1Das Editionsprojekt besteht aus zwei Teilen: aus der Privatkorrespondenz Hirts sowie aus dessen amtlicher Korrespondenz. Beide Teile ergänzen einander und sind durch die Register verbunden.

2Briefe und amtliche Dokumente illustrieren sowohl wissenschaftsgeschichtliche Zusammenhänge vor der institutionellen Ausdifferenzierung der Wissenschaften als auch Berliner Akademiegeschichte und deutsch-französische Kulturgeschichte während der Napoleonischen Besetzung. Die Texte geben Einblick in die Wissensströme und die Gelehrtendiskurse der Zeit und haben einen hohen Quellenwert für die Erforschung der Umbruchzeit um 1800.

3A. Die Edition der Briefe

4Der Gesamtbriefwechsel reflektiert verschiedenste Themenfelder, wobei zwei besonders hervortreten:

51. Vom Cicerone in Rom zum Kunstberater des preußischen Hofes

6Hirt wurde nach seinem Eintreffen in Berlin Ende des Jahres 1796 Ordentliches Mitglied beider Akademien und wichtiger Kunstberater des preußischen Königshauses. Seine einzigartige Karriere in Berlin war durch seine immensen Kenntnisse der antiken Denkmäler und der altitalienischen Malerei, die sich der Autodidakt in Italien angeeignet und als fachkundiger Cicerone vielen namhaften Italien-Reisenden vermittelt hatte, vorbereitet worden. In Rom war er u.a. mit Goethe, Karl Philipp Moritz und Johann Gottfried Herder bekannt geworden und hatte sich als Kunst-Führer der Fürstinnen Louise von Anhalt-Dessau und Anna-Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, der Gräfin Lichtenau, des englischen Prinzen Augustus Frederick Prince of Wales und des Grafen Ernst Friedrich Herbert zu Münster einen Namen gemacht, die ihn in der Folgezeit in vielerlei Hinsicht unterstützten. War es zu dieser Zeit ein Privileg eines kleineren Kreises, die antiken Stätten und Kunstsammlungen für kurze Zeit selbst in Augenschein nehmen zu können, so war Hirt gegenüber den meisten Italien-Reisenden im Vorteil, da er viele Jahre lang die Kunstwerke immer wieder neu studieren und seine Kenntnisse in der fachlichen Diskussion mit seinen Begleitern modifizieren konnte. Dieser Gedankenaustausch hielt auch nach seinem Weggang aus Rom in Briefform an. Mit der Gräfin Lichtenau, der kunstsinnigen Mätresse Friedrich Wilhelms II., die nach Vorschlägen Hirts Kunstwerke für den Berliner Hof angekauft hatte, unterhielt er in den 1790er Jahren eine Art Arbeitsbeziehung. Zusammen verfolgten sie sogar den Plan einer Studienreise nach Ägypten, die jedoch durch den Tod des Königs und den gegen die Gräfin angestrengten Prozess nicht realisiert werden konnte. Mit Karl Philipp Moritz gründete Hirt die in Berlin erscheinende Zeitschrift „Italien und Deutschland in Rücksicht auf Sitten, Gebräuche, Litteratur und Kunst“, für die er kunsthistorische und kunstkritische Beiträge lieferte. - Diesem Themenkreis sind die Korrespondenten Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach, Goethe, Herder, Louise von Anhalt-Dessau, Friedrich v. Matthisson und Georg Zoëga zuzuordnen. Von Rom aus ergibt sich eine Verbindungslinie nach Berlin, vor allem vertreten durch die Gräfin Lichtenau, die als Vertraute Friedrich Wilhelms II. Italien bereiste, durch Hirt in Rom eine kunsthistorische Ausbildung erhielt und in Berlin entsprechend wirksam wurde. Der preußische Hof ist vertreten durch die Könige Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III. sowie den Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.), wie auch den Prinzen Wilhelm, den jüngeren Bruder von Friedrich Wilhelm III.

