Ueber / den Kunstschatz des Königlich-Preußischen Hauses. / Eine Vorlesung, / gehalten / bei der öffentlichen Sitzung der Akademie der schönen Künste und mechanischen Wissenschaften, den 25. Sept. 1797.

Ich glaube an diesem festlichen Tage, wo die königliche Akademie der schönen Künste und mechanischen Wissenschaften durch diese öffentliche Aufstellung ihrer so mannigfaltigen Arbeiten den Geburtstag ihres gnädigsten Königs zu verschönern sucht, meinerseits keinen bessern Beitrag geben zu können, als wenn ich Sie, meine Herren, über einen Gegenstand zu unterhalten trachte, der mit diesem unsern Kunstinstitute in genauester Verbindung steht.

Verschönerung im ausgedehntesten Sinne ist der Endzweck jeder Kunstakademie: die Bildung des Geschmackes kann nicht einseitig seyn, und nur auf einzelne Gegenstände gehen; allumfassend verbreitet sie ihre Kenntnisse über jeden Zweig der Industrie-Erzeugnisse. So lange aber die zeichnenden Künste nicht bis auf einen gewissen Grad in einem Lande gediehen sind, zählt man vergeblich auf eine gründliche Verbesserung des hievon abhängenden Industriewesens: jemehr jene einer höhern Vervollkommnung sich nähern, mit desto verstärkter Kraft ziehen sie diese subordinirten Gewerbe nach sich. Die Kunst, deren Wesen - sey sie nachahmend, wie in der Mahlerei und Sculptur, oder selbstschaffend, wie in der Architektur - darin beruht, die einfachesten Gesetze und Regeln zur Hervorbringung und Vervollkommnung ihrer Werke aufzufinden, verbreitet ihr Auge über alles, was sie umgiebt: an Ebenmaaß, richtiges Verhältniß, Zweckmäßigkeit, Bestimmtheit, und Nettigkeit in der Ausführung gewöhnt, forscht, erinnert, bessert sie, wo sie erscheint. Daher gereichet es dieser Akademie zur vorzüglichen Ehre, daß sie bei ihrer Einrichtung nicht bloß die höhern Künste in ihren Schutz nehmen wollte, sondern daß diese höhern Künste sich selbst gerne gefallen ließen, vermittelst ihres Unterrichtes auch zur Vervollkommnung subordinirter Gewerbe beizutragen, und ihnen gleiche Ehre durch diese öffentliche Aufstellung ihrer Arbeiten in den akademischen Sälen zu gewähren. Auf diese Weise erheben sich die höhern Künste als eine schöne Leuchte für die gesammte National-Industrie.

Da indessen die höhern Künste so ausgezeichnete Naturgaben, und den Erwerb einer so mannigfaltigen Menge von Kenntnissen in einem Zöglinge erfordern, so muß es immer wesentlicher Zweck jeder Akademie bleiben, dieselben mit rastloser Sorgfalt immer mehr auszubilden. Nur diese höhern Künste vermögen, das Gefühl für das Schöne bei einer Nation zu wecken, den Geschmack, der sonst - ohne Feste - so flüchtig jeder bunten Neuheit des Auslandes opfert, zu fixiren, und uns nach und nach dem Punkte der Kultur jener Nationen näher zu bringen, welche in den Annalen des ächten Geschmackes immer als Muster glänzen werden.

Die Blüthe der Künste bezeichnet immer die hohe Blüthe einer Nation überhaupt: da wo jene höhere Kultur noch nicht erschienen, ist ein Volk noch nicht bis zu seiner Reife gediehen; und da, wo diese schönen Blüthen zu verwelken anfangen, steht auch die Nation am Rande ihres Rückganges und Verfalles. Die Geschichte älterer und neuerer Völkerschaften, bei welchen die Kultur der Künste zu einem höhern Punkt ihrer Vervollkommnung emporstieg, giebt uns mehr als hinlängliche Beweise hievon.

Ich lasse indessen alle allgemeinen Betrachtungen über die Kunst, und die Geschichte derselben bei andern Nationen. Nur sey mir erlaubt, einen unbefangenen und vorurtheilsfreien Blick auf diese unsere Hauptstadt selbst zu werfen. Welchen Gang hat die Pflege des Geschmackes darin genommen? Welche Mittel wurden von jeher zur Verpflanzung und Verbreitung dessellben ergriffen? und endlich, welche Vorkehrungen könnten zur größern Vervollkommnung und Befestigung desselben noch getroffen werden ? -

Wenn wir uns kaum etwas mehr als ein Jahrhundert zurückversetzen, welchen Anblick gewährt uns diese Hauptstadt, und die damals ganzen brandenburgischen Staaten in Rücksicht einer feinern Kultur und der Künste des Geschmackes? - Ist wohl ein Monument - sey es in Baukunst, Skulptur oder Mahlerei - von einigem Belang von jener Zeit auf uns gekommen? Nur sparsam erhebt sich in dieser Gegend, jezt unter diesem, jezt unter jenem Fürsten, ein zweideutiger Künstlernamen. In beständige Unruhen und politische Fehden verwickelt, waren die Fürsten dieser Länder zu unmächtig, die Musenkünste an sich zu ziehen, und ihnen eine schützende Freistätte zu gewähren. Selbst im sechzehnten Jahrhundert, wo in Ober-Deutschland, unter Albert Dürer, Hans Holbein, und Burckmayer von Augsburg, sich eine so schöne Morgenröthe für die deutsche Kunst zeigte, drangen nur wenige Strahlen bis in diese Gegenden. Immer neue Unruhen, besonders die innern Reichskriege, welche die Reformation verursachte, denen endlich der alles verwüstende dreißigjährige Krieg folgte, löschten den so schön begonnenen Kunstgenius auch in jenen Gegenden fast gänzlich wieder aus; und der deutsche Kunstfleiß, der mit dem italienischen im funfzehnten und sechzehnten Jahrhundert fast gleiche Schritt gehalten hatte, sank so tief, daß wir in der Folgezeit von den Niederlanden, Frankreich und endlich England entlehnen mußten, welche doch in besagten Epochen weit hinter uns zurückstanden.

