Anschreiben an den Staatsminister von Altenstein:
Ew. Hochwohlgeboren
haben mir in so manchen Fällen Ihre Güte erzeugt, daß ich es wage, Ihnen die Beylage zu übersenden, mit der gehorsamsten Bitte, die Schrift Ser königlichen Mayestät vorlegen zu wollen.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung verbleibe ich
Ew. Hochwohlgeboren
gehorsamster
A. Hirt
Berlin / den 25 [?] Dec. 1827. | 2
Bericht an den König:
An Se Mayestät / den König.
Über die Inschrift auf dem königlichen In lateinischer SchriftMuseum in In lateinischer SchriftBerlin
Der gegenwärtige Aufsatz hat keinen andern Zweck, als zu zeigen, wie die auf dem königlichen In lateinischer SchriftMuseum gesezte Inschrift entstanden, und warum sie so, und nicht anders gefaßt worden ist.
Die Inschrift fordert:
1. den Namen des erhabenen Stifters,
2. die
Benennung des Gestifteten,
3. die Andeutung des Zweckes der Stiftung: -
zugleich mit Berücksichtigung des Raumes, wo die Inschrift stehen soll.
Nach dieser Ansicht entstanden mehrere Entwürfe, wovon der erste folgender war:
N° I.
In lateinischer SchriftFridericus Guilelmus III Antiquitati Artique
museum erexit (In lateinischer SchriftFried. Wilh. III hat für Alterthum und Kunst das In lateinischer SchriftMuseum errichtet).
Hiezu ist zu bemerken: 1. Das Wort In lateinischer SchriftMuseum: welches bey den Alten eine Anstalt bezeichnet, wo Gelehrte von verschiedenen Fächern zusammen wohnten, um die Wißenschaften mit Muße und unter gemeinsamer Mittheilung | 3 zu pflegen. Ein solches In lateinischer SchriftInstitut, das Vorbild der heutigen gelehrten Gesellschaften, oder Akademien, war das der In lateinischer SchriftPtolemäer zu In lateinischer SchriftAlexandria. Allda war mit der In lateinischer SchriftResidenz der Könige, und mit der großen In lateinischer SchriftBibliothek ein weitläufiges Wohngebäude für die Mitglieder des gelehrten Vereins, ein großer Versammlungssaal, Säulengänge und Gärten verbunden. Dieses In lateinischer SchriftInstitut unter dem Namen In lateinischer SchriftMuseum dauerte allda auch unter den römischen Kaisern fort.
In lateinischer SchriftMuseum hieß aber auch jedes den In lateinischer SchriftMusen geweihte Heiligthum, und später jede den Studien gewiedmete Anlage in einem Privatgebäude der Stadt, oder in einer In lateinischer SchriftVilla, verbunden zugleich mit reichen Bücher- und Kunstsammlungen.
In den neuern Zeiten hat man mit dem Namen In lateinischer SchriftMuseum jede Anstalt belegt, wo sich Sammlungen befinden, die irgend zu einem wißenschaftlichen oder Kunstzweck bestimmt sind. Mit Recht trägt daher auch die hiesige große Sammlung für Kunst und Alterthum den Namen In lateinischer SchriftMuseum, so wie die in Neapel, In lateinischer SchriftRom, Paris, London u. s. w.
Aber eine andere Frage ist es: ob das Wort In lateinischer SchriftMuseum in die Inschrift selbst aufzunehmen sey? - Ziehen wir hierüber den Vorgang der Alten zu Rath; so finden wir in solcher Hinsicht nichts In lateinischer SchriftConstantes. So steht | 4 z. B. auf den Triumphbögen gewöhnlich das Wort In lateinischer SchriftArcus nicht; doch auf dem Bogen In lateinischer SchriftConstantin's lesen wir: - In lateinischer SchriftArcum triumphis insignem dicavit. - Selbst in der alten Inschrift auf der Base der Säule des In lateinischer SchriftC. Duilius lieset man die Säule selbst genannt: - In lateinischer Schrifttriompavet ob asceres S. P. Q. R. colomna in foro poseiveit. - Dagegen hat In lateinischer SchriftM. Agrippa auf das In lateinischer SchriftPantheum das Wort selbst nicht gesetzt - auch wäre hiezu kein Raum gewesen -, wohl aber die Restauratoren die Kaiser In lateinischer SchriftSept. Severus und In lateinischer SchriftCaracalla: - Pantheum vetustate corruptum cum omni cultu stiterunt. -
Man hat Beyspiele beider Arten vor sich. Hier haben wir aber geglaubt, den Namen In lateinischer SchriftMuseum um so eher in die Inschrift aufnehmen zu müßen, da der Prachtbau den Namen In lateinischer SchriftMuseum vorzugsweise führt. - Auch hat in der Inschrift auf dem Schauspielhause niemand anstößig gefunden, daß die Worte: In lateinischer SchriftTheatrum et Odeum darauf stehen.