72. Hirt als Wissenschaftskommunikator und Pionier der Architekturgeschichte und Ägyptologie

8Hirt war im wahrsten Sinne des Wortes ein Wissenschaftskommunikator und –popularisator und – modern formuliert – ein „Netzwerker“. Nur ein Teil seiner wissenschaftlichen Korrespondenz ist überliefert. Innerhalb der Gesamtkorrespondenz stellen Hirts Briefe an Karl August Böttiger den größten Einzelbriefwechsel dar (die Gegenbriefe sind nicht überliefert). Es ist heute wenig bekannt, dass Hirt wie auch Karl August Böttiger Mitbegründer der modernen Archäologie waren und den Zeitgenossen als Autoritäten für das Studium der Klassischen Antike galten. Beide pflegten ein über 30 Jahre währendes wissenschaftliches Gespräch. Beschränkte sich die archäologische Forschung der Zeit weitgehend auf Griechenland und Rom, so erweiterte Hirt, damit in der Tradition Winckelmanns stehend, den Untersuchungsgegenstand auf Ägypten. Seine Vorträge ab 1810 widmeten sich der ägyptischen Baukunst, von den Pyramiden bis zum Wasserbau. Er war der festen Überzeugung, „daß man nur durch Aegypten in die Meinungen und Culturgeschichte anderer Volker eindringen kann“.[3] Ebenso befasste er sich mit der Archäologie der „nordischen Altertümer“.

9Die Architekturgeschichte wurde zu Hirts zentralem Anliegen. Sein Wirken markiert den Beginn der Berliner akademischen Bauforschung. 1805-16 erschien das „Bilderbuch für Mythologie, Archäologie und Kunst“, 1809 das Lehrbuch „Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten“, 1821-27 das 3bändige Überblickswerk „Die Geschichte der Baukunst bei den Alten“ und 1833 schließlich „Die Geschichte der bildenden Künste bei den Alten“. „Mit seiner enzyklopädischen, systematischen und zugleich den jeweiligen historischen Kontext in großer Breite berücksichtigenden Darstellung der antiken Kunst“, so Adolf H. Borbein, habe Hirt „einen Typus von Kunstgeschichtsschreibung erstmals verwirklicht, der für das 19. Jh. und bis zum Ersten Weltkrieg verbindlich blieb“.[4] Die Neue Deutsche Biographie sieht entsprechend in Hirt einen „Vorläufer F. Kuglers“.[5]

10Einen Schwerpunkt der Briefe stellt die kunsthistorische Analyse und Einordnung zahlreicher antiker und zeitgenössischer Kunstobjekte dar, wobei verschiedene wissenschaftliche und ästhetische Ansichten gegenübergestellt werden, was Aussagen zum zeitgenössischen Kunstgeschmack und zur Entwicklung eines Kunstkanons ermöglicht. Hirt veröffentlichte nicht nur zahlreiche Bücher und Aufsätze zu diesen Themen (u.a. in Wielands „Neuem Teutschen Merkur“, in Schillers „Horen“, in der „Eunomia“, in Böttigers „Amalthea“, im „Freimüthigen“, in der „Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten, die Architektur betreffend“ oder als Rezensent in den von Hegel mitbegründeten „Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik“), sondern hielt ebenso viele Vorträge in den Akademien, in verschiedenen Vereinen und Vorlesungszyklen an der Berliner Universität. - Die autonome Positionierung seiner Kunstanschauung und sein „Stolz, in Kunstsachen infallibel seyn zu wollen“, wie sein Freund, der Verleger Johann Daniel Sander urteilte (Sander an Böttiger, 9. Sept. 1805), brachte ihm auch vielfach Kritik ein, u. a. von Fernow, Herder, Goethe, Levezow und den Brüdern Schlegel. - Diesem Schwerpunkt sind Gelehrte, Altertumsforscher, Philologen, im weitesten Sinne Hirts „Kollegen“ in Berlin und ganz Deutschland zuzurechnen: Karl August Böttiger in Dresden; der Altertumsforscher und Schriftsteller Joseph v. Laßberg, der u.a. eine einzigartige Sammlung mittelalterlicher Handschriften besaß; der Sprachwissenschaftler und Archäologe Friedrich Wilhelm Thiersch, ab 1814 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Sekretär der philologisch-historischen Klasse, der (ähnlich wie Hirt in Berlin) mit der Rückführung der von Napoleon geraubten (bayerischen) Kunstschätze betraut war; der klassische Philologe und Archäologe Friedrich Gottlieb Welcker; der preußische Offizier und Archäologie-Dilettant Johann Heinrich Menu v. Minutoli, der 1820 eine Orientreise unternahm und im königlichen Auftrag Kunstankäufe tätigte, die später den Grundstock für das Ägyptische Museum in Berlin bildeten; der Gymnasialdirektor und Universitätsprofessor für orientalische Sprachen Johann Joachim Bellermann; der Schweizer Prediger, Philosoph und Verfasser der „Physiognomischen Fragmente“ Johann Kaspar Lavater; der wohlhabende Gelehrte und Dichter Johann Isaak v. Gerning in Frankfurt a. M., der sich am Königshof in Neapel aufgehalten hatte und große Sammlungsbestände, u.a. eine Münz- und eine Antikensammlung, besaß; der Mitarbeiter an Basedows Philanthropin in Dessau und Übersetzer altrömischer Schriftsteller (u.a. der Zehn Bücher über Architektur von Vitruv) August Rode.

