A.
Gutachten
über den neuen Entwurf
des Königlichen Museums in dem
Lustgarten: als Beilage zu dem
Protocoll der heutigen Verhandlung der p Commission.
Insofern die Idee ist, von den früheren Entwürfen abzugehen, das Museum in das Academie Gebäude zu verlegen; so finde ich allerdings das neue in Vorschlag gebrachte Locale in dem Lustgarten mit allen den davon abhängenden Veränderungen in Hinsicht des Wasserverkehrs und der Packhöfe, für den Bau des Museums sehr zweckmäßig, obwohl ich das schöne Lokale der Academie, ich gestehe es, vorgezogen haben würde.
Aber angenommen, daß das neue Lokale in dem Lustgarten den Vorzug erhalte; so kann ich doch den neuen Rissen, wie sie heute der Kommission vorgelegt wurden, in manchen Beziehungen nicht beitreten.
Ich gehe bei jedem Bau von dem Grundsatze aus, daß derselbe dem Zwecke, weswegen er geführt wird, entspreche, mit Rücksicht auf die möglichste Ersparniß, und nur jenes Schöne und Prachtvolle berücksichtigend, welches aus dem Zwecke des Baues selbst hervorgeht. Dieses einfache Princip befolgend, muß ich wünschen, in den vorgelegten Rissen Einiges anders angeordnet zu sehen.
I. finde ich die In lateinischer Schriftrotonda im Mittelpunkt des Baues für die Aufstellung der In lateinischer SchriftMarmor nicht zweckmäßig. Dieselben als kleinere Gegenstände würden sich in dem großen Baue gleichsam verliehren. Auch die Säulen darin mit den über denselben aufzustellenden Gegenständen würden wenig paßend sein; be- | 2sonders aber sind die großen Unkosten, die ein solcher Rundbau verursacht, sehr in Betrachtung zu ziehen, so wie das Unbehülfliche der Doppeldachung und die Beleuchtung durch eine Glasdecke im Mittelpunct. Man macht dergleichen nicht gern in mildern Himmelsstrichen, und vollends im Norden hat man damit ewig zu kämpfen.
II. kann ich dem hohen Unterbau und der mächtigen Freitreppe meinen Beifall nicht geben. Solche Freitreppen, anstatt sie herbeizuziehen, müßten in unserm Clima besonders, und bei der schwachen Steinart, die wir haben, möglichst vermieden werden. Ich will die gewaltigen Summen, die hierzu erforderlich sind, nicht in Anschlag bringen, sondern nur bemerken, daß ein Unterbau von höchstens drey Fuß über der Pflasterung dem Bau am angemessensten seyn würde.
III. finde ich zwar den Säulengang mit der Ansicht gegen den Lustgarten nicht ungefällig. Allein die Säulen, welche durch die beiden Stockwerke reichen würden, viel zu Riesenhaft und zu kostspielig; und ich glaube, die Halle würde viel zweckmäßiger ausfallen, wenn man den Säulen nur die Höhe des unteren Stockwerks gäbe. Wollte man aber den Säulengang ganz weglaßen; so könnte die VorderAnsicht sehr passend für die Würde des Ganzen, in Halbsäulen geführt werden, der untere Stock in dorischer und der obere in ionischer Bauart, wozu man keiner Quadern, sondern nur Backsteine bedürfte.
IV. In dem Inneren des untern Stockwerks würden die Säulenstellungen soviel möglich zu vermeiden seyn, indem sie der Aufstellung der Kunstgegenstände mehr hinderlich als vortheilhaft seyn möchten.
V. Anstatt der In lateinischer Schriftrotonda liesse sich sehr zweckmäßig ein Arm, in einem großen länglichen Saale bestehend, durchführen, etwa in einer Breite | 3 von 25. bis 30. Fuß; - und zwar würde ein solcher Saal unten für die Statuen und der obere Saal für die Gemälde dienen.
Im Falle nun, daß man sich zum Entwurfe neuer Risse entschliessen möchte; so
möchten vor allem andern noch einmal genau die vielartigen Bedürfnisse, für
welche der Bau dienen soll, in Betrachtung zu nehmen seyn. Es sind folgende:
I. Abtheilung: für die Antiken Marmor aller Art.
II. Abtheilung: für die Abgüsse der vornehmsten Antiken Monumente von
fremden Museen.