2. Die Worte: In lateinischer SchriftAntiquitati et Arti: sind beygefügt, um die eigenthümliche Bestimmung des Baues zu bezeichnen. Das Wort In lateinischer SchriftAntiquitas ist vielleicht in diesem beschränktern Sinne ungewöhnlich, aber deßen Sinn in Verbindung mit In lateinischer SchriftArs und In lateinischer SchriftMuseum ist nicht zweifelhaft. Auch wird das Wort so vonIn lateinischer Schrift Nepos gebraucht, welcher von In lateinischer SchriftAugustus, der ein Freund des Alterthümlichen in der Kunst war, bemerkt, daß er den In lateinischer SchriftAtticus öfters über Alterthümliches befragte - In lateinischer Schriftde antiquitate requireret -. | 5
Indeßen wenn gleich dieser erste Entwurf das Wesentliche zu enthalten schien; so kam er mir doch mager und nicht bezeichnend genug vor. Daher entstand ein zweiter Versuch.
N° II.
In lateinischer SchriftFridericus Guilelmus III Antiquitatis et Artium
Operibus Museum condidit (In lateinischer SchriftFried. Wilh. III erbaute das In lateinischer SchriftMuseum für die Werke des Alterthums und der Kunst).
Durch den Beysatz des Wortes - In lateinischer SchriftOperibus - schien sich zwar die Bestimmung des Baues beßer zu erklären. Aber auch auf diese Weise schien der Entwurf noch mager, und besonders für den langen Fries zu kurz. Es gab also ein dritter Versuch, wie folgt:
N° III.
In lateinischer SchriftFridericus Guilelmus III monumentis artium
antiqui et recentioris aevi museum Dicavit (In lateinischer SchriftFried. Wilh. III
hat das In lateinischer SchriftMuseum für die Kunst-Denkmäler der alten
und der neuern Zeit geweiht).
Dieser dritte Versuch schien befriedigender, indem er außer der Klarheit mehr Fülle und Körper hatte, als die beiden erstern. Doch war hiedurch die innere Bestimmung und das mannigfaltige der Gegenstände noch nicht hinreichend bezeichnet. - es entstand | 6 demnach noch ein vierter Versuch, der dem großen Entzweck des Instituts vollkommen zu entsprechen schien, und ich daher denselben, mit Verwerfung der frühern drey, allerhöchsten Ortes vorzulegen wagte. Es ist die Inschrift, wie sie iezt mit allerhöchster Genehmigung auf dem In lateinischer SchriftMuseum steht, und heißt:
N° IV.
In lateinischer SchriftFrid. Guilelmus III Studio antiquitatis omnigenae
et artium liberalium museum constituit (In lateinischer SchriftFried. Wilh. III
vollbrachte das In lateinischer SchriftMuseum für das Studium
alterthümlicher Gegenstände jeder Gattung, und der freyen Künste).
Ich erkläre mich:
1. Durch das Wort In lateinischer SchriftStudio sollte
angedeutet werden, daß die Anstalt vermöge des Reichthums der Gegenstände und
vermöge der innern Anordnung nicht bloß zum Vergnügen, sondern wesentlich auch
zur Belehrung errichtet sey.
2. Durch die Worte: In lateinischer Schriftantiquitatis omnigenae - sollte der vielseitige Reichthum von allen Gattungen antiker Gegenstände in jeder Art von Material und Technik, und von den verschiedensten Völkern und Zeiten - bezeichnet werden. - Das Wort In lateinischer Schriftomnigenae kann nicht befremden, da es der In lateinischer SchriftLatinität der besten Zeit angehört, und hier das Bezeichnende hat, was sich auf eine andere Weise nur durch | 7 Umschreibungen - für Inschriften ein nicht gut zu heißendes Verfahren - hätte geben laßen.