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12In der Edition werden auch die nicht überlieferten, sogenannten erschlossenen Briefe verzeichnet. Diese ca. 370 bezeugten Briefe dienen dazu, dem Gesamtbriefwechsel näher zu kommen. In einem Fall musste ein ganzer Briefwechsel erschlossen werden, nämlich die sehr dichte, über viele Jahre geführte Korrespondenz zwischen der Fürstin Louise von Anhalt-Dessau und Hirt, von der nur ein einziges Schriftstück, die testamentarische Verfügung der Fürstin, überliefert ist und alles Weitere in vagen Umrissen aus ihren Tagebucheintragungen entnommen werden musste.

13B. Die Edition der Amtlichen Schriften

14Bisher wurden mehr als 470 Einzeldokumente ermittelt. Davon gehören 58 Schreiben zum Komplex Akademie der Wissenschaften, mehr als 60 zum Komplex Akademie der Künste und 14 zur Bauakademie. Mehr als 300 Schreiben sind dem Themenkomplex Museumskommission zuzuordnen sowie einige wenige anderen angrenzenden Themen. Es handelt sich dabei vor allem um Voten und Promemorien Hirts in den beiden Akademien sowie um die Dienstkorrespondenz zwischen Hirt (und Schinkel) und dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten (ab 1817 kurz: Kultusministerium). Es sind demzufolge verschiedene Quellengattungen vertreten: darunter Denkschriften, Instruktionen, Anfragen, Eingaben, Korrespondenzen. Die Berichte und Gutachten an das Kultusministerium in Angelegenheit des königlichen Kunstmuseums sind nur zu etwa ¼ von Hirt allein verfasst; zu ¾ sind sie von Hirt und Schinkel gemeinsam unterschrieben. Sie sind meist von einem Schreiber, einige aber auch eigenhändig von Hirt ausgefertigt.

15Hirts amtliche Tätigkeiten wurden bislang nicht zusammenhängend dargestellt. Es fehlt eine Überblicksdarstellung seiner breit gefächerten Wirksamkeit auf Basis des umfangreich überlieferten Quellenmaterials. Diese Lücke soll durch das zweite Teilprojekt geschlossen und „der ganze Hirt“ in seinen verschiedenen Beziehungsgeflechten nacherlebbar gemacht sowie kulturpolitische Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse erkennbar werden. Damit eröffnet die Edition einen gründlichen Einblick in die komplexen Zusammenhänge innerhalb der Kunst- und Kulturpolitik des preußischen Staates am Ende des 18. und im frühen 19. Jahrhundert, dazu ein Stück Berliner Akademiegeschichte, besonders zu Zeiten der Akademiereformen. Die amtlichen Schriften zeigen deutlich die kunst- und kulturgeschichtlichen Leistungen Hirts wie auch seine Irrtümer und Fehleinschätzungen; sie zeigen das Neue an Hirts Einschätzungen der ägyptischen Kunst und Architektur wie auch der „nordischen Malerei“ einerseits wie auch sein Stagnieren bei der Herausbildung einer veränderten Kunstanschauung (vertreten durch Schinkel, Waagen, Rumohr, W. v. Humboldt) andererseits. Hirt war ein großer Anreger und emsiger Gestalter, dessen Erfolge und dessen Scheitern die Kunstdebatten der Zeit widerspiegeln. Es geht weniger um die Anerkennung von Hirts Leistungen – dies ist in letzter Zeit wiederholt geschehen –, sondern um seine kulturhistorische Einordnung, die Bewertung seiner kunst- und architekturhistorischen Dispute, seine Stellung in der Gelehrtenwelt wie auch innerhalb einer monarchisch dominierten Wissenschafts-, Kunst- und Baugeschichte.

16Weist der private Briefwechsel Hirts erhebliche Lücken auf (bedingt vor allem durch das Fehlen seines Nachlasses), ist dies bei den amtlichen Schriften in geringerem Maße der Fall, da diese durch die jeweilige Behörde archiviert wurden und auch die ausgegangenen Schreiben als Aktenabschriften dokumentiert sind.