III. Abtheilung: für das sogenannte
Antiken Cabinet, als Gemmen,
Münzen, Erze aller Art, Fragmente, Inschriften, Gefäße, ägyptische Denkmäler u.
s. w.
IV. Abtheilung: für die große Menge
interessanter Gegenstände, welche bisher unter dem Namen der Kunstkammer begriffen waren.
V. Abtheilung: für die Gemälde, nach ihren mannigfaltigen Epochen und
Schulen, wovon die Masse wenigstens auf 1200. Stück zu berechnen ist.
Die Räume für alle diese Abtheilungen wären im voraus genau zu berechnen. Dann
kommen noch hinzu:
1.) Die nöthigen Stuben oder Zimmer für die Aufseher,
und die Dienerschaft für jede der Abtheilungen.
2.) Räume und Magazine um
Kunstgegenstände nach dem Bedürfnisse darin unterzubringen
3.)
verschlossene Räume für mancherley Gegenstände, welche Zeichnende, Copirende und
überhaupt Studirende bedürfen.
Werden dergleichen Bedürfnisse bei der
Anlage nicht gehörig bedacht; so machen sie in der Folge viele Beschwernisse und
Hinderungen.
| 4Ausser den Tageswohnungen wäre mein Vorschlag, in dem
Gebäude selbst niemanden wohnen zu laßen, als den Portier und einen HausKnecht.
Aber wesentlich wäre es, in der Nähe des Museum ein Haus einzurichten, worin das
ganze zum Museum erforderliche Personal, sowohl Aufseher, als die untere
Dienerschaft, wohnen könnte, um bei jeder Gelegenheit zur Hand zu seyn. Eine
solche Freiwohnung könnte als In lateinischer Schriftpars salarii berechnet
werden und daher minder kostspielig seyn, als wenn man den Sold für die Miethe
der Wohnungen erhöhen müßte.
Berlin, den 4.ten Februar 1823.
(gez:) Hirt_________________________________________________________________________________
[Schinkel antwortet mit einem Votum vom 5. Februar 1823 auf das Gutachten von Hirt (Abschrift im GStA PK, I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett j. P., Nr. 20441, Bl. 26r-31v)]:
Copia.
B.
In lateinischer SchriftVotum / zu dem Gutachten des Herrn
Hofraths Hirt.
Einzig und allein habe auch ich bei dem neuen Entwurfe die Zweckmäßigkeit und die
Sparsamkeit vor Augen gehabt, sonst würde ich überhaupt einen neuen Entwurf für
die Anlage des Museums nicht bearbeitet haben, dessen Resultat, wie meine
aufgestellte Balance ergiebt, jene Absichten documentirt.
Ein solcher
Entwurf ist ein Ganzes, dessen Theile so genau zusammenhängen, daß darinnen
nichts Wesentliches geändert werden kann, ohne aus der Gestalt eine Mißgestalt
zu machen.
Nachdem erstens das Räumliche für den reinen Zweck der Sache
genau ausgemittelt ist, bleibt die Wahl der Verhältnisse und des Styls das
Nächste für den Künstler;
| 2diese Verhältnisse sind zuvörderst für das
Gebäude in sich, sodann aber auch für die Umgebungen des Gebäudes zu
berücksichtigen.
Dies sind im Allgemeinen die Ansichten, nach denen ich
meinen Entwurf in allen Theilen rechtfertigen kann, und ich verweise jeden
Unbefangenen nur auf die zwar flüchtigen, aber nach den Regeln richtig
aufgetragenen geometrischen und perspectivischen Ansichten des Gebäudes, wie sie
in den Rissen vorliegen.