Mit dem Ende des dreißigjährigen Krieges begann ein neuer Anfang des deutschen Kunstflleißes. Die mittäglichen Provinzen, da sie Italien näher sind, und der Catholicismus, der den Geist der Künste bis auf einen gewissen Grad immer mehr begünstiget, in jenen Gegenden herrschend blieb, behauptete auch jezt den Vorzug; da hingegen im nördlichen Deutschland der Protestantismus die Aufnahme der Wissenschaften, und eine vernünftige Aufklärung mehr beförderte, so mußte er auf diesem solidern Wege auch die Liebe zu den schönen Künsten wecken, und die Bildung des Geschmackes zur Folge haben.

Das Ende des dreißigjährigen Krieges bezeichnet auch den Zeitpunkt, von welchem die verbesserte Kultur der brandenburgischen Staaten ausging. Ein Fürst, der sich nicht minder eifrig für die Aufnahme alles dessen, was Kunstfleiß und Aufklärung bewirken konnte, als groß im Felde zeigte, stand damals an der Spitze der Nation. Der große Churfürst wird immer als der zweite Stammvater seines glorreichen Hauses glänzen. Er war es, der sich zuerst ernstlich angelegen seyn ließ, Künstler an seinen Hof zu ziehen, und den erlangten Frieden benutzte, seine Residenzstadt Berlin zu erweitern und zu verschönern.

Friedrich I ererbte von seinem großen Vater vorzüglich die Liebe, die Künste des Friedens zu schützen. Er wurde der Stifter der Akademie der Wissenschaften, und derjenigen der schönen Künste. Der philosophische Genius von Leibnitz, und derjenige der Kunst von Schlütter, fanden in ihm einen gleich eifrigen Beschützer. Das königliche Schloß, das Zeughaus, die Statue Friedrichs I, und besonders die Statue zu Pferde, welche dieser König seinem großen Vater setzen ließ, sind merkwürdige und große Monumente dieser Zeit.

Die Regierung Friedrich Wilhelms I war der Aufnahme der Musenkünste weniger günstig: er machte zwar viele Bauanlagen, und mahlte selbst mit einer Art von Leidenschaft. Allein da seine Liebe zur Oekonomie, und zu einer schönen Armee herrschend waren; so mußten die Künste und Wissenschaften einen Nachfolger, wie Friedrich II, erwarten, der beides - die Armee und den ersparten Schatz - zum Ruhme seines Reiches, und zur Aufnahme alles Nützlichen und Schönen, zu gebrauchen wußte.

Es ist über meine Kräfte, mich über die Thaten eines Fürsten zu verbreiten, dessen Lob alle Zungen von Europa sprechen. Seine Regierungsgeschichte gehört unter die seltenen Erscheinungen aller Jahrhunderte. Wie Cäsar und Trajan, war er ein eben so großer Staatsmann als Krieger, eben so thätig für das allseitige innere Wohl seiner Staaten, als furchtbar seinen äußern Feinden. Langwierige und schwere Kriege endigte er mit erneuter Kraft, die Künste des Friedens zu schützen.

Die Akademie der Wissenschaften erkennet in ihm ihren zweiten Stifter. Der Kunstfleiß jeder Art ward durch seine hülfreichende Hand belebt, und die schönen Künste fanden in ihm während seiner ganzen Regierung den betriebsamsten Verehrer. Man blicke nur erst auf die architektonischen, sowohl öffentlichen als Privat-Monumente, welche er aufführen ließ. Man erstaunt billig über ihre Mannigfaltigkeit, Größe und wirkliche Pracht mehrerer derselben. Und wenn in Hinsicht des ächten Geschmackes manches nicht so ausfiel, wie eine geläuterte Kritik es wünschen würde; so giebt es doch verschiedene Gebäude, als das Opernhaus, und verschiedene Partien in den königlichen Gebäuden zu Potsdam, worin selbst ein besserer Styl herrscht, als in andern gleichzeitigen Gebäuden in dem übrigen Europa.

Er sorgte aber nicht bloß für Verschönerungen in archtiektonischer Hinsicht: die übrigen Künste lagen seinem Gemüthe eben so nahe. Was wandte er nicht auf die Verbesserung der Musik und Schauspielkunst? Wie hoch war sein Bestreben, von allen Seiten her Monumente der ältern und neuern Kunst - in Bildhauerei und Mahlerei - zu sammeln? Ganze Museen, und Cabineter antiker Marmor, und Gemmen wurden von ihm aufgekauft. Und wenn auch hierin nicht alles mit gehöriger Wahl und Einsicht geschah; so kann man doch nicht in Abrede seyn, daß er ihren Werth im Ganzen zu schätzen, und wie es scheint, selbst zu genießen wußte. - Endlich, was unternahm er nicht, um lebende Künstler zu ermuntern? Mahler und Bildhauer, Einheimische und Ausländer, fanden bei ihm Arbeit, Achtung und königliche Belohnung. Alle Paläste, und die Gärten zum Theil, sind mit ältern Werken der Kunst sowohl, als mit den Arbeiten dieser neuern Künstler angefüllt.

Diese Ankäufe bekannter Antiken und Gemälde-Sammlungen vom Auslande, und die fortdauernde Kunstthätigkeit, in welcher er eine Menge neuerer Künstler immer erhielt, konnten während einer Regierung von mehr als vierzig Jahren nicht anders als wohlthätig, sowohl zur Verbreitung eines richtigern und allgemeinern Kunstsinnes, als zur Aufnahme der gesammten Nationalindustrie, wirken.

Indessen kann man sich nicht versagen, willkührlich oder unwillkührlich sich selbst die Frage zu thun: Wie war es möglich, daß ein König, der so vielseitig für die schönen Künste fühlte, und so königlich ermunterte, nichts zur Wiedererrichtung einer eigenen Kunstakademie in seinen Landen that? und erst gegen das Ende seiner langen Regierung ein so wichtiges Institut seiner Aufmerksamkeit würdigte? - Und zweitens: wie konnten die herrlichen Monumente alter und neuer Kunst, welche er mit so großem Aufwande gesammelt hatte, so zerstreut, vereinzelt, und zweckwidrig aufgestellt werden? - Die Masse verlor dadurch ganz ihren Anschein, und wie sehr ward hiedurch das Besehen und der Genuß derselben für den einheimischen und fremden Liebhaber erschwert? -

Durch eine wohleingerichtete Kunstakademie läßt sich allein der ächte Geschmack in einem Staate fixiren: durch Sammeln, und gutes Aufstellen antiker Monumente sowohl, als vortrefflicher Werke der besten Schulen neuerer Zeiten kann allein ein solches Institut sich heben, und die zur Verbreitung des Geschmackes nöthigen Künstler, Liebhaber und Kenner bilden.