3. In lateinischer SchriftArtium liberalium: Die Beyfügung des In lateinischer SchriftAdjectiv's hier schien nicht unpaßend. Die Alten bezeichnen die Künste, welche die Neuern durch den Beynamen der Schönen unterscheiden, durch den Beysatz der Freyen - In lateinischer Schriftartes ingenuae et liberales (vergl. In lateinischer SchriftPlin.[ius] 35, 36. 8.). Unter den Künsten, welche nebst einer höhern Geistesbildung zugleich ein Handgeschick erfordern, waren die zeichnenden Künste, die einzigen, welche nur Freygeborne übten. Darin lag das Unterscheidende von andern In lateinischer SchriftManualkünsten, die jeder auch Nichtfreye treiben konnte.
4. Das Wort In lateinischer Schriftconstituit ist hier anstatt In lateinischer Schrifterexit, condidit, dicavit - gewählt mit dem Vorbedacht dadurch zu bezeichnen, daß der königliche Stifter nicht bloß den Bau führte, sondern auch die innere Anordnung aufs zweckmäßigste berücksichtigte.
In der letztern Inschrift ergab sich endlich jene Anzahl von Buchstaben, welche die Länge des Frieses zu verlangen schien.
Möge diese Auseinandersetzung hinreichend seyn, zu zeigen, daß der Verfaßer nicht verwegen | 8 und leichtsinnig, sondern mit Vorbedacht verfahren sey.
In lateinischer SchriftBerlin den 21 December / 1827.
A. Hirt._________________________________________________________________________________________
Der Erklärung Hirts waren folgende Schreiben und kritische Einwendungen vorausgegangen:
1. Bericht Schinkels an den König vom [?] Mai 1827 [alle Schreiben zitiert nach: Wolzogen, 1863, Bd. 3, S. 271, 272-274, 274-275, 275-276, 276, 281-283]
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster,
Allergnädigster König und Herr!
Ew. Königliche Majestät wage ich allerunterthänigst um die Gnade zu bitten,
daß der ewig denkwürdigen Stiftung des neuen Museums durch eine Inschrift an dem
Gebäude öffentlich und für alle Zeiten gedacht werden dürfe.
Auf mein
Ersuchen hat der Hofrath Hirt eine
Inschrift ersonnen und solche mehreren unserer größten Philologen zur
Begutachtung mitgetheilt; sie lautet hiernach: In lateinischer Schrift
FRIDERICUS . GUILELMUS. III . STUDIO ANTIQVITATIS . OMNIGENAE . ET .
ARTIUM . LIBERALIUM . MVSEVM - CONSTITVIT . MDCCCXXVIII .
Friedrich Wilhelm III. hat dem Studium jeder Art Alterthümer und der freien
Künste diesen Ruheort gestiftet 1828.
Auf der hier allerunterthänigst
beygefügten Zeichnung von der Hauptfaçade des neuen Museums ist die
Inschrift in den Fries des Gebäudes eingetragen worden. Ew. Königlichen Majestät
Allergnädigsten Bestimmungen hierüber entgegensehend, ersterbe in tiefster
Ehrfurcht
Ew. Königlichen Majestät
allerunterthänigster Schinkel.
2. Gutachten des Staatsrats Süvern über die Inschrift am Museum vom 15. Oktober 1827 [aufgesetzt für den Geheimen Kabinettsrat Albrecht]
Die Inschrift ist: In lateinischer Schrift
Fridericus Guilelmus III Studio
antiquitatis omnigenae et liberalium artium Museum constituit
MDCCCXXVIII.
Gegen dieselbe, sowohl im Einzelnen als im Ganzen,
lassen sich erhebliche Erinnerungen machen.
Die Stiftung ist darin Museum
genannt.
