ad § 1 Nebst der Pflicht §. 5. im In lateinischer SchriftReglement 1790. noch diese, laut meiner Bestallung als In lateinischer SchriftVice-Director, daß ich auch mit für das Beste der Akademie sorgen soll.
ad § 2. Ich lehre den Schülern eine Figur aus der Idee entwerfen, sie richtig zu stellen, und zu beleuchten; dann mehrere Figuren zusammengruppiren, damit sie dadurch vorbereitet werden historische Gegenstände verfertigen zu lernen; daß sie die Leidenschaften der handelnden Personen, sowohl in den Stellungen als auch in den Geberden, gehörig ausdrucken und das richtige Costum der Kleider p beobachten
ad § 3 Ich lehre nach meinen mir gesammelten Kenntnißen
in der Kunst, ohne ein gedrucktes Lehrbuch zum Grund zu legen.
An guten
Zeichnungen, Kupferstichen, und andern hierzu dienlichen Kunstwerken fehlt es
mir nicht, und ich pflege durch diese, meine Schüler auf die Schönheiten sowohl,
als auf die Fehler aufmerksam zu machen, die man in solchen Kunstwerken
antrifft.
ad § 4. Nur die Schüler der Akademie, welche Architektur und Perspectiv verstehen und einen guten Akt nach der Natur zeichnen können, | 2 diese haben das Recht zu diesem Unterricht. Zu Prüfung dieser Fähigkeiten, lasse ich sie einen Entwurf in meiner Gegenwart machen.
ad § 5 Ich habe keine Zeit zu diesem Unterricht bestimmt;
die Schüler kommen so lange zur mir, bis sie micht nicht mehr nöthig haben.
Die Anzahl meiner Schüler ist abwechselnd, zuweilen habe ich 13 bis 14 p
gehabt, und jetzt habe ich ihrer nur 3.
ad § 6. Ich habe keine fixirten Tage oder Stunden zu
meinem Unterricht, die Schüler kommen wenn sie was entworfen haben, zu welcher
Zeit sie wollen. Dieses habe ich für die Lernenden sehr nützlich gefunden.
Mein Unterricht ist theoretisch und praktisch zugleich, und beydes ist
unzertrennlich, denn ein Künstler muß mit Mund und Hand zugleich lehren.
ad § 7. Alle Quartale habe ich bey meinem In lateinischer SchriftRapport über die Fortschritte meiner Schüler, ihre componirten Entwürfe nebst meinen Anmerkungen hierüber, dem Herrn Director übergeben.
ad § 8. Das Drappiren der Gewänder gehört zum Costum, von
ordentlichen Kleidungsstücken zum Gliedermann, kenne ich keine auf der Akademie,
als die so ich habe machen lassen, und welche mit nächsten zum Nachzeichnen
sollen benutzt werden
Die Aufsicht über dieses Nachzeichnen ist mir bis
dato noch nicht aufgetragen.
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ad § 9. So wie ich jetzt den Schülern meinen Unterricht mittheile, fehlt mir nichts, sollte ich aber diesen Unterricht erweitern können, dann würde ich das mir Fehlende anzeigen.
ad § 10. Wenn derjenige der das Patent als In lateinischer SchriftEleve haben will, dasjenige kann, was die Akademie von ihm fordert, so ist es ganz gleich, ob er seine Kunstkenntniße durch mich oder durch einen andern erhalten hat. Freylich ist es doch nur ein In lateinischer SchriftTitular-Eleve
ad § 11. Für die bessere Beleuchtung des Modells auf der Akademie, wäre es gut, wenn die große Lampe etwas mehr in die Höhe gezogen werden könnte. Auch fehlen uns beym Stellen des Akts mancherley Kleinigkeiten, die dazu nöthig sind, das Modell in einer unbeweglichen und unveränderlichen Stellung zu erhalten.
Uebrigens werde ich jede Gelegenheit, die mir gegeben wird, zur Erweiterung nützlicher Einrichtungen mitzuwirken, mit vielem Vergnügen, und als Pflicht ergreifen, welches ich aufrichtig versichere, und mit vorzüglichster Achtung bin
J. W. Meil junden 7ten März / 1798.
Annotationen von Genelli
Annotazionen zu des Hrn Vicedirectors Meil Bescheid, d.d. 7. Merz - 98 -
ad N. 1. zeigt an daß Hrr. In lateinischer SchriftMeil
In lateinischer SchriftVicedirektor ist.
ad. N. 2. Eine Figur richtig
entwerfen, lernt der Künstler durch's Zeichnen nach der Natur, und durch
fleißiges Beobachten derselben: was ihn zu ihrer richtigen Stellung noch
beigebracht werden kan, lehrt die Gravitazionslehre. Sie richtig beleuchten,
lehrt die Perspektive. Was an der Darstellung der Leidenschaften, oder
allgemeiner zu reden, an der Karakteristik - denn auch die
leidenschaftslosen Figuren sollen ihren Ausdruk haben - lehrbar ist, werde
ich bei der Anatomie anzeigen. Das Kostum lehrt, für die Vorzeit, die
Altertumskunde; die Sitten der Götter lernt man aus den Dichtern; unser
eigen Kostum fangen schon Mütter und Ammen an, uns zu lehren.