Glücklich, daß der Nachfolger, unser jetztregierender König, mit eben so viel Geschmack als Liebe für die Musenkünste, die von Friedrich II so schön begonnenen Sammlungen fortsetzte. Eine schöne Reihe vorzüglicher Monumente des Alterthums sind bereits vor einigen Jahren hiezu von Rom angekommen. Eine große Anzahl Gemälde, die dem Staube und dem gänzlichen Untergange in den Winkeln des königlichen Schlosses Preis gegeben waren, sind jetzt gerettet, und bilden gleichsam allein eine Gallerie. Noch ganz neuerlich hat die antike sowohl als moderne Münzensammlung durch Transferierung des anspachischen Medaillenkabinets einen vortreflichen Zuwachs erhalten. - Aber die schönen Künste verehren in Friedrich Wilhelm II nicht bloß einen Verehrer: seinem milden, menschenfreundlichen Genius ward es vorbehalten, durch die neue Begründung dieser Kunstakademie, ihr wesentlichster Wohlthäter zu werden.

Dürftig und scheu wandelten sie, diese schönsten Töchter, welchen den hohen Thron Jupiters zieren: sie waren ohne Heimath in diesen Staaten; ihr mildes Auge blickte schüchtern und flehend - Friedrich Wilhelm hielt die Irrenden an: er sicherten ihnen ein Obdach; sie sind aus Fremdlingen einheimisch geworden. Nie waren sie gegen ihren Schutz undankbar; sie lohnen die Gaben, welche man ihnen reichet, mit den schönsten Blüthen des menschlichen Geistes: mit jedem Blick, mit jedem Tritt verbreiten sie Wohlmuth und Frohsinn: ihre Werke entzücken jedes edelgebildete Gemüth, und fesseln mit magischer Kraft die ungebildete Rohheit selbst. - Unter allen Musentöchtern, welche der erhabenen Stirn Jupiters entstiegen, waren die bildenden Künste die jüngsten: deswegen sie auch in der Folge das Schooskind jeder Nation wurden, welche eine höhere Bahn von Ausbildung und Kultur betrat.

Langsam ist indessen ihre Erziehung, milde Strahlen und freundliche Obsorge vermögen allein ihre zarte Triebkraft zu entwickeln. Zu diesem edlen Zwecke hat Friedrich Wilhelm mit huldvoller Großmuth diese Akademie gegründet, und die hiezu nöthigen Fonds in die Hände eines Curators gelegt, der mit liebender Sorgfalt ihren fortschreitenden Wachsthum befördert.

Diese beinahe jährlichen Ausstellungen an diesem für die ganze Nation so festlichen Tage zeigen von dem Fleiß und Eifer der Mitglieder und ihrer Zöglinge. - Und wenn die Arbeiten dem allseitigen Bestreben noch nicht in jeder Rücksicht so entsprechen, wie der strenge Kunstsinn wünschen könnte: wenn wir noch keine Phydias, keine Hermogenes, keine Raphael zählen; ja wenn wir selbst in mancher Rücksicht andern gleichzeitigen Instituten im Auslande nachstehen müssen: so sey man auch anderseits gerecht, und sehe auf die Jugend dieser Akademie zurück, und auf das zum vollkommenen Unterricht in mancher Hinsicht noch Mangelnde, das nur die Zeit und die fernere Huld des gnädigsten Monarchen geben kann.

So wie dem Architekten, der hier seine Projekte von idealen Gebäuden vor den Augen des Publikums aufstellet, sey es auch mir erlaubt, einen Vorschlag in Erwegung zu bringen, der bei seiner einstmaligen Ausführung - mit dem ausgezeichneten Nutzen für die ganze königliche Kunstakademie, und mit dem Wunsche jedes warmen Kunstfreundes - die Ehre des Königes, der Monarchie, und der Hauptstadt verbinden würde. Ich darf desto unbefangener meine Ideen hier darlegen, da schon zu einer andern Zeit unser gnädigster König selbst sich nicht abgeneigt gegen einen ähnlichen Vorschlag bezeigte.

Dieser betrift die Vereinigung des königlichen Kunstschatzes sowohl der antiken Marmor, geschnittenen Steine, und Münzen, als der Gemälde vorzüglicher Meister und Schulen in ein Museum und in eine Gallerie, und zwar in der Hauptstadt selbst.

Der große Churfürst hat bereits im Jahre 1665 zuerst eine Art von Gallerie in seinem Schlosse zu Berlin angelegt: und da er eine ansehnliche Sammlung von antiken Münzen, kleinen Idolen und Geräthschaften von dem pfälzischen Hofe ererbte, rief er auch damals die zwei berühmten Alterthumskundige, Ezechiel Spanheim und Lorenz Beger zu sich. Der erste zeichnete sich nicht nur durch seine vielen gelehrten Schriften im Alterthumsfache aus, sondern ward sowohl von ihm als dem Nachfolger zu den wichtigsten politischen Verhandlungen an fremden Höfen gebraucht; der zweite ist hinlänglich durch seinen In lateinischer SchriftThesaurus Brandenburgicus, worin er das Merkwürdigste genannter Antikensammlung erläuterte, bekannt. Friedrich I bezeigte in der nemlichen Hinsicht einen eben so liberalen Geist, wie sein großer Vater. Die Regierung von Friedrich Wilhelm I brachte aber nicht nur ein Stocken hervor, sondern einige der merkwürdigsten Sachen, die jene gesammelt hatten, wurden jezt zerstreut: so daß die wesentlichsten Kunstwerke, die jetzt das königliche Haus besitzt, von Friedrich II, und dem jetztregierenden Könige herrühren.