Mit diesem Namen werden im ganzen Alterthume nur Orte, welche der
Wissenschaft und der Beschäftigung mit derselben gewidmet sind, bezeichnet;
solche, die zur Aufbewahrung von archäologischen und Kunstgegenständen bestimmt
sind, niemals. Das älteste und größte öffentliche Institut, welches diesen Namen
führte, das Alexandrinische, war eine Anstalt einzig in ihrer Art, in welcher
eine bestimmte Anzahl von Gelehrten wohnte und auf öffentliche Kosten
unterhalten wurde, um, durch eine dort befindliche große Bibliothek unterstützt,
ungestört den Wissenschaften leben zu können - also eine Art Academie. Eine
ähnliche Bestimmung hatte das Museum, welches der Kaiser Claudius in Rom
anlegte, außer daß in demselben die Gelehrten nur zusammen kamen, nicht
unterhalten wurden.
In den Palästen gebildeter Römer wurde die Partie so
genannt, wo die Bibliothek des Besitzers aufgestellt war, und wohin er sich zu
wissenschaftlichen Beschäftigungen zurückzog. Eine solche Bestimmung ist der
neuen Stiftung Sr. Majestät fremd, der Name Museum in seiner alten Bedeutung
daher für dieselbe nicht passend. Der populäre Sprachgebrauch legt ihn nun zwar
Sammlungen von Alterthums- und Kunstgegenständen auch bei, und dabei kann es im
täglichen Leben und selbst im Geschäftsstile füglich bleiben. Allein eine
klassisch sein sollende Inschrift darf den populären Sprachgebrauch nicht
berücksichtigen. Die ganze Inschrift, so wie sie ist, würde auch an Einheit
gewonnen und eine große Zweideutigkeit verloren haben, wenn das Wort In lateinischer SchriftMuseum ganz weggelassen, und an seine Stelle das jetzt
im Anfange befindliche In lateinischer SchriftStudio gesetzt wäre. Denn indem
man sie jetzt liest, verbindet man natürlich die Genitiven In lateinischer Schriftantiquitatis omnigenae et liberalium artium Studio, wird aber sehr
überrascht, wenn man hinterher noch das nachgesetzte In lateinischer SchriftMuseum antrifft, und ungewiß, ob jene Genitiven zu ihnen oder zu In lateinischer SchriftStudio gehören, oder zwischen beide getheilt werden
sollen, oder ob, wie es gemeint zu sein scheint, das anfängliche In lateinischer SchriftStudio erst von dem nachkommenden In lateinischer SchriftMuseum abhängig sein soll. So ist die Inschrift zweideutig, und ihr
Sinn spricht sich, wie man jetzt zu sagen pflegt, nicht klar aus. Dies würde
nicht der Fall sein, wenn In lateinischer SchriftStudio an der Stelle, wo
jetzt In lateinischer SchriftMuseum steht, gesetzt wäre. Der Sinn wäre dadurch
nicht verändert worden.
Soll ferner In lateinischer Schriftantiquitatis
hier das Alterthum selbst bedeuten, so konnte In lateinischer Schriftomnigenae
nicht dazu gesetzt werden. Hat man aber alterthümliche Gegenstände darunter
verstanden, so war der Singular In lateinischer Schriftantiquitas unrichtig,
ja auch den Plural In lateinischer Schriftantiquitates mußte man in diesem
Sinne zu gebrauchen Bedenken tragen. Das erstere ist wohl die Meinung gewesen,
dann aber mußte In lateinischer Schriftomnigenae um so mehr wegfallen, als es
überflüssig, als es kein Wort von reiner Latinität ist und in eine Inschrift
auch um deswillen nicht paßt, weil es sie schwerfällig und schleppend macht.
Durch In lateinischer Schriftliberalium artium sollen schöne Künste
angedeutet werden. Allein Sculptur und Malerei rechnet der Alte gerade nicht
unter die In lateinischer Schriftartes liberales, weil ihre Werke durch
mühsame Handarbeit zu Stande kommen. In lateinischer SchriftArtes liberales
nannte er nur Philosophie im ausgedehntesten Sinne, Redekunst, Musik und
Gymnastik, weil sie den Menschen an sich bilden und keine Thätigkeit, wie die
des Tagelöhners oder Handwerkers, erfordern. In lateinischer SchriftLiberalium
ist also hier unrichtig gebraucht und in der That überflüssig.
