon verschiedene Ankäufe bey Pisani zu Florenz, und Die Gräfin kaufte im Herbst 1795 bei Micali et Fils u.a. Tapeten für die Räume des Königs, deren Rechnungen erhalten sind (GStA PK, BPH, Rep. 48M, Nr. 82, o.p.). Diese Angaben sind entnommen aus: Hagemann, 2007, S. 153.
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bey Micali in Livorno
gemacht. Diese Empletten bestehen in einigen kleinen Statuen und Büsten von Marmor, zwey größeren Marmorvasen mit Basreliefs umher, und einigen Vasen von Alabaster von Volterra. all dieß ist mehr Fabrikwaare, wovon der Kunstwerth sehr unbedeutend ist. Solche Sachen dienen mehr ein Haus zu möblieren, als den Geschmack zu bilden.

Das meiste ist in dem Die Gräfin besaß ein Haus Unter den Linden (das später sogenannte Niederländische Palais), ein Charlottenburger Palais direkt an der Spree in der Nähe des Schlosses sowie eine Sommerwohnung im Erdgeschoss des größten Holländischen Hauses (des Damenhauses) im Neuen Garten.
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Hause der Frau Gräfin
aufgestellt, außer den zwey großen Vasen, die am Eingange des marmorpalais am heiligen See stehen. | 2

Noch gehören zu diesem Ankaufe vier Statuen von Marmor, die die Frau Gräfin damals in Carrara auszuführen bestellt hatte. Ihre Größe, Vorstellung, und Kunstwerth ist mir nicht bekannt, und ich weiß nur soviel, daß sie für einen Saal der Flügelgebäude am marmorpalais bestimmt waren. Nach dem, was mir die Gräfin vorigen Sommer von diesen vier zukommenden Statuen sagte, sollte ich vermuthen, daß dieselben bereits unterweges seyn müßten.

Die Lichtenau kam im Dezember 1795 in Rom an, reiste kurz darauf nach Neapel, um dann bei ihrer Rückkehr nach Rom im Frühjahr 1796 den Kunstkursus von Hirt zu besuchen.
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Bey der Ankunft der Frau Gräfin in Rom
war ich schon von der Fürstin von Deßau engagirt; und da es mir folglich nicht möglich war, sie wie sie es verlangte, zu den Monumenten zu begleiten, so reiste sie nach einem kurzen Aufenthalt nach Neapel, ohne weiter vorher etwas weder zu sehen, noch anzukaufen.

In Neapel, wo sie sich bey zwey Monaten Aufhielt, machte sie weiter (soviel mir bewußt ist) keine acquisitionen, sondern bestellte einzig Die sechs italienischen Landschaften wurden auf der Berliner Akademieausstellung 1798 gezeigt und waren bis 1945 im Marmorpalais erhalten. Sie gelten als verschollen.
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verschiedene Gemälde
bey dem königlichen Landschaftmahler Hackert, welche wie ich höre, bereits angekommen, und in dem marmorpalais aufgestellt seyn sollen.

Bey ihrer Rückkunft in Rom war ich ihr Begleiter, um mit ihr alles Merkwürdige des alten und neuen Roms zu sehen. Eine ihrer ersten Äußerungen gegen mich war, daß sie manches intereßante | 3 Kunstwerk zu acquiriren wünsche, wobey sie mich aufforderte, sie beym Ankaufe zu leiten. Auch konnte ich aus ihren Äußerungen wahrnehmen, daß diese Ankäufe hauptsächlich für des hochseligen Königs Mayestät, und nicht für sie seyn sollten. Ich konnte diese Absicht um so weniger bezweifeln, da einige Jahre zuvor Herr v. Erdmannsdorf einen ähnlichen Auftrag hatte, und überhaupt der Geschmack des Königs für merkwürdige Kunstwerke bekannt war.

Indeßen bat ich die Frau Gräfin, bey dem Kaufe nicht zu rasch zu seyn. Für's Erste möchte sie alles Merkwürdige sehen: dergestalt würde sie eher im Stande seyn, mit eigenen Augen zu urtheilen, und eine gründlichere Auswahl zu treffen. Sie folgte meinem Rath: und nachdem sie so viel großes und Schönes in den öffentlichen Museen, und Gallerien gesehen hatte, so fand sie unter den verkäuflichen Sachen nichts mehr schön genug, und die Folge war, daß sie nichts kaufte.

Sie begnügte sich am Ende, bey einigen Künstlern, deren Arbeit ihr gefallen hatten, Bestellungen zu machen. Die Gräfin Lichtenau reiste am 9. Mai 1796 von Rom ab, da der König erkrankt war und ihrer Unterstützung bedurfte (vgl. Tagebücher LvAD, Bd. 1, S. 216).
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Bey ihrer Abreise
übertruf sie mir die Aufsicht über die bestellten Arbeiten, zugleich mit der Auszahlung, und Spedition derselben unter der Addresse des Königs. | 3

Da ich aber selbst kurze Zeit darauf wegen dem Einfall der Franzosen in Italien mich auch entschloß, Hirt reiste im Gefolge der Herzogin Louise von Anhalt-Dessau am 27. Mai 1796 von Rom ab und kam vorerst nicht nach Italien zurück.
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eine Reise nach Deutschland
zu machen, so übergab ich Herrn Uhden die nöthigen Papiere in die Hände, um obgenannten Auftrag in meiner Abwesenheit zu besorgen.