17Als Schwerpunktthemen treten hervor:

18a) Hirt als Mitglied beider Akademien in Berlin und als Mitbegründer der Bauakademie

19Kurz nach seinem Eintreffen in Berlin im September 1796 wurde Hirt am 29. Oktober 1796 Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste und am 3. November 1796 Ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Seine Mitgliedschaft in beiden Akademien und seine Stellung bei Hofe machten Hirt zu einem einflussreichen Mann in Berlin. Er brachte sich mit Engagement in die Akademiegeschäfte ein. Dabei ging es um seine Arbeit im Münz- und Medaillenkabinett, um Vorschläge für neue Mitglieder, um den Napoleonischen Kunstraub und das Aushandeln eines Ersatzes für die entwendeten Kunstwerke, um die Neuorganisation der Akademien und neue Akademiereglements sowie um Entwürfe für Denkmäler, Gedenkmedaillen und Schaumünzen. So wurde auf seine Anregung vom 15. Juli 1806 hin auch Goethe als auswärtiges Mitglied aufgenommen. Anlässlich der Übersendung des Diploms schrieb Hirt an Goethe: „Ihnen habe ich die erste Aufmunterung in den Studien, die von meinem Leben unzertrennlich sind und den ersten Ehrennahmen, der mich der Welt näher empfehlen sollte, zu verdanken. Sie haben der Welt gleichsam die erste Hofnung von mir gegeben.“[1] Ab 1799 hielt Hirt Vorlesungen an der neu gegründeten Bauakademie zur Geschichte der Architektur; zu seinen Schülern gehörten Schinkel und Rauch. Nachdem sich Hirt anfangs stark für die Gründung einer eigenständigen Bauakademie eingesetzt und deren Einrichtung kenntnisreich begleitet hatte, führten divergierende Ansichten zwischen Hirt und dem Kuratorium der Bauakademie über den Inhalt seiner Vorlesungen schließlich 1806 zu seinem Austritt.

20Hirt war ein scharfer Kritiker des französischen „Kunstraubs“. Dies betraf sowohl den Abtransport der Kunstwerke von Rom nach Paris wie auch die Konfiszierungen preußischer Kunstschätze nach der Niederlage 1806. Eine Bittschrift der Akademie der Wissenschaften an Napoleon, die den Kunstraub verhindern sollte, hatte allerdings keinen Erfolg. Im weiteren Verlauf ging es um die Verhandlungen insbesondere mit dem Direktor des Musée Napoléon, Dominique-Vivant Denon, von den geraubten Antiken Gipsabgüsse zu erhalten. Zusammen mit dem Oberaufseher über die königlichen Sammlungen, Jean Henry, war Hirt die Schätzung der geraubten Kunstwerke übertragen worden. Bei den Verhandlungen um die Auswahl der Kunstschätze, von denen Gipsabgüsse und Abdrucke gemacht werden sollten, und bei den Vorschlägen von Ersatzleistungen hatte Hirt wiederum eine zentrale Stelle inne. Klar erkannte er in den von Denon angekündigten Abgüssen lediglich ein erbärmliches „cadeau“.

211812 wurde Hirt zum Auswärtigen Mitglied der Wiener Kunstakademie berufen, 1820 erhielt er die auswärtige Mitgliedschaft der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