Die
Inschrift hat überhaupt keinen Wohlklang und Rhythmus, und diese werden
besonders durch das dreimalige In lateinischer Schriftium und In lateinischer Schrifteum hintereinander und durch den schlechten Ausgang,
welcher das keinen Fall habende, vielmehr aufschlagende In lateinischer Schriftconstituit macht, verletzt.
Eine wesentliche Eigenschaft einer
Inschrift ist gedrungene, vielsagende Kürze, wie sie den schönen Inschriften
"In lateinischer SchriftMartis et Minervae alumnis" über dem Kadettenhause
und "In lateinischer SchriftApollini et Musis" über dem Opernhause eigen ist.
Die Weitläuftigkeit, schleppende Schwerfälligkeit und Mattheit der dem neuen
Gebäude angesetzten sticht unangenehm dagegen ab. Und doch ist es so sehr
wichtig und wünschenswerth, daß diese neue schöne Stiftung Sr. Majestät auch von
dieser Seite tadelfrei vor Mit- und Nachwelt dastehe!
3. Gutachten Ludwig Tiecks über die Inschrift (undatiert)
Bei den Griechen waren die Kunstsammlungen in den Tempeln und in ihren heiligen
Umgebungen aufgestellt, wie uns noch die späten Reisen des Pausanias beweisen.
Bei den Römern schon mehr zum Luxusartikel herabgesunken, legte Titus, sehr
sinnig, die Sammlung eroberter Kunstwerke im Tempel des Friedens nieder. Wenn
etwas Aehnliches eine Inschrift des Kunst-Museums andeuten könnte, so erschiene
dies wohl wünschenswerth.
Das Wort In lateinischer SchriftMuseum war den
Alten in der Bedeutung einer Kunstsammlung fremd; außerdem müßte es auch wohl
vermieden werden, da dieser Name im Inlande sowohl als im Auslande schon anderen
Sammlungen und zu anderen Zwecken errichteten Gebäuden gegeben worden ist.
Die lateinische Inschrift des Museums ist, wie solche jetzt besteht, von
allen Gelehrten getadelt worden; zugleich ist im Publicum vielfach der Wunsch
ausgesprochen, daß dies schöne Gebäude durch eine deutsche Inschrift möchte
verziert sein. Ich wage daher die beifolgende vorzuschlagen, welche auf ähnliche
Art, wie die von Sr. Majestät an den Monumenten der Feldherren gebilligten,
gebildet ist.
Da dieselbe gewiß allgemein verständlich ist, so darf es
nicht als Vorwurf gerechnet werden, wenn darin ein Anklang lateinischer
Wortbildung vernehmbar wäre. Alle lebenden Sprachen sind der Fortbildung
unterworfen, und was vor wenigen Jahren bei unseren Dichtern noch als gewagt
erschien, ist jetzt allgemeiner Sprachgebrauch. Auch haben die Römer gewiß auch
in ihren Inschriften in anderen Sprachformen als im gemeinen Leben gesprochen,
das heißt, die Sprache nach den verschiedenen Zwecken gemodelt, wie schon ihre
Dichter beweisen, welche in der blühendsten Periode, in künstlichen Versmaaßen,
die Sprache anders behandeln, wie die gleichzeitigen gebildetsten Prosaiker.
Die Inschrift, welche vorgeschlagen wird, ist folgende:
In lateinischer SchriftFriedrich Wilhelm III., denen Werken bildender Kuenste, ein
Denkmal des Friedens, erbauet im Jahre 1829.
Diese Inschrift hat
ohne die Jahreszahl einundachtzig Buchstaben, die jetzt bestehende lateinische
zählt deren dreiundachtzig. Bei einer Aenderung könnte also ohne Schwierigkeit
die Jahreszahl, sowie die ersten Buchstaben des Namens Sr. Majestät stehen
bleiben, und der ausgefüllte Raum bliebe derselbe.