Bleibt
also für die Komposizionslehre, daß Gruppiren der Figuren. Wie stellt sie
sich an dies zu lehren? Zeigt sie uns etwa alle die unpäslichen
Gegeneinanderstellungen, in welchen ein paar Personen sich mit einander
unterreden, gegen einander streiten, einander liebkosen, von einander
scheiden, oder neben einander schweigen können? - oder lehrt sie blos - was
man ebensowenig im allgemeinen lehren kan - die vortheilhafteste, d.h. die
unzweideutigste, die reinste Ansicht jeder möglichen Zusammenstellung
treffen? Aber was daran zu lehren, zeigt wiederum die Perspektive: und wird
der je eine Darstellung hervorbringen dem die Phantasie nicht von Natur ihre
Bilder von der rechten Seite vorstellt, oder hat ein solcher gar Phantasie,
wie sie zum Künstler erfordert wird? und wer diese Phantasie hat, wird der
wohl Maximen und Regeln im Gedächtniß haben können, wenn jene thätig ist?
Das Lehramt für die Komposizion ist unnüz. Denn, soll die Kunst der
Erfindung und Zusammensetzung in der völligen eigentümlichen Freiheit
erhalten werden, ohne welche sie überhaupt nichts mehr ist, so kan sie
entweder gar nicht gelehrt werden; oder sie ist in zwei Worten vollendet -
Schreibe nichts stükelweis hinter einander nieder, wie ein
Hieroglyfenschreiber; sondern laß nur das zur Realität gelangen, was mit
einemmal, ein völliges, gediegenes Ganzes, fertig und gerüstet, wie Minerva
aus dem Haupte Jupiters hervorsprang, in deiner Seele aufstieg. Soll sie, um
einen Lehrer zu beschäftigen, sich auf einseitige Maximen, auf kleinliche
Stratageme, auf Koketerien, auf Handwerkskniffe einlassen; so muß man sich's
zum Gesez machen, nur nach diesem Plunder zu urtheilen, um den Künstler, der
ihn lieber nie gehört hätte, zu zwingen,
| 2 sich in seinen Werken
danach zu richten. Die Väter der Kunst werden vergessen in den Staub sinken;
und die neue saubere Zucht wird ewig nur ihr armes In lateinischer Schriftpensum zu wiederholen wissen. Es ist unnüz: denn auch sie muß troz allem ungehorsam werden. Alle Pierre's und Boucher's, die nach solchen Systemen Schildereien
zusammenwählten, und die so fertig in dieser Uebung waren, mußten dennoch
immer von ihrem Gesez abweichen, um ihre Produkte nur einigermaßen über den
Rang sinnloser Farbenmarmelade zu erheben.
Man stelle mir welchen
Lehrer der Komposizion man will, entgegen, und ich werde ihm beweisen, daß
er auch in seinen schlechtesten In lateinischer SchriftVignetten nicht
einen Augenblik seiner eigenen Lehre treu bleibt: weil er's in der That
nicht kan.
Dieses Lehramt ist aber auch schädlich. Denn es enthält ein
implizites Verbot, nichts Eigenes, nichts Originelles, Genialisches; nichts
Selbstempfundnes - was nur allein wieder verstanden werden kan, und allein
nur genießbar ist - je wieder hervorzubringen. Mit dem Werth der Gedanken,
geht auch der Werth richtiger Zeichnung, und Karaktervoller Darstellung des
Einzelnen verloren: und so tödtet es die Kunst; und ist folglich dem Zwek
einer Akademie entgegen.
Ich trage demnach auf Einstellung dieses
LehrAmtes an. Ein so verdienstvoller Mann wie Hrr In lateinischer SchriftMeil, ist schon als Vize-Direktor der Akademie so nüzlich, oder
kan es noch werden, daß er auch ohne dieß Lehramt auf ihren Dank rechnen
kan. Sollte man aber aus Deferenz diese Lehrstelle einstweilen noch
beibehalten wollen, so trage ich darauf an, daß sie in Zukunft nicht wieder
besezt werde.
ad N. 3. Die einzige Gute Uebung für die Komposizion,
ausser das eigene Komponiren, ist, gute Kunstwerke zu beurtheilen. Dies
sollte aber nicht einer ausschließlich, sondern jeder akademische Künstler,
vor den Schülern anstellen.
ad N. 4. Architektur und Perspektive
verstehn, soll mahl hier soviel bedeuten, als einen architektonischen Aufriß
in Perspektivische Projekzion zu bringen wissen.
ad N. 5. Die Zahl der
Schüler haben glüklicherweise schnell abgenommen.
ad N. 7. Ich wünschte
wohl einen solchen Rapport zu Gesicht zu bekommen, denn ich bezweifle nicht
wie er anders als ungefähr so abgefaßt sein könne " NN ist ein vortreflicher
Schüler: denn er komponirt
| 3 grade wie ich haben will. NN aber
taugt nichts zum Künstler: denn er will immer nach eigener Grille entwerfen"
Und da möchte der meist Gelobte wohl der Hofnungsloseste für die Kunst sein:
und soll ihn der Senat beurtheilen, so möchte ihr Tadel über sein Werk
öfters den Meister treffen.
ad N. 8. Ueber die Gliedermänner und ihre
Gewander, wird im Rapport über die Klassen folgen.
ad N. 10. Was liegt
an dem Unterschied zwischen wirklichen und Titular-Eleven, so bald man nicht
vor allem sich in Authorität sezen will.
ad N. 11. Diese Anmerkung
finde ich richtig. In lateinischer Schrift
Genelli