Bei den 5 besonders herausgehobenen Punkten, deren
Änderung im Gutachten des Herrn Hofraths Hirt gewünscht wird, sehe ich mich aber
genöthigt noch folgende nähere Bemerkungen zu machen.
ad I.
a) Die
Rotunde ist erstens, wie die Wissenschaft lehrt, dasjenige Gebäude, was mit dem
geringsten Umfange den größten Raum umschließt.
b) Die Construction der
Rotunde ist statisch die einfach-gesetzmäßigste, unter den Construc-
| 3tionen bei weiten Räumen. Aus diesen beiden
Bemerkungen geht schon hervor, daß hinsichtlich der Kostbarkeit gegen andere
Constructionsarten kein Nachtheil da ist.
c) Die Rotunde läßt bei Räumen,
die ringsum beengt sind und Hindernisse einer gleichmäßigen Seitenbeleuchtung
finden, die großen Vortheile einer möglichst starken, überall schön vertheilten
Beleuchtung von oben zu, welche wie die Deckenfenster im Pariser Museum und
viele andere, zeigen, daß wenn sie sorgsam und verständig gemacht sind, sie
vollkommene Sicherheit gegen das Wetter gewähren.
d) Die Größe der
entworfenen Rotunde ist an sich keinesweges übermäßig colossal, und im Vergleich
mit den aufzustellenden Bildsäulen, wie die mit Bleistift in der Zeichnung
angegebene Proportion zeigt, durchaus nicht einmal auffallend; aber ein großer
und dabei schöner würdiger Raum, kann den darinnen aufgestellten
| 4
Gegenständen auch niemals nachtheilig sein; im Gegentheil wird er ihnen den
Vortheil bringen, daß der Beschauer sich darinnen erhoben und für den Genuß
empfänglicher fühlt.
Außerdem muß aber ein großer Raum in einem Gebäude
dieser Art sein, weil es auch colossale Gegenstände darinnen aufzubewahren
giebt; ich führe nur die Abgüsse der Colosse auf Monte cavallo an, die hier sehr
wünschenswerth sein würden.
e) Die vollkommene Feuersicherheit eines
solchen Baues, rechtfertigt ihn in diesem Falle überhaupt schon ganz.
f)
Daß nur ein Rundgebäude in der angegebenen Art, wie aus den eben angeführten
Gründen hervor geht, den für das Gebäude nothwendigen
Raum, in den einmal fest bestimmten Grenzen, zugleich mit schöner Form
hiergiebt, macht dasselbe in dem Plane unentbehrlich.
ad II.
Ein nur
drei Fuß hoher Unterbau, bei einem öffentlichen Gebäude dieser Art, ist aus Vier
triftigen Gründen völlig unstatthaft:
a) Der Boden von Berlin ist theils
locker, theils wiesenartig, er nimmt bei der abwech-
| 5selnden Witterung
des Nordens so viel Feuchtigkeit auf, daß er allen mit ihm in Verbindung
stehenden Gegenständen reichlich davon mittheilt. Mauern, selbst vom besten
Material, saugen ein, und werden unterhalb dadurch mehr genährt, als die
trocknere Luft in den besseren Jahreszeiten wieder fortnehmen kann. Wir sehen in
Berlin fast überall angegriffene Mauern bis hoch in die Geschosse hinein;
deshalb baut selbst der Privatmann in neuerer Zeit selten unter 4 - 7. Fuß aus
der Erde. Wie viel mehr Sorge muß man in dieser Rücksicht bei einem Bau haben,
der die Bestimmung hat, Schätze aufzubewahren,wo wir durch die Erfahrung im
alten Academie Gebäude so bittere Erfahrungen gemacht haben.
b) Ein
durchaus gewölbter Unterbau ist ebenfalls, aus dem oben über die Feuchtigkeit
Gesagten, unter allen Umständen erforderlich. Wenn nun der Bau die wenigen Fuße
höher geführt wird, als gewöhnliche
| 6 Bürgerhäuser, so stehen die
Kosten in gar keinem Vergleich mit den daraus erwachsenden Vortheilen, denn:
es werden dadurch alle jene Räume für den Castellan, für die Aufseher, für
Magazine und Geräthschaften, für die öconomischen Bedürfnisse, selbst für das
Studium gewonnen, welche sonst den oberen Räumen, die bei dem einmal gegebenen
Umfang keine Erweiterung zulassen, großen Abbruch thun würden; oder für welche,
wie Herr Hofrath Hirt will, ein neues Nebengebäude eigends aufgeführt werden
müßte, wodurch aber gegen die einfache Erhöhung des Unterbaues ein viermal
größerer Kostenaufwand entstehn, und ein schicklicher Platz für ein solches
Nebenhaus fehlen würde.