L. Tieck.
4. Schreiben Alexanders von Humboldt an den Geheimen Kabinettsrat Albrecht vom 20. Oktober 1827.
Ew. Hochwohlgeboren
gütigst geäußertem Wunsche habe ich erst gestern
entsprechen können. Unser großer Philologe, Herr Professor Böckh, ist von selbst zuvorgekommen, um sich,
wie er sagt, von dem Verdachte zu reinigen, als habe er seine Zustimmung "zu
einer so überaus sprachwidrigen abgeschmackten Inschrift geben können". Hofrath
Hirt, sagt er, habe ihm
allerdings die Inschrift gezeigt. Er aber habe ihm sogleich sehr nachdrücklich
geäußert, jedes Wort der Inschrift müsse geändert werden: In lateinischer SchriftStudium! antiquitas, omnigenae artes liberales, die in der wahren
Latinität nie Künste, sondern Literatur bedeuten, das kahle In lateinischer SchriftMuseum constituit! Hirt
habe, wie gewöhnlich, In lateinischer Schrifttenaciter geleugnet, aber mit
sehr schlechten Gründen, und da Böckh die Jahreszahl 1830 oder 1829 darauf
gesehen, so habe er geglaubt, es sei keine Eile; der Verfasser der Inschrift
würde sich fügen, und es sei besser, für jetzt abzubrechen. Mit Schrecken habe
er nach seiner Rückkunft aus Göttingen, am Ende der Ferien, gesehen, daß die
ungeänderte Inschrift in ihrer großen, von ganz Deutschland erkannten
Lächerlichkeit ausgeführt sei.
Mit der ausgezeichnetsten und
freundschaftlichsten Hochachtung / Ew. Hochwohlgeboren / gehorsamster
A. v.
Humboldt. In lateinischer Schrift
Confidentialiter, wie man In lateinischer Schriftlatine barbare sagt.
5. Kabinetsordre des Königs an den Minister Freiherrn von Altenstein vom 25. Oktober 1827.
Ich vernehme, daß gegen die Inschrift des Museumsgebäudes Ausstellungen gemacht
werden, und will daher das Gutachten der historisch-philologischen Klasse der
Academie der Wissenschaften darüber erwarten, welche, wenn die jetzige Inschrift
getadelt wird, eine andere sobald als möglich in Vorschlag zu bringen hat. Sie
werden hiernach das Erforderliche verfügen und das Gutachten der genannten
Klasse der Academie der Wissenschaften mit Ihrem gutachtlichen Bericht
einreichen.
Friedrich Wilhelm.
6. Gutachten der historisch-philologischen Klasse der Akademie der Wissenschaften vom 21. Dezember 1827 zur Inschrift am Museum.
Die historisch-philologische Klasse, im Auftrage Sr. Majestät von dem
vorgesetzten hohen Ministerio durch die Academie aufgefordert, über die an dem
Museum befindliche Inschrift ihr Gutachten abzugeben, kann sich nur erklären,
daß, wenngleich an den gegen dieselbe in öffentlichen Blättern gemachten
Ausstellungen manches nicht genug begründet erscheint, und im gesellschaftlichen
Gespräch manches vielleicht mehr scherzhaft als im Ernst dagegen gesagt sein
mag, sie dennoch Veranlassung genug giebt zu wohl begründetem Tadel. Theils
nämlich sind einzelne Ausdrücke, wie In lateinischer Schriftmuseum, artes
liberales, nicht dem echt römischen Sprachgebrauch gemäß angewendet,
In lateinischer Schriftomnigenus aber ist ein obsoletes Wort, ursprünglich
wohl nur dichterisch gewesen, und erst von späteren Schriftstellern, wie mehrere
dergleichen Ausdrücke, in die Prosa übertragen; theils fehlt es dem Ausdrucke,
"der König habe das Museum dem Studio errichtet", an der gehörigen Bündigkeit,
und der ganze Satz bekommt durch unbequeme Wortstellung etwas Unklares und
Schwerfälliges. Uebrigens ist die Inschrift rhythmisch zu wenig ansprechend und
durch einen sich wiederholenden Gleichklang dem Ohre zu wenig schmeichelnd, als
daß etwa ihre Vorzüglichkeit von dieser Seite die übrigen Mängel bedecken
könnte. Aus allen diesen Gründen ist daher sehr zu wünschen, daß eine bessere
Inschrift die Stelle derselben möge einnehmen können. Dieser Wunsch ist der
einstimmige der Klasse, und es hat in dieser Hinsicht auch nicht der mindeste
Zwiespalt in derselben obgewaltet.