Es ist auffallend, wie wenig dieser große Kunstschatz bekannt ist, und welche geringe Ideen man im Auslande davon hat. Allein es muß allerdings noch mehr befremden, daß selbst unter den Einheimischen es nur wenige Künstler und Kunstfreunde giebt, welche denselben nach seinem Umfange und innern Gehalt kennen, und zu schätzen wissen. - Wie kommt es, daß, indem man von einem Museum der Antiken und der Bildergallerie in Dresden, von der kaiserlichen und fürstlich-lichtensteinschen Gallerien in Wien, von den churfürstlichen Sammlungen in München, Manheim und Düsseldorf, von einer landgräflichen in Cassel, und der herzoglich-braunschweigschen in Salzthalen allgemein spricht, von dem großem Schatze aller Art Kunstwerke, welche in den königlichen Schlössern zu Potsdam, Berlin und Charlottenburg aufbehalten sind, so wenig Meldung geschieht? - Selbst Privatsammlungen, die da und dort in Deutschland sich finden, sind der Aufmerksamkeit des Publikums weniger entgangen. Wer kennt nicht eine Brabecksche in Hildesheim, eine Winklerische in Leipzig, eine Braunsche in Nürnberg, eine Roschachische in Augsburg, und so viele andere in den Reichsgegenden, und vorzüglich in Wien. - Aber man nennet nicht nur jene Gallerieen und Sammlungen: die Hauptwerke sind in jedes Liebhabers Munde; man stellt vom In- und Auslande Reisen dahin an; man zeichnet, copirt sie, und sticht sie in Kupfer; man liefert davon die genauesten Verzeichnisse, und Reisende füllen nicht selten ihre Bücher mit langen Beschreibungen und Urtheilen darüber an.

Ist denn der Kunstsinn in der Hauptstadt der preußischen Staaten weniger gebildet, als in andern Gegenden Deutschlands? Wissen wir denn hier weniger, als anderwärts, welche Verfeinerung das Studium der Monumente des Alterthums, und guter moderner Werke, dem Geiste einer Nation gewähre? und welchen Vortheil der gebildete Geschmack über alle Zweige der Nationalindustrie verbreite? - Nein! ungerecht würde ein Vorwurf dieser Art gegen eine Stadt seyn, welche seit vielen Jahren immer eine ehrenvolle Reihe von Männern in jedem Fache der Wissenschaften und der Künste in ihre Mauern einschloß; wo der Fremde, wie der Einheimische, der Gelehrte wie der Künstler, immer eine ehrenvolle Reihe von Männern in jedem Fache der Wissenschaften und der Künste in ihre Mauern einschloß; wo der Fremde, wie der Einheimische, der Gelehrte wie der Künstler, immer eine ehrenvolle Aufnahme und anständige Versorgung fand. - Die Fürsten der brandenburgischen Staaten fühlten eben so gut, als andernwärts, daß nicht bloß die Künste des Krieges die Ehre und den Ruhm eines Volkes bestimmen, sondern daß man gleich andern gebildeten Staaten ehemaliger Völker und des heutigen Europa, der Künste des Friedens bedürfe, um die schönen Tage der Blüthe und des Glücks herbeizuführen. Nur derjenige Eroberer zeichnet den Namen seines Volks glorreich in den Jahrbüchern der Menschheit auf, welcher in dem Gefolge seiner Siege die Musenkünste führt, und den mit starkem Arme erfochtenen Frieden ihrer Kultur vorbereitet. Welches Haus zählte in der Reihe seiner Fürsten zwei ähnliche Helden dieser Art, wie das brandenburgische in dem Churfürsten Friedrich Wilhelm, und in dem Könige Friedrich dem Zweiten? -

Die wesentliche Ursache, warum der Kunstschatz des königl. Hauses so wenig im Auslande, und selbst von Einheimischen gekannt ist, liegt einzig in der Art, wie die Monumente aufgestellt sind.

Die vielen und die von einander so weit entlegenen Orte, wo die Kunstwerke sich befinden, und wozu man sich an 9 bis 10 Aufseher zu wenden hat, machen die Masse unscheinbar, und die Uebersicht derselben nicht nur dem auswärtigen, sondern auch einheimischen Kunstfreunde höchst beschwerlich. Denn so groß auch der Kunstschatz, in seinem ganzen Umfange genommen, wirklich ist, so erscheint doch durch diese zerstreute Aufstellung an so vielen Orten jeder einzelne wenig beträchtlich. Daher derjenige, welcher alles mit Sorgfalt zu sehen und aufzuzeichnen suchet, allerdings am Ende nicht wenig erstaunt ist, daß er z. B. bloß an antiken marmornen über 80 kleine und größere Statuen, und über 200 Büsten gesehen hat. Welch ein Museum, wenn sich dies alles an einem Orte, wie man in Dresden und überall anderwärts gethan hat, beisammen fände, und in der Aufstellung nach der Verschiedenheit der Nation, der Zeit, des Styls, und der mythologischen und historischen Gegenstände eine systematische Ordnung beobachtet wäre! -

Auf diese Weise kann eine Sammlung allein lehrreich werden - lehrreich für den Forscher des Alterthums, den Kunstfreund, den praktischen Künstler, und Lehrer an der Kunstakademie sowohl, als für den Zögling derselben. Man muß öfters sehen, studiren, und vergleichen; man muß darnach zeichnen, modelliren, und formen können. Nur so erwacht der ächte Kunstsinn bei einem Volke; so bilden sich Künstler und Liebhaber; die Neigung zum Schönen wächst, wie der Geschmack sich vervollkommt; und ein edles Bedürfniß beseelt die Brust, in welcher vorher nur für buntes Kinderspiel und tändelnde Neuheit Raum war.

Doch die Zerstreuung ist nicht allein Schuld, daß jetzt diese Monumente nicht so gekannt und genossen werden, wie es zur Beförderung des Geschmacks nöthig wäre. Viele derselben, als z. B. im Antikentempel und in dem sogenannten Cavalierhause zu Sanssouci sind so hoch placirt, daß kein Auge den Werth davon beurtheilen kann. Andere sind in freier Luft - in diesem nassen und kalten Klima - dem nahen Verderben Preis gegeben, wovon ich nur die vierzehn herrlichen antiken Statuen anführen will, welche in dem Garten geradeüber von dem neuen Palais in einem halben Kreise aufgestellt sind.