Außerdem gewinnt die Anstalt durch Vermiethung der
übrigen von ihr nicht benutzten Räume, in dieser Gegend der Stadt so
beträchtlich, daß ein großer Theil der Kosten für die Verwaltung der Anstalt
daraus ge-
| 7wonnen werden kann, ohne daß durch die Benutzung dieser
völlig feuersicheren und von dem eigentlichen Bau ganz abgeschiedenen Räume,
irgend das Geringste für die Sicherheit der Kunstschätze zu befürchten sein
würde. Rechnet man die Vortheile zu Gelde, so würde der Vorschlag des Herrn
Hofraths Hirt
erstens: An Mehrkosten für ein
eigenes Gebäude ..... 25,000 reichstaler
zweitens: An Verlust von circa 2000
reichstaler jährl. Miethe zu Capital gerechnet à 4 %
...............................................................................
50,000 "
________________________
mehr kosten in Summa
.............................................. 75,000 reichstaler
c) Diese in einer gewissen Höhe angelegten gewölbten Räume haben außerdem
noch den wesentlichen Zweck die Feuerungen der ganzen Anstalt aufzunehmen, deren
besonders das Local der Bilder bedarf, weil eine gewisse Temperatur die Bilder
in gutem Zustande erhält. Diese Feuerungen dürfen aber nicht in den Kunsträumen
selbst liegen, sie finden nur einen schädlichkeitslosen Platz im gewölbten
Unterbau, wo aber die angenommene Höhe eben nur knapp hinreicht, wenn
| 8 man nicht schlechte Kellerluft in die zu erwärmenden Räume führen will.
d) Endlich hat alles sein Verhältniß, und man versuche an den Zeichnungen,
ob, bei dem langen Gebäude, auch in dieser Rücksicht von der einmal calculirten
Höhe des Unterbaues, ohne Schaden etwas abgenommen werden könne.
Die
Freitreppe wird nach dem hiergesagten ebenfalls nothwendig, wird auch gewiß eine
große Zierde des Gebäudes und erfordert um so weniger unverhältnißmäßige Kosten,
als nach dem Vorschlage Sr. Excellenz des Geheimen Staats Ministers Herrn Grafen
von Bülow die Werkstücke aus den Brüchen von Nebra auf der schiffbar gewordenen
Saale hierzu jetzt wohlfeil geliefert werden können.
ad III.
Die Größe
der projectirten Säulen gegen den Lustgarten hin, ist ungefähr wie die der
Domsäulen; man denke sich Säulen von der halben Höhe in einer langen Reihe an
diesem
| 9 mächtigen Platze. Wie würde das Gebäude dadurch an
Einfachheit und Würde verlieren! und wie würde die Seitenansicht des Gebäudes
aussehen! Kostenersparniß wäre dabei gar nicht, denn man würde die doppelte
Anzahl von Säulen gebrauchen, wo also schon an mehrerer Arbeit der geglaubte
Vortheil verloren geht.
Aber kleine Halbsäulen durch zwei Geschosse
fortgeführt und aus Backstein construirt, wie Herr Hofrath Hirt auch in
Vorschlag bringt, werden, glaube ich, gegen eine wirkliche Säulenhalle niemals
in die Waage zu legen sein.
ad IV.
Die Säulen im Innern des ersten
Geschosses, sind als unumgängliche Constructionstheile nicht auszulassen. Wie
will man Balkenlagen bei solcher Tiefe und den darüber angebrachten
Einrichtungen, wo kein Hängewerk angelegt werden kann, auf eine andere Weise
halten? Aber zwischen Sculpturen wirken Säulen allemal schön,
| 10
besonders wenn sie wie hier weder Licht nehmen noch hinderlich sind, indem die
Abgüsse immer vor ihnen aufgestellt werden. (Fig: am Rande) [mit
Skizze]
ad V.