Der andere Theil der Allerhöchsten
Aufforderung aber, daß nämlich die Klasse, wenn ihr Gutachten in diesem Sinne
ausfiele, selbst Vorschläge zu einer anderen Inschrift und zwar baldmöglichst
einreichen möge, hat sie in große Verlegenheit gesetzt. Denn es ist nicht nur
weit leichter, an etwas Gegebenem in dieser Art die Mängel auffinden, als selbst
etwas tadelsfreies hervorbringen, sondern auch weit leichter, eine Inschrift
vorschlagen, gegen welche keine bedeutende Ausstellungen zu besorgen sind, als
eine solche, welche mehreren gemeinschaftlich ein Gefühl vollkommener
Befriedigung gewährte. Dies erfuhr die Klasse bei ihren mündlichen Berathungen;
denn wenn mehrere Mitglieder Vorschläge eingereicht hatten, und zwar manche mehr
als einen, und zum Theil sehr verschiedene, so trat im Gespräch, was gegen
dieses und jenes einzuwenden war, sehr lebhaft und bestimmt hervor; die
Zustimmung gab sich hingegen weit lauer zu erkennen und war fast immer mehr ein
bloßes Geltenlassen, als ein lebhafter Beifall. So daß wir fast in Versuchung
waren, es dem Urheber der jetzigen Inschrift weniger zu verargen, daß er nicht
von vielen Seiten her sachkundigen Rath zusammengeholt hatte, wenn er doch etwas
ihn selbst Befriedigendes zu Stande bringen wollte.
Von den eingegangenen
Vorschlägen waren einige dedicatorisch, überwiegend aber die meisten historisch,
und die Klasse kam bald dahin überein, daß eine dedicatorische Inschrift nur
zulässig sei, wenn eine Person, wäre es auch eine moralische, namhaft gemacht
würde. Eine solche aber war schwer aufzufinden, da das kunstliebende Publicum,
welchem das Gebäude bestimmt ist, ein zu unbestimmter Begriff zu sein schien.
Die Klasse blieb daher bei der Gattung der historischen Inschriften, der
auch die gegenwärtige angehört, stehen, und hat sich über folgenden Vorschlag
vereinigt.
In lateinischer SchriftFridericus Guilelmus III. Rex signis.
tabulisque arte. vetustate. eximiis, collocandis thesaurum exstruxit. A.
MDCCCXXVIII.
Was zuerst hingegen eingewendet werden könnte,
scheint dieses zu sein, daß die Inschrift mit Aufzählung der in dem Gebäude
enthaltenen Gegenstände anfängt, diese Aufzählung aber doch nicht vollständig
ist. Da indeß die lateinische Sprache keinen Ausdruck darbietet, welcher dem
unsrigen "Werke der bildenden Künste" (worunter jedoch auch nicht immer sogleich
die Malerei mit verstanden wird) entspräche, so war, wenn nicht etwas gar zu
unbestimmtes gesagt werden sollte, nicht anders als durch einzelne Bezeichnungen
zu helfen, auf der anderen Seite ist doch das Gebäude überwiegend und vorzüglich
den Gemälden und Bildwerken gewidmet, und für die letzteren In lateinischer Schriftsignum gerade der allgemeinste, nicht minder auf kleinere als größere
Werke anwendbare Ausdruck. Der zwiefache Zweck solcher Sammlungen, theils Werke
aufzustellen, die an und für sich als Kunstwerke sich auszeichnen, theils
solche, die für die Geschichte der Kunst merkwürdig sind, ist durch In lateinischer Schriftarte vetustate ausgedrückt; das Wort In lateinischer Schriftthesaurus endlich für Bezeichnung eines solchen
Gebäudes ist weit mehr dem echten Sprachgebrauch gemäß, als In lateinischer SchriftMuseum, und daß es hier in keiner anderen Bedeutung genommen werden
dürfte, dafür birgt das In lateinischer Schriftexstruxit auf das
vollkommenste.
Wenn daher die Klasse auch nicht in Abrede stellen will, daß
jemand in einem glücklichen Augenblick eine vorzüglichere Inschrift
hervorbringen könne, so glaubt sie doch behaupten zu dürfen, daß gegen diese von
ihr in Vorschlag gebrachte keine bedeutende Ausstellung von Seiten der
Sachkundigen zu besorgen stehe.
Schleiermacher.