Dabei wird jeder leicht eingestehen, daß es, um an allen diesen entlegenen Orten umherzukommen, und sich mit jedem der Aufseher abzufinden, für den größten Theil, sowohl fremder als einheimischer Künstler und Liebhaber, keine gleichgültige Auslage verursacht. Was ist aber die Folge davon? Daß diese Monumente nur selten, und gleichsam im Durchfluge gesehen werden; daß anstatt fremde Liebhaber von der Ferne her, wie es anderwärts geschieht, herbeizuziehen, um diese herrlichen Werke des menschlichen Geistes zu studiren und zu genießen, jetzt dieselben ihnen kaum dem Namen nach, und nur durch magere, unvollständige, und falsch bezeichnende Catalogen bekannt sind.

Noch muß ich auf einen andern wichtigen Punkt aufmerksam machen, und nur durch ein Beispiel zeigen, wie unrichtig ein großer Theil dieser Monumente in antiquarischer Rücksicht angegeben sind. Man weiß, daß man die Statuen im Antikentempel als eine zu einer Geschichte zusammengehörigen Grupp[e] - die Familie des Lycomedes vorstellend - anzusehen pflegt. Freilich war der unwissende moderne Restaurator die wesentliche Ursache, der zu diesem Irrthume verleitete, und die Statuen sind bereits unter besagter Benennung aus der Sammlung des Cardinals Polignac in die königliche übergegangen. Ohngeachtet dieser falschen Ergänzungen aber bleibt es der bessern Kritik nicht schwer, in den weiblichen Statuen - eine davon ausgenommen - so viele Musen, und in dem weiblich gekleideten sogenannten Ulyß, den Apollo Musagetes, und in dem knienden Mädchen, das als die flehende Deidamia angegeben ist, die jüngste Tochter der Niobe zu erblicken. In der einzigen Statue des Achilles scheint man sich nicht betrogen zu haben.

Solcher ungeschickten Benennungen giebt es noch mehrere; und die wahre Würdigung einer so großen Reihe vorzüglicher Monumente, worin uns der Geist des schönen Alterthums noch so freundlich anwehet, ist erst dann möglich, wenn eine zweckmäßigere Aufstellung sie dem Auge des Forschers und Liebhabers näher gebracht haben dürfte.

Die Sammlung antiker Gemmen und Münzen macht einen andern sehr wichtigen und interessanten Theil des königlichen Kunstschatzes. Diese Art Sammlungen aber, welche für das Studium der Lithologen, des Antiquars, des Steinschneiders, des Medailleurs, des Wappenstechers, und jedes Künstlers überhaupt so wichtig sind, können nur dann wahren Nutzen gewähren, wenn sie bei einer sorgfältigen Ordnung leicht zugänglich sind, und einen Mann zur Aufsicht haben, der dem wißbegierigen Liebhaber und Künstler, ohne Zeitverlust und langes Suchen, das Interessanteste zu zeigen, und davon die nöthigsten Erklärungen zu geben weiß. Auch muß dem Künstler gegönnt seyn, nach Belieben Zeichnungen und Abdrücke davon zu nehmen. Bis jetzt bleibt aber die so berühmte Stoschische Sammlung in dem Antikentempel zu Potsdam durch ihre Ferne für das gelehrte und artistische Studium immer noch verloren. Auch in Rücksicht der Medaillen ist eine gute Klassificirung unmöglich, bis nicht die beiden Sammlungen, nämlich die Potsdamsche und Berlinische, mit einander vereinigt sind. Wie sehr aber Se. Majestät, unser gnädigster König, auch geneigt sey, in diesen Fächern eine bessere Veranstaltung treffen zu lassen, zeigt schon die Transferirung des Anspachischen Cabinets und die Anstellung eines Mannes hiefür, der mit anhaltendem Fleiße sich selbst immer mehr in diesen Fächern zu unterrichten, und die seiner Aufsicht anvertrauten Münzen mit Sorgsamkeit zu ordnen bemüht ist.

Zu dem Cabinet von Gemmen und Münzen gehören noch die Menge kleiner Antiken von Figürchen, Gefäßen, Lampen, Opfer- und andern Instrumenten, in Bronze, Glas, Marmor und gebrannter Erde, welche jetzt péle-méle auf einer Bank in dem Antikentempel herumliegen. Unter diesen befinden sich für den Antiquar und Künstler höchstwichtige, und in ihrer Art einzige Dinge, die daher bei einer neuen Aufstellung sehr in Acht genommen zu werden verdienten.

Nach diesem Ueberblick des antiken Kunstschatzes des königlichen Hauses, komme ich nun zum modernen Theile desselben. Darunter begreife ich vorzüglich die Gemälde. Die Anzahl derselben ist äußerst beträchtlich, wenn man alles zusammennimmt, was das königliche Schloß in Berlin, die Sammlung zu In lateinischer SchriftSanssouci, das neue Palais, und Charlottenburg enthält. Welch eine Gallerie, wenn alles, was darunter klassisch ist, gesammelt, und an einem Orte aufgestellt wäre! - Zwar gehört in eine Gemäldesammlung nicht bloß das, was in einem höhern Sinn den Namen des Klassischen verdient, sondern sie muß auch einen andern Gesichtspunkt, der nicht weniger wichtig ist, nämlich die Kunstgeschichte, darstellen. In der Rücksicht bleibt nicht allein das Kunstwerk interessant, das sich der Vollkommenheit nähert, sondern auch jedes andere, was einen Moment der Aufnahme, oder des Verfalles der Kunst bezeichnet.

Die neuere wie die ältere Kunstgeschichte zeigt einen Anfang, ein allmähliges Fortschreiten, den Punkt der höhern Blüthe, das Abnehmen, und den Verfall. Wenn solche Betrachtungen für den menschlichen Verstand überhaupt sehr wichtig und lehrreich sind, so bleiben sie es doch vorzüglich für den philosophischen Künstlersinn, indem sich daraus die treflichsten Resultate über das Wesen und ein richtiges Studium der Kunst selbst ergeben. Jeder Fortschritt, den die aufkeimende Kunst macht, bezeichnet eine neue Entwickelung in den Seelenkräften des Menschen, und man sieht, mit welchem Streben der Genius der Kunst auf seinem engen und mühsamen Pfade sich emporwinden mußte.