Darüber ist ad II. schon das Nöthige bemerkt
worden. Der schmale Saal, welchen Herr Hofrath Hirt anbringen will, ersetzt den
Raum der Rotunde nicht, noch bietet er für Aufstellung von Colossen gehörigen
Platz und nöthige Höhe, auch würde hier eine nicht symetrische Anlage der
Lichtöffnungen, und dadurch an einer Seite ein dunkler Winkel entstehen.
Endlich auch kann die Anlage eines so machtigen Gebäudes, wie das Museum
unter allen Umständen werden wird, eines würdigen Mittelpunkts nicht entbehren,
welcher das Heiligthum sein muß, in welchem das Kostbarste bewahrt wird. Diesen
Ort betritt man zuerst, wenn man aus der äußeren Halle hineingeht, und hier muß
der Anblick eines schönen und erhabenen Raums empfänglich
| 11 machen
und eine Stimmung geben für den Genuß und die Erkenntniß dessen, was das Gebäude
überhaupt bewahrt.
Was nun die Bedürfnisse betrifft, deren Abtheilungen
Herr Hofrath Hirt noch einmal aufgeführt hat, so waren diese schon bei den
früheren Entwürfen gemeinschaftlich in genaue
Ueberlegung gekommen, sie haben deshalb auch bei den neuen Plänen wieder zum
Grunde gelegen und ist darauf in aller Vollständigkeit Rücksicht genommen
worden.
Ueber das besondere Gebäude welches Herr Hofrath Hirt neben dem
Museum für die öconomischen Zwecke aufführen will, habe ich das Nöthige ad II.
schon erwähnt.
Im Allgemeinen bemerke ich noch, daß der Platz, auf welchem
das Gebäude stehen soll, als der Hauptplatz in Berlin, etwas Ausgezeichnetes
verlangt, und daß
| 12 man sich wohl vorzusehen habe:
nicht statt
des Einfachen und Großartigen, das Dürftige hinzustellen und diesen Hauptplatz,
statt ihn zu verschönern, zu verunzieren.
Berlin, den 5ten Februar 1823
gez. Schinkel.
[Die Kommission beschliesst ihre Zusammenkunft mit folgendem Protokoll (Abschrift im GStA PK, I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett j. P., Nr. 20441, Bl. 20r-23v)]:
Verhandelt Berlin, am 4.ten Februar 1823.
Gegenwärtig:
Seine Excellenz der Wirkliche Geheime Staats Minister Herr
Freiherr von Altenstein
Se: Excellenz der Wirkliche Geheime StaatsMinister Herr Graf von Bülow.
Se: Hochwohlgebohren der
Königliche Geheime Cabinets Rath, Herr Albrecht
Se: Hochwohlgebohren der Königl. GeneralMajor und GeneralAdjutant Sr.
Majestät, Herr von Witzleben
Se: Hochwohlgebohren der Königliche Geheime OberBau Rath Herr Schinkel
Se: Wohlgebohren der Königliche Hofrath und Professor Herr Hirt.
und
der Königliche
Regierungs Rath Tzschoppe
Die mitunterzeichneten StaatsMinister Freiherr von Altenstein und Graf von Bülow
hatten in Folge des an dieselben ergangenen Allerhöchsten Befehls Sr. Majestät
des Königs die von Allerhöchstdenenselben unterm 27. März praeteriti
ernannte Immediat Kommission zur Einrichtung des Museums auf heute versammelt,
um den von dem mit unterschriebenen Geheimen Rathe Schinkel Sr Majestät dem
Könige unterm 8ten
vorigen Monats vorgelegten Plan zum Bau des neuen Museums
am Lustgarten in gemeinschaftliche Berathung zu nehmen.