Die Bestellungen, soviel ich mich erinnere, waren folgende:

  • 1. Das Porträt der Frau Gräfin v. Lichtenau in Lebensgröße.
  • 2. Und Christus mit der Samariterin am Brunnen. Beyde von Angelica Kauffman. Sie wurden beyde im königlichen Schloße placirt.
  • 3. Julius Sabinus, und Oedipus mit Antigone - beyde Gemälde von Prof. Rehberg: gleichfalls im königlichen Schloße aufgestellt.
  • Nb. diese zwey Gemälde standen nicht auf der Liste meiner Auszahlung: und noch kürzlich hatte ich Briefe von Rehberg, woraus ich sehe, daß diese Gemälde zur Zeit noch nicht bezahlt waren.
  • 4. Drey Thierstücke von Peter: die auch bereits in dem Marmorpalais am heiligen See aufgestellt seyn sollen. | 4
  • 5. Drey Landschaften von Reinhardt: wovon wie ich glaubte, eine bereits eingesandt worden. Aber Brief nicht überliefert.
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    nach einem Briefe
    , den ich neulich von dem Mahler selbst erhielt, waren die zwey andern noch nicht ganz vollendet. Daher that er an mich die Anfrage, ob er dieselben bey gegenwärtiger Lage fertig machen sollte? - Meine Antwort war: Daß ich ihm zwar nichts sicheres hierüber sagen könne; indeßen da die Gemälde ihm bestellt wären, und er bey dieser Arbeit schon viele Unkosten gehabt hätte, so könne ich nicht zweifeln, daß man ihm seine fertigen Gemälde nicht bezahlen sollte.
  • 6. Eine Copie in Marmor nach einem kleinen Antiken Basrelief in der Villa Albani von Schmid. Es findet sich auch unter den Angekommenen Sachen, und so viel ich weiß, in einem der königlichen Schlößer.
  • 7. Eine componirte Landschaft von Herrn Touret. - auch im Schloße aufgestellt.
  • 8. Vgl. den Brief an die Gräfin Lichtenau, 14.05.1796.
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    Verschiedene Modelle antiker Gebäude in Kork
    von Antonio Chichi - im Hause der Frau Gräfin. Sie bestellte noch das Pantheon dazu, das aber, so viel ich weiß, noch nicht fertig geworden.
  • 9. Die vollständigen Kupferwerke von chevalier Piranesi: und einige | 5 andere Kupferwerke von Volpato, und Morgen -.
  • 10. Einige Zeichnungen in Bister nach Antiken Basreliefs von Hummel - im Hause der Frau Gräfin.
  • 11. Verschiedene Arbeiten in marmor, als Tische, Vasen, und andere kleine Arbeiten zum möbliren. Ob sie angekommen, und wo sie stehen, weiß ich nicht.
  • 12. Nebstdem gab die Frau Gräfin einem jungen Landschaftmahler Müller, der damals eben von Berlin in Rom angekommen war, eine kleine Pension, um ein paar Jahre allda studiren zu können. Ob Derselbe Die Gräfin gab bei dem von ihr protegierten Maler Peter Gottlieb Müller das Gemälde von der Neptungrotte bei Tivoli in Auftrag. Die Grotte hatte sie 1796 selbst besucht und man vermutet, dass die im linken Bildvordergrund zu sehende Dame Wilhelmine selbst ist. Einer der beiden Cicerone dürfte Hirt sein.
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    etwas dafür zu verfertigen
    , und einzusenden hat, erinnere ich mich nicht.
  • 13. Während ihrer Anwesenheit in Rom kam auch der stumme Mahler Hofmann mit seinem Bruder allda an: um für dieselbe eine Anzahl schöner Gemälde theils in Rom, Neapel, und Florenz - wozu ich noch die Liste der zu copirenden Gemälde entwarf - zu copiren; und bestimmte dafür besagtem Hofmann, u. seinem Bruder einen monatlichen Gehalt.
  • "Sicher ausgeführt wurden 15 Bilder, allesamt nach Raffaels Fresken im Vatikan: "zwölf Kopien biblischer Darstellungen nach den vatikanischen Logen des Raffael", sowie "Die Schule von Athen", "Der Musenberg" und "Petrus im Gefängnis"." (Hagemann, 2007, S. 159; vgl. Börsch-Supan, 1971, Bd. 1, Ausstellung 1798, S. 18-19 und 71-74).
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    sind seither angekommen, u. befinden sich im Hause der Frau Gräfin: allein der arthistische Werth ist in denselben von keiner Erheblichkeit. | 6
  • Da übrigens Ew. Excellenz vorzüglich den artistischen Werth obgenannter acquisitionen zu kennen verlangen; so kann ich unter solche Rubrik bloß folgende bringen:
  • a. Die zwey Gemälde - von Angelica Kauffmann.
  • b. Die zwey Gemälde von Prof. Rehberg.
  • c. Die Landschaften von Philipp Hackert.
  • d. Die drey Thierstücke von Peter.
  • E. Die Landschaften von Reinhardt.
  • Berlin den 1ten Merz / 1798. Hirt -