22b) Hirt als Anreger und Organisator des ersten Berliner Kunstmuseums

23Im September 1797 hatte Hirt in einer öffentlichen Sitzung der Kunstakademie zur Feier des Geburtstages von Friedrich Wilhelm II. den Vorschlag unterbreitet, ein Museum in Berlin zu errichten, in dem die königlichen Sammlungen zusammengefasst und öffentlich zugänglich gemacht werden sollten. Das Museum stellte für Hirt eine Bildungseinrichtung zum Studium der Kunstwerke dar, eine Ergänzung zur Ausbildung an der Kunstakademie. Außerdem sollte es das Prestige für die Haupt- und Residenzstadt heben. Die Realisierungsversuche dieses Museumskonzepts beschäftigten Hirt in den folgenden Jahrzehnten anhaltend. Er ist an allen Entwicklungsetappen der Einrichtung eines preußischen Kunstmuseums beteiligt, anfangs allein, ab 1822 gemeinsam mit Karl Friedrich Schinkel. Nachdem er die Errichtung eines öffentlichen Bildungsmuseums der europäischen Kunstgeschichte in Berlin 1797 initiiert und 1798 einen ersten eigenen Museumsentwurf vorgelegt hatte, erging an ihn 1820 ein Kabinettsbefehl des Königs, die in den verschiedenen preußischen Schlössern verteilten königlichen Kunstschätze zu sichten und eine Auswahl für ein Museum zu treffen. 1821 erfolgte der Ankauf der bedeutenden Kunstsammlung des englischen Kaufmanns Edward Solly, für die sich Hirt vehement eingesetzt hatte. Die aus dieser Sammlung für das Museum ausgewählten Bilder machen den Kernbestand der Berliner Gemäldegalerie aus. Die Auswahlkommission für die auszustellenden Bilder bestand aus Hirt und Schinkel, von denen immer wieder Gutachten zu Antiken oder Gemälden, die zum Kauf angeboten wurden, angefordert wurden. Hirt war damit Entscheidungsträger bei der Auswahl der Kunstobjekte für das Museum, bei der Bewertung und dem Ankauf von Kunstwerken, bei der Auswahl restaurierungsbedürftiger Objekte wie auch bei Art und Umfang der Restaurierungen. Ihm oblagen die Aufsicht über die Restaurierungsarbeiten, die Auswahl und Anmietung der dafür nötigen Gebäude, Personalentscheidungen (Einstellungen, Gehaltszahlungen, Prämien) bis hin zu Feuerversicherungen. Die Dienstkorrespondenz von Hirt und Schinkel verlief in der Regel über Karl vom Stein zum Altenstein, dem ersten Ressortchef des Kultusministeriums, der als enger Vertrauter des Staatskanzlers von Hardenberg für Kunstangelegenheiten zuständig zeichnete. 1821 wurde Hirt als Mitglied der Ankaufkommission für das neue Museum in Berlin ernannt. Da es für „Kunstdinge“ innerhalb des Staatsapparates noch keine amtliche Zuständigkeit gab, konnten in Hofnähe verkehrende Personen wie Hirt entsprechende Ersatzpositionen einnehmen und in quasi institutionelle Funktionen vorrücken.

24Hielt Hirt noch längere Zeit an seiner Idee fest, die Bilder im dafür um- und auszubauenden Akademiegebäude bzw. im Palais des Prinzen Heinrich Unter den Linden zu zeigen, setzte sich Schinkel 1823 mit seinem Plan eines Museums-Neubaus durch. Für das dann 1824 bis 1830 von Schinkel erbaute Berliner Kunstmuseum war Hirt der eigentliche Anreger gewesen und für viele Jahre auch der maßgebende Organisator, wurde jedoch zum Ende der 1820er Jahre von der jüngeren Generation um Schinkel und Gustav Friedrich Waagen mit einem sowohl hinsichtlich der Zielsetzung als auch der architektonischen Form und der Anordnung der Kunstobjekte konkurrierenden Museumskonzept überstimmt. An der Auseinandersetzung um das erste in Berlin gebaute Museum lässt sich nachvollziehen, wie sich nach 1800 eine veränderte Kunstanschauung durchsetzte, die Hirt fremd blieb (vgl. Elsa van Wezel).[2]

25Zum Komplex Museumskommission liegen besonders viele Dokumente für die entscheidenden Jahre 1820-1829 vor, mitunter bis zu drei Schreiben an einem Tag, bis Hirt 1829 enttäuscht „Dispens“ von seinen Geschäften beim Kunstmuseum erbittet.

26Ab 1829 war eine neue Kommission, zu deren Vorsitzenden Wilhelm von Humboldt ernannt wurde, für die Belange des Museums zuständig.

Anmerkungen

  • [3]Hirt an Karl August Bottiger, Berlin, 9. Juli 1822 (SLUB Dresden, Mscr. Dresd. h 37, Bd. 87, S. 144).
  • [4]Adolf H. Borbein: Aloys Hirt, in: Reinhard Lullies, Wolfgang Schiering (Hgg.): Archäologenbildnisse. Porträts und Kurzbiographien von Klassischen Archäologen deutscher Sprache. Mainz 1988, S. 13.
  • [5]Neue Deutsche Biographie (NDB), Artikel zu „Hirt“ von Wolfgang Frhr. v. Löhneysen, 1972.
  • [1] Hirt an Goethe. Berlin, 4. Oktober 1806 (Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, 28/416, St. 3)
  • [2] Vgl. Elsa van Wezel: Das akademische Museum. Hirts gescheiterte Museumsplanungen 1797/98, 1820 und 1825. In: Aloys Hirt. Archäologe, Historiker, Kunstkenner. Hrsg. von Claudia Sedlarz unter Mitarb. von Rolf H. Johannsen. Hannover-Laatzen 2004, S. 105 (= Berliner Klassik. Eine Großstadtkultur um 1800, Bd. 1).