Sollte es daher je möglich werden, den unstäten Kunstsinn festzuhalten, und eine ächte Geschmackslehre für die bildenden Künste aufzustellen; so muß das Studium älterer und neuerer Kunstgeschichte die fruchtbarsten Data und Momente hiezu liefern. Aber dies Studium kann nur da statt haben, wo eine Reihe von Kunstwerken von verschiedenen Zeiten, Schulen und Meistern aufgestellt ist.

Um also eine für das Studium nützliche Gallerie zu formiren, müßte man von der großen Menge der königl. Gemälde eine geschickte Auswahl treffen. Es giebt eine große Anzahl derselben, welche recht gut ein Zimmer möbliren, und im Ganzen dekorieren, die aber das Gegentheil in einer geordneten Gallerie bewirken. Ueberhaupt ist die königl. Sammlung an Originalstücken - beinahe aus jeder Schule - so reich und ansehnlich, daß sie keiner kleinlichen Mittel bedarf, um sich geltend zu machen. Freilich, da sie jetzt so zerstreut und gleichsam in mehreren Gallerien aufgestellt sind, so geschah es, daß, um die Zahl voll zu machen, manches unbedeutende Original, und nicht wenige Kopien aufgenommen wurden.

Bei einer Gallerie also, die, wie ich wünsche, als Schule zur Bildung des Geschmacks dienen soll, wäre eins der ersten Erfordernisse, die Spreu von dem Korn gesondert zu erblicken. Nur solche Gemälde müßten aufgenommen werden, welche entweder für das Studium der Kunst selbst, oder der Geschichte derselben wichtig sind.

Ein nicht weniger wesentlicher Punkt wäre die innere Einrichtung bei der Aufstellung: nämlich die Kunstwerke nach genau bezeichnenden Epochen und Schulen zu reihen. Nur vermittelst einer systematischen Ordnung wird es dem Künstler und Liebhaber möglich, mit dem wenigsten Zeitaufwande sich in dem Labyrinth der Kunstgeschichte zu finden, den eignen Karakter jeder Kunstepoche, jeder Schule und jedes Meisters zu unterscheiden, das Vortrefliche herauszuheben, und das Mangelnde deutlich wahrzunehmen. Nur auf diesem Wege läßt sich dann in die tiefern Geheimnisse der schönsten, schwierigsten und edelsten aller Künste eindringen - einer Kunst, die den Geist erhebt, und das Gemüth in seinen innersten Gefühlen belebt, indem der äußere Sinn durch die Magie der Farbenharmonie bezaubert wird. Höhere Weihe haben die Musen für den Menschen nicht.

Als ein Eingeweihter stiftete Friedrich Wilhelm diese Akademie als einen Schutzort und Aufenthalt der Musenkünste in seinem Reiche; aber mit gefalteten Händen stehen sie noch, flehend um diese letzte Gewährung seiner väterlichen Huld.

Aber wie? wenn die Vereinigung aller antiken Kunstwerke in ein Museum, und aller vorzüglichen Gemälde des königlichen Schatzes in eine Gallerie, und zwar in einem besondern Gebäude zu Berlin statt fände: würden dadurch nicht alle königlichen Schlösser und andere Gebäude, welche sie jetzt enthalten, ihrer Verzierungen beraubt? würden sie nicht verlassen stehen? wer würde wohl dann noch Lust haben, sie zu sehen? - Auf diese Einwürfe habe ich folgendes zu antworten:

Erstlich sind die Gebäude, wo sie jetzt aufgestellt sind, nicht bloß sehenswerth wegen der beweglichen Kunstwerke, die sie enthalten: die meisten sind mit so viel Pracht erbaut und verziert, daß sie nicht weniger verdienen, um ihrer selbst willen von jedem Kunstfreunde besucht zu werden.

Zweitens würde mit Herausziehung der antiken Statuen und der bessern Gemälde eben keine Leerheit in den Verzierungen entstehen. Eine große Menge von Verzierungsgemälden würde noch zurückbleiben, und da sie ohnedem jetzt zu gehäuft aufgehangen sind, so würde selbst das wenigere dort besser zieren. Dabei besitzt das königliche Haus eine so große Menge von Marmorstatuen, theils Kopien nach Antiken, theils moderne Originale nach bekannten Meistern, daß diese hinlänglich die vakanten Stellen der Antiken in den Sälen und Zimmern ersetzen würden. Vermittelst dieser Verfügung würde noch das Gute geschehen, daß so viel moderne marmorne Statuen und Büsten, welche jetzt in den Gärten umher dem Verderben eines verwüstenden Klima's ausgesetzt sind, gerettet, und unter Dach gebracht würden. Nebst dem schicken sich Werke der modernen Sculptur viel besser zu Verzierungen in Zimmern und Sälen, als die Antiken; denn jene haben Neuheit, und der Marmor sein schönes Ansehen: folglich harmoniren sie unendlich mehr mit der Pracht der Möbel, dem Glanz und Neuheit der Säulen, der Wände, der Decken, der Vergoldung, u.s.w.

Drittens qualificiren sich antike Bildsäulen und Büsten gar nicht zu Verzierungen. Es ist fast kein antikes Monument, das nicht mehr oder weniger verstümmelt auf uns gekommen wäre. Hier fehlt der Kopf, da die Nase, der Arm, die Hand, das Bein, u.s.w. Die Ergänzungen sind selten richtig, und die Fuge der Ansetzung bildet immer eine Difformität für das Auge; Reinheit und Glanz des Marmors ist verlohren, der Rost des Alterthums umgiebt sie auf allen Seiten. Eine solche Staute oder Büste kann die ganze Eleganz eines Zimmers oder Sales in Disharmonie bringen, und folglich im eigentliche Sinn eher verunstalten, als zieren.