Dieser anderweite
Plan geht namentlich dahin, daß von dem früheren Sr Königlichen Majestät in dem
Kommissions Berichte vom 10. July praeteriti dargelegten und von
Allerhöchstdenenselben unterm 15tenejusdem genehmigten Plane der Einrichtung des Akademie
Gebäudes zur Aufnahme des Museums und mehrerer wissenschaftlicher Institute,
abstrahirt und ein völlig neues Gebäude, ausschließlich für den Zweck des
Museums, am Lustgarten, dem Königlichen Schlosse gegenüber, zum Theil auf dem
auszufüllenden Stromarme, an der Stelle gebaut werde, welche auf dem vorgelegten
Plane
| 2 No: I. mit den Zalen 6. 7. 8. 9. bezeichnet ist. Bei
Ausführung dieses Projects würde ausser der nur gedachten Ausfüllung des
Stromarmes - im Plane No: I. mit C. D. E. F. G. H. I. bezeichnet - die
Erweiterung des Kupfergrabens und an denselben eine neue zweckmäßigere Anlage
der Packhöfe, mit Benutzung des anzukaufenden Friedländerschen Grundstücks
bewirkt; die Freiheit der Schiffahrt würde hierdurch ungemein befördert; die
Verbindung der Dorotheenstadt mit Alt-Berlin würde mit dem Wegfallen der jezt
sehr oft aufgezogenen Pomeranzenbrücke besonders erleichtert; außerdem würde die
Gegend der Stadt nicht nur am Lustgarten, sondern die ganze Uferlänge bis zur
Schleusenbrücke hin, - wo an der Stelle des alten Packhofs eine Straße am Wasser
gewonnen und Gebäude mit schönen Façaden aufzurichten seyn würden - an Schönheit
bedeutend gewinnen und ungeachtet dieser vielen Vortheile, im Vergleiche zu dem
früheren Plane nach den jezt speziell veranschlagten Kosten des Ausbau's des
Academie Gebäudes, so wie des Abbaues der Militair- und Hofmarstalls Gebäude,
immer noch jedenfalls die sehr bedeutende Summe von 227.000. Thalern er-
| 3//spart werden.
Bei der nähern Prüfung dieses Projects geht die
unterzeichnete Kommission von der Voraussetzung aus, das Se Majestät auch für dessen Ausführung die
zur Ausführung des früheren Plans durch die Allerhöchste Ordre vom 25. July
praeteriti angewiesene Summe zu bewilligen geruhen würden; so wie
sie es sich zur höchsten Pflicht gemacht hat, unverrückt darauf zu halten, daß
auch bei Ausführung des neuen Plans der Betrag jener Summe von 700,000 Thalern
auf keine Weise überschritten werde. Der Geheime Rath Schinkel wird hiernach,
wenn nur erst über die Annahme des Projekts im Allgemeinen entschieden seyn
wird, die gegenwärtig auf 733,000. reichstaler veranschlagten Kosten,
durch Ersparungen bei den einzelnen Positionen, auf die Summe von 700,000.
reichstaler ermäßigen.
Die Kommission kann sich gegenwärtig,
nachdem bei Anfertigung der ausführlichen Anschläge über den Ausbau des
Akademie-Gebäudes und die erforderlichen Abbauten die völlige Unzulänglichkeit
der bewilligten Summe, um etwas Großes, Vollkommenes darzustellen, klar geworden
ist, nur dafür erklären, daß von diesem Plane abstrahirt und nach dem
anderweiten Projecte ein neues Gebäude, aus-
| 4schließlich für die
Aufnahme des Museums und diesem Zwecke in jeder Hinsicht entsprechend aufgeführt
werde. Die Kommission stimmt hierfür um so mehr, als dann auch zur
Sicherstellung des Ganzen die wirksamsten Maaßregeln möglich sind und nicht
weiter, wie dieß im Academie Gebäude der Fall seyn würde, von der Beleuchtung
und Heizung der darin ebenfalls untergebrachten Institute, so wie von den
vorgenommenen Experimenten, eine Besorgniß für die Kunstschätze des Museums
eintreten kann.
Demnächst hat die Kommission die Wahl des Platzes zur
Aufführung des neuen Gebäudes für das Museum überaus treffend gefunden und das
Gewicht der dafür sprechenden, oben angeführten Gründe um so mehr anerkannt, als
sich mit denselben auch die Rücksichten, welche die Einrichtung des Akademie
Gebäudes zum Museum empfelenswerth machten, z. B. der Mittelpunct der Stadt, die
Nähe anderer Pracht-Gebäude pp in vorzüglichem Grade vereinigen. Auch ist, wie
der Staats Minister Graf von Bülow nach vorläufiger Rücksprache mit einigen
Mitgliedern der Oberbaudeputation, noch ausdrücklich bemerkt, von dem Umstande,
daß das
| 5 Gebäude zum größten Theile auf dem ausgefüllten Stromarme
aufgeführt wird, nach dem jezt vorliegenden Projecte zum Bau, für die sichere
Aufbewahrung der Kunstschätze des Museums nicht das Geringste zu besorgen.
Es wurde hiernächst zur Prüfung des projektirten Gebäudes selbst, nach
Maaßgabe der vorgelegten Pläne sub II. III. IV. und V. geschritten.
Die
Majorität der Kommission fand so wenig gegen die innere Einrichtung als gegen
die äußere Form des Gebäudes etwas zu erinnern und war mit den dieserhalb auf
den Plänen enthaltenen Vorschlägen um so mehr ganz einverstanden, als der
Geheime Rath Schinkel bemerckte, daß in dem neuen Gebäude für das Museum ein
bedeutenderer Raum als in dem Akademie Gebäude gewonnen werde. Nur über die
Zweckmäßigkeit des Baues der Rotunde im Mittelpunkte des Gebäudes und die
vortheilhafte Aufstellung der gerade hier unterzubringenden Antiken, sowohl
wegen deren Beleuchtung als deren Verhältniß zu den darin anzubringenden Säulen
nach dem Plane No: V. wurden Zweifel erhoben, welche jedoch der p Schinkel für
die Majorität überzeugend
| 6 um so mehr beseitigte, als es für wohl
zuläßig erachtet wurde, die Rotunde vorläufig und bei den bedeutenden Räumen in
den übrigen Theilen des Gebäudes unbenuzt zu laßen und solche für kommende
Zeiten aufzubewahren. Die Majorität unterstützte ihre Ansicht von der
Zweckmäßigkeit der Rotunde mit Kuppel auch dadurch, daß ohne leztere das ganze
Gebäude einen nicht vortheilhaften Anblick gewähren und seiner schönsten Zierde
beraubt seyn würde.
Dagegen hat die Minorität bei den vorstehend
angedeuteten Bedenken gegen die Rotunde mit Kuppel verharrt. Der Hofrath Hirt
hat seine Zweifel in dem hier anliegenden Gutachten [A.] näher
auseinandergesetzt und darin auch seine Ansicht, daß er das Lokale im Akademie
Gebäude vorziehe, so wie seine Bedenken gegen den 12. Fuß hohen Unterbau des
neuen Gebäudes und gegen den Säulengang an der Façade gegen den Lustgarten zu,
ausgesprochen. Er will statt der kostspieligen Rotunde einen Arm mit zwei Sälen
in den zwei Stockwerken; anstatt des hohen Unterbaues einen von höchstens 3.
Fuß; anstatt des vorgeschlagenen Säulenganges - wozu der Staatsminister Graf von
Bülow inländisches Material,
| 7 den Nebraer Weissen Stein zu benutzen
beabsichtigt - Halbsäulen von Backsteinen oder Säulen nur von der Höhe des
untern Stockwercks. Der Hofrath Hirt glaubt dadurch den KostenAufwand vermindert
und die Antiken zweckmäßiger als in der Rotunde aufgestellt zu sehen. Der p Hirt
trägt darauf an:
nach diesen Ansichten den vorgelegten Plan zu modifiziren
und die Kosten des Baues nach diesen Modificationen von Neuem zu veranschlagen.
