Rom den 17 ten Feb. 1792.
Verehrtester Herr Pfarrer!Ich empfieng bereits zu viele Beweise Ihrer menschenfreundlichen Güte, als daß ich nöthig hätte, durch Umwege mit einer Bitte vor Sie zu kommen. Freund Heisch, der von allem unterrichtet ist, und selbst dieß Schreiben, als Einschluß an Sie bestellen will, versichert mich Ihres fortdauernden besten Willens gegen mich.
Die natur meines Gesuches wird Ihnen aus dem Brief nicht bekannt.
[Schließen]beygelegten Briefe deutlich werden, so daß ich nicht bedarf, weiter was beyzusetzen, als daß
ich wünsche, der einschluß
ver
möchte
vermittelst Ihrer an die Vermutlich Melchior Baron von Grimm gemeint. Es ging wohl um das
Bemühen Hirts, die Stelle von Reiffenstein zu übernehmen, der eine
russische Pension erhielt. Reiffenstein stirbt am 6. Oktober 1793 in
Rom, war jedoch schon einige Zeit davor aus Krankheitsgründen nicht mehr
in der Lage, seine Cicerone-Tätigkeit in vollem Umfang auszuüben. An
Anna Amalia schreibt Hirt am 31. Mai 1792: "Die andauernde
Schwächlichkeit sezte den Herrn Rath Reiffenstein außer Stand, etwas für
Fremde zu thun, und so wandte sich alles an mich." - Vgl. zu diesem
Vorgang auch den Brief von Hirt an Anna Amalia vom 21. Juni 1794.
[Schließen]angezeigte Person kommen. Auf was Weise, mittelbar, oder unmittelbar, wirksam oder
unwirksam, laße ich Ihnen und dem Himmel über. Ich glaube in den Umständen,
worin ich mich versezt finde, mir schuldig zu seyn, die Augenblicke mit Vorsicht
zu benutzen, wodurch ich in einen Zustand versezt werden könnte, in meinem Fache
wirksamer und thätiger zu werden. Ich hätte verschiedene Wege gehabt, die Sache
einzuleiten; allein man hat mich versichert, daß derjenige durch den Herrn v. Grimm der sicherste und geradeste
wäre. Ich kenne Ihre Verhältniße mit diesem Manne, oder auch andere Kanäle,
| 2 die Ihnen vielleicht offen stünden, zu wenig. Da Sie nun die Natur
meines Gesuches kennen, so walten Sie, wie Sie wollen; Ihr guter Wille ist mir
Bürge für die Zweckmäßigkeit Ihres Verfahrens.
Brief erschlossen an Melchior Baron von Grimm,
etwa 17. Februar 1792.
[Schließen]Wenn ich in dem Schreiben an Grimm anders nicht schon zu viel von mir gesprochen
habe, so bitte ich beyzufügen, was zur vollkommnen Verständigung vielleicht
nöthig wäre. Ich ließ voriges Jahr eine (Luigi Hirt): Osservazioni
Istorico-Architettoniche sopra il Panteon. - Eine erweiterte Neuausgabe
in deutscher Sprache erschien 1807.
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Abhandlung über das Pantheon dr in italienischer
Sprache
hier drucken. Ich wünschte, daß dieselbe in Ihren Händen wäre; denn da es
das fertigste meiner bißher geschriebenen Sachen ist, so könnte ein Urtheil über
meine künftigen Arbeiten bestimmter seyn.
Ich habe nun den Weg meine Aufsäze in periodischen Blättern bekannt zu machen
aufgegeben. Ich arbeite iezt an drey weitschichtigen materien: erstlich: Die Baukunst nach den Grundsätzen der
Alten.
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Die Geschichte der Baukunst der
Alten
. zweytens: Ueber die Charakteristik, als Hauptgrundsatz der
bildenden Künste bei den Alten. - Siehe auch: Aloys Hirt: Versuch über
das Kunstschöne. In: Die Horen, eine Monatsschrift hrsg. von Schiller.
(Jg. 3) 1797 (= Bd. 11), Stück 7. Tübingen: Cotta 1797, S. 19-28. -
Aloys Hirt: Laokoon. In: Die Horen, eine Monatsschrift von Schiller.
(Jg. 3.) 1797 (= Bd. 12), Stück 10. Tübingen 1797, S. 1-26. - Aloys
Hirt: Nachtrag zu Laokoon. In: Die Horen. 1797, Stück 12, S.
19-28.
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Die Karakteristik, oder die Grundsäze der
Alten in den bildenden Künsten
, und 3
tens
eine Hirt hat kein grundlegendes Werk dazu verfasst,
sondern lediglich Einzelstudien, wie über das Gemälde "Die Mutterliebe"
von Ignaz Unterberger (1808) oder die Berliner Kunstausstellungen (1798;
1815).
[Schließen]kritische Kunstgeschichte
der modernen Kunst. Die Vorarbeiten sind größtentheils gemacht, aber die Ausführung
erfoderte noch eine hilfreiche Hand, erstlich um Zeit zu gewinnen, und 2
tens
um die nöthigen Unkosten für Kupferplatten zu bestreiten.
| 3
Wie sehr wünschte ich, einen Monat so einmal vertraut um Sie zu seyn: freylich in
Rom, im Mittelpunkt aller
großen Schäze des Genies. Unglücklich, daß Rom nicht Schreibversehen, statt: Zürich.
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Genf
ist:
wieviel würde ich an Ihrer Seite lernen!
Wegen dem Auftrage die vorzüglichsten Christus- und Marienköpfe an Heisch sind bereits Vorkehrungen getroffen. Was ich in jeder Rücksicht meinerseits beytragen kann, geschieht herzlich gern.
Alle Jahre lerne ich einige intereßante Menschen kennen, die von Ihnen herkommen, und Ihnen mit Herz und Mund zugethan sind. Graf v. Hollberg ist vor wenigen Tagen nach Neapel abgereist. Ich hoffe denselben den Sommer über hier zu besitzen.
Ich verbleibe mit der Wärme einer wahren VerehrungIhr
treuergebner
Aloys Hirt.