Viertens sey es mir erlaubt zu sagen, daß es unter der Würde eines antiken Monuments ist, als Verzierung aufgestellt zu werden. Die Sache ist eben so wenig schicklich, als das einzelne Manuskript eines klassischen Schriftstellers in einer Handbibliothek aufstellen zu wollen. Die sparsamen Ueberbleibsel, welche sich aus dem allgemeinen Schiffbruche der alten Welt bis auf uns gerettet haben, sind nicht bloß merkwürdig in Rücksicht ihres artistischen Werthes; vielseitig ist ihre Ansicht für den forschenden Geist: sie sind jene unverlöschbaren Spuren des freundlichen, humanen, hohen Genius, der die Völker Aegyptens, der Hellenen- und der Römerwelt beseelte. In ihnen lesen wir noch die Züge ihrer Götter und Helden, ihrer Könige und Feldherren, ihrer Staatsmänner, Redner, Dichter, Philosophen, kurz jedes durch die Geschichte uns werth gewordenen Mannes. Solche Werke dürfen nicht als eitle Zierde dienen; als Monumente des menschlichen Geistes sind sie das Erbe, was der ganzen Menschheit angehört; jede Vereinzelung derselben ist ein Eingrif, nur durch Allgemeinmachung und vereinigte gute Aufstellung werden sie wahres Studium, und jedes davon erhobene Resultat ist ein neuer Gewinn für das gemeinschaftliche Gut der Menschheit. In Rücksicht des darin enthaltenen Kunstwerthes werden sie für künftige Zeiten immer Muster bleiben.

Fünftens, was die Gemälde betrift, so haben sie freilich weder den hohen geschichtlichen, noch artistischen Werth, wie die Antiken. Nichtsdestoweniger bleibt das Studium der modernen Geschichte der Kunst immer unendlich interessant; und da von den antiken Werken der Mahlerei nichts von hoher Bedeutung auf uns gekommen ist, so bleiben die Schulen des funfzehnten und sechszehnten Jahrhunderts uns die beste Vorschrift.

Auch noch aus andern Gründen qualificiren sich solche Gemälde eher für eine Gallerie, als zur Verzierung. Selten nämlich ist ein Bild älterer Schulen hell und schön genug erhalten; zweitens ist die Größe und Form selten für ein Zimmer passend; drittens, da die Gegenstände größtentheils kirchliche Vorstellungen sind, so können sie weder angenehm, noch passend seyn, um ein Zimmer oder einen Saal analog zu verzieren.

Diese Erklärungen möchten für jeden unbefangenen Kopf hinreichend seyn, um jeden gemachten oder zu machenden Einwurf zu heben.

Dürfte ich nicht fürchten, diese Rede über die Gränzen auszudehnen; so würde es mir nicht schwer werden, selbst einen architektonischen Plan vorzulegen: wie ein Gebäude, das den königlichen Kunstschatz, vermöge meines Vorschlags, aufnehmen würde, aufgeführt und innerlich eingerichtet seyn müßte; welcher Platz in der Stadt hierzu der schicklichste seyn würde; wie die innere Hauptabtheilung zwischen dem Museum der Antiken und der Gemäldegallerie einzurichten wäre; wie groß und hoch die verschiedenen Säle, Zimmer und Kabinetter; welches die schicklichste Beleuchtung; und wie die zweckmäßigste Einrichtung für das Studium der Künstler, und das Besehen sowohl einheimischer als fremder Kunstfreunde, getroffen werden könnte.

Schließlich sey mir erlaubt, noch einen unbefangenen Blick auf den wirklichen Zustand der königlichen Akademie zu werfen.

Der Endzweck dieses Instituts kann kein anderer seyn, als durch Erziehung guter einheimischer Künstler die Blüthe der Künste herbeizuführen, den Geschmack der Nation immer mehr auszubilden, und selbst, auch in merkantilischer Rücksicht, uns immer mehr unabhängig vom Auslande zu machen.

Was den ersten Punkt, die Vervollkommnung der Künste überhaupt und die Anziehung guter einheimischer Künstler, betrift, ist es nicht genug, auf eine gute Auswahl von Lehrern, sowohl in den theoretischen als praktischen Abtheilungen der Kunst, Rücksicht zu nehmen, und die Zöglinge nach gewissen Stunden und in abgeordneten Klassen zum Lernen und Arbeiten anzuhalten. Der Lehrer selbst, so sehr er sich auch im Auslande nach den besten Mustern gebildet haben mag, bedarf nichtsdestoweniger einer öftern Auffrischung dessen, was er gesehn und gelernt hat. Dies anhaltende Beobachten und frische Sehen gewähren ihm allein die Mittel, sich gegen Monotonie und unerträgliche Manier zu schützen. Was den Zögling angeht, ist es bei seinen erweiterten Fortschritten hauptsächlich nöthig, ihm mannigfaltige Muster vorzulegen, sonst wird er einseitig, und der stumpfe leblose Nachahmer der manierirten Schule seiner Meister.

Für den praktischen Künstler, wie für den Zögling, wäre es also wesentlich, eine Reihe von Vorbildern alter und neuer Kunst vor sich aufgestellt zu sehen. Das mannigfaltige Schöne in denselben würde den ersten vor Einseitigkeit bewahren, und der Zögling liefe nicht Gefahr, die Manier des Meisters als Muster zu betrachten, sondern das gesammte Resultat des Vortreflichen, was in jedem aufgestellten Kunstwerke einzeln anzutreffen ist, würde sein Vorbild und das Studium seines Bestrebens seyn. Und wie viel thätiger und wirksamer könnte der Lehrer der theoretischen Theile vermöge einer solchen Anstalt werden? Wie viel anschaulicher könnten seine Vorlesungen seyn, wenn er in Mitte der vorzüglichsten Kunstwerke seinen Vortrag den Zuhörern gleichsam versinnlichen, und mit dem Finger auf die Gegenstände weisen könnte, wovon seine Lehren abstrahirt sind? Da ich in dem angehenden Winterkurse, vermöge meines Amtes, die Theorie der bildenden Künste nach den Grundsätzen der Alten an dieser Akademie vorzutragen gesonnen bin, so gestehe ich, daß ich fürchten muß, nicht so nützlich und so allgemein verständlich zu seyn, wie ich wünsche, da ich aus Mangel der benöthigtsten Kunstobjekte nicht immer im Stande seyn werde, meine Lehren genug anschaulich zu machen.