Die Majorität der Kommission beharrt jedoch bei ihrer oben ausgesprochenen
Meinung für die völlige Annahme des vorgelegten Plans; sie wird in dieser
Ansicht durch die angelegene von dem pp Schinkel überreichte Beantwortung der
Bedenken des pp Hirt [B.] noch mehr bestärkt, und verbleibt
bei derselben um so mehr, als die Ausarbeitung neuer Pläne und neuer Anschläge
eine neue Verzögerung in die Sache bringen würde. Uebrigens scheint ihr die
Minderung des KostenAufwandes bei Ausführung des Hirtschen Plans noch höchst
problematisch und ausserdem jede Verringerung der von Sr Majestät dem Könige für
den Bau des Museums Allergnädigst bewilligten Summe, unbeschadet
| 8 der
zweckmäßigen und würdigen Aufstellung um so weniger zulässig, als von dieser
Summe auch noch ein ansehnliches Quantum zur nothwendigen Verbesserung des
Academie Gebäudes in Abzug kommt. In keinem Falle kann die Majorität der
Kommission für irgend eine Modifizirung des vorliegenden Planes stimmen; sie
hält entweder die unbedingte Annahme desselben, oder die Ausarbeitung eines ganz
neuen für nothwendig.
Die unterzeichneten Staats Minister Freiherr von
Altenstein und Graf von Bülow haben es übernommen, die vorstehenden Ansichten
der Kommission, worüber eine baldige Bestimmung höchst wünschenswerth ist, zur
Kenntniß und Allerhöchsten Entscheidung Sr Majestät des Königs zu bringen.
actum ut supra
(gez:) Freiherr von Altenstein. Graf von Bülow. Albrecht
(gez:)
Tzschoppe
(gez:) v. Witzleben ist bis auf das schon mündlich in der
Conferenz geäußerte Bedenken wegen der Rotunde, in welcher ihm weder die
Beleuchtung noch die große Höhe für die Aufstellung der Statuen vortheilhaft
scheint - mit dem Inhalt einverstanden.
(gez:) Hirt hat das Protocoll, auch
die Beilage B. gelesen; er kann aber von seinen Ansichten nicht abgehen.
(gez:) Schinkel mit Bezugnahme auf sein beiliegendes Votum B.
[Kabinettsordre des Königs an die Staatsminister Freiherr von Altenstein und Graf von Bülow vom 24. April 1823 (zitiert nach D1, S. 249-250)]:
Ich habe auf Ihren Bericht vom 18. Februar dieses Jahres beschlossen, daß statt
des früher beabsichtigten Ausbaues des Academiegebäudes, dieses Gebäude den
Academieen der Wissenschaften und Künste, so wie seinen bisherigen Bestimmungen
verbleiben, und die innere Herstellung und der Ausbau desselben sich nur auf die
hiemit in Verbindung stehenden Zwecke beschränken, dagegen aber für das Museum
ein eigenes neues Gebäude auf dem dazu ausersehenen Platze am Lustgarten
errichtet, und der ganze damit zusammenhängende Plan der Verlegung des alten
Packhofs in Ausführung gebracht werden soll.
Was den Bau selbst betrifft,
so genehmige Ich, einverstanden mit der Mehrheit der Commission, den von dem
Geheimen Ober-Baurath Schinkel vorgelegten Plan nur mit dem Bemerken, daß die in
der Zeichnung zur Verzierung des Außeren angedeuteten Basreliefs wegbleiben
sollen.
In Absicht der Kosten setze Ich als unabweichliche Bedingung
hierdurch fest, daß mit der für den früher beabsichteten Bau von Mir
ausgesetzten Summe von siebenhunderttausend Thalern der jetzige Plan in seinem
ganzen Umfange, namentlich auch mit Inbegriff der auf das Academiegebäude noch
zu verwendenden Kosten, ausgeführt werden muß, und in keinem Falle auf irgend
einigen Nachschuß gerechnet werden darf. Dies kann Ich auch umsomehr erwarten,
als alle die Bauten, welche mit der früher beabsichtigten Unterbringung des
Museums im Academiegebäude im Zusammenhange standen, jetzt ganz wegfallen, und
außerdem auch noch bei dem Ankaufe des Friedländer'schen Grundstücks zum
Packhofe für neunzigtausend Thaler gegen die dafür angenommene Summe von
hunderttausend Thalern eine Ersparniß von zehntausend Thalern erreicht worden
ist, welches den zur Ausführung des Ganzen jetzt vernschlagten Kosten zu Hülfe
kommt.
Wenn die Special-Anschläge der Kosten gemacht sind, will Ich Ihre
Anzeige von dem Betrage derselben erwarten.
Friedrich Wilhelm