Eine zweite Absicht dieser Akademie ist, den Geschmack der Nation für die schönen Künste immer mehr auszubilden. Es ist nemlich nicht genug Künstler zu haben, es müssen auch Kenner und Liebhaber, es müssen auch Genießer vorhanden seyn; ohne diese bleibt der Künstler isolirt, ohne diese fehlt es der Kunst am Sporn. Ohne Achtung bleibt der Künstler dürftig, und in Dürftigkeit erhebt sich der Genius der Kunst nie mit Energie und geistesfreiem Sinn. Gebührende Ehre für die Person des Künstlers, und Verlangen nach dem Besitz seiner Werke, sind das Element, worin die Kunst allein frei athmen, und mit kühnem Flug sich aufschwingen kann.

Aber wie kann der Liebhaber, wie kann der Kenner des Kunstschönen sich bilden, wenn er nicht Gelegenheit hat, öfters gute Kunstwerke zu sehen? Wie kann dem Menschen etwas zum Bedürfniß werden, was er nicht kennt? Wie soll man die Großen, und überhaupt die vermögendere Klasse der Nation dahin bringen, nach dem Grade des Vermögens wohlthätig für die Künste zu wirken, wenn aus Mangel an Entwickelung des Geschmacks, der Sinn für den erhabenen Genuß schöner Kunstwerke stumpf bleibt? - Der ächte Kunstgeist kann nur da gedeihen, wo man Vorbilder hat, und diese in schöner Ordnung gereihet, jedem leicht und täglich zugänglich sind. Die Hauptstadt jedes Reiches bedarf solcher öffentlichen Kunstsammlungen vorzüglich, weil die Klasse von Menschen, welche für die Aufnahme der Künste wirksam seyn können, da zusammentreffen, und sich wechselweise durch Rivalität aneifern. Ich bestehe darauf, ohne Museum der Antiken, und ohne Gemäldegallerie in der Hauptstadt, wird sich nie eine Klasse von Kennern und Liebhabern finden, und wenn auch da und dort von dem einen oder dem andern etwas für die Kunst geschehen wird, so ist zu fürchten, daß es eher das Werk der Ostentation, als des geläuterten Geschmacks sey. Und was ist die Folge davon? daß die Kunst gedrungen wird, mehr für den Luxus reich und geschmacklos, als für das gebildete Gefühl einfach und schön zu arbeiten.

Eine dritte Absicht dieser Akademie ist, auch in merkantilischer Rücksicht, die Nation immer weniger abhängig vom Auslande zu machen, ja es selbst dahin zu bringen, Muster für das Ausland zu werden.

So kurze Zeit auch dieses Kunstinstitut existirt, so wird man doch seinen wohlthätigen Einfluß sowohl auf die Kunst selbst, als auf manche Zweige der National-Industrie nicht verkennen. Ein Beweis hiervon möchten für den unpartheiischen Richter eben diese fast jährlichen Ausstellungen seyn. Man denke sich ein Jahrzehend zurück, und vergleiche, was damals, und was heute gemacht wird. - Und, um nur eine Anstalt, die der Nation so viel Ehre macht, zu berühren, sehe man auf die vielfältigen Verbesserungen der Porzelanfabrik.

Indessen soll man weniger auf das Acht haben, was schon da ist, als auf das, was die Zukunft leisten könnte und wird, wenn die Wege mehr gebahnt und die Hülfsmittel zu höhern Zwecken erleichtert sind.

Wäre der Schatz der antiken Monumente des königlichen Hauses nach dem vorgeschlagenen Plane aufgestellt: so hätte der Antiquar die Erleichterung, diese Monumente durch die bessern Zöglinge der Akademie zeichnen, und durch eine gleiche Anzahl junger Künstler in Kupfer stechen zu lassen: ein für die königliche Akademie so ehrenvolles, und für die gesammte Gelehrsamkeit so wichtiges Werk könnte sobald im öffentlichen Druck erscheinen.

Der junge Bildhauer hätte an den Statüen und Büsten nicht nur die besten Muster für sein Studium, sondern er könnte seine im Kleinen oder auch im Großen nachgearbeiteten Modelle in Ton brennen, oder in Bronze gießen: folglich würden seine bessern Studien ihm selbst schon Gewinn für das In- und Ausland. Für den Former in Gips, nach dem Marmor sowohl als den geschnittenen Steinen, in Schwefel und Glaspasten, wäre ein neuer Nahrungszweig eröffnet, und das Schöne der alten Kunst würde für den einheimischen und fremden Liebhaber vervielfacht. - Deutschland zählet wenige und besonders wenig gute Steinschneider: das königliche Museum könnte bei einem freien Gebrauche allein mehrere geschickte Leute in diesem Fache bilden: und der Medailleur und Wappenstecher hätten dadurch eine Gelegenheit zur Vervollkommnung, vermittelst welcher sie auch dem Auslande wichtig werden könnten.

In der nach unserm Plan entworfenen Gemäldegallerie, könnte der für sein Studium kopirende Zögling, sey es in Zeichnung oder Farbe, in dieser oder jener Art Mahlerei, seine Kopien verkaufen: und der Kupferstecher hätte Vorbilder, das höchste in seiner Kunst zu versuchen, indem man die vorzüglichen Gemälde der Gallerie, so wie es anderwärts geschehen ist und noch geschieht, durch gute Stiche bekannt machte.

Ueberhaupt wäre die Wirkung, welche ein königliches Museum und eine königliche Gallerie in der Hauptstadt für die Aufnahme der königlichen Kunstakademie hervorbringen würde, so vielseitig, daß ich fürchten muß, für eine so einleuchtend gute Einrichtung, worin alle polizirten Staaten von Europa uns zum Vorbild dienen, nur zu viel gesagt zu haben.

Ich darf es wiederholen, Friedrich Wilhelm fühlet für die Musenkünste; er hat mit ausgezeichneter Huld diese Akademie zur Aufnahme derselben in seinen Staaten gegründet: es würde daher ungerecht seyn, von seinem väterlichen Schutze nicht ferner, und noch mehreres hoffen zu dürfen.